Headbangers Open Air - Brande-Hörnerkirchen

20.08.2009 | 10:57

23.07.2009, Scheune

Der Garten brennt schon wieder! Der tradtionell metallische Untergrund zeigt sich in Deutschlands Norden einmal mehr von seiner besten Seite.

Nachdem VICIOUS RUMORS den ersten Tag mit einem mächtigen Paukenschlag beendet haben, finden wir uns am nächsten Morgen gut ausgeruht wieder auf dem Festivalgelände ein. Der Himmel verheißt wenig Gutes, aber wir werden sehen, ob die Wettergötter ein Einsehen haben und die Metalparty toben lassen ...

Der Weckruf zum zweiten Tag des heurigen Headbangers Open Airs obliegt den Franzosen von LONEWOLF, die in ihrer Bandbiographie keinen Hehl daraus machen, dass sie sehr stark von allerlei teutonischen Metalbands beeinflusst sind. Das ist nicht nur ein toller Beweis für die französisch-deutsche Freundschaft, sondern auch ein Zeichen guten Geschmacks. Außerdem hört man es den Mannen aus der Region der Rhône-Alpen auch zu jeder Zeit an, dass Truppen wie U.D.O., GRAVE DIGGER oder RUNNING WILD Pate für ihren Sound gestanden haben. So gibt es zum Frühstück eine gefällige Mischung aus stampfender Schwere und flottem Speed Metal, sowie wuchtigem Gesang und massenweise Refrains zum die Faust in die Luft recken. Manchen mag das nicht originell genug sein, und auch ich war nicht unbedingt so gefesselt, dass ich gleich hätte rennen und mich mit dem Backprogramm der Band eindecken müssen. Aber gute Laune verbreitet haben die Jungs auf jeden Fall, und somit darf ihnen ein würdiger Opener-Auftritt attestiert werden.

[Rüdiger Stehle]

 

Eine weitere Band auf die ich mich im Vorfeld sehr gefreut habe, ist MEMORY GARDEN. Die Schweden durfte ich zum ersten Mal vor ein paar Jahren beim Doom Shall Rise bewundern, und dort haben sie mich mit ihrer eigenwilligen und doch typisch schwedischen Mischung aus schwerem Doom, anspruchsvollem Prog und eingängiger Melodie schwer beeindruckt. Und auch dieses Mal zeigen sich die Jungs aus der Gegend um Örebro in bestechender Form. Der klein gewachsene kahlköpfige Frontmann Stefan Berglund singt mit seiner theatralischen und doch sehr angenehmen klaren Stimme diverse Songs vom großartigen aktuellen Album "Carnage Carnival", darunter das gigantische Titelstück. Doch auch das bald zehn Jahre zurück liegende Vorgängeralbum "Mirage" und ältere Sachen kommen zum Zug. Dass Doom im Freien und bei Tageslicht nur halb so gut funktioniert, mag ein Grund für den noch recht überschaubaren Zuschauerzuspruch sein; ein weiterer die doch sehr frühe Stunde, zu welcher die Schweden auf die Bretter müssen. Doch wer schon wach ist, der genießt den doomigen Weckruf in vollen Zügen. Es tut auf jeden Fall gut zu sehen, dass sich MEMORY GARDEN in alter Form zurück meldet. Hoffentlich ziehen nicht wieder so viele Jahre ins Land, bis es mit einem neuen Album und einer kleinen Hallentour weiter geht.

[Rüdiger Stehle]


Gord Kirchin und die exaltierten PILEDRIVER sind seit 2004 wieder im Start und haben unlängst ihr neues und - zählt man die alten Klassiker mit - drittes Album veröffentlicht, das allerdings vertriebstechnisch ein wenig Probleme bereitet hat. Nichts desto trotz freut sich der gemeine Metaller nicht wenig, dass sich die Pillendreher nach dem kultigen Auftritt beim Keep It True wieder einmal nach Deutschland verirrt haben, um zusammen mit den Fans ordentlich inquisitorisch festzustellen, dass derjenige, welcher kein Metalhead nicht ist, auch gleich tot sein könne. So jedenfalls tönt es in der unsterblichen Bandhymne 'Metal Inquisition' vom gleichnamigen Album, das in der Setlist das unbestrittene Highlight darstellt, wenngleich natürlich auch hier stumpf Trumpf ist. Doch davon lebt die Holzhammer-Mucke des übergewichtigen Sado-Maso-Onkels mit den Nieten und Nägeln.

