Bretthart Open Air 2003 - Limbach

06.07.2003 | 12:03

20.06.2003, Festwiese

Samstag, 21.06.2003


ENDZEIT

Einen eher lahmen Auftakt legten die Todesmetaller von ENDZEIT am frühen Samstagmorgen hin. Ähnlich wie ihre Kollegen POSTMORTEM in knochentrockenen Death Metal-Gefilden zu Hause brachte die Truppe mehr schlechtes als rechtes 08/15-Geholze ohne großartigen Anspruch auf die Bretter und konnte das Ganze nicht mal durch ein bisschen Stageacting auflockern. Die einzige markante Bewegung brachte noch der Sänger zustande, der sich aber auf monotones Vor- und Zurückgehen beschränkte. Und genauso steril und gleichförmig präsentierten sich die dargebotenen Songs wie z.B. 'Virus'. Ohne gemein klingen zu wollen, aber da hätte ich noch länger dösend auf meinem Liegestuhl bleiben können, kein Vergleich zu den am Vortag einheizenden STARFUCKERS, die wenigstens eine Menge Spaß mit auf die Bühne gebracht hatten.
[Kathy]


LEGACY

Als zweite Band des Samstags besetzten LEGACY die Bühne. Die Sonne brannte heiß vom Himmel und macht somit den Konzertgenuss nicht gerade zu einem besonderen Wellness-Erlebnis. Was LEGACY allerdings großzügig mit Einsatz und Spielfreude gekonnt zu entschädigen wussten: Ihr vorwiegend schneller Mix aus Schweden- und Ami-Death Metal zeichnete sich durch hämmernde, treibende Riffs, ebensolches Drumming und besonders Fronter Sams markantes Organ aus. Dessen mal tief grunzenden, mal aggressiv growligen Vocals und die bei dieser Show etwas im Hintergrund agierenden Zupfinstrumente kamen gut beim (von der Sonne erhitzten und daher bewegungslosem) Publikum an, wie begeisterte Rufe am Ende jedes Songs bewiesen. Etwa in der Mitte ihres Gigs gab es plötzlich Probleme mit dem Schlagzeug, was jedoch niemanden störte. Wenig später begann somit der zweite Teil ihres Gigs. Dieser zeigte sich noch weniger melodiös als der erste und erzeugte neben einem deutlichen Zuschauerzuwachs sogar bangende Grüppchen. Der Sound war und blieb durchgehend im grünen Bereich. Am Schluss gab es sogar noch eine Zugabe mit dem aussagekräftigen Titel 'Kinderfleisch'. Kurz, brachial und schnell - mich erinnerte dieses Stück an die DM-Recken OBITUARY - war es, und dann verschwanden LEGACY von der Bühne.
[Katrin]


DARK MAN SHADOW

Da V8 leider ausfielen, sprangen stattdessen DARK MAN SHADOW in die Bresche. Dieser Ausflug in die Gothic-Welt offenbarte sich zumindest anfangs für mich als Kulturschock. Die Kombination aus fließendenden Melodiebögen sämtlicher Tonleitern auf dem Keyboard rauf und runter, dazu Sängerin Adrianas (alias Samotha) extrem hoher Gesang, krachende Drums und astreines Death Metal-Gebrülle sind nicht sofort jedermanns Sache. Erstaunlich fand ich dabei besonders, dass Samothas Einsätze trotz des hohen Tempos durchgehend astrein blieben und klar einsetzten. Gute Leistung!
[Katrin]


LUNA FIELD

LUNA FIELD waren definitiv sehenswert. Man stelle sich Sänger Benny wie Ville Valo vor, der statt schmachtender Liebessongs rotzigen Black Metal herauskreischt. Eine männliche Diva, die, mit hoch erhobenem Kopf und absolut süßem, tuffigem Gehabe - dabei besonders Wert auf ihren flachen, leicht behaarten Bauch legend - die vor ihm befindliche Besucherschar mit himmelschreiender Arroganz absolut runtermacht.
Bei diesem optisch so zwiespältigen Anblick trat die Musik beinahe in den Hintergrund. Dabei waren LUNA FIELD wirklich nicht schlecht. Sie präsentierten sich als gut eingespieltes Team mit akzeptablem Stageacting, dessen Talent immer wieder aufblitzte. Mit ihrem abwechslungsreichem Gemisch aus Death- und Black Metal hätte ihnen das Bretthart-Publikum eigentlich zu Füßen liegen müssen. Tat es aber nicht. Nicht einmal zur anschließenden Autogrammstunde ließ sich jemand blicken. Die fünf Ludwigsburger strahlten, insbesondere durch ihr Medium Benny, dermaßen viel Unnahbarkeit und Distanz aus, dass niemand von den Zuschauern sich recht traute, die Musik zu genießen. Ganz im Gegenteil. Zwar war der Sound okay, die zumeist melodiösen Stücke durchweg stimmig, der Gesang abgefahren & unglaublich tief, aber das Publikum blieb verstreut und äußerst zurückhaltend.
[Katrin]


MUCUPURULENT

In der glühenden Sonne um kurz nach fünf Uhr gaben sich die drei Herren von MUCUPURULENT die Ehre. Gleich zu Beginn zeigte man, wo die bandeigenen Trademarks gesetzt wurden: Sehr angenehm groovender Death Metal, der die richtige Mischung aus staubtrockenem Riffing und eleganter Monotonie aufwies, brachte den Schwaben einige Sympathiepunkte ein. Der passende Soundtrack zur mittäglichen Hitze, Songs, die weder Verstand noch Geist überbeanspruchten, eine Band, deren Ziel offenbar darin bestand, dem zu dieser Zeit immer noch recht verpennten Publikum den lethargischen Overkill zu kredenzen... . MUCUPURULENT erschufen ganz klar eine eigene Atmosphäre, die sie aus den zahlreichen anderen Prügelcombos des Bretthart-Festivals herausstechen ließ.
Bei aller Affinität zu simpel gestricktem, langsamem Death Metal mit der Dauerwirkung einer Regentonne voller Beruhigungstee sollten jedoch auch wesentliche, mit der Grundausrichtung der Musik verbundene Kritikpunkte eingehen (Kritiker sind ja bekanntlich blutrünstige Leute, die es nicht bis zum Henker gebracht haben...) So hätte man sich spätestens nach 15 Minuten ein klein wenig Abwechslung in die heile DM-Welt gewünscht, sei es durch variableres Tempo, wirklich markante Unterschiede zwischen den einzelnen Songs oder technische Finessen zur Auflockerung des Klangbilds. So gut die ersten Minuten des Konzertes zu gefallen wussten, so langatmiger wurde es gegen Ende der 30 Minuten. Im Schnitt aber immer noch ein überdurchschnittlicher Auftritt einer Band, die das Zeug zur Kultband hat.
[Chris]


DARK AGE

Goil, was für knackigen Melodic Death im Anschluss die Hamburger Jungs DARK AGE aufs Parkett legten. Hatte ich den Tag rein musikalisch schon für mich abgehakt, kam der Streich der jungen Hanseaten einem Sechser im Lotto gleich. Treibend, zackig, unverkrampft und mit viel Gespür für die richtigen Melodien ließen Sänger Eike Freese und Co richtig schön den Todeshammer kreisen, würzten das Ganze hier und da mit einem Tick Gothenmetall und machten nicht zuletzt durch ihr sympathisches Auftreten eine mehr als gute Figur. Wem aus dem Publikum Bands wie HYPOCRISY oder CHILDREN OF BODOM gefielen, der dürfte mit DARK AGE seine helle Freude gehabt haben. (A propos HYPOCRISY, meine lieben Dunkelzeitaltler: Warum sieht euer Bandlogo so verdammt nach dem Hypocrisykreuz aus? Aber ich will mal nicht so sein...) Resultierend wurde auf der Bühne wie auch davor gebangt was das Zeug hielt und zu granatigen Songs der Marke 'The Silent Republic' und 'Suicide Crew' der Schädel freigeschüttelt. Eigentlich hätte es einer DER Auftritte des Bretthart Open Airs werden können - eine reißende Saite an Eikes Gitarre machte selbige Aussicht jedoch zumindest teilweise zunichte. Zwar versuchten die übrigen Mitglieder, die sich ziemlich in die Länge ziehende Auszeit mit wechselnden Soli an Gitarre, Drums und Bass zu überbrücken, trotzdem, der Spielfluss war unterbrochen, und als der erneut montierte Klangdraht endlich wieder zur Verfügung stand, hatten zeittechnisch bedingt gleich zwei Songs der Setlist dran glauben müssen. Schade. Aber sei's drum: Ein klasse melodisches Todesbrett, wie man es sich schöner an einem Samstag Nachmittag nicht vorstellen kann. Beide Daumen meilenweit in die Höhe für DARK AGE!
[Kathy]


VIU DRAKH

Extrem schnell, laut und hart begannen VIU DRAKH ihren Set. Gutgelaunt legten sie trotz anfänglicher Soundprobleme los. Sänger Fish forderte nach dem ersten Stück mit breitester Berliner Schnauze die noch etwas lichten Reihen vor ihm auf, ruhig näher zu kommen, doch die ließen - möglicherweise noch geschockt von LUNA FIELD - vorerst einen deutlichen Sicherheitsabstand. Natürlich kann das auch an dem pogenden Nachwuchs unmittelbar vor der Bühne gelegen haben, dem niemand unbedingt in die Quere kommen wollte... . Dem Hallener Quartett gelang es jedenfalls recht schnell, die Meute aus der Reserve zu locken und unterstützt von der glücklicherweise deutlich gesunkenen Temperatur an diesem frühen Abend beteiligten sich die ersten Reihen freudig und händeklatschend (!) aktiv am Geschehen. Ihre Musik, die sich irgendwo zwischen Punk und Death Metal einordnen lässt, traf zwar meinen persönlichen Geschmack nicht gerade, aber dennoch war ihr Auftritt super.
[Katrin]


CRACK UP

Die als "die deutschen ENTOMBED" verschrienen CRACK UP gehörten wohl zu den mit größter Spannung erwarteten Bands des Bretthart-Samstags. Durch die Abkehr vom reinen Death Metal hin zu punkigem Death'n'Roll erweiterte man nicht nur die eigene Stilrichtung, sondern zugleich auch die Fanschar. Nein, ein Geheimtipp sind die Ruhrpöttler schon lange nicht mehr, und nicht nur die begeisterte Meute beim Bretthart wusste das zu beweisen. Live kommt der rotzige Sound von CRACK UP jedenfalls noch um Meilen besser zur Geltung als auf den ohnehin schon superben Studioalben.
Der etwa einstündige Auftritt ließ, bis auf die Tatsache, dass die Zeit viel zu schnell verging, nichts zu wünschen übrig. Ein astreiner Sound untermalte die musikalischen Leistungen, die Band, allen voran Sänger Tim, strotze nur so vor Spielfreude und die Zuschauer zeigten erstmals an diesem Tag wahre Begeisterungsstürme. Als Highlight erschien gegen Ende noch Karsten Jäger, seines Zeichens Fronter von DISBELIEF, auf der Bühne, um gemeinsam mit Tim dem Publikum den Rest zu geben.
Fazit: CRACK UP lieferten einen Auftritt, der einfach alles niedermähte. Genau so muss Death'n'Roll klingen. Hier kann sich eine gewisse, zur Selbstdemontage neigende schwedische Band mal eine dicke Scheibe abschneiden.
[Chris]


PUNGENT STENCH

Als heißerwarteter Samstags-Headliner - und klares Gegenstück zum Headliner des Freitags, DORO - kamen die Österreicher von PUNGENT STENCH. Das von CRACK UP bereits ordentlich angeheizte Publikum lechzte förmlich nach den legendären Death Metal-Recken. Die seit der 2000er Reunion deutlich komplexer gewordene musikalische Kost stieß zwar nicht bei jedem Altfan auf Verständnis, kam live jedoch mindestens genauso brachial herüber wie die Klassiker des '91er-Werkes "Been Caught Buttering". Charismatisch wie eh und je versetzte Sänger und Gitarrist Martin (den die meisten wohl von HOLLENTHON kennen) seine Fans in Ekstase. Die Stimmung jedenfalls war bombastisch & der durchschnittliche Zuschauer so voll wie der Platz vor der Bühne, wo man nur schwerlich umherfliegenden Haaren ausweichen konnte.
PUNGENT STENCH überzeugten auf ganzer Linie. Nicht nur auf der musikalischen Ebene wurde mit einem Wahnsinnstempo, langen Growlparts und aggressiven Riffs alles geboten, was den Death Metal ausmacht; die Österreicher erschufen gekonnt eine mächtige Atmosphäre, die jeden Zuschauer in ihren Bann riss. PUNGENT STENCH waren ganz klar der würdige Abschluss eines gelungenen Festivals.
Danke Bretthart. Danke PUNGENT STENCH.
[Katrin]


SPEEDBALL

Der Letzte macht das Licht aus. Doch zuvor wollten sich SPEEDBALL nicht den Versuch nehmen lassen, die restlichen Besucher von ihrem thrashigen Heavy Metal zu überzeugen. Erstaunlicherweise waren doch noch einige unverwüstliche Recken verblieben, welche die Lokalmatadoren sehen wollten und sich selbst davon nicht aus der Laune bringen ließen, als es aufgrund eines Gitarrendefekts zu weiteren Verzögerungen kam.
SPEEDBALL waren aufgrund ihrer stilistischen Ausrichtung an diesem Tag eine Band mit Sonderstatus und die von dauerhaftem Geröchel strapazierten Ohren fanden Erholung. Einzig das mangelhafte Stageacting warf einen dunklen Schatten auf das ansonsten ordentliche Set, aber das dürfte sich mit weiterer Bühnenerfahrung problemlos steigern lassen.
[Georg]

Redakteur:
Kathy Schütte

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