Metalfest Ost 2012 - Dessau

30.07.2012 | 21:42

31.05.2012, Flugplatz

Botox oder Spucke? Das ist hier die Frage!

Der letzte Festivaltag hat sogar etwas Sonne dabei. Wer hätte das gedacht. Bereits im Vorfeld wurde bekannt, dass KRYPTERIA ihren Gig absagen mussten. Es gibt keinen Ersatz und so erhalten die anderen Bands einfach etwas mehr Spielzeit bzw. die Pausen sind ein wenig länger. Als erste profitieren davon STRYDEGOR. Im Anschluss gibt es für die Pagan-Anhänger und Metliebhaber HEIDEVOLK. In gewohnter Manier kommt nun Stimmung in die Bude. Vor der Bühne ist ziemlich viel los und die Menge tobt. Den Mannen fällt es leicht, die Meute zu beherrschen und prostet gern mal zu. Mit 'Saksenland' hat man hier ja quasi Heimvorteil und so wird im Publikum fleißig mitgesungen. Als Zugabe gibt es noch 'Krijgsvolk' und dann ist auch schon wieder Feierabend.

Mit STEELWING wird es im Anschluss musikalisch wieder anders. Doch ganz so euphorisch ist es vor der Bühne nicht, als die Schweden ihren Heavy Metal auspacken. Das sieht im Anschluss bei DEATH ANGEL anders aus. Zum Ami-Thrash fliegen die Haare und auch die Stimmung ist wieder besser. Dazu tragen beispielsweise 'Kill As One' oder Mistress Of Pain' bei.

Schon wieder wird es schwedisch. DARK TRANQUILLITY sind jetzt am Start. Frontmann Mikael Stanne rennt wie angestochen über die Bühne und grinst, als hätte er grad im Lotto gewonnen. Wenigstens einer der gute Laune hat, der Rest der Band wirkt eher gelangweilt, was im Verlaufe des Gigs nicht wirklich besser wird. Nach dem Opener geht es mit 'In My Absence' weiter, doch nur kurz. Plötzlich ist tote Hose auf der Bühne, als hätte jemand den Hauptstecker gezogen. Am Schlagzeug ist wohl das Notebook abgestürzt. Während man versucht, die Technik wieder in Gang zu bringen, entpuppt sich der Sänger als guter Entertainer, ist aber sichtlich froh, als wieder alles funktioniert. Die Party gewinnt erneut an Fahrt und wird erst mit dem letzten Song 'The Fatalist' gebremst.

Noch einmal kommen alle mit einem Trinkhorn auf ihre Kosten, denn ENSIFERUM aus Finnland erklimmen mit Viking Metal die Bühne. In bekannter Manier schallen anfangs laute "ENSIFERUM!"-Rufe über das Gelände. 'Twilight Tavern' eröffnet die Sause. Die Zuschauer gehen von Anfang an mit und so ist gleich gute Stimmung. Die Band wird auch von einigen technischen Problemen geplagt, doch sie schaffen es gut, das zu überbrücken um die Stimmung nicht zu verderben. So reiht sich ein Feierlied an das andere. 'Token Of Time' oder 'Lai Lai Hei' sind dabei zu hören.

Im Anschluss gibt es mit FEAR FACTORY wieder ein musikalisches Kontrastprogramm. Nach vielen Jahren der Abstinenz brennen die Fans nach einem Konzert. Da spielt das nagelneue Album "The Industrialist" eher eine Nebenrolle. Mit 'Shock' wird gestartet und die Bandmitglieder wirken noch etwas verhalten. Wahrscheinlich wissen sie selber nicht, was sie erwartet. Aber die Fans wollen ihnen nichts Böses und freuen sich vielmehr, die Jungs live zu erleben. Frontmann Burton Christopher Bell gibt sich eher wortkarg und lässt nach und nach die Songs aus dem Sack. Immer wieder spuckt er voller Elan auf die Bühne. Er wird doch nicht etwa zum Lama mutieren? Man merkt die lange Bühnenabstinenz, denn wenn man genau hinhört, trifft er nicht immer den richtigen Ton. Aber sei es drum. Die Menge freut sich beispielsweise über 'Powershifter' oder 'Martyr'. Mit 'Recharger' dürfte es gerade einen Song vom neuen Album auf die Ohren gegeben haben. Na ja, so schlimm finden das die Fans aber nicht. 'Replica' beendet den Auftritt, den nicht zu viele Besucher sehen wollten. Aber die, die dabei waren, machten gut Stimmung.