Ähnlich stumpf, aber doch irgendwie spaßig und auf jeden Fall auf ganzer Linie zum Mitgrölen sind auch die weiteren gespielten Stücke, welche natürlich nicht nur vom Debüt stammen, sondern auch vom Zweitling "Stay Ugly" und vom neuen Werk "Metal Manifesto", von welchem auf jeden Fall mal das Titelstück durchaus den Vergleich zum Frühwerk nicht scheuen muss. Gords Mitmusiker sind dieses Mal ohne Monsterkostüme angerückt und posieren statt dessen in verschärfter Uncle-Fester-Adams-Manier, doch das fällt kaum ins Gewicht, denn letztlich ist und bleibt PILEDRIVER im Wesentlichen eine One-Man-Show, und da die in Sachen Outfit schon denkbar negative Akzente setzt, kann die Begleitband im Prinzip anziehen, was sie will. Hauptsache es ist überhaupt etwas. Sei es drum: PILEDRIVER bietet das, was man erwarten darf: Simplen Stampf-Metal zum Abschädeln und Mitsingen. Mehr kriegt man nicht, mehr will man nicht!

[Rüdiger Stehle]

 

Auf ENFORCER hatten wir uns im Vorfeld des HOA ziemlich gefreut, besonders weil von der jüngst vergangenen Tour mit ihren Landsleuten von PORTRAIT nur Positives zu hören war. Doch leider spuckt uns das miesepetrige Wetter gerade bei dieser Band wirklich gehörig in die schwedische Suppe. Nennt uns Weicheier, aber da wir noch sechs Bands vor uns und keine Wechselklamotten mehr im Auto haben, ziehen wir es vor, den alle fünf bis zehn Minuten einsetzenden Regengüssen das Feld zu überlassen und uns im Meet-&-Greet-Zelt unterzustellen. Von dort können wir den hochklassigen Speed/Power-Metal der jungen Schweden um den blonden Frontmann Olof Wikstrand zwar ganz gut hören, aber leider die Bühnenshow nicht mitverfolgen. Das ist umso ärgerlich als uns im Nachhinein einige sehr begeisterte Bekannte berichten, was wir eben so alles verpasst haben. Nun, schade, aber nicht mehr zu ändern. Ich hoffe dass ihr es uns nachseht, dass uns wegen der widrigen Witterung eine von 26 Bands durch die Lappen gegangen ist. Wir versprechen euch, dass es dafür bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit eine umso ausführlichere Berichterstattung zu ENFORCER geben wird.

[Rüdiger Stehle]

 

Power Metal amerikanischer Prägung folgt, allerdings von einer Band, die nicht völlig unumstritten ist, da sie nach zwei phantastischen Alben anfangs des Jahrtausends und einem unterschiedlich aufgenommenen Auftritt in Balingen vor einigen Jahren erstmal komplett in der Versenkung verschwunden war. Über das Comeback "Drama Of The Ages" darf man getrost das Mäntelchen des Schweigens decken, da es in keinem Ton an die frühen Glanztaten heranreichte. Allerdings war dies das erste Album mit dem neuen Sänger Chaz Bond, so dass es nicht verwundert, dass es dennoch zu Ehren kommt. Anstatt allerdings einen repräsentativen Querschnitt aus allen Alben zu spielen, begnügen sich JACOBS DREAM mit zwei Songs vom Debüt, die gleich an zweiter und dritter Stelle im Set leuchtende Augen hinterlassen. Das Zweitwerk "Theater Of War" dagegen lassen die Amerikaner völlig außer Acht. Das zaubert Zitronenschnuten in die Gesichter nicht weniger Fans, die zwar in den Genuss mehrere neuer Songs kommen, aber damit natürlich nicht vollständig versöhnt sind. Auch das letzte Werk "Dominion Of Darkness" wird stiefmütterlich behandelt, was tatsächlich nur schwer verständlich ist. Die Band müht sich allerdings redlich und versucht, gegen schlechtes Wetter und selbst verursachte schlechte Bedingungen in Form eben dieser Setlist anzuspielen, was ihr tatsächlich auch teilweise gelingt. Spaß in den Backen haben sie schon, nicht auszudenken, was möglich wäre, wenn sie die Setlist von einem ihrer Fans hätten zusammenstellen lassen.


