PRE FINAL FEST - Rom

13.11.2009 | 10:20

17.10.2009, INIT. Club

Das "Post Romantic Empire" wird mit einem 30-Stunden-Marathon begraben.

Am INIT. Club angekommen, ist die Schlange draußen ziemlich lang. So richtig vorwärts geht es irgendwie nicht. Na, hoffentlich klappt das mit dem Einlass und den "lustigen" Codes, die man nach der Bezahlung bekommen hat. Damit die Wartenden nicht gar zu mürrisch werden, gibt’s gratis Buttons vom Festival. Das nenne ich doch mal Kundenservice. Langsam kommt die Menge voran und nach gefühlten 2 Stunden ist der Einlass passiert. Die anfänglichen Befürchtungen haben sich nicht bestätigt und der persönliche Marathon kann losgehen! Nach all den Strapazen ist das erste Ziel klar definiert: Bar aufsuchen und ein Bier holen. Dabei gibt es gleich eine unschöne Erkenntnis, denn der Gerstensaft im schicken 0,3 Liter Plastikbecher kostet 5 Euro! Die Besuche an den Vorabenden anderer Lokalitäten hatten zwar nichts Gutes erahnen lassen, doch der Preis toppt alles. Dagegen ist das Bier beim Wacken ja fast schon discounthaft, für römische Verhältnisse durchaus üblich.

Doch was soll's. Wir wollen dort ja nicht eine Woche am Biertresen verbringen und im Gegensatz zu anderen vorher konsumierten Bieren, schmeckt dieses ausnahmsweise auch mal. Von daher legt sich der Frust recht schnell und es geht weiter in Richtung Bühne, um etwas vom Geschehen mitzubekommen. Es läuft gerade eine Performance zum DJ-Set von MIR mit zwei Herren auf der Bühne. Ehe wir einen Sinn oder richtige Handlung erkennen können, ist der Auftritt vorbei. Na ja, es sind schließlich noch mehr Acts am Start, von daher ist das kein Weltuntergang. Wie sich bald herausstellt, ist das Festival ebenfalls ein Treffen der Künstler selbst, denn hier scheint jeder jeden zu kennen. Einige Bands, wenn man es überhaupt so nennen kann, sind für diese Veranstaltung einfach zusammengewürfelt und können mit richtig genialen Jamsessions aufwarten. Während wir auf den nächsten Auftritt warten, läuft uns David Tibet über den Weg und steuert gut gelaunt in Richtung Bar. Starallüren oder gar überhebliches Benehmen sind hier Fremdwörter. Es ist vollkommen egal ob Besucher oder Künstler - die Atmosphäre ist sehr angenehm, wobei der ein oder andere Plausch mit den Bandmitgliedern möglich ist. Genauso muss das sein!

Mit einer zusammengewürfelten Band, die es in der Form sonst gar nicht gibt, geht es weiter. Unter dem Namen ZAMPE ROTTE stehen Sängerin LILI REFRAIN, von der gleichnamigen Soloband, Sänger und Gitarrist SPECTRAE (AIN SOPH) an erster Stelle. Im Hintergrund an der Technik sind mit MUSHY, CLAUDEDI und PETER M drei weitere Musiker am Werk. Die Plastik der nach oben stehenden Damenbeine lässt einen eher abgedrehten und experimentellen Sound vermuten, doch insgesamt gesehen, ist er spacig angehaucht und schön rockig. Gesanglich wechseln sich SPECTRAE und LILI REFRAIN ab und werden einige Male von MUSHY unterstützt. Damit gestaltet sich der Auftritt sehr abwechslungsreich und ist für uns ein guter Einstand in den Abend.

Nur mit Gitarre ausgestattet, legt danach FEDERICO FIUMANI los, der GRÜNDER der Darkwave-Band DIAFRAMMA. Viele seiner Songs scheinen bei den Italienern echte Gassenhauer zu sein und werden mit viel Beifall am Anfang begrüßt und natürlich am Ende belohnt. Der Mann legt sich richtig ins Zeug. Trotz dass die musikalische Umrahmung auf Dauer ein wenig einseitig wirkt, ist die Stimmung bestens.

Jetzt sind ARDECORE mit SARAH DIETRICH und NADA an der Reihe, wobei die beiden Damen nicht zur Stammbesetzung der Band gehören. Zuerst steht SARAH DIETRICH am Mikrofon und der Sound erinnert an Tango und ein wenig Chanson, was musikalisch unter anderem mit Akkordeon und Kontrabass unterstützt wird. Das klingt mit dem italienischen Gesang richtig super und kommt nicht nur bei uns, sondern auch beim Publikum gut an. Gitarrist GIAMPAOLO FELICI unterstützt ab und an die Sängerin mit seinem Gesang und beide Stimmen harmonieren wunderbar. Nach ein paar Stücken verabschiedet sich Sarah und macht Platz für NADA. In Italien wird sie bei ihren Auftritten wie eine Heldin gefeiert, was heute Abend nicht viel anders ist. Schon bei ihrem Erscheinen bricht kollektiver Jubel aus. Ihr Markenzeichen ist die rauchige Stimme, die mit einer unwahrscheinlichen Wucht alles und jeden an die Wand singt. Einfach nur genial, wie sie loslegt und dem Publikum einen Hit nach dem anderen, darunter 'Ma Che Freddo Fa', entgegen schmettert. Später kommt SARAH DIETRICH noch einmal auf die Bühne und die beiden Damen präsentieren ein tolles Duett in geballter Frauenpower.

Mit SPIRITUAL FRONT ist die erste mir wirklich bekannte Band mit dem wohl kürzesten Anreiseweg an der Reihe. Was in Deutschland nicht anders ist, sind die auffällig vielen Damen direkt vor der Bühne, die vor allem Sänger Simone anhimmeln. Kaum ist der Opener vorbei, fliegen die ersten Unterwäscheteile auf die Bühne. Der Chef scheint nicht so wirklich begeistert zu sein, nimmt es jedoch mit Humor - was bleibt ihm auch weiter übrig? Einen formschönen, roten BH platziert er am Mikrofonständer und weiter geht’s. Selbstredend ist die Stimmung toll, die Frauen aus dem Häuschen, was will man mehr. Vor allem die Knaller 'I Walk The Deadline' und 'Jesus Died In Las Vegas' werden mit viel Beifall bedacht und zu schnell geht die halbe Stunde vorüber. Beim letzten Stück schmeißt sich Simone auf den Boden, legt sich auf den Rücken und spielt von dort aus weiter. Ja, der Mann weiß, wie er sein Publikum unterhalten muss. Wieso die Band nur so wenig Spielzeit bekommen hat, ist unverständlich - dabei hätten die Jungs eigentlich Zeit gehabt, schließlich wohnen sie ja um die Ecke. Doch daran lässt sich jetzt nichts ändern und es ist ja eh schon nach 2:00 Uhr. Damit wir am Sonntag nicht ganz durchzuhängen, geht es für ein paar Stunden Schlaf zurück ins Hotel. Während hauptsächlich DJ-Sets an der Reihe sind, sagen wir erst einmal Gute Nacht.

Redakteur:
Swen Reuter

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