Headbangers Open Air - Brande-Hörnerkirchen

27.08.2010 | 14:44

29.07.2010, Der Garten

Die größte Gartenparty der Welt setzt auch in diesem Jahr wieder die Botanik mit hochkarätigen Bands in Brand. Das Powermetal.de - Team hat sich erneut in die Pampa gewagt und ein bisschen mit gezündelt. Lest selbst, ob der Funke übergesprungen ist ...

Nicht schlecht staune ich als ich mich gegen zwölf Uhr Mittag bei strahlendem Sonnenschein vor der Scheune einfinde, um der NWoBHM-Legende JAMESON RAID zu huldigen. Dem britischen Quartett um den charismatischen Gentlemanfrontmann Terry Dark gelingt es, einige Hundertschaften gieriger Fans zu motivieren. Es ist unglaublich. So viele Headbanger habe ich noch nie bei einer ersten Band erlebt. Und dies bei einer Band, von denen bis vor wenigen Monaten kaum einer den einzigen Singlehit – namentlich '7 Days Of Splendour' – kannte. ROXXCALIBUR sei Dank. Ob das gut geht? Bereits die ersten Nummern geben die glasklare Antwort: Und wie! Gandalf, der Graue … äh … Terry Dark ist bei bester Stimme und verfügt über eine Ausstrahlung, die viele seiner jungen Kollegen noch suchen. Mit passender Gestik und Mimik unterlegt er die abwechslungsreichen Nummern, die in einer Livesituation weitaus flotter und roher klingen als auf dem kürzlich erschienenen Album. Basser John Ace belegt mit seinem Outfit, dass ein Jim Schuhmacher (BROCAS HELM) sein Vorbild in England hatte und Klampfer Ian Smith rockt sich bei einigen Titeln in einen wahren Rausch. In dieser Qualität entwickelt sich ein in der Studioversion eher langweiliger Song wie 'Catcher In The Rhye' zu einer kleinen Livehymne, bei der der Garten früh am Tage erstmals brennt. Überraschend spielt die Band mit 'Stop Looking At Me' eine bisher unveröffentlichte Nummer über einen Psychopaten. Die hierbei zum Einsatz kommende Maske von Terry sorgt für allgemeine Erheiterung, erinnert sie mehr an Fasching denn an einen Irren. Unterhaltsam ist es allemal. Kein Wunder, dass beim finalen '7 Days Of Splendour' der gesamte Garten mitsingt. Ein Hammerauftritt, von dem ich bald eine Wiederholung erhoffe.

Setlist:It's A Crime;Titanic;Stop Looking At Me;The Raid;Hard Lines;Getting Hotter;Catcher In The Rhye;7 Days Of Splendour

[Holger Andrae]


Diese Band aus Nordirland gibt es zwar erst ein gutes halbes Jahrzehnt lang, doch von einer jungen Truppe zu reden, wäre verfehlt. Immerhin sind bei STORMZONE mit Frontmann Harv und Schlagzeuger David Bates zwei Musiker an Bord, die der eine oder andere von euch vielleicht von der nicht gänzlich unbekannten Kultband SWEET SAVAGE her kennt. Stilistisch sind Harv und seine Mannen zwar nicht allzu dicht an SWEET SAVAGE, aber ein klassischer NWoBHM-Sound ist es schon, den sie fahren. Ein ordentlicher Schuss IRON MAIDEN, insgesamt aber etwas mehr in Richtung Melodic Metal der Marke Y&T oder PRAYING MANTIS schielend, kommt die Band live dennoch ein gutes Stück aggressiver und überzeugender herüber als auf ihrem unlängst veröffentlichten zweiten Studioalbum "Death Dealer", das in unserem Soundcheck nach recht weit hinten durch gereicht worden ist. Vielleicht lohnt es sich doch, die Scheibe noch einmal anzupacken, denn auf der Bühne ist das schwer in Ordnung, was auch das zu diesem Zeitpunkt noch nicht allzu zahlreich vertretene Publikum mit ordentlichem Applaus quittiert.


