M'Era Luna - Hildesheim

24.08.2017 | 13:25

12.08.2017,

Das M'ERA LUNA wartete in diesem Jahr nicht nur mit einem besonders bunten Line-Up auf - auch meteorologisch sorgte das Schwarze Szene-Treffen für Überraschungen.

Sag mal, haben wir das Wetter in WACKEN nicht hinter uns gelassen? Das M'ERA LUNA Festival erweist sich in diesem Jahr als echte Bewährungsprobe für die Stiefel an den schmucken Kostümen der flanierenden Gothic Beautys. Und für unser charmantes Duo, Leo und Yvonne, die für euch zwischen den beiden Bühnen hin- und herpendelten und das Line-Up des M'ERA LUNA Festival in Bild und Wort genau unter die Lupe nahmen.

MAIN STAGE

Wie in jedem Jahr wird der Opener Slot auf der Main Stage auf dem M'ERA LUNA durch den Newcomer-Wettbewerb vergeben. Als Publikumsliebling hat sich dabei 2017 die Band CIRCUS OF FOOLS erwiesen, die mit ihrem circensisch-epischen 'Another World Within' das Rennen machte. Eine gute Entscheidung, denn mit den anarchistischen Clowns und ihrem Melodic Death Metal haben sich die Veranstalter eine echte Liveband auf die Bühne geholt: Bombastische Kostüme, charismatische Musiker und für das Publikum auf dem M'ERA LUNA zudem noch eine charmante Ergänzung. Während die beiden Frontsänger mit ihrem kontrastreichen Gesang das Publikum in ihren frivolen, morbiden Bann ziehen, pendeln über den Köpfen der Band die Artistinnen "Lady Kitts And Her Helles Belles". Schade, dass die Show der Damen sich aus Platzgründen am Rand der Bühne abspielt, doch schmälert dies die Epik der Show von CIRCUS OF FOOLS keinermaßen. Schon um 11 Uhr morgens herrscht damit auf dem M'ERA LUNA ein Staunen und eine mitreißende Begeisterung, die eigentlich schon headlinerwürdig ist!
[Leo Dowidat]

 

Auf die Zirkusnummer folgt Grabesstimmung. EDEN WEINT IM GRAB übernimmt, meiner Ansicht nach mit einem viel zu frühen Slot für die Dark Metaller, das Zepter auf der MAIN STAGE. Beinahe würdevoll kommen die bleichen Gestalten mit ihrer Mischung aus Dark Cabaret, Metal und Gothic Rock daher - dementsprechend vielfältig auch ihre starke Bühnenpräsenz. Es braucht für Alexander Paul Blake und Co gar nicht viele Elemente, um das Publikum auch so in den morbiden Bann der "Na(c)htodreise" zu ziehen. Ohne große Animationen zum Mitklatschen oder Feiern fesseln die Musiker auch nach dem imposanten Bühnenspektakel ihrer Vorgänger das M'ERA LUNA. Stilvoll läutet EDEN WEINT IM GRAB um Punkt 12 Uhr dann auch die 'Geysterstunde' aus dem gleichnamigen Zyklus der Band ein. Ganz großes Kino, bei dem man gerne und geflissentlich über die Zeitverschiebung des Spukspektakels hinweg schaut.
[Leo Dowidat]

 

Weiter geht es auf der Main Stage mit der UNZUCHT. Für die Jungs aus Hannover ist das M'ERA LUNA Festival beinahe ein Heimspiel und das lassen auch die Zuhörer die Band deutlich spüren. Der obligatorischen Aufforderung von Sänger Daniel "Macht mal Krach!" bedarf es eigentlich gar nicht - auch so weiß das M'ERA LUNA genau wie der Hase läuft. Die UNZUCHT übrigens auch, haben die Herrschaften schließlich ihr klassisches Festival-Set mit nach Hildesheim gebracht. Man nehme eine exklusive Auswahl aus den besten Songs des aktuellen Albums (z.B. 'Kettenhund', 'Lava'), kombiniere diese mit elektronisch angehauchten Feiernummern wie 'Engel der Vernichtung' oder 'Deine Zeit läuft ab' und bringe soviel gute Laune mit, dass die Leute selbst bei eher verhaltenen Temperaturen vor der Bühne eine anständige Party feiern... Wenn die erste Live-CD, welche UNZUCHT in diesem Jahr noch auf den Markt schmeißt,  unter ähnlichen Voraussetzungen entstanden ist, steht uns schon jetzt ein neues Meisterwerk ins Haus.
[Leo Dowidat]