Setlist: At The Gates, Funambulism, Scape Goat, Stain, Beneath The Shadows, Handful Of Dust, Forever Winter, Deceiver of the Nations

[Frank Jaeger]

 

Nachdem es viele Jahre lang nicht mal den Gedanken daran gab, diese Band vielleicht doch nochmal live und in Farbe auf einer deutschen Bühne zu sehen, spielen die Herren von EXXPLORER dieses Jahr sogar gleich zweimal in good old Germany, nämlich nach dem KIT auch noch mal auf dem HOA. Aufgrund der Entfernung sind aber dann doch nur einige Fans anwesend, welche die Gigs vergleichen können, für alle anderen ist es eine Premiere. Genau so nimmt es auch die Band an und startet furios mit diversen Songs vom Debüt "Symphonies Of Steel". Die Setlist ist ausgesprochen gut, will heißen: Der Hauptteil der Songs stammt von eben diesem ersten Album, mit dem man in den Achzigern für Furore gesorgt hat. Alle Musiker wirken etwas sicherer als in Lauda, wohl weil sie wissen, dass sie sich ihres Erfolges sicher sein dürfen. Sänger Jim Abbiati (Photo vom KIT) singt weiterhin großartig, und die Schreie beim Song 'Exxplorer' kommen phantastisch rüber. Die Interaktion zwischen Band und Fans funktioniert prächtig, man stachelt sich gegenseitig zu Höchstleistungen an, auch wenn ich so manchen spitzen Schrei meiner Nebenleute gerne nicht gehört hätte. Die Amerikaner auf der Bühne räumen aber zum zweiten Mal binnen weniger Monate gehörig ab und lassen hoffen, dass wir von dieser tollen Band in Zukunft noch mehr hören und sehen werden.

[Frank Jaeger]

 

Wenn man sich die Running Order für den Freitag angeschaut hat, dann konnte man sich erst wundern und dann fragen: 80 Minuten Spielzeit für NEIL TURBIN'S DEATHRIDERS? Was stellt der gute Mann mit seiner Band in dieser Zeit an? 'Metal Thrashing Mad' in 16 Sprachen? ;) So schlimm wird es dann glücklicherweise doch nicht - obwohl der Auftritt von den DEATHRIDERS einen zwiespältigen Eindruck hinterlässt. Positiv hervorzuheben ist sicherlich die sehr gelungene Songauswahl. Auf der einen Seite gibt es die zu erwartenden Klassiker vom ANTHRAX-Debüt "Fistful Of Metal" zu hören, das ja bekanntlich von Neil Turbin eingesungen wurde. So können sich die zahlreichen Fans vor der Bühne also beispielsweise über das bereits erwähnte 'Metal Thrashing Mad', aber auch über 'Death From Above', 'Panic', 'Soldiers Of Metal' und 'Deathrider' freuen. Darüber hinaus werden aber auch 'Armed And Dangerous' und 'Gung Ho' gespielt, die zwar bereits von Joey Belladonna eingesungen wurden, aber noch aus Neil Turbins Zeit stammen. Auf der anderen Seite haben die DEATHRIDERS aber auch einige neue Songs im Gepäck, wie etwa 'Screaming In My Head', 'Crimson Warrior', 'Riders Of The Apocalypse' oder 'Metal Messiah', die allesamt auf dem demnächst erscheinenden Debütalbum der Band zu finden sein werden. Das 2003er-Soloalbum "Threatcon Delta" wurde dagegen gar nicht berücksichtigt. Wie nicht anders zu erwarten, ist die Stimmung natürlich bei den ANTHRAX-Nummern am besten. Zum einen sind diese Stücke bekannt, und zum anderen erreichen die neuen Songs auch nicht ganz das Niveau dieser Klassiker. Aber da Neil Turbin & Co. fleißig zwischen Alt und Neu wechseln, wird auch das DEATHRIDERS-Material gut aufgenommen. Weniger positiv kommen dagegen die zahlreichen und länglichen Ansagen von Neil Turbin an. Er "philosophiert" beispielsweise mehrmals über die Old-School-Metal-Szene, die scheinbar niemand besser kennt als er, und er zieht auch über das KEEP IT TRUE FESTIVAL her, obwohl er vermutlich nicht mal weiß, wo Lauda-Königshofen liegt. Wie sagt man bei uns so schön: "Viel g'schwätzt, aber nix g'sagt." - Wie auch immer: Wenn Neil Turbin sein Mitteilungsbedürfnis etwas mehr im Griff gehabt hätte, wäre es ein richtig guter Auftritt gewesen. So bleibt aber leider ein fader Beigeschmack.
Setlist: Screaming In My Head; Metal Thrashing Mad; Crimson Warrior; Death From Above; Riders Of The Apocalypse; Armed And Dangerous; Religion Of Hate; Never Die; Panic; Metal Messiah; Hell Ride; Soldiers Of Metal; Give 'em Hell; Deathrider; Gung Ho

[Martin Schaich]

 

Nachdem VICIOUR RUMORS am gestrigen Abend eine Lehrstunde in Sachen US-Metal abgeliefert haben, sind es heuer die texanischen Kollegen von HELSTAR, die diese Leistung übertreffen wollen. Wer die Jungs im April beim KIT gesehen hat, weiß, in welcher Form die Band um Zwischendurch-VICIOUS-RUMORS-Sänger James Rivera aktuell auflaufen kann. Und schon 'King Of Hell' macht klar, dass sie es wissen wollen. Rivera beweist sofort, dass er zur ersten Liga der Metalsänger zählt und Jerry Abarca schüttelt sich wie üblich ekstatisch die Flocken vom Schädel. Großartige Worte über sein grandioses Bassspiel muss ich wohl nicht verlieren. Aber auch Larry Barragan und Rob Trevino, seit Dekaden als verschworenes Axtschwinger-Duo in den metallischen Analen verankert, riffen sich die Fingerkuppen blutig und grinsen dabei die ganze Zeit selig. Kein Wunder, bei den Fanreaktionen. Dabei ist es beinahe egal, welchen Song das Quintett gerade zockt. Alles wird mitgesungen, zu keiner Sekunde sind die Luftgitarren ausgestöpselt. Klar, beim Überflieger 'Angel Of Death' steigt das Adrenalinbarometer noch einmal gehörig an, aber das wundert bei der Klasse des Songs wohl auch niemanden. Gott halt. Und Gott ist auch noch sympathisch, denn er erklärt den verklärt dreinschauenden Fans, dass der Aushilfsdrummer lediglich zwei Proben hatte, um sich das Material draufzupacken. Alle Achtung, denn die HELSTAR-Kompositionen bestehen nicht gerade aus ¾-Takten, wie wir alle wissen. Anyway, zur emotionalen Krönung kommt es als zur Zugabe plötzlich die alten Kollegen von den RUMORS mit James zwei Songs des gemeinsamen "Warball"-Albums zocken und sich Geoff Thorpe und James danach kübelweise Honig um die Bärte schmieren. Love, Peace & Pitbulls. Metal verbindet eben doch.