[Rüdiger Stehle]

 

Der Vormittag des NWoBHM. Nach echtem NWoBHM von JAMESON RAID und angelehntem NWoBHM von STORMZONE nun ausgeliehener NWoBHM von ROXXCALIBUR. Dass Neudi und seine Jungens auf ihrer Mission gerne mal extrem unbekanntes Material aus der Mottenkiste zaubern, ist nichts Neues. Dass ich aber bereits bei der Eröffnungsnummer ins Grübeln komme, nehme ich den ROXXCIS beinahe persönlich übel. Beim Chorus ist dann aber klar, dass wir 'Atomic Rock' von den sträflich übersehenen MORE geboten bekommen. Im weiteren Verlauf gibt neben einigen Standards aber auch noch weitere Augenbrauenlupferlis. Und das ist nicht 'Witchfinders Genital' (so gesehen auf der Setlist der Band), sondern der Gastauftritt der beiden Originalmitglieder von JJs POWERHOUSE. Zusammen mit Sänger Austin und Gitarrist John Cox werden die beiden Singles-Titel 'Running For The Line' und 'Blackrods' gezockt. Eine Aktion, die beim Publikum natürlich enorm gut ankommt und die obendrein beweist, dass aus dem Hause ROXXCALIBUR immer wieder mit neuen Späßen dieser Art zu rechnen sein wird. Und wenn ihre Auftritte einfach nur dazu führen, dass solch superbe Nummern wie 'Destiny' (TRIDENT) oder 'Lord Of The Rings' (ARC) immer bekannter werden, haben sie auch schon alles richtig gemacht.  Fakt ist, dass der Auftritt sehr viel Freude gemacht hat und den Weg für die nächste NWoBHM-Legende geebnet hat.

Setlist:Atomic Cock;Gates Of Gehenna;Rainbow Warrior; War Of The Ring; Lady Of Mars; Destiny Witchfynder Genital; Running For The Line; Blackrod; See You In Hell

[Holger Andrae]


Und nochmal NWoBHM. Für die TYGERS OF PAN-TANG hätte ich vor sechs Monaten keinen Pfifferling mehr gegeben, da mir ihre letzten Studiowerke überhaupt nicht zusagen. Aber der Auftritt auf dem diesjährigen Keep-It-True-Festival hat meine Meinung geändert. Da stand eine Band auf der Bühne, die alles weggerockt hat. Entsprechend gespannt sehe ich dem Auftritt der Band um Originalgitarrist Rob Weir entgegen. Der Einstieg ist mit 'Raised On Rock' gefolgt von 'Hellbound' furios wie vor vier Monaten. Das Publikum scheint dies ähnlich zu sehen, denn sofort recken sich ein paar Hundert Arme gen Sonne am Himmel. Diesem Umstand kann auch der erste aktuellere Song 'Live For The Day' keinen Abbruch tun. Was allerdings auffällt, ist der Umstand, dass man sehr wohl heraus hören kann, welche Nummer für den aktuellen Sänger Jacopo Meille komponiert worden sind und welche nicht. Sein soulig-sleaziges Organ passt für einen alten Fan der Band nicht zu allen Songs gleich gut. So muss ich vor allem bei den Tracks meines heiß geliebten "Wild Cat"-Albums erst umdenken. Klar, die schrägen Melodien von Originalshouter Jess Cox sind quasi nicht reproduzierbar, aber da würde ich mir schon eine ähnlich schräge Stimme zu wünschen. Immerhin macht dieser Gesang ja einen Großteil des Charmes dieser Kompositionen aus. 'Suzie Smiled', der Titelsong und vor allem 'Slave To Freedom' belegen diese Aussage. Auf der anderen Seite gibt es aber auch absolute Granaten, wie zum Beispiel das überraschend eingestreute 'Take It' oder 'Don't Stop By' vom zweiten Album. Nummern, die man nicht erwarten konnte, die aber auf große Begeisterung stoßen. Völlig zu recht übrigens, denn bei diesen Tracks passt auch der Gesang von Jacopo ausgezeichnet. So beschließen die TYGERS diesen zweiten Beweis für ihren dritten Frühling mit dem Trio 'Wild Catz', 'Euthanasia' und 'Gangland' und hinterlassen begeisterte Fans. Davon bitte gerne mehr.