 

Um das Festivaljahr nicht allzu eintönig zu gestalten, hat sich die OST+FRONT für das M'ERA LUNA ein echtes Bonbon und einen Augenschmaus für die Fans vor der Main Stage einfallen lassen. Denn anstatt es bei dem ohnehin schon optisch aufwendigen Auftritt von Hermann, Eva und Co zu belassen, holen die NDH-Musiker sich für ihren Slot am Samstag weibliche Verstärkung: Melody Aurora begleitet die Band im knapp bekleideten Outfit erst mit verführerisch tänzerischen Einlagen, ehe sie zur Freude aller Fotografen sich munter im Blutbad in einer riesigen Glasschüssel räkelt. Plakativ provokanter geht es wohl kaum - OST+FRONT bleibt ihrem Stil auch auf dem M'ERA LUNA treu. Von der Setliste, die ich in diesem Jahr schon einige Male zu Gehör bekommen durfte, ganz zu schweigen. Akzente setzen die Berliner eben vor allem fürs Auge. Dem Publikum auf dem M'ERA LUNA zumindest gefällt es, sorgt die Zuverlässigkeit der OST+FRONT doch auch dafür, dass bei dieser Band die meisten Zuhörer begeistert mitgrölen können. (Archivbild)
[Leo Dowidat]

 

Der Regenguss, der nun folgt, wird von der jetzt auftretenden Band einfach ohne Kompromisse weggefeiert. Denn FEUERSCHWANZ hat eine Mission: Weg mit den Ismen! Und so handelt es sich bei dem Opener, mit dem die Gaukelbarden die Bühne stürmen, mitnichten um ein ganz normales Liebeslied. "Sex Is Mus(s)" skandieren auch die leicht bekleideten Miezen vom Hauptmann, Prinz Hodi und Co. Diese bleiben jedoch nicht für lange die einzigen kostümierten Damen auf der Bühne. Denn die Herrschaften holen sich aus dem Publikum für den Song 'Moralisch höchst verwerflich' DIE zwei Todsünden der modernen Gesellschaft auf die Bühne - ein kühles Blondes und... eine Pizza! FEUERSCHWANZ schmeißt mit dem Slot der Nürnberger eine wilde Party auf der Bühne und jegliche Ernsthaftigkeit einfach mal von Bord. Ein erfrischend anderer Auftritt auf diesem Festival.
[Leo Dowidat]

 