Langsam aber sicher neigt sich das Festival seinem Ende entgegen. KYUSS LIVES!, oder auch nicht, schließlich ist von der alten Besetzung nicht viel übrig geblieben, schickt sich nun an, das Publikum zu beschallen. John Garcia hält noch die Fäden und das Mikro in der Hand. Der Stoner Rock ist alles andere als schlecht, aber für diese Zeit ziemlich schwierig. So zum Sonnenuntergang passt das schon, allerdings nicht am letzten Tag, denn da sind die Ermüdungserscheinungen einfach zu groß und die Aufnahmefähigkeit ist am Boden. Das spiegelt sich vor der Bühne an der Zuschauerzzahl wider. Die Band macht das Beste daraus. 'Gardenia' darf natürlich nicht fehlen und mit 'Freedom Run' oder dem finalen '100°' ist das an sich eine schicke Sache. Nur interessieren sich einfach zu wenige dafür. Schade, denn musikalisch gibt es absolut nichts zu kritisieren. Da wäre ein Auftritt am ersten oder zweiten Festivaltag wesentlich sinnvoller gewesen.

IN EXTREMO als letzte Band auf der Hauptbühne? Darüber kann man streiten. Wenn es auch weniger Metal ist, so ist die Stimmung bei Auftritten der Band garantiert. Das ist auch heute so, obwohl der Herr Sänger ziemlich lustlos wirkt. Er scheint wohl mit dem falschen Bein aufgestanden zu sein. Zum Hitfeuerwerk wird ab und an auch ein richtiges gezündet, das den Abendhimmel über Dessau erhellt. Die Songauswahl ist recht ausgewogen und bietet vom neuen 'Sterneneisen' bis hin zu Klassikern, wie 'Erdbeermund' oder 'Vollmond' einen guten Querschnitt. Letzterer scheint dazu über dem Festivalgelände. Okay, er ist noch nicht ganz voll, aber viel fehlt nicht mehr. Der 'Spielmannsfluch' beendet den Auftritt und auch das Metalfest 2012. Zumindest vor der Hauptbühne, denn während sich draußen die Reihen lichten, wird im Zelt noch bei AKREA gerockt.

Damit geht das METALFEST 2012 mit einem etwas zwiespältigen Fazit zu Ende. Gut, für das schlechte Wetter kann niemand etwas. Aber irgendwie waren viele Bands in diesem Jahr wirklich unmotiviert zu Gange. Die Bandauswahl war im Gegenzug sehr ausgewogen und gibt keinen Anlass zu Kritik. Einzig die starken Überschneidungen zwischen den Gigs auf den beiden Bühnen waren nicht gut gelöst, das war im letzten Jahr wesentlich besucherfreundlicher. Die Beschaffenheit des Platzes vor der Bühne hat sich immer noch nicht verbessert. Obwohl der Geröll-Abschnitt sichtlich verkleinert wurde, ist er noch vorhanden gewesen. Dass es bei Stürzen nicht zu größeren Verletzungen kam, grenzt schon fast ein Wunder. Der Sound auf den Bühnen war genauso wechselhaft wie das Wetter. Auch die Besucherzahl war enttäuschend. Im vergangenen Jahr waren wesentlich mehr Gäste da als 2012. Durch das eine Woche später stattfindende Festival an der Loreley hat dieser Schwund sicher eine plausible Erklärung. An sich hat das Festival eine gesunde Größe und ist mit seinem überschaubaren Gelände wirklich sehr schick. Bleibt zu hoffen, dass es hier in Dessau auch 2013 eine erneute Auflage des Metalfest gibt.

Alle Fotos vom Metalfest findet ihr in der Fotogalerie.

Redakteur:
Swen Reuter

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