Setlist: Raised On Rock; Hellbound;Live For The Day; Suzie Smiled; Dark Rides; Slave To Freedom; Never Satisfied, Rock'n'Roll Man; Take It, Don't Stop By; Hot Blooded; Wild Catz; Euthanasia; Gangland

[Holger Andrae]


Nach dieser geballten Ladung an "New Wave of British Heavy Metal" zur Mittagszeit gibt es anschließend Speed Metal der amerikanischen Schule zu hören, dargeboten von AMULANCE aus Aurora, Illinois. Hierzulande ist das Quintett um Bassist Thom Braddish nicht allzu bekannt - was aber auch nicht weiter verwunderlich ist. Denn die Band hat es bislang nur auf ein reguläres Album gebracht, und "Feel The Pain" ist auch schon 1989 erschienen. Und live-haftig waren AMULANCE sowieso noch nie in Europa zu sehen. Dementsprechend durfte man gespannt sein, wie sich die nicht mehr ganz so frischen Herren bei ihrem ersten Mal präsentieren ...

Für AMULANCE scheint die erste Deutschlandreise schon etwas Besonderes zu sein, denn immerhin haben die US-Amerikaner eine nagelneue EP im Handgepäck mitgebracht, die schlicht mit "Deutschland" betitelt ist. Und von dieser Scheibe sollten im Laufe des einstündigen Auftritts auch alle fünf Songs zu hören sein. So starten AMULANCE bespielsweise gleich mit einen solchen neuen Stück, nämlich 'The Crypt', bevor es mit 'Black Moon Rising' und 'Violent Victory' zwei "Feel The Pain"-Kracher auf die Ohren gibt. Man merkt schon recht deutlich, dass die alten Songs bei einem Großteil des Publikums durchaus bekannt sind. Aber auch die neuen Nummern werden äußerst wohlwollend aufgenommen - so in der Folge auch 'The Alpha One' und 'A Good Day To Die'. Vor der Bühne wird fleißig gebangt und gemosht, und die Fans haben sichtlich ihren Spaß. Aber auch die Musiker auf der Bühne scheinen mit viel Freude bei der Sache zu sein, und auch von der anfänglichen Nervosität ist nun nichts mehr zu spüren. Weiter geht es mit einer recht ausgewogenen Mischung aus altem Kram ('Shark Attack', 'Witch's Sin', 'Feel The Pain') und Neuigkeiten ('I The Machine', 'At Your Grave'), und ruck-zuck ist die vorgesehene Spielzeit auch schon fast vorbei. Für einen letzten Song bleibt noch Zeit, und so beschließen AMULANCE ihren Auftritt wie auch ihr Album "Feel The Pain", nämlich mit dem großartigen '7th Son'. - Unterm Strich eine äußerst gelungene Deutschland-Premiere, die geradezu nach einer Wiederholung schreit - finde ich jedenfalls.

Setlist: The Crypt; Black Moon Rising; Violent Victory; The Rage Within; The Alpha One; A Good Day To Die; Shark Attack; Witch's Sin; I The Machine; Feel The Pain; At Your Grave; 7th Son

[Martin Schaich]


Derart euphorische Fanreaktionen wie die TYGERS können STORMWARRIOR heute Nachmittag zwar nicht einheimsen, aber für gute Laune sorgen die Hanseaten vor quasi heimischem Publikum auf jeden Fall. Egal ob 'Odin's Warriors', 'Thunderer', 'Ragnarök' sowie das besonders kraftvoll dargebotene 'The Axewielder': STORMWARRIOR stehen für Spielfreude und klassischen Stahl, den sie heute Nachmittag wieder einmal überzeugend präsentieren. Gegenüber vielen anderen Bands des heutigen Festivaltages habe die Hamburger natürlich schnelle Stücke am Start, die sie bei bestem Wetter in die sich füllende Menschenmenge abfeuern. 'Signe Of The Warlorde', 'Iron Prayers' und 'The Axewielder' machen live einfach verdammt viel Laune. Im Gegensatz zu den TYGERS OF PAN TANG ist aber die Interaktion zwischen Publium und Band um einiges verhaltener, so dass das alte NWoBHM-Flagschiff als Sieger des Nachmittags hervorgeht. Anyway...der Meute gefällts, so dass mit 'Into The Battle' die Band auch noch eine Zugabe zum besten gibt. Unter dem Strich ein sehenswerter Auftritt der Hamburger.