PROJECT PITCHFORK ist nicht umsonst eine der größten Bands der Elektro-Szene. Seit Anfang der 90er bringt die Formation um Herrn Spilles ein großartiges Lied nach dem nächsten heraus.
Wenn dieser Auftritt auf dem M'era Luna eines beweist, dann dass norddeutsche Perfektion immer äußerst bescheiden und wortkarg dargeboten wird.
Ein 60-minütiges, hochkarätiges Klangerlebnis.
Durch eine Verkettung von unglücklichen Umständen, verbringe ich den Anfang des Konzertes in der Warteschlange für die Bändchen, so dass ich nur zu den seichten Tönen der Hauptbühne summen kann, die durch den Wind etwas durcheinander gewirbelt werden.
Ungeduldig hibbel ich von einem Bein aufs andere und als endlich die Erlaubnis zum Eintritt um mein Handgelenk gewickelt wird, renne ich los.
Jetzt möchte ich auch noch etwas sehen und nicht nur akustisch verwöhnt werden.
An der Bühne angekommen hat sich schon eine große Menschenmenge auf dem aufgeweichten Boden versammelt und feiert ungetrübt trotz des wechselhaften Wetters.
Der bewölkte Himmel schmälert die visuellen Eindrücke auf der Bühne kein bisschen.
Große Banner mit, unter anderem, dem typischen Symbol der Gruppe, flattern auf der riesigen Rückseite. Videos werden auf Leinwänden eingespielt und davor befindet sich nicht nur ein Drummer, auch nicht zwei Drummer, nein, sage und schreibe DREI Drummer sind für einen unglaublichen Beat zuständig, welcher gefühlvoll von zwei Keyboards untermalt wird.
Sichtlich gut gelaunt und gesanglich in Bestform hüpft der Frontmann über die Bühne.
Manche Ansagen verwirren etwas („An alle Geburtstagskinder: Herzlichen Glückwunsch. Den frisch Verheirateten mein herzliches Beileid“), aber der Gesprächigste war er ja auch noch nie.
Das Set ist eine gesunde Mischung aus neu und alt. Der Dauerbrenner 'Timekiller' fehlt genauso wenig, wie der Party-Hit  'Beholder'; hinzu kommen aber auch alte Klassiker, wie 'Alpha Omega' oder 'Conjure' von der 1992er ''Lam-'Bras''. Vor dieser Entscheidung verneige ich mich zutiefst. Meist setzen die Musiker bei Festivals eher auf Songs der letzten fünf bis höchstens zehn Jahre, um so möglichst viel Menschen zu erreichen. Die großen, langjährigen Fans bleiben dabei allerdings manchmal etwas auf der Strecke. Doch nicht bei den Hamburger Jungs. Die wissen genau, was wir brauchen.
So ist alles perfekt, bis auf...naja, vielleicht hätte ich mir noch 'Entity' gewünscht.
Mit ganz viel Glück, und nur, wenn es keine Umstände macht, wird das ja beim nächsten Konzert gespielt.PROJECT PITCHFORK ist nicht umsonst eine der größten Bands der Elektro-Szene. Seit Anfang der 90er bringt die Formation um Herrn Spilles ein großartiges Lied nach dem nächsten heraus. Wenn dieser Auftritt

Wenn PROJECT PITCHFORK auf dem M'ERA LUNA eines beweist, dann dass norddeutsche Perfektion immer äußerst bescheiden und wortkarg dargeboten wird. An der Bühne angekommen hat sich schon eine große Menschenmenge auf dem aufgeweichten Boden versammelt und feiert ungetrübt trotz des wechselhaften Wetters. Der bewölkte Himmel schmälert die visuellen Eindrücke auf der Bühne kein bisschen. Große Banner mit, unter anderem, dem typischen Symbol der Gruppe, flattern auf der riesigen Rückseite. Videos werden auf Leinwänden eingespielt und davor befindet sich nicht nur ein Drummer, auch nicht zwei Drummer, nein, sage und schreibe DREI Drummer sind für einen unglaublichen Beat zuständig, welcher gefühlvoll von zwei Keyboards untermalt wird. Sichtlich gut gelaunt und gesanglich in Bestform hüpft der Frontmann über die Bühne. Manche Ansagen verwirren etwas ("An alle Geburtstagskinder: Herzlichen Glückwunsch. Den frisch Verheirateten mein herzliches Beileid"), aber der Gesprächigste war er ja auch noch nie. Das Set ist eine gesunde Mischung aus Neu und Alt. Der Dauerbrenner 'Timekiller' fehlt genauso wenig wie der Party-Hit 'Beholder', hinzu kommen aber auch alte Klassiker wie 'Alpha Omega' oder 'Conjure' von der 1992er ''Lam-'Bras''. Vor dieser Entscheidung verneige ich mich zutiefst. Meist setzen die Musiker bei Festivals eher auf Songs der letzten fünf bis höchstens zehn Jahre, um so möglichst viel Menschen zu erreichen. Die großen, langjährigen Fans bleiben dabei allerdings manchmal etwas auf der Strecke. Doch nicht bei den Hamburger Jungs. Die wissen genau, was wir brauchen.
[Yvonne Päbst]

