ROCK OF AGES 2018 - Seebronn

14.08.2018 | 20:27

27.07.2018, Festivalgelände

Sommer, Sonne, harter Rock!

Ende Juli bedeutet ROCK OF AGES-Zeit. Das letzte Wochenende im Juli und traditionell das erste Ferienwochenende in Bayern sieht neben den größten Staus des Jahres auch drei Tage Rockmusik im beschaulichen Seebronn. In diesem Jahr wurden uns drei heiße Tage ohne Niederschlag vorhergesagt mit Temperaturen über 30 Grad. Glücklicherweise erwies sich der vorhersagende Wetterfrosch als etwas fehleranfällig, sodass uns der größte Backofen erspart blieb.

Am Freitag gibt es erst einmal bei der Bändchenausgabe etwas Neues, nämlich eine beachtlich lange Schlange. Viele Leute in T-Shirts mit Aufdruck eines regionalen Audi-Autohauses,  von denen sich einer bereits auf dem Parkplatz als nervtötend angetrunkenes Hasenhirn entpuppt und mit "fucking shit" und ähnlich intelligenten Sprüchen allen Umstehenden auf den Geist geht. Auch schön die Frage, warum wir denn unsere T-Shirt nicht anhätten. Ihm kommt natürlich nicht der Einfall, dass eventuell auch noch Leute auf das Festival gehen, die ihr Ticket nicht über das Autohaus gewonnen haben. Als ich auf die Frage, wie wir hierherkommen, wenn nicht über das Autohaus, mit "Internetmagazin" antworte, ernte ich Unverständnis. Ich mache es ihm einfacher und sage "Presse". Sofort hellt sich das Gesicht auf und er versteht. Meine ich. Dann kommt "Ach so, fake news". Alles klar, das kann ja heiter werden. Tatsächlich höre ich im Laufe des Wochenendes noch von einigen anderen, die wohl bei der Hirnausgabe vergessen hatten, die Hand zu heben. Aber für das Festival ist das sicher eine willkommene Erhöhung der Besucherzahlen, und da kann man mal über ein paar lokale, ähm, "Originale", hinwegsehen. Deren Geld ist genauso gut wie das aller anderen.

 

Leider verpasse ich NOPLIES in der Bändchenausgabe, aber es gibt ja noch genug Musik an diesem Wochenende. Doch pünklich zu BLACK STAR RIDERS sind wir auf dem Gelände und freuen uns vom ersten Ton an über Scott Gorham und seine Truppe. Auch wenn es mittlerweile häufig der Fall ist, dass große Namen nur noch ein Originalmitglied in den aktuellen Reihen haben, liegt der Fall bei dem THIN LIZZY-Gitarristen anders. Denn zum einen führt seine Band nicht den großen Namen, zum anderen gibt es mittlerweile drei starke Alben mit neuem Material, das sich hinter den Klassikern nicht verstecken muss. So geht es mit 'All Hell Breaks Loose' in den Set und mit 'Jailbreak' machen die Reiter gleich klar, wo der Hase langläuft. Sänger Warwick ist klasse und die Lieder der BLACK STAR RIDERS sorgen für Stimmung. Hier spielt ein großer Name ziemlich früh am Tage. Später sind wir uns im VIP-Bereich ziemlich einig, dass die Band auch länger als die eine Stunde hätte spielen dürfen und angereichert um noch einige weitere THIN LIZZY-Klassiker außer den später noch folgenden 'The Boys Are Back In Town' und dem Volkslied 'Whiskey In The Jar' auch einen tollen Headliner abgegeben hätte. Die BLACK STAR RIDERS dürfen gerne wiederkommen und vielleicht auch auf dem metallischeren Schwesterfestival BANG YOU HEAD spielen. Ich wäre gespannt, was die Jungs mit zwei Stunden Spielzeit anrichten können.

 

Eben habe ich noch von den Bands geredet, die aus einem Namen und wenigen Originalmitgliedern bestehen, jetzt kommt genau so eine. NAZARETH hat mittlerweile Carl Sentance als Sänger dabei, nachdem Linton Osborne sich leider nicht als optimale Besetzung entpuppte. Der PERSIAN RISK-Sänger Sentance mit seiner kraftvollen Stimme passt dagegen gut zu der Band und macht von Anfang an einen agilen Eindruck. Das einzige verbliebene Gründungsmitglied Pete Agnew am Bass steht natürlich ebenfalls im Fokus, doch der Ruf der Band, mittlerweile live eher mittelmäßig zu sein, wird auch heute wieder bestätigt. Nach BLACK STAR RIDERS auf jeden Fall eine Stufe weniger Energie und leider auch einige weniger überzeugende Lieder. Natürlich sind 'Razamanaz' und 'This Flight Tonight' und die Balladen 'Love Hurts' und 'Dream On' schön, aber insgesamt fungiert NAZARETH dann doch eher zur musikalischen Untermalung des ersten Rundganges und der Begrüßungen alter Bekannter, egal wie sehr sich die Musiker bemühen.

 

Große Namen, neue Musiker, Teil zwei. THE SWEET ist natürlich entschuldigt, da zwei der Mitglieder, die die erfolgreiche Zeit der Band mitgeprägt hatten, nicht mehr unter uns weilen. Trotzdem ist mit Andy Scott, der eine der beiden SWEET-Reinkarnationen leitet, während sein Kollege Steve Priest mit seiner eigenen Version die Bühnen unsicher macht, eben nur noch ein Originalmitglied aus den Siebzigern an Bord. In Pete Lincoln und Tony O'Hora hat Scott zwei absolute Supermusiker an Bord, die den vorherigen Künstlern mehr als ebenbürtig sind, aber der Eindruck eines gewissen Coverband-Status' ist nicht von der Hand zu weisen. Doch im Gegensatz zu NAZARETH sind die zahlreichen großen Hits von THE SWEET jedem bekannt und absolute Gassenhauer. Das Eröffnungstripel aus 'Action', 'New York Groove' und 'Hell Raiser' sorgt wieder für die tolle Stimmung, die schon die BLACK STAR RIDERS vor weniger Leuten zuvor erzeugt hatten. Auch sonst werden 75 Minuten Spielzeit locker mit einer Hitparade gefüllt, die THE SWEET zu einem würdigen Co-Headliner macht. Als nach der beiden Zugaben 'Blockbuster' und 'Ballroom Blitz' der Vorhang fällt, sind alle Kehlen geölt und das Publikum warmgerockt.

 

Was jedoch für die folgende Band nicht notwendig ist. Mit ECHOES steht heute ein ungewöhnlicher Headliner auf dem Programm. Die Band um Oliver Hartmann ist nämlich eine echte Coverband und präsentiert eine PINK FLOYD-Show. An dieser Stelle muss ich erst einmal beichten, dass ich kein großer Fan der großen Prog-Band bin. Ja, ich mag Prog, ja, ich sollte eigentlich in den allgemeinen Lobeschor einstimmen, aber die meisten der Studioalben haben mich immer kalt gelassen. Und davon jetzt eine Coverband. Na ja. Allgemein gilt ja die AUSTRALIAN PINK FLOYD SHOW als das Nonplusultra der PF-Coverbands, aber Oliver Hartmann bemüht sich gleich zu Beginn in dem anspruchsvollen 'Shine On You Crazy Diamond', dem Publikum zu zeigen, dass er sich nicht verstecken muss. Die Band klingt gut und wird im Laufe des Gigs mit einigen Gastsängern wie Geoff Tate, Michael Sadler, Midge Ure und Dominique Leonetti verstärkt versuchen, den alten Progschinken Leben einzuhauchen, aber wirklich mitreißend ist der Gig dann doch nicht. Klar, die Lieder sind gut, die Musiker wissen, was sie tun, die Lichtshow ist schön, aber auch nicht ungewöhnlich spektakulär, aber große Begeisterung will sich einfach nicht einstellen. Da dies ein Familienfestival ist und meine Tochter mit ihren zwölf Jahren mit den ausufernden Kompositionen PINK FLOYDs nur bedingt zu begeistern ist, fordert der Tag, der ja immerhin noch ein Schultag war, seinen Tribut und wir verlassen im Laufe des Auftrittes das Gelände. Morgen wird ein langer Festivaltag, dazu brauchen wir eine gute Portion Schlaf. Die holen wir uns jetzt.

Hier geht es zum Samstag...

Redakteur:
Frank Jaeger

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