[Martin Loga]


Sicherlich die mit Abstand ungewöhnlichste Band des Festivals sind MEKONG DELTA. Man darf wohl erwarten, das bereits der erste Song mehr Noten enthalten wird als der eine oder andere komplette Gig des gestrigen und heutigen Tages. Als es dann nach einen Intro mit 'Memories Of Sorrow' losgeht, weiß ich, dass ich recht habe. Viele sind überrascht, dass Ralph und seine Mannen einen Song ihres zweiten Albums als Opener ausgewählt haben, und noch überraschender ist, dass nach 'Heartbeat' vom 1992er Album "Kaleidoscope" gleich drei Songs des Debütalbums folgen. MEKONG DELTA sind in bester Festivallaune und spielen mit Freude ihre frickeligen Oden, dass man sich beim Zuhören fast einen Knoten in die Ohrmuscheln lauscht. Der gute Sound hilft, auch die zahlreichen Feinheiten der Kompositionen zu erkennen, und Sänger Erik Adam Grösch ist nicht nur gut bei Stimme, sondern vermag auch die alten, nicht original von ihm eingesungenen, Songs überzeugend zu interpretieren. Das aktuelle Werk kommt wie auch der Vorgänger "Lurking Fear" nur am Rande zum Zuge, wobei ich nicht ganz verstehe, warum mit 'Intermezo' ein Instrumental ausgepackt werden musste, was doch ein bisschen Fahrt aus dem Gig nimmt, weil die Aktion auf der Bühne ohne Frontmann doch stark nachlässt. Dennoch scheint es, als ob die Band möchte lieber ihr Gesamtwerk bewerben möchte denn ihre letzten Veröffentlichungen. Das wird vom Publikum gern angenommen, zumal die Songauswahl sich auf die eingängigsten Kompositionen, so man so etwas zu MEKONG DELTA-Songs überhaupt sagen kann, beschränkt. Anstatt den Garten leerzufegen, wie ich befürchtet hatte, geht das Publikum gut mit und feiert das thrashige Gefrickel gehörig, so dass MEKONG DELTA ganz sicher zu den Gewinnern der Festivals zählen und bei mir auf jeden Fall zu den Highlights.

[Frank Jäger]


ANGEL DUST durfte ich zum ersten Mal 1997 live bewundern, seinerzeit als Vorgruppe von JAG PANZER kurz nach der Reinkarnation der beiden Truppen. Die Dortmunder hatten sich seinerzeit weit von ihren Wurzeln entfernt und einen neuen, leicht progressiven Melodic-Metal-Stil mit viel Keyboard ersonnen, der mit einer toll eingespielten und enthusiastischen Truppe im Kreuz richtig viel Spaß gemacht hat. Entsprechend freue ich mich auf den heutigen Auftritt, allerdings auch mit der bangen Frage, ob diese Euphorie der zweiten Hälfte der Neunziger noch vorhanden ist, nachdem in der Vergangenheit in Sachen Line-up doch einiges drunter und drüber gegangen war. Manch Anwesender mag enttäuscht sein, dass es eben dieses 90er-Line-up um Frontmann Dirk Thurisch, Gitarrist Bernd Aufermann, Keyboarder Steven Banx und Drummer Dirk Assmuth ist, das auf die Bretter steigt und nicht der ursprüngliche Speed Metal der ersten beiden Alben wiederbelebt wird. Doch damit war zu rechnen und ich freue mich darüber. Der inzwischen reichlich kurzhaarige Dirk Thurisch ist nach wie vor ein sehr cooler und humoriger Entertainer und Frontmann und auch die Songauswahl weiß zu überzeugen, kommen doch alle vier Alben der "Mark 3"-Formation zum Zuge, wobei der Schwerpunkt auf "Enlighten The Darkness" liegt. Auch die anderen Musiker inklusive Bassist Christian Pohlmann, der seit 2006 an Bord ist, geben sich keine Blöße, und so weiß auch der einzige neue Song 'Living Ain't Fantasy' zu gefallen. Dass der Funke zum Entfachen echter Begeisterung dann doch nicht ganz reicht, liegt zum einen am Sound, der bei ANGEL DUST leider ein bisschen schlechter ist, als bei fast allen anderen Bands. Es ist mit dem Keyboard und den modernen Arrangements halt auch nicht die typische HOA-Band. Zum anderen leigt es vielleicht auch daran, dass ich die Band wie eingangs erwähnt von "damals" eben tighter, hungriger, ja, schlicht zwingender in Erinnerung habe. Nicht, dass spielerisch irgendwas im Argen gelegen hätte, nein, aber die "Age Of Mastery / Border Of Reality"-Tour seinerzeit war einfach ein Traum, der an diesem Wochenende nicht ganz wiederbelebt werden konnte.