 

Sie sind und bleiben eine Bank: Auf SUBWAY TO SALLY ist auf den meisten Festivals Verlass. Denn kaum ertönen die klagenden Stimmen der Ertrunkenen, ist gewiss: Die 'Grausame Schwester' kehrt zurück aufs M'ERA LUNA. Ein eindrucksvoller Opener, denn zu dem "Wind und den Wogen" müssen Eric Fish und Bodenski das Publikum gar nicht mehr animieren. Der komplette Raum vor der Bühne ist ein einziges Meer an winkenden Armen, der Aufruf von Frontsänger Eric Fish ("Und der Schrei!") erfolgt mehr der Vollständigkeit halber. Durchchoreographiert von vorne bis hinten - selten erlebe ich ein Publikum, welches auf die Band vor ihm so minutiös abgestimmt ist. Wenn jemand also behaupten darf, auf dem M'ERA LUNA ganz und gar zu Hause zu sein, dann wohl SUBWAY TO SALLY. Ein durch und durch runder Auftritt, der mir am Samstag des Gothic-Familientreffens am eindrücklichsten in Erinnerung bleibt.
[Leo Dowidat]

 

Im Gothic-Rock schon seit mehr als 15 Jahren unterwegs, überrascht es nach zahllosen Konzerten und Festivals nicht, dass auch dieser Auftritt von ASP ein durchweg qualitativ hochwertiges Unterfangen ist. Einzig, dass nach ein paar Minuten der schwarze Schmetterling auf der Bühne schwarz bleibt, ist ein Ausreißer, der einen aus der gewohnt andächtigen Verfolgung des Konzertes hinauskatapultiert. Es bleibt still und dunkel. Nicht schwer zu erraten, dass es sich bei dem Ereignis wohl um einen Stromausfall handelt. Die freie Zeit nutzt das Publikum für spontane Gesangseinlagen. Bei den Tausenden von Fans ist dies ein recht beeindruckendes Spektakel. Doch nach fast 45 Minuten ist der Defekt schon behoben und die Show geht weiter, genauso spontan, wie sie aufgehört hat. Leider ist mit dem Strom zeitgleich auch der Regen zurück, doch der Auftritt soll noch in voller Länge stattfinden, und bis zum letzten Lied werden die Feiernden von großen Mengen kaltem Nass begleitet, was der Stimmung aber kaum Abbruch tut. Mit 'Schwarzes Blut', 'Werben' und 'Ich Will Brennen' bekommt das durchgeweichte Publikum, wonach ihm gelüstet. Allerdings ist die kleine Überraschung gegen Ende des Sets beim genauen Studieren des Line-Ups im Vorfeld keine richtige Überraschung mehr: Der Gastauftritt von ERIC FISH, welcher mit seiner Band SUBWAY TO SALLY ebenfalls auf dem M'ERA LUNA anwesend ist, zu 'Zaubererbruder'. Keine Frage: Die beiden harmonieren sehr gut und auch musikalisch sind die Musiker Profis, jedoch hätte ich mir ein bisschen mehr Inspiration gewünscht, was das Ganze Drum und Dran des Auftrittes angeht, und auch der sonst so sympathische und eloquente Herr Spreng wirkt ein bisschen lustlos, was aber durchaus dem nicht geplanten Kurzschluss geschuldet sein kann, und sicherlich somit sehr nachvollziehbar ist. Ich habe jedenfalls meinen Spaß, im Regen zu tanzen, zu singen und das Konzert zu genießen. Aber ich habe ASP auch schon so oft sehr viel überzeugender gesehen.
[Yvonne Päbst]

 

