DARK SUNS: Interview mit Torsten "Torte" Wenzel
07.04.2019 | 14:44Eine neue, fünf Tracks umfassende EP am Start und die passende Releaseshow dazu - es gibt einiges zu besprechen mit den dunklen Sonnen aus Leipzig. Gitarrist Torsten stand Rede und Antwort und erwies sich als ausgesprochen auskunftsfreudig.
Hi Torsten, schön dass wir es mal wieder mit einem Interview schaffen. Eure EP "Half Light Souvenirs" kommt am 12. April digital raus und am 7. Juni dann auch physisch in die Läden. [Allerdings ist sie exklusiv schon physisch als Vinyl/CD beim Releasekonzert im Werk 2 am 12. April erhältlich sowie über die Facebook-Seite der Band bestellbar. - Anm. d. Verf.] Wie lange habt ihr insgesamt an den fünf Songs gearbeitet und sind das alles neue Ideen oder habt ihr auch älteres Material mit einfließen lassen?
Im Grunde geht es bei uns immer konstant weiter. Es ist nie so, dass wir uns nach einem Release auf die faule Haut legen und erstmal 'ne Pause brauchen, weil so ein Songwriting und eine Albumproduktion ja so unfassbar anstrengend und stressig sind. Das heißt, die neuen Songs sind entspannt seit dem letzten Album "Everchild" entstanden. Wir nutzen nach wie vor jede freie Minute, die wir finden können, für das gemeinsame Musizieren und kreative Schaffen. Ohne dem geht es einfach nicht. Deine zweite Frage kann ich ganz klar mit "nein" beantworten. Auch wenn sicher noch tonnenweise alte Ideen und Songfragmente archiviert sind, nutzen wir diese nicht für neuen Output. Warum auch, es sollen ja NEUE Songs sein.
Ihr bringt "Half Light Souvenirs" in Eigenregie raus, nachdem "Everchild" wie auch die drei Vorgänger noch über Prophecy rauskam. Was hatte es aus eurer Sicht für Vorteile, das Ruder nun komplett selbst in die Hand zu nehmen - oder wollte Prophecy schlicht nicht mehr?
Der Vertrag mit Prophecy endete nach "Everchild" so oder so. Natürlich gab es Überlegungen unsererseits, wie es nun weitergeht und ob eine Verlängerung des Vertrages Sinn macht. Wir haben uns dann aber gesamtheitlich dagegen entschieden. Der Grund dafür ist schlicht und einfach Unabhängigkeit. Wir konnten jetzt einfach tun und lassen, was wir wollten. Klar bedeutet eine Plattenfirma immer etwas mehr Stärke im Rücken, schon allein, weil es im Musik-Business hier und da Vorteile birgt, sprich Reichweite, Vertrieb, finanzieller Vorschuss etc. Eben auch weil ein Name dahinter steht und ein Label natürlich ganz andere Möglichkeiten hat. Man merkt das schon, vor allem an der Promo im Vorfeld. Aber wir sind da völlig entspannt, harren der Dinge und nutzen all unsere zur Verfügung stehenden Ressourcen. Wir sind einfach sehr stolz, es geschafft zu haben. Wir haben eine neue kleine Scheibe mit, wie wir finden, wundervollen fünf neuen Songs in Form einer CD und Vinyl, neue T-Shirts, Poster und vor allem immer noch Leidenschaft!
Wie habt ihr die Finanzierung gestemmt? Ein Crowdfunding wie für Mix und Mastering von "Everchild" gab es ja dieses Mal nicht.
Ganz einfach, wir sind alle aus der Band zusammen in einer Lotto-Tipp-Gemeinschaft und haben volle Bude abgeräumt, hahahaha. Nein, natürlich nicht. Das Crowdfunding war damals eine tolle Sache und hat uns wirklich sehr geholfen. Aber es hat uns auch wieder in irgendeiner Weise abhängig gemacht und das wollten wir diesmal einfach nicht sein. Unser Standpunkt ist zudem, dass wir die Menschen, die unsere Musik mögen, komplett aus irgendwelchen Dingen, die mit der Finanzierung unserer Scheibe bzw. der Produktion oder gar unseres Lebensunterhaltes zu tun haben, raushalten wollen. Deshalb halten wir auch von Plattformen wie Patreon, bezüglich genannter Punkte, rein gar nichts. Es ist schön, dass es so etwas gibt, es funktioniert und Fans sich dazu bereit erklären. Früher haben es Musiker aber auch ohne Möglichkeiten dieser Art geschafft. Und das ist nun mal, finden wir, ein ehrlicher Weg, den man gehen sollte. Umso stolzer kann man am Ende sein, das Baby auf die Welt gebracht zu haben. Die Fans sollen sich ausschließlich an der Musik erfreuen und wir freuen uns natürlich, wenn sie das Scheibchen dann auch kaufen. Außerdem gehen wir alle einer Arbeit nach, vor allem eben auch, um das was uns allen so wahnsinnig wichtig ist überhaupt machen zu können, nebst dem "normalen" Leben. Und das funktioniert zum Glück super. Noch mehr als ohnehin schon schätzt man dann das Zusammensein mit der Band und das, was entsteht. Aber um es nochmal etwas zu entschärfen, es ist toll, dass es diese Plattformen gibt, denn es gibt ja auch so viele andere wahnsinnig spannende Projekte. Man sollte irgendwie nur schauen, ob und wie man sie nutzt.
War die Finanzierung ein Grund, erstmal mit einer EP an den Start zu gehen, anstatt gleich ein komplettes Album einzuspielen? Oder wolltet ihr schlicht nicht wieder fast fünf Jahre ins Land ziehen lassen, wie zwischen "Orange" (2011) und "Everchild" (2016)?
Weder noch, um ehrlich zu sein. Es entstanden halt diese fünf Songs, die einfach zusammen harmonieren. Es hat sich für uns richtig angefühlt und natürlich wollten wir auch die Menschen, die unsere Musik mögen, nicht zu lange warten lassen. Einen erheblichen finanziellen Mehraufwand hätten fünf Songs mehr jetzt auch nicht bedeutet.
Ist DARK SUNS ruhiger geworden? "Everchild" war doch etwas ausgewogener in beide Richtungen, während auf "Half Light Souvenirs" eigentlich nur der Opener 'Her Bed Unmade' eine flotte Prog-Rock-Abfahrt bietet.
Puuuh... findest du, ja? Dann ist das wohl so, hahahaha. Nein, im Ernst, das ist ganz schwer zu beantworten aus unserer Sicht. Das empfindet jeder irgendwie anders und in der Tat gab es da im Vorfeld auch schon andere Meinungen. Wenn du das zum Beispiel so empfindest, ist das doch völlig in Ordnung. Und wenn es ferner einem Großteil der Meinung der Hörerschaft entspricht, dann sind wir wohl ruhiger geworden. Das ist ja auch immer Interpretationssache. Für die einen bedeutet ruhiger, weil die opulenten, fetten Gitarrenriffs einem nicht ins Gesicht schlagen, für die anderen ist es die Geschwindigkeit der Songs oder generell das Gesamtarrangement. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was ruhiger, härter, proggy, nicht so proggy o.ä. bedeutet. Das sind alles Schlagwörter, die für uns beim Songwriting keine Rolle spielen. Das muss oder sollte einfach der Konsument entscheiden, wenn sie oder er das möchte.
Dennoch sind die fünf neuen Nummern musikalisch und stilistisch den "Everchild"-Songs ähnlich, während ihr vor allem auf "Orange", aber auch mit "Everchild" euch jeweils schon recht deutlich "neu erfunden" habt. Wie nehmt ihr das selbst wahr? Was ist aus musikalischer Sicht neu, was nicht?
Tja, da kann ich nur an die vorherige Frage anknüpfen. Wir schreiben einfach Songs, ohne uns im Vorfeld einen festen Plan zu machen. Wir haben anfangs nie nur den Ansatz einer Ahnung, was das wohl werden könnte, oder wohin die Reise wohl geht. Auch das "neu erfunden" ist eher eine Formulierung oder Wahrnehmung des Hörers. Das war und ist nie unsere Intention. Das Einzige, was immer neu ist, sind die Songs bzw. das Album an sich. Die Musik ist schlicht und einfach DARK SUNS, wie auch immer man das bewerten mag.
Was sind eigentlich "Half Light Souvenirs" und wo bekomme ich welche?
Es sind unsere Songs, doch es geht um mehr: Es geht um das Eintauchen können, den Drang kreativ zu sein, nicht nur im Alltag zu funktionieren, sondern im richtigen Moment das Unnütze abzustreifen, ohne verantwortungslos und auf Kosten anderer zu handeln. Faszination, Spaß, Selbstreflexion und jede Menge Disziplin und Geduld helfen uns dabei, Brücken zu schlagen und den Clash of Worlds möglichst narbenfrei zu meistern. Sämtliches Material entstand im Halblicht der kostbaren Abendstunden 2017/18, im Refugium Band, sozusagen. Die fünf Mitbringsel dieser Phase enthalten alle Ingredienzen unseres musikalischen Seelen-Cocktails, sind nun endlich als EP existent und ab Mitte/Ende April erhältlich. Amen!
Habt ihr eigentlich bewusst die Idee wieder aufgegriffen, dass das Artwork einer Scheibe eine Grundfarbe hat, die auch sinnbildlich für die Musik steht bzw. sich mit dieser sogar assoziieren lässt, wie ihr es im Interview zu "Orange" erläutert habt? Hier wäre es jetzt ja offensichtlich ein melancholisches, "sich in endloser Weite verlierendes" Dunkelblau.
Bei "Orange" war das eher der Fall. Diesmal ging es mehr um Ästhetik und deren Umsetzung, als um die Bedeutung von Blau. Niko hatte einige Entwürfe aus dem Bauch heraus zusammengebaut und der Band vorgestellt. Monate später kam es zur Kooperation mit einem befreundeten Maler, der sich dem digitalen Motiv annahm und 22 Stunden später die handgemalte Komposition auf Leinwand gebandt hatte. Danke, Sascha Grusche, für diese kosmische Erleuchtung! We love it!
Kurz noch zur Besetzungscouch. Erzähl doch mal kurz, was sich in dieser Hinsicht seit "Everchild" getan hat. Hat sich die Band wieder auf sechs Leute verkleinert wie das aktuelle Bandfoto nahelegt?
Echt, wer fehlt denn?? :-) [Nun, auf dem Foto fehlen Saxophonist Evgeny Ring sowie Trompeter Govinda Abbott. Sieht man doch. :-) - Anm. d. Verf.] Das einzige "neue" Gesicht ist der Tim, unser neuer, großartiger Bassist [hat Jacob Müller ersetzt - Anm. d. Verf.] und vor allem Mensch. Das Gebläse spielt auf der EP, im Vergleich zu "Everchild" oder "Orange", diesmal eine eher untergeordnete Rolle. Somit ist auf "Half Light Souvenirs" "nur" Evgeny Ring am Saxophon und als Session-Musiker zu hören.
Nun habt ihr ja die Releaseshow zu "Half Light Souvenirs" vor der Brust. Was erwartet die Zuschauer da, außer natürlich die neuen Songs im Livegewand?
Genau, die auf jeden Fall und natürlich noch einige ältere. Dann hoffen wir natürlich, live zu überzeugen. Wir freuen uns wahnsinnig drauf! Vor allem auch auf unsere Mitstreiter, die Jungs von BIID. Eine ganz großartige Band, ebenfalls aus Leipzig, die man sich an dem Abend nicht entgehen lassen sollte! Und, nochmals wichtig zu erwähnen, die EP wird exklusiv an diesem Abend als CD und Vinyl zu erstehen sein. Ansonsten können sich die Leute auf einen intensiven Abend mit wunderschöner Musik freuen.
Wie viele Musiker werden im Laufe eures Auftritts auf der Bühne stehen?
Na ich hoffe alle!
Die Setlist steht bestimmt längst. Gebt ihr Songs von allen bisherigen fünf Alben zum Besten?
Wir spielen ganz viel Musik und die neuen Songs sind ja nur fünf, soviel sei gesagt.
Rückblick aus Sicht des Autors: Ich erinnere mich noch dunkel an ein Konzert beim eher Death-Metal-lastigen "Heavy Metal - nix im Scheddel...?" aus den DARK SUNS-Anfangstagen, bei dem die Band ein cooles Cover von ORPHANAGE gespielt hat. Und 2015 im UT Connewitz hat sie ein tolles 'Child In Time' von DEEP PURPLE mit ganz fantastischem Gesang von Niko Knappe intoniert. Auch 'Yes, Anastasia' (TORI AMOS) und NIRVANAs 'Something In The Way' (auf unserem Metalliance-Sampler Vol. 1 vertreten) hat man in der Hinterhand. Ob man sich auf etwas Überraschendes aus dieser Richtung freuen darf, wollte Torsten allerdings nicht verraten. Klar, sonst wäre die Überraschung ja auch dahin.
Ist es eigentlich terminlich schwierig für euch Konzerte zu organisieren und würdet ihr gern auch mal wieder eine richtige Tour mit "Städte-Hopping" machen?
Ja, das ist ein Part, der uns leider tatsächlich sehr fehlt. Wie sicherlich dem einen oder anderen bekannt ist, lieben wir es live zu spielen. Klar, das trifft sicher so ziemlich auf fast jede Band zu. Aber es ist wirklich sehr schwierig, terminlich zu koordinieren. Wie schon erwähnt, sind wir alle beruflich gebunden und ein Teil unserer Mitmusiker hat noch eine Vielzahl andere Projekte, sie sind eben Berufsmusiker. Die Familie gibt es ja auch noch. Klar wollen wir nochmal "on the road"... unbedingt sogar! Es gibt auch Pläne, aber noch nichts Definitives. Auf einen großen Zug springen wir natürlich auch immer gern mit auf!
In welchen (fernen) Ländern gibt es denn auch enthusiastische DARK SUNS-Fans, die euch mit Nachrichten und Konzertwünschen überziehen, da sie euch vielleicht noch nie live sehen konnten?
Gerade aus den fernen Ländern bekommen wir diesbezüglich recht viel Reaktionen. Das bekommt man ja heutzutage ganz gut über Facebook und Co. mit. Leider ist es uns aber nun mal nicht einfach so möglich diese Regionen zu bereisen, auch wenn wir das so gerne tun würden. Wie gesagt, wir sind über jedes Angebot dieser Art immer sehr dankbar und versuchen es zu realisieren, sofern es uns irgendwie möglich ist!
Wie sehen eure weiteren Planungen aus, sowohl an der Livefront als auch für ein neues Studioalbum?
Nach der Release-Show schreiben wir weiter an neuer Musik. Wann das fertig sein wird, tja... wenn es eben fertig ist! Live sind wie gesagt diverse Dinge in Planung, sämtlichen Angeboten stehen wir sehr aufgeschlossen gegenüber.
Vielen Dank für deine Zeit. Wir sehen uns ja dann am 12. April im Werk 2. Möchtest du zum Schluss noch etwas loswerden?
Ich/wir danken dir, lieber Stephan! Schön, dass es wieder geklappt hat, wir freuen uns sehr über deine Unterstützung!
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer