Gruppentherapie: DARKTHRONE - "The Underground Resistance""

25.02.2013 | 22:16

Überall heiß diskutiert: DARKTHRONE mit "The Underground Resistance". Natürlich auch bei uns in der Gruppentherapie!

"The Underground Resistance" ist das fünfzehnte Album des norwegischen Kultduos Fenriz und Nocturno Culto. Kollege Rüdiger zückt standesgemäß 9,5 Punkte (zum Review), doch DARKTHRONE spalten bei uns auch die Gemüter. Im Februar-Soundcheck landet die Scheibe auf Platz vierzehn mit einer Notenspanne zwischen 4,0 und 9,5 Punkten. Unsere Therapeuten analysieren, dass DARKTHRONE je nach Betrachtungsweise unterhaltsam, parodistisch, kaltblütig, rumpelig oder gar dilettantisch sind. Auf jeden Fall zeigen sie dem Mainstream zum wiederholten Male den Mittelfinger und sind sich selbst dabei zu nichts zu schade. Eine Platte wie prädestiniert für eine Gruppentherapie! Auf geht's!



Es gibt in meinen Augen einige Bands, die von einem bestimmten Mythos oder einer faszinierenden Aura umgeben werden. Die Vorfreude bei vielen meiner Kollegen war also zum Greifen nahe, als DARKTHRONE mit ihrem neuen Opus aufwarteten. Es war jedoch durchaus vorhersehbar, dass die Notenstreuung für "The Underground Resistance" breit sein würde, wie unser Soundcheck zeigt. Doch eines steht fest: Auch wenn man sich vom wuchtigen Black Metal nun endgültig verabschiedet hat, liefern Fenriz und Nocturno Culto hier ein kleines Feuerwerk ab. Zwar erhofft man sich beim Namen DARKTHRONE weitaus andere, finsterere Töne, doch der neue, klassische Speed-Metal-Einschlag steht den beiden nicht unbedingt schlecht. 'Valkyrie' oder auch 'The Ones You Left Behind' können sich durchaus hören lassen, sind bärenstark arrangiert, und mit 'Leave No Cross Unturned' gibt’s ein besonderes dreizehminütiges Spektakel. Schließt man die Augen, geht ohne Vorurteile und Vorkenntnisse an "The Underground Resistance", so kann dieses Duo Infernale auf ein durchaus cooles Album zurückblicken. So weit so gut.  Denn als Fan der alten Tage vermisst man dann doch den wohligen DARKTHRONE-Stempel, dieses Besondere, mit dem sich die beiden Musiker einen gewissen Status aufbauen konnten. Ganz nach dem Motto "Schuster, bleib’ bei deinen Leisten" wünsche ich mir, dass sich DARKTHRONE zukünftig wieder mehr auf ihre Vergangenheit besinnen. Das steht ihnen zum einen besser und zum anderen klingen die Stücke mit einem kräftigen, satten Schwarzmetalleinschlag einfach authentischer und besser, weil mehr nach DARKTHRONE, wie man sie kennen und lieben gelernt hat.

Note: 7,0/10
[Marcel Rapp]


Die einstmaligen Vorreiter der dunkelbösen Skandinavienfront sind seit einigen Jahren als Duo in Sachen True-Metal-Entertainment unterwegs. Wie schon auf den Vorgängeralben trümmern Fenriz und Nocturno Culto auch auf "The Underground Resistance" ein paar zackige Nummern aufs Parkett, die sich rein musikalisch bei den Kultacts der 80er Jahre bedienen. Lediglich das räudig-rotzige Klangbild, sowie die grollenden Gesangspassagen von Nocturno lassen Erinnerungen an frühe Bandveröffentlichungen wach werden. Immer wenn Fenriz das Mikrofon an sich reißt, denkt man unwillkürlich an Metal der 80er Jahre. Dabei orientiert sich Fenriz mit deutlich gesteigerter Taktvorgabe und hohem Klargesang mehr an den Kollegen der speedigen (Demo-)Zunft, während die Stücke vom Klampfenbrummbär auch mal frostig und schleppend im Gemächt scheppern. So ist zum Beispiel 'Lesser Men' eine eindeutige Huldigung an die keltischen Frostbuben und 'Come Warfare, The Entire Doom' klingt wie düster-dänischer Königsdoom in rasanter Abfahrt. All diese Zutaten erfüllen in meinen Ohren nur einen Zweck: Sie dienen der Unterhaltung. Und mich unterhält dieses Material ganz gewaltig. Ob das nun originell ist oder technisch besonders hochwertig, ist mir bei solch kurzweiliger Musik völlig egal. Da kräht bei den ganzen Skandinavien-Retro-Metallern ja auch kein Hahn nach. Lediglich beim knapp vierzehn Minuten langen 'Leave No Cross Unturned' strapazieren die Jungs die Wiederholungsschleifen ein wenig. Die Nummer hätte auch nach halber Spielzeit enden können. Dafür gibt es einen Punkt Abzug in der B-Note. Sicherlich nichts, worüber sich die beiden Krawallbrüder ärgern werden. Sie werden auch Zukunft genau die Musik spielen, auf die sie gerade Lust haben. Und wenn das dann Sleaze-Metal mit Blastpassagen sein sollte, würde es mich auch nicht wundern.

Note: 8,0/10
[Holger Andrae]


Prüfung. Überprüfung. DARKTHRONE habe ich immer als Black Metal Band eingeordnet und als lärmende Truppe abgetan, die für mich dauerhaft nur schwer konsumierbar sein würde. Umso mehr überraschend ist das, was mir da in "The Underground Resistance" entgegendröhnt. Das ist Black'n'Rums'n'Roll! Klare fleischige Gitarren, ein Schlagzeug, als ob ein Kohlezug überladen über Schienenbohlen brettert und wandlungsfähiger Gesang zweier Roströhren, der teilweise ins Parodistische abdriftet. Alle abgeranzten norwegischen Instrumente dieser Altgedienten füllen die stickige Luft, denn sobald diese mal die Äxte herausgeholt haben, wird geschuftet und geschichtet. Diese rumpeligen Spukereien nehmen ihre Verläufe, nie hatte ich das Gefühl, dass DARKTHRONE da je etwas anderes im Kopf hatten. So gewaltig und selbstbestimmt die Aufführung auch ist, so wirkt die Musik trotzdem karg und kaltblütig. DARKTHRONE sind erfrischend autark von äußeren Einflüssen, endlich mal eine rüpelhafte Attitüde, die nicht gestelzt und eingeübt daherbollert. Natürlich haben die Recken einen langen Erfahrungsvorsprung, was sich aber zum Glück nicht in bräsigen Selbstwiederholungen äußert. Eher scheint das Album wie ein Jungbrunnen für die Herren zu sein. Mir gefällt es vor allem, weil es kurzweilig ist und weil ab und zu auch eine Prise Selbstironie durchblitzt? Oder?

Note: 7,5/10
[Mathias Freiesleben]


Ich habe die neueren DARKTHRONE immer als viel zu wenig, nennen wir es mal "Lärm" (danke, Mathias), abgestempelt, weswegen sie auch nicht mehr besonders interessant für mich waren. Ein Fehler. DARKTHRONE spielen anno 2013 ihren eigenen Stiefel, noch weniger schwarzmetallisch zwar als in den letzten Jahren ohnehin schon, doch dies steht ihnen verdammt gut. So sehe ich in "The Underground Resistance" auch nichts besonders Kaltblütiges. Aber eine gewisse, epische "Nordland"-Kargheit haben die beiden sich schon bewahrt, gerade wenn Nocturno Culto sein krächzraspelndes Organ einsetzt. Selbst die noch mal deutlich mehr nach Underground Speed Metal klingenden, von Fenriz gesungenen Songs haben noch diesen Einschlag, wie zum Beispiel, nomen est omen, 'Valkyrie' oder das - man kann es nicht oft genug erwähnen - 13 minütige Epos "Leave No Cross Unturned" mit seinen gefühlten drei genialen Obersimpel-Proto-Riffs. Überhaupt wächst gerade Fenriz, der sich einen wunderbar pathetischen Helden-Bariton zugelegt hat, gesanglich über sich hinaus, man erinnere sich an das STORM-Opus, Modus "betrunkener Seeman". Nocturno Culto wiederum steuert das eine oder andere, nicht zu übertriebene Solo bei und insgesamt rumpelt und holterdipoltert das in einem angenehm warmen Soundgewand einwandfrei vor sich hin. Klar, auch ich würde mich über ein weiteres Mal schwarz-weiße, transylvanische Kälte freuen, aber mittlerweile dürfte das Anliegen der beiden wohl klar geworden sein. Wer sein Norwegen anno '94 haben will, wird auch heute noch en masse anderweitig fündig, DARKTHRONE ruhen auf ihre Art in sich selbst. Ob das eine selbstironische Note hat, wage ich mal lieber nicht zu beurteilen. Mir gefällt aber gerade auch die Ernsthaftigkeit, mit der Nocturno Culto und Fenriz ihr kleines 80er Paralleluniversum beschallen und sich um keinerlei Trends scheren, egal ob diese ihnen nun gewogen sein dürften oder nicht.

Note: 8,0/10
[Christian Schwarzer]





DARKTHRONE gehören definitiv zu den Bands, die bei vielen Redaktionskollegen Legendenbonus genießen. Ich habe DARKTHRONE mit "The Underground Resistance" das erste Mal bewusst gehört - und es war keine Freude. Angenommen, "The Underground Resistance" wäre das Debüt-Album einer Newcomer-Band, würde es dann so gut abschneiden? Was gesanglich geboten wird, ist unterdurchschnittlich, ich kann höchstens vermuten, was hier erreicht werden wollte. Instrumental gibt es ein paar Melodien, die hervorstechen und ab und zu mal ein Riff, der ganz nett tönt. Aber Bemerkenswertes gibt es auch auf diesem Gebiet nicht zu verzeichnen. Kollege Freiesleben bezeichnet die Musik als parodistisch, dilettantisch trifft es meines Erachtens besser. DARKTHRONE machen es sich songwritingtechnisch fast unverschämt einfach, vielleicht verstehe ich die Message aber einfach auch nicht. Sorry, für mich geht da so gut wie gar nichts. Denn ich mag meinen Metal am liebsten, wenn er gut ist.

Note: 4,0/10
[Jakob Ehmke]

So emotional die Diskussion zum Teil bei uns (vor allem intern) geführt wurde, so wenig kümmert mich das eigentlich alles. Denn weder ist DARKTHRONE eine Band, die mir viel bedeutet und somit irgendeine Auswirkung auf mein Seelenheil hat, noch kenne ich alle Riffs der 80er in und auswendig, sodass ich mich an der scheinbar elsterischen Ausrichtung von "The Underground Resistance" überhaupt stören könnte. Und trotzdem gehen mir ziemlich viele Gedanken durch den Kopf, die schwer zu sortieren sind. Zentrale Frage dabei: was wollen uns die beiden Herren aus dem Norden mit diesem Album sagen? Meine Vermutungen: Dass sie Bock auf rumpeligen Metal haben, der über 20 Jahre alt ist und dass sie einen Dreck darauf geben, was die Leute von ihnen erwarten und über sie denken. Die Freude an der Musik hört man auch zu jeder Zeit, allerdings wirkt dabei vieles dennoch ziemlich uninspiriert auf mich. Ein Widerspruch? Vielleicht. Einzelne Momente sind immer wieder toll, andere machen diesen positiven Eindruck wieder kaputt. Die von Fenriz (etwas eigenwillig, aber nicht schlecht) gesungenen Songs (insbesondere das tolle, jedoch zu lang geratene 'Leave No Cross Unturned') finde ich insgesamt deutlich besser als jene von Nocturno Culto etwas lieblos heruntergerotzten Nummern. Wirklich rund wirkt dabei allerdings kein Track - und damit wären wir auch gleich beim meinem Hauptkritikpunkt: Das Songwriting macht auf mich einen unvollständigen Eindruck. "The Underground Resistance" ist in sich unrund, genau genommen sogar eckig. (Vielleicht wollen die Herren des dunklen Throns ja sogar anecken). Mit einem gewissen Feinschliif an einigen Stellen hätte hier ein richtig tolles, räudiges Metal-Album entstehen können. So verbleibe ich etwas ratlos.

Note: 6,5/10
[Oliver Paßgang]

 

 

Was lässt sich zu "The Underground Resistance" jetzt noch sagen? Die Kollegen haben schon viele Stärken, aber auch Schwachpunkte genannt. Für mich ist die jüngste Eruption underground'schen Nerdtums aus Norwegen die beste ihrer Art seit sie 2006 mit "The Cult Is Alive" um die Ecken kamen. Besser noch: Die Reaktionen auf DARKTHRONEs neuesten Streich in der Metalszene sind wie gewohnt extrem. Es gibt Lobeshymnen, aber auch Leute, denen Fenriz und Nocturno Culto gewaltig auf den Wecker gehen. In Richtung dieser Leute ist das Album ein einziger, riesiger Mittelfinger. DARKTHRONE haben noch nie ein Geheimnis um ihre Schwäche für traditionellen Metal gemacht. Selbst auf den Highlights der legendären Black-Metal-Phase der Band sind NWoBHM, CELTIC FROST und etliche andere Einflüsse zu vernehmen. Einflüsse, derer sich Hunderte von Underground-Truppen bedienen und damit abgefeiert werden. DARKTHRONE haben es gar nicht erst nötig, sich plakativ davon zu emanzipieren. Sie huldigen dem ganzen geilen Scheiß und zertrümmern damit selbstironisch die Säulen des guten Geschmacks. Nichts für Anhänger der Musikerpolizei!

Note: 8,5/10
[Nils Macher]

Mehr zu diesem Album:
Soundcheck 02/2013
Review von Rüdiger Stehle

Redakteur:
Thomas Becker

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