Nicht nur dem Stromausfall zu ASP ist es zu verschulden, dass der Headliner auf sich warten lässt: Gut eine halbe Stunde nach dem neu verkündeten Zeitplan betritt KORN die Bühne. Doch während andernorts das Intro zu 'Rotting In Vain' bereits genügt, um die Fans der Schweden frenetisch ausrasten zu lassen, reagiert das M'ERA LUNA-Publikum beinahe verhalten auf die Nu-Metaller. Fast scheint es, als sollten die Kritiker, die KORN auf dem Gothic Festival jegliche Daseinberechtigung schon im Voraus absprachen, Recht behalten. Bedenkt man jedoch die Umstände, unter der die Zuschauer auf die Jonathan Davis und Co warteten, erweist sich KORN an diesem Abend dennoch als würdiger Headliner. Es knallt, es wird gebangt, gejubelt und auch im Regen zu den Songs (größtenteils die neuen Nummern aus "The Serenity Of Suffering") für M'ERA LUNA-Verhältnisse wild gefeiert. Das Experiment "KORN in der Schwarzen Szene" ist in meinen Augen damit geglückt!
[Leo Dowidat]

 

WÄHRENDDESSEN IM HANGAR


Im Hangar reiht sich nach LEICHTMATROSE das Duo AMBASSADOR 21 in das Festivalgeschehen ein. Das Duo aus den beiden Frontsängern und Synth-Künstlern Natasha A Twentyone und Alexey Protasov fegt die alte Flugzeughalle mit einem Gewitter an Aggression und harschen Electro-Sounds und brachialer Präzision sauber. "Human Rage" lautet das Motto, unter dem die Weißrussen die kleine Bühne auf dem M'ERA LUNA Festival entern. Mit ihrem Aggro Tech spaltet AMBASSADOR 21 gleich zu Anfang die Besucher erst einmal in zwei Lager: Denn während die einen, zu denen auch ich mich zähle, ein wenig perplex der unmelodiösen Musik folgen, sind die ersten Tänzer mit stampfenden Bewegungen bereits voll in ihrem Element und folgen der Einladung von Natasha und Alexey zur ersten Diskoparty des Tages im Hangar. Denn tanzbar, das muss auch ich ihnen lassen, das ist sie, die Musik von AMBASSADOR 21. Das zeigt auch Natasha selbst von Anfang an auf der Bühne. Denn wenn die zierliche Osteuropäerin nicht gerade hinter dem Synthesizer in beachtlicher Synchronität mit ihrem Konterpart Alexey ihr Können unter Beweis stellt, hypnotisiert sie mit beinahe schlangenartigen, fließenden Bewegungen das Publikum. Macht Stimmung, macht Laune - M'ERA LUNA Test im Hangar bestanden.
[Leo Dowidat]

 

Auf das weißrussische Duo folgen die nächsten Exoten, SHE PAST AWAY. Während die Gruppe einen eher faden Beigeschmack von "Zur Kenntnis genommen und schon fast wieder vergessen" hinterlässt, ist schon vor dem Auftritt von .COM/KILL klar: Bei dieser Band wird uns das nicht passieren. Denn Adrian Hates und Gaun:A von DIARY OF DREAMS überlassen auch bei ihrem Nebenprojekt nichts dem Zufall. Stampfende, treibende Beats, die die Zuhörer von Anfang an in ihre eigene Welt saugen, und das Ganze ohne irgendwelche glitzernden, funkensprühenden oder leuchtenden Specialeffekte. Im minimalistischen Bühnengewand sorgt .COM/KILL auf eine angenehme, lässige Art für ordentlich Zunder, ein Erlebnis, das man gesehen haben muss, um dafür die richtigen Worte zu finden. Im Anschluss an ihren eindrucksvollen Auftritt, den die Fans schon zu solch früher Stunde feiern wie eine Headliner Show, verteilt .COM/KILL zwar noch das Debüt-Album der Herrschaften. Doch munkelt so manch einer im Hangar, dass es bei den Musikern gerade verdächtig nach neuer Platte riecht... Vorfreudiges Kribbeln bis in die Haarspitzen nach der heutigen Performance!
[Leo Dowidat]

 

ASHBURY HEIGHTS zeigt sich ein wenig ruhiger als die meisten Kollegen im Hangar. Irgendwo zwischen verträumten Wave Klängen und softem Electro à la DEPECHE MODE hinterlassen die Schweden einen beinahe braven Eindruck, trotz des zugeschnürten Overalls und der wilden Glitzerfrisur von Tea F. Thime. Unterstrichen wird das eher lässige Image des Musikprojekts von Mastermind Anders Hagström durch das nette Filmchen auf der Videoleinwand: Idyllische Strand- und Uferaufnahmen der beiden Frontsänger, mal beim Spaziergang, mal mit sehnsüchtigem Blick am Wasser sitzend. Es entsteht die Atmosphäre einer avantgardistischen Idylle. Dem passt sich auch das Publikum mühelos an. Wo vorher noch die ausladendenen Bewegungen der Tänzer zu den Aggro Tech Beats von AMBASSADOR 21 zum Frühsport eingeladen haben, geht es nun wesentlich gediegener im Hangar zu. Aufgelockert wird das eher wavige Konzept durch leicht rockige Einsätze, die der Live-Gitarrist im Doppeljob an den Synths mit Bravour erledigt. Hängen bleibt bei mir dennoch nur die Optik von ASHBURY HEIGHTS während des Slots der Dark-Synth-Kombo hängen. Der Rest bleibt für mich seichtes Geblubber, das unter den Knallern und Rampensäuen, die die Bühne noch im Laufe des Tags beehren sollen, als eine Art Mauerblümchen untergehen. Und das trotz eines im wahrsten Sinne des Wortes, schillerndem Auftritt von Tea F. Thime.
[Leo Dowidat]

 

Worüber sich aber alle einig sind, ist der große Verdienst der Band für die Musikrichtung. Angefangen hat damals alles beim Kult Label Wax Trax in Chicago, welches dann später einen Auftritt als Vorband von MINISTRY ermöglichte. So wurde der Grundstein für eine internationale Karriere gelegt. Trotz wechselnder Gast-Musiker und verschiedenen Besetzungen ist KMFDM seiner Art all die Jahre über treu geblieben. Und das höre und spüre ich auch heute Abend in der Hangar Halle. Die Show ist sehr gut besucht und dicht gedrängt bewegen sich die Zuschauer in der fast dunklen Halle zu den stählernen Klängen und den dröhnenden Stromgitarren. Harter Sound, entgrenzende Geräusche aus einem anderen Universum und glasklare Rhythmen lassen mich die Umgebung vergessen. Wenn eine Gruppe klingt, als würde eine Reihe von Hochöfen im Ruhrgebiet einstürzen, dann handelt es sich wohl um minimalistischen, urtümlichen Industrial der ersten Stunde. Das Publikum wirkt ein wenig älter im Durchschnitt, und ich vermute mal dezent, dass die gleichen Fans morgen auch bei LEATHER STRIP und DAF stehen werden. Einige, die wohl etwas piepsigere, elektronischere Musik erwartet haben, verlassen die Halle. Das klingt dann anscheinend doch zu sehr nach Metal und nicht genug nach Cyber. Nach einem sehr starken und gut gelaunten Anfang verliert KMFDM allerdings nach etwa 30 Minuten an Fahrt und gibt sich ein wenig der Lustlosigkeit hin. Irgendwie will der Funke dann auch nicht mehr so richtig überspringen und das Konzert neigt sich relativ unspektakulär dem Ende zu.
[Yvonne Päbst]

 

Nach einem erneuten Regenguss zum Headliner trollen wir uns schließlich vom Festivalgelände in Richtung Hotel oder Zelt. Denn auch wenn die Aftershowparty-Disko im Hangar mit namhaften DJs lockt - ein wenig Schlaf sollte wohl doch sein. Schließlich müssen wir am nächsten Morgen wieder zeitig ran, denn früh aufstehen und an der Bühne stehen lohnt sich bei einem bis in die Haarspitzen hochkarätig besetztem Line-Up wie dem M'ERA LUNA.

Hier geht es zum Sonntag...

Redakteur:
Leoni Dowidat

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