Setlist: Border Of Reality, Never, Unreal Soul, Nightmare, Living Ain't Fantasy, Last Forever, I Need You, Freedom Awaits, Bleed, First In Line, Cross Of Hatred

[Rüdiger Stehle]


DEMON kann man wahrscheinlich am Vormittag anrufen, damit sie am Abend irgendwo auftreten und sie würden einen ausgezeichneten Auftritt hinlegen. So auch heute. Trotz massiver Probleme bei der Anreise ist von Müdigkeit auf der Bühne nichts zu spüren. Vom ersten Ton an, reißen die Herren um Frontdämon Dave Hill das Publikum an sich. Ist natürlich auch nicht besonders schwer, wenn man gleich mit 'Night Of The Demon' und 'Into The Nightmare' loslegt. Zwei Überflieger des unfassbaren Debütalbums, welches mal eben 30 Jahre auf dem Buckel hat. Tolle Musik ist eben zeitlos. Neben Grinsedämon Dave ist besonders Basser Andy Dale der Aktivposten auf den Scheunenbrettern. Aber auch die restliche Garde des britischen Düster-Melodic-Metals darf sich das Prädikat "sympathisch" ans Revers heften. Der Garten steht schnell Kopf, was aber in Anbetracht der Setlist auch kein Wunder ist. Egal ob 'Sign Of The Madman', 'Life On The Wire' oder 'Blackheath', hier wird jeder Song frenetisch abgefeiert und mitgesungen. In völlige Ekstase gerat ich allerdings als Dave _den_ Übersong schlechthin ankündigt: 'Remembrance Day (A Song For Peace)'. Und schon beim elegischen Intro laufen ein paar Tausend gehäutete Gänse auf den angrenzenden Wiesen umher. Unterlegt von einem sehr transparenten Sound und einem sehr gelungenen Lichtspiel entpuppt sich diese Nummer zur emotionalsten Darbietung des gesamten Festivals. Danach hätte für mich eigentlich Schluss sein können, denn ich bin völlig platt. Die erfahrenen Musiker wissen aber nur zu gut, dass es schlauer ist, dem Publikum noch ein bisschen  Feuer unterm Löchlein zu machen. Und so gibt es schlussendlich noch 'Liar' und 'One Helluva Night' zu hören. Dann fällt der imaginäre Vorhang. Aber da fehlt doch noch was? Klar, 'Don't Break The Circle' und das gibt es als finalen Rausschmeißer. Toll, toller, DEMON.


Setlist:Night Of The Demon; Into The Nightmare; Blue SKies In Red Square/Commercial Dynamite; Sign Of The Madman; Liar; ; Blackheath; Remembrance Day (A Song For Peace); Standing On The Edge Of The World;
Live On The Wire; Don't Break The Circle; One Helluva Night

[Holger Andrae]


Vor einigen Jahren hatte ich das große Vergnügen das Quintett CULPRIT aus Seattle in Wacken live erleben zu dürfen. In norddeutscher Euphorie würde ich mich jetzt zu dem Statement hinreißen lassen, dass es sehr nett war. Ich hatte die leise Hoffnung, dass danach irgendein musikalisches Lebenszeichen von dieser Wahnsinnsband folgen würde. War natürlich nicht der Fall. Umso überraschter war ich als die Band plötzlich auf dem Billing des diesjährigen HOAs zu finden war. Und dann auch noch als Headliner. Recherchen im weltweiten Netz ergaben, dass von der Originalbesetzung nur noch Basser Scott Earl und Gittarist John DeVol mit von der Partie sind. Skepsis kommt auf. Als die Band mit dem vernichtenden Titelsong 'Guilty As Charged' über die Menge herfällt, klappt aber nicht nur mir die Kinnlade runter. Unterstützt von einem brachialen Killersound präsentiert sich eine heißhungrige Band, die vom ersten Ton an klar macht, dass sie die extrem hohe Position im Billing verdient hat. Der neue Sänger Steve Nations macht seine Sache sehr gut, auch wenn er natürlich nicht an die Klasse seines Vorgängers heran reicht. Man kann nicht alles haben. Wer die Band schon einmal live erleben durfte, weiß, dass Scott Earl nicht nur ein extraordinärer Bassist ist. Er ist obendrein der Posing-Gott schlechthin. Optisch als Wolfgang-Joop-Verschnitt durchgehend, steht der gute Mann nicht eine Sekunde still. Permanent feuert er das Publikum an, dreht sich um die eigene Achse und rennt auf der Bühne herum als wäre der Teufel hinter ihm her. Und das allerbeste: Es wirkt nicht peinlich, weil er eben auch noch durch exzellentes Spiel hervor sticht. Da ist dann auch Posing erlaubt. Im weiteren Verlauf spielt die Band das komplette Album runter und macht sich nicht einmal die Mühe minimal von der Songreihenfolge des Studiodiamanten abzuweichen. Das ist aber Jammern auf ganz hohem Niveau, weil es auf dem Album ja keinen einzigen Ton gibt, der mich nicht in die musikalische Glückseligkeit befördert. Obendrein ist die heutige Umsetzung wirklich grandios. Man merkt CULPRIT an, dass sie schon immer eine echte Liveband war. Das farbige Monster am Schlagzeug namens Shaul Axley entpuppt sich durch sein sehr energisches Spiel ebenfalls zum absoluten Hingucker. Die Soloeinlagen der beiden Rhythmusjungs halte ich zwar für etwas überflüssig – wie ich Soloeinlagen fast immer für störend halte – aber heute Abend wird dabei ja auch einiges fürs Auge geboten. Immerhin bin ich zuvor beim Singlehit 'Ambush' völlig ausgeklinkt. Diese Nummer ist einfach mal unschlagbar toll. Es folgt das zerstörerische 'Tears Of Repentance' und man merkt, dass Steve Probleme mit seiner Stimme hat. Das geht soweit, dass er kurz darauf erzählt, dass er gesundheitlich leicht angeschlagen ist und uns nun bittet, ihn zu unterstützen. Als ob wir das nicht eh schon alle längst tun würden. Um mich herum wird auf jeden Fall kollektiv mitgesungen. Beim finalen 'Players', welches Steve leider nur noch mit halber Kraft zustande bekommt, ist die Menge manchmal sogar lauter als er. Das stört bei der gebotenen Leistung aber niemanden, denn CULPRIT haben heute einfach mal den Garten in Schutt und Asche gespielt. Da ist eine Zugabe natürlich Pflicht. Und die gebotene Version von 'Heaven & Hell' ist ein mehr als gelungener Abschluss eines tollen Festivaltages.

Setlist: Guilty As Charged, Ice In The Back; Steel To Blood; I Am, Ambush; Tears Of Repentance; Same To You; Fight Back; Players; Heaven & Hell;

[Holger Andrae]


Redakteur:
Holger Andrae
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