[Holger Andrae]

 

Ganz einfach haben es die Veranstalter den PRETTY MAIDS nicht gemacht. Zum einen zählen die Dänen eh schon nicht zum Metal-Underground, und zum anderen müssen sie nach einem überragenden HELSTAR-Auftritt (inkl. VICIOUS-RUMORS-"Reunion") auf die Bühne. Und MANILLA ROAD stehen ja auch schon in den Startlöchern. Doch wer die PRETTY MAIDS kennt, der weiß, dass sie eine großartige Live-Band sind, und das stellen sie auch heute wieder unter Beweis. Sie legen mit 'Sin-Decade' aus den 90ern gleich sehr ordentlich los und lassen mit 'Lethal Heroes' und 'We Came To Rock' noch zwei Klassiker aus den 80ern folgen. Und der letztgenannte Song ist natürlich auch weiterhin Programm, und man merkt der Band trotz all ihrer Routine an, dass sie viel Spaß auf der Bühne hat. Und auch die Fans vor der Bühne kommen auf ihre Kosten. Mit 'Wake Up To The Real World' haben sie zwar auch den Titel-Song von ihrem noch aktuellen 2006er-Album im Gepäck, doch danach feuern die Dänen Klassiker um Klassiker ab, die über weite Strecken auch vom Publikum mitgesungen werden. Insbesondere die beiden ersten Alben "Red, Hot And Heavy" und "Future World" werden immer wieder bemüht - aber es sind ja auch ihre besten. Außer dem "Scream"-Doppelpack - bestehend aus 'Scream' und 'Walk Away' - gibt es also Songs wie 'Cold Killer', 'Back To Back' und 'Rodeo' zu hören. Mit 'Love Games' wollen sich die PRETTY MAIDS dann verabschieden, doch das lassen die Fans natürlich nicht zu - immerhin fehlen noch die beiden Smash-Hits 'Future World' und 'Red, Hot And Heavy'. Das ist auch Ronnie Atkins & Co. natürlich klar, und so kommen sie für diese beiden Nummern noch einmal auf die Bühne. Bei 'Red, Hot And Heavy' dürfen dann auch noch einmal alle mitsingen bzw. -grölen, sodass die PRETTY MAIDS ein bestens gelauntes Publikum hinterlassen und der Headliner eigentlich leichtes Spiel haben sollte. Gell, Rüdiger?

Setlist: Sin-Decade; Lethal Heroes; We Came To Rock; Wake Up To The Real World; Yellow Rain; Cold Killer; Walk Away; Scream; Back To Back; Rodeo; Love Games; Future World; Red, Hot And Heavy

[Martin Schaich]

 

Ja, das hat er, der Headliner. Denn diese Band trifft hier auf ihr Stammpublikum. So bin auch ich einer derer, die sich im Vorfeld des Headbangers Open Airs am meisten auf ihre alten Helden von MANILLA ROAD gefreut haben, die ich heute zum vierten Mal sehen werde. Die bisherigen Gigs Mark Sheltons und seiner jeweiligen Mitstreiter haben mir immer hervorragend gefallen und daher habe ich keinerlei Bedenken, dass sich daran etwas ändern könnte. Wie es sich für langjährig erfahrene Underground-Recken gehört, helfen die vier Musiker selbst beim Bühnenumbau und führen auch selbst zusammen mit dem Stage-Manager den Soundcheck durch. Ganz entspannt und ohne Hektik sind besonders Hellroadie und der Shark selber für die eine oder andere Schäkerei mit dem Publikum zu haben, unter das sich die Musiker das ganze Festival über gerne und oft mischen. Das alles macht sich bezahlt, denn die Stimmung ist sehr entspannt und erwartungsfroh, der Sound vom ersten Ton an bombastisch und die Band insgesamt in wirklich glänzender Form.

Mark und Bryan ergänzen sich traumhaft und sollten inzwischen auch die letzten zum Schweigen gebracht haben, die meinten an der Gesangsverteilung herum meckern zu müssen. Doch auch die Rhythmusgruppe zeigt sich heute von ihrer besten Seite. Cory trommelt wie ein Besessener, fehlerfrei und sehr beeindruckend, dazu noch mit tollem Sound, und dazu gibt sich auch der Hut tragende Basser Vince keine Blöße. Die vielen Live-Auftritte der letzten Jahre machen sich bemerkbar und die rumpelige Reunion-Truppe vom Bang Your Head 2000 ist wieder zu einer perfekt geölten Epic-Metal-Maschine geworden, die sich aber dennoch den ursprünglichen, rauen und persönlichen Charme bewahrt hat, für den sie ihre Fans so lieben.

Dazu gibt es eine Setlist die sich gewaschen hat und die auch ohne den bei früheren Anlässen gerne und oft gespielten Überklassiker 'Dreams Of Eschaton' keinerlei Anlass gibt, unzufrieden zu sein. Mit dem relativ neuen 'Riddle Of Steel' steigt die Band in ein hundertminütiges Killerset ein, das mit einem Klassiker-Rundumschlag sondersgleichen weiter geht. Mit 'Haunted Palace', 'Astronomica', 'Divine Victim' und 'Road Of Kings' wird die beliebte Phase von 1985 bis 1987 ausgiebig gewürdigt, bevor die Herren aus Kansas ganz tief in der Schatzkiste wühlen und die sehr selten gespielte 1982er-Perle 'Cage Of Mirrors' zum Besten geben. Danach beweist das Titelstück des noch immer aktuellen Albums "Voyager", dass sich die neuen Songs nicht hinter den Klassikern verstecken müssen und vom Publikum inzwischen auch toll aufgenommen und sogar mitgesungen werden. Das selbe geschieht bei der ebenfalls neuen Hymne 'Blood Eagle'. Mit 'Mystification', 'Up From The Crypt' und dem klassischen Vierer-Medley 'Masque Of The Red Death By The Hammer Of The Witches Brew' kommen nochmals die Alben "Open The Gate", "The Deluge" und "Mystification" zum Zuge, wobei erwähnt werden muss, dass "Medley" bei MANILLA ROAD nicht bedeutet, dass die Songs kurz angespielt und dann abgehakt werden, sondern vielmehr, dass die Band die Songs im Wesentlichen komplett spielt und lediglich auf passende Weise miteinander verbindet.

Danach ist dann Schluss ... aber natürlich nur kurz, denn ihr werdet nicht glauben, dass MANILLA ROAD von der Bühne gehen, ohne ihr 1983er-Jahrhundertalbum "Crystal Logic" ausgiebig zu würdigen. So treiben sie den Fans bereits mit den aus hunderten Kehlen mitgesungenen Hits 'Necropolis' und 'Flaming Metal System' die Freudentränen in die Augen, und die weiteren Zugaben 'Riddle Master' und 'Crystal Logic' zwingen die Meute vollends in die Knie. Ich hätte MANILLA ROAD natürlich noch Stunden zuhören können, doch irgendwann muss auch mal Schluss sein. Muss wirklich? Ja, aber erst nach dem finalen Gnadenschuss mit 'Up From The Crypt'. Danach geht die Band unter dem tosenden Beifall des Publikums von der Bühne und darf sich ihrer Sache sicher sein: Sie hat einen unsterblichen Gig abgeliefert, der sicher zu meinen größten Konzerterlebnissen überhaupt zählt. Ich kann nicht sagen, wie sehr ich mich auf das kommende Album und hoffentlich ein baldiges Wiedersehen mit Wichita's Finest freue.

Setlist: Riddle Of Steel, Haunted Palace, Astronomica, Divine Victim, Road Of Kings, Cage Of Mirrors, Voyager, Mystification, Blood Eagle, Masque Of The Red Death, Death By The Hammer, Hammer Of The Witches, Witches' Brew, Necropolis, Flaming Metal System, Crystal Logic, Riddle Master, Up From The Crypt.

[Rüdiger Stehle]

Alle Bilder: Rüdiger Stehle

Redakteur:
Holger Andrae

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