Wacken Open Air 2007 - Wacken

08.09.2007 | 15:54

02.08.2007, Wacken

SONIC SYNDICATE (Black Stage)

Die Nuclear-Blast-Nachwuchswettbewerb-Gewinner aus Schweden, SONIC SYNDICATE, legen zur frühen Mittagszeit mit ihrem Melodic Death Core (oder Metalcore?) einen gelungenen Auftritt hin, der sogar die müde Meute vor der Bühne in Bewegung versetzt. Besonders auffällig ist die attraktive Bassistin, die sich einiger Blicke und "Ausziehen!-Rufe" sicher ist. Der Rest der Band legt sich voll ins Zeug und schreit und growlt den Zuschauern ihre Lyrics vor den Kopf. Leider kommen auch oft diese typisch nervigen Metalcore-Gesangsversuche zum Vorschein, was mich eher mit Unbehagen erfüllt. Musikalisch haben es die Jungs und Mädels definitiv drauf. Nur diese Metalcore-Auswüchse nerven dann doch eher. Dem Publikum scheint es jedenfalls trotzdem sehr zu gefallen.
[Sebastian Schneider]

SACRED REICH (True Metal Stage)

Ist er es wirklich? Ich kenne Phil Rind, Sänger und Bassist von SACRED REICH, nur von Promofotos aus den Achtzigern. Ja, er ist es tatsächlich. Etwas beleibter, aber freudestrahlend betritt er mit seiner Band, die im Original-Line-up von "Ignorance" auftritt, die True Metal Stage und erhält tosenden Applaus. Mit 'The American Way' legen SACRED REICH los. Mit dem Titeltrack des Debüts, 'Ignorance', dem brutalen 'Administrative Decisions' und der Keule 'Violent Solutions' können SACRED REICH sehr gute Publikumsreaktionen einfahren. Die Band spielt ausgesprochen tight, und man sieht es den Herren an, dass sie mächtig Spaß in den Backen haben. Überwältigt von den enorm positiven Publikumsreaktionen meint Phil, dass er nie und nimmer damit gerechnet hätte, nach all den Jahren soll tolle Resonanzen auf dieser Reunion-Tour zu bekommen.

Mit dem BLACK SABBATH-Klassiker 'War Pigs', der von Tausenden Zuschauern laut mitgesungen wird, landet man ebenfalls einen Volltreffer. Auch 'One Nation' und das mächtige 'Death Squad' werden live überzeugend umgesetzt. Am Ende einer mitreißenden Show erzeugt der Klassiker 'Surf Nicaragua' gnadenlos geile Stimmung und fleißiges Mattenkreisen. Gerade der "Surf"-Part mit seinem mächtigen Groove sorgt für einen ordentlichen Moshpit. SACRED REICH werden mit fettem Applaus verabschiedet. Es ist einfach toll, diese Thrash-Kultband noch einmal live erleben zu dürfen. Ein Klasse-Auftritt! Wenn es der Band gelänge, eine ähnliche Energie auf einem neuen Studioalbum einzufangen, dann könnten sich SACRED REICH von meiner Warte aus sehr gerne reformieren. Aber leider hat dies Bandleader Phil Rind kategorisch ausgeschlossen.
[Martin Loga]

MOONSPELL (Black Stage)

Seit MOONSPELL endlich erkannt haben, dass ihre Fans sie letztendlich immer wieder auf die Klassiker der "Wolfheart" und "Irreligious"-Phase festnageln und diesem Aspekt auch auf der letzten Platte wieder musikalisch Folge geleistet haben, sind die Portugiesen in der Gunst ihrer Anhängerschaft wieder gehörig gestiegen. So verwundert es auch kaum, dass das heutige Programm wiederum sehr stark auf die Stücke dieser beiden Klassiker ausgerichtet ist. Die Fans danken es mit lautem Applaus und exzessivem Headbanging bei Stücken wie 'Opium' und 'Alma Mater'. Doch auch die Gothic-Hymne 'Vampiria' wird dankbar aufgenommen, belegt indes auch, wie gut die einst gestörte Interaktion zwischen Band und Fangemeinde heuer wieder harmoniert. Frontmann Fernando feuert die regsame Meute vor der Black Stage nicht nur permanent an, er dankt zum Schluss auch anstandshalber für die jahrelange Treue. Reumütig etwa? Nun, das keinesfalls – aber wer es mit solch düsteren Klängen schafft, ein solch großes Publikum zu mobilisieren und sich von dem lautstarken Beifall derart berauschen zu lassen, die bislang beste Version von 'Full Moon Madness' zu spielen, der der Beobachter je beigewohnt hat, der sollte wissen, warum man auch nach jahrelanger Flaute noch immer auf den Hauptbühnen der Festivals stehen darf. Aber nach Wacken 2007 steht auch fest, dass MOONSPELL genau dort hingehören.
[Björn Backes]

STRATOVARIUS (True Metal Stage)

Nach ihrem kurzen Überraschungsauftritt vor zwei Jahren - damals haben sie ja lediglich drei Songs gespielt - sind STRATOVARIUS in diesem Jahr wieder als reguläre Band mit von der Partie, und die Fans dürfen sich auf eine Stunde Melodic Speed Metal freuen. Denn die überwiegend finnische Band gilt auch nach den Querelen der letzten Jahre und ein paar eher schwächeren Scheiben noch immer als Vorzeige-Band für diese Stilrichtung, und das stellen sie an diesem Nachmittag eindrucksvoll unter Beweis.

STRATOVARIUS beginnen ihren Auftritt mit dem "Infinite"-Opener 'Hunting High And Low' und legen damit sehr flott los, was das schon wieder sehr zahlreiche Publikum durchaus zu honorieren weiß. Die Fans gehen begeistert mit und unterstützen Sänger Timo Kotipelto vor allem beim Chorus ziemlich lautstark. STRATOVARIUS nutzen das natürlich gleich aus und legen mit 'Speed Of Light' einen weiteren schnellen Song nach. Für eine kurze Begrüßung ("Everything okay, Wacken?") wird diese Nummer zwar für einen Moment unterbrochen, aber dem Spielfluss der Band schadet das überhaupt nicht. Überhaupt präsentiert sich das Quintett bestens gelaunt und hervorragend aufeinander abgestimmt, und auch der erst vor zwei Jahren eingestiegene Bassist Lauri Porra scheint sich inzwischen gut eingelebt zu haben. Weiter geht es mit dem Rock-Diskotheken-Dauerbrenner 'Paradise', der auch an diesem Nachmittag hervorragend ankomt, gefolgt von 'Distant Skies' aus dem Jahr 1995. Nach ein paar Worten von Timo Kotipelto an die Menge (u. a. "Wacken is the heavy metal capital of the world.") wird es anschließend wieder etwas moderner, denn es wird das vor allem in Japan sehr beliebte 'A Million Light Years Away' zum Besten gegeben.

STRATOVARIUS haben sich insgesamt um eine äußerst ausgewogene Setlist bemüht, so dass eigentlich fast die gesamte Band-Historie seit dem Einstieg von Timo Kotipelto im Jahr 1995 abgedeckt ist; interessanterweise werden aber gerade die letzten beiden Veröffentlichungen "Elements Pt. 2" und "Stratovarius" ausgespart. Es kommt im Anschluss dann beispielsweise auch 'Father Time' zum Zuge, ebenso wie der lange Titelsong aus dem Jahr 1997, 'Visions (Southern Cross)'. Sogar einen ganz neuen Song ('The Last Night On Earth') haben Timo Tolkki und Co. mitgebracht, und obwohl die Fans dieses Stück ja noch nicht gehört haben können, nehmen sie es ebenso gut auf wie all die anderen Songs davor und danach. Wobei danach eigentlich gar nicht mehr viel kommt, denn langsam, aber sicher neigt sich die Spielzeit dem Ende zu. Für die Uptempo-Nummer 'Eagleheart' ist aber natürlich schon noch Zeit, ebenso wie für den Klassiker 'Black Diamond', der durch ein großartiges Keyboard-Solo von Jens Johansson eingeleitet wird.

Insgesamt ein guter Auftritt, den man von dieser Band nicht unbedingt so erwarten musste. Im Vergleich zum letztjährigen Bang-Your-Head!!!-Gig in jedem Fall eine ordentliche Steigerung, und es bleibt nur zu hoffen, dass STRATOVARIUS auch kompositorisch wieder an vergangene Zeiten anknüpfen können - der livehaftig vorgestellte Song 'The Last Night On Earth' ist zwar solide, lässt diesbezüglich aber noch keine Rückschlüsse zu.
[Martin Schaich]

Setlist:
Hunting High And Low
Speed Of Light
Paradise
Distant Skies
A Million Light Years Away
Father Time
Visions (Southern Cross)
The Last Night On Earth
Eagleheart
Black Diamond

DIR EN GREY (Black Stage)

Also DER Auftritt bleibt definitiv im Gedächtnis hängen. Der japanische Sänger Kyo, tätowiert bis zum Hals und blondiert, reißt sich das Shirt vom Leib, zerkratzt sich mehrfach die Brust, bis das Blut fließt, verschmiert sich damit das Gesicht, leckt das Blut von seinen Fingern und spuckt es wieder aus. Ob er MAYHEMs Auftritt vor drei Jahren gesehen hat, als Maniac eine ähnlich selbstzerstörerische Show hinlegte? Dabei hatte der Visual-Kei/J-Rock-Gig recht brav angefangen. Techno als Intro und alternativ-rockiges Outfit statt MANSON-mäßig wie im Videoclip. Erst nach zwei Midtempo-Songs packen die fünf Japaner dann mit 'Saku.' den ersten Kracher aus und zocken von 'Merciless Cult' bis 'The Final' das halbe "Withering To Death"-Album. Blutbeschmiert singt sich der Sänger durch sämtliche Tonlagen, während im Publikum japanische Flaggen geschwenkt werden. Zum Abschluss kippt er eine ganze Flasche Wasser auf der Bühne aus und zieht sich einen Eimer über den Kopf, auf dem die Aufschrift "Rape me" zu erkennen ist. Sehr schräg das Ganze, aber auch sehr einprägsam.
[Carsten Praeg]

RAGE (True Metal Stage)

Zehn Jahre sind ins Land gezogen, seit Peavy Wagner, damals noch in alter Besetzung, das Lingua Mortis Orchester auf Wackens Bühne hievte und mitsamt des klassischen Ensembles eines der denkwürdigsten Konzerte abgab, das man im hohen Norden je erlebt hatte. Auf persönliche Einladung des Veranstalters kehrt die Ruhrpottband mit ihrem weißrussischen Gitarristen daher pünktlich zum Jubiläum nach Wacken zurück, um sich einmal mehr dem klassischen Material hinzugeben.

Mit 'From The Cradle To The Grave' gelingt Peavy und seinen Mitstreitern ein würdiger Einstieg, bevor dann 'Sent By The Devil' für erste Begeisterungsstürme sorgt. Derweil sucht der Fronter ebenso wie sein Kollege an der Sechssaitigen ständig den Kontakt zu den Fans und präsentiert immer wieder stolz das Orchester, deren Musiker immerhin eine 36-stündige Nonstop-Fahrt mit dem Bus zurücklegen mussten, um pünktlich in Wacken zu erscheinen. Respekt! Respekt aber auch für die folgenden Stücke, angefangen beim 'Lingua Mortis Medley' bis hin zur 'Suite Lingua Mortis', die schließlich von einem begnadeten, aber doch recht kurzen 'Higher Than The Sky' abgerundet wird. Nanu, war's das schon? Nein, RAGE kommen noch einmal für eine kurze Zugabe zurück und verabschieden sich würdig von ihren immer noch zahlreichen Fans. Doch auch was das heutige Konzert betrifft, gibt es keine Mangelerscheinungen, was man jedoch auch darauf zurückführen muss, dass die Band ihr Programm stringent durchgezogen hat. Keine überflüssigen Soli, keine zehnminütige Trommelschlacht (Mike Terrana ist schließlich draußen), sondern anspruchsvolles, aber eingängiges Material, das sich bestens für die Festival-Bühnen eignet. So sollte es eigentlich immer sein.
[Björn Backes]

DESTRUCTION + GUESTS (Black Stage)

Nicht nur Tom Angelripper und Co. feiern 25-jähriges Dienstjubiläum, sondern auch DESTRUCTION (die Post-Schmier-Ära und die einige Jahre dauernde Auflösung nicht berücksichtigt). Grund genug, die zahlreich aufgeschlagenen Headbanger mit einem grandiosen Best-of-Set zu verzücken. Mit im Gepäck haben Schmier, Mike und Marc den 'Mad Butcher', der sogleich mit Hackebeil ausgestattet auf die Bühne marschiert. Und der Mann sieht dem Coverhelden verdammt ähnlich. Mit 'The Butcher Strikes Back' ballern DESTRUCTION brutal los. 'Curse The Gods' wird laut von den Fans umjubelt, und Schmier betont, dass das Publikum in Wacken immer ein besonderes sei. Der 'Mad Butcher' auf der Bühne hat auch noch zwei Mädels mit angeschleppt, die er zwischendrin Hackebeil schwingend zerlegen will und mit denen er später hinter dem Schlagzeug von Marc Reign post. Bei 'Alliance Of Hellhounds' erhält Schmier am Mikro überraschend Verstärkung von Peavey Wagner (RAGE), Bobby Blitz (OVERKILL) und COMMUNIC-Sänger Oddleif Stensland. Egal, ob DESTRUCTION neuere Abrissbirnen vom Kaliber 'Soul Collector' oder alte Perlen wie das sehr starke 'Death Trap' (das verkürzt gezockt wird und in 'Unconscious Ruins' übergeht) spielen: Die Stimmung ist hervorragend.

Im Laufe des Sets detonieren viele Pyros, Rauchbomben, und es gibt auch etliche Flammensäulen. Eine optisch beeindruckende Performace. Auch zwei Ex-DESTRUCTION-Mitglieder spielen bei einigen Liedern mit: Harry Wilkens (Gitarre) sowie Oli Kaiser (Schlagzeug). Dank zweier Gitarren sägen alte Klassiker wie 'Antichrist' oder 'Eternal Ban' gleich noch mal so gut. Die Band hat riesigen Spaß, und die Stimmung überträgt sich auf das Publikum. Überall kräftig mitbangende Zuschauer, die einen wirklich hervorragenden Set von DESTRUCTION erleben. Bei 'Total Desaster' (wenn ich mich nicht täusche) schwingen Marc Reign und Oli Kaiser sogar gleichzeitig die Drumsticks, was für mächtig Rumms sorgt. Mit einer sehr brutalen Version von 'Bestial Invasion', bei der die Zuschauer noch einmal alle Kräfte mobilisieren, verabschieden sich DESTRUCTION nach 75 Minuten. Den fetten Applaus hat sich die Band redlich verdient. Der Auftritt wurde übrigens auch für eine DVD gefilmt. Man kann ohne Übertreibung sagen, dass Schmier und seine Mannen ordentlich abräumen. Beide Daumen nach oben!
[Martin Loga]

Setlist:
The Butcher Strikes Back
Curse The Gods
Nailed To The Cross
Mad Butcher
Alliance Of Hellhounds (feat. Peavey, Blitz und Oddleif Stensland)
Soul Collector
Death Trap/ Unconscious Ruins
Life Without Sense
Antichrist/ Reject Emotions
Thrash 'Till Death
Total Desaster
Eternal Ban
Bestial Invasion

TYPE O NEGATIVE (True Metal Stage)

Und noch ein Auftritt, der polarisiert. Wenn man weiß, das die düsteren Gesellen aus den Staaten dafür bekannt sind, ihren doomigen Sound gerne mal schnell und zackig ins Publikum zu zimmern, dann sind die Erwartungern an das, was da kommt, nicht besonders hoch. Doch was dann geboten wird, ist der - im TYPE O-Kontext - absolute Hammer. Na gut, ich geb's ja zu, die Songs werden wieder einfach nur in die Menge gebolzt. Die Playlist, hauptsächlich bestehend aus den Alben "Bloody Kisses" und "October Rust", ist nichts weiter als eine einzige Zugfahrt zum Höhepunkt 'Black No. 1'. Klatschnummern, Ansagen oder aufpeitschende Rufe an die Fans gibt es nicht. Aber trotzdem wissen die Blutgruppenjungs zu überraschen. Da wäre zum einen die Tatsache, dass die Band verdammt gut drauf ist. Da kann es schon mal vorkommen, dass man sich die Kamera schnappt und die Fans mit verwackelten Aufnahmen einfängt. Und die reagieren wesentlich besser auf die Chance eines guten Schnappschusses als auf die tausendste Klatschaufforderung.

Highlight ist jedoch Frontsympath Peter Steele. Vorausgesetzt, man steht auf Anarchohumor. Denn der gute alte Peter, inzwischen jenseits der Lande der Nüchternheit, wankt und fällt den Gig hindurch von einem Blödsinn in den anderen. Da werden auch schon mal Weinflaschen mit den Worten "The power of Christ compells you" ("Die Macht Jesu Christi bezwingt dich" – aus "Der Exorzist") auf dem Kameramann verteilt. Und weil sowohl Weinflaschen aus Glas als auch Fans blöd sind, kombiniert man doch einfach beides und pfeffert die Flasche in die Menge. Dann präsentiert der gute Mann noch ein paar akzentfreie Wörter auf Deutsch, verschwindet mal kurz oder kippt um, und der Gig ist gelaufen. Dass dabei die Stimme nicht wie auf Platte ist oder die Gitarren teils viel zu laut, interessiert nicht wirklich. Denn vergnügte TYPE O NEGATIVEs neben besoffenem Peter Steele sind fast mehr wert als ein guter Sound.
[Lars Strutz]

IMMORTAL (Black Stage)

Nach meinen Bericht zu BLIND GUARDIAN müsste jetzt für die Schwarzmetaller von IMMORTAL der pure Verriss folgen. Denn wenn GUARDIAN schon kaum Show-Elemente haben, dann ist der Reunion-Gig der unsterblichen Götter des Black Metal eine karge Wüste der Unterhaltung sondergleichen. Doch ich tu's nicht. Und das hat nichts mit den Raritätenwert der Auftritte der Legende zu tun, sondern einfach mit der unglaublichen Tatsache, dass drei Männer auf der Bühne einfach mit ihrer unglaublichen Präsenz so viel Raum ausfüllen, wie es letztes Jahr nur CORVUS CORAX mit einem gesamten Orchester schafften. Die allein reicht aus, um die kurzen Ansagen als unglaublich gelungene Anfeuerungsrufe an das Publikum durchgehen zu lassen [das zieht sogar noch in der 300. Reihe vor der ANDEREN Hauptbühne! - Reunions sonst eher kritisch gegenüberstehend, Carsten]. Und wenn dann die Instrumente von der Kette gelassen werden, ist man eh nicht mehr zu halten. Da werden Gitarrenlinien andächtig im Kopf mitverfolgt oder die ratternde Schlagzeugmaschine mit den Haaren im Takt angeweht. Das bei einem solch hymnischen Gesamtwerk auch der Sound funktioniert, grenzt fast schon an ein göttliches - Verzeihung! - satanisches Wunder. Und mehr als Sound und Songs ('One By One', 'Battles Of The North' oder 'Blashyrkh') gibt es nicht zu bewundern, mehr fahren IMMORTAL auch nicht auf. Und trotzdem ist das Konzert eines von jenen, die man in der riesigen Menge von Leuten erlebt haben muss, um noch Jahre später damit anzugeben.
[Lars Strutz]

Showtechnisch macht der Auftritt von IMMORTAL natürlich nicht viel her. Aber Abbath und Co. sind ja für Bewegungsarmut bekannt. Dafür prescht das ICE-Drumming von Horgh wieder einmal gnadenlos nach vorne los. Der Kerl ist ein Tier! Besonders vernichtend klingt das Drumming beim pfeilschnellen 'One By One' und beim altgedienten 'Unsilent Storms In The North Abyss'. Leider ist der Sound bei IMMORTAL insgesamt etwas zu leise. Für Grinsen sorgt das unverständliche Gebrabbel von Abbath bei den Ansagen zu den Tracks [und die hockende Kack-in-den-Wald-Stellung, um das Publikum anzufeuern - Sebastian]. Die Setlist lässt allerdings kaum Wünsche offen. Mit Ausnahme von 'Call Of The Wintermoon', das ich einer neueren Nummer wie 'Tyrants' vorgezogen hätte. Aber wenigstens gibt es eine fauchende Version des oberkultigen 'Unholy Forces Of Evil' (geil!). Wenn die Herren nicht so lange Pausen zwischen den Songs machen würden, kämen die Fans auch sicher noch in den Genuss eines weiteren Tracks [wo bleibt 'Damned In Black'?? - Carsten]. Etwas lasch umgesetzt wird dann ganz am Ende der größte Klassiker der Band, nämlich 'Blashyrkh'. Abbath keift hier irgendwie etwas lustlos und lässt auch das markerschütternde Keifen nach dem ruhigen, atmosphärischen Part weg. Einen Dank an die Fans gibt es nicht - IMMORTAL'sche Überheblichkeit eben (kommt jetzt nicht doch 'Damned In Black', aber um die Hälfte gekürzt? - Carsten). Nichtsdestoweniger haben IMMORTAL aus meiner Sicht einen geilen Auftritt hingelegt.
[Martin Loga]

Setlist:
The Sun No Longer Rises
Withstand The Fall Of Time
Sons Of Northern Darkness
Tyrants
One By One
Wrath From Above
Unholy Forces Of Evil
Unsilent Storms In The North Abyss
At The Heart Of Winter
Battles In The North
Blashyrkh

IN FLAMES (True Metal Stage)

Trotz des guten Wetters sorgen große Matschflächen immer noch dafür, dass das Publikum etwas mehr zusammenrückt. Zum anderen hat Wacken inzwischen aber auch schlichtweg "Rock Am Ring"-Größe angenommen. Zu den Headlinern hat man die Wahl, dicht gedrängt neben dem Tonturm zu stehen oder ein paar Reihen weiter hinten froh zu sein, dass man am Tonturm vorbei gerade noch so die Leinwand erkennen kann. IN FLAMES dürfen sich indes über ihr vielleicht größtes Publikum freuen und legen mit 'Crawl Through Knives' gleich gut los. Sänger Anders Frieden [yes! - d. Red.](Fridén, mein ich doch! ^^) erinnert im schwarzen Adidas-Outfit heute zwar etwas an KORN, aber das ist immer noch augenfreundlicher als seine Kniggebockers [was für Dinger? - d. Red.](die 50er Version der 3/4-Hose, keine Ahnung, wie die geschrieben werden) samt rot-schwarzer Kringelsocken beim vorjährigen "With Full Force". Apropos Force: Dort fielen die Pyro-Effekte sehr viel gigantischer aus als heute Abend. Zu 'Dead Alone' gibt's dann aber doch ein paar rote Feuerbällchen, und Anders zeigt sich wieder sehr redselig. "Hey, you're the only guy here in a white t-shirt", begrüßt er einen Zuschauer in der ersten Reihe, der auch sogleich auf die Leinwand gezoomt wird. "And now you're famous, too." Zum ruhigen Titelsong des aktuellen Albums "Come Clarity" wünscht sich der Frontmann ein leuchtendes Handy-Meer, ehe er vor der Zugabe besonders auf seinen Gitarristen Jesper Strömblad hinweist, der kurz zuvor erst mit DIMENSION ZERO auf der Hellfest Stage stand. Nach großem Applaus beendet 'My Sweet Shadow' den Gig, standesgemäß von einem großen Feuerwerk begleitet.
[Carsten Praeg]

CANNIBAL CORPSE (Black Stage)

Gegen Ende des WOA folgt noch einmal eine wahre Keule. CANNIBAL CORPSE ziehen selbst zu vorgerückter Stunde (immerhin ist es 0.45 Uhr) am letzten Tag des Festivals noch sehr viele Zuschauer an. Mit wahnwitziger Brutalität prügeln sich die Herrschaften durch den Opener 'Unleashing The Bloodthirsty'. Der rund einstündige Auftritt ist eine Lehrstunde in Sachen ultrabrutalem Death Metal. Der Sound ist verdammt druckvoll, und besonders das Schlagzeug von Paul Mazurkiewicz knallt erbarmungslos. Ganz zu schweigen von den gewaltigen Riffwänden der Klampfenfraktion. Auch lautstärkemäßig ist der Auftritt von CC wohl am oberen Limit. Ohrenzeugen zufolge fliegen einigen Herrschaften auf dem Campingplatz noch fast die Lauscher weg :-). Bass-Frickelmeister Alex Webster und George Corpsegrinder wechseln sich beim schnellen Propellerbanging ab und sind trotz altbekannter sonstiger Bewegungsarmut das optische Aushängeschild der Kannibalen.

Im Laufe des Auftritts werden frenetische Forderungen nach 'Hammer Smashed Face' immer lauter. Ein ganz alter Klassiker der Band findet nun den Weg in die Setlist: 'Covered With Sores', das wiederum mit beängstigender Intensität in die inzwischen erschöpfte Menge geballert wird. Drei Tage Festival hinterlassen natürlich ihre Spuren. Die Zahl der Crowdsurfer ebbt im Verlauf des Gigs bis auf Null ab. Hätten CANNIBAL CORPSE irgendwann am Nachmittag gespielt, dann wäre da sicherlich ein völliges Inferno losgebrochen. Frontgrunzer Corpsegrinder verkündet, dass die Zeit der Zensur nun vorbei ist und dass CANNIBAL CORPSE nun jeden Song von jedem ihrer Alben in Deutschland spielen können. Gesagt, getan. Mit 'Vomit The Soul', dem neuen Killertrack 'Make The Suffer' und dem verdammt stark umgesetzten 'I Cum Blood' folgen weitere Höhepunkte der Show.

Mit feierlich klingender Stimme meint George, dass nun der Moment gekommen sei, auf den alle Fans gewartet haben. Der Frontmann lässt die Fans den Titel des besagten Tracks hinausbrüllen. Laut hinausbrüllen. 'Hammer Smashed Face' bricht in einer endgeilen Umsetzung über das nächtliche Wacken herein, gefolgt vom groovebetonten 'Stripped, Raped And Strangled', das ein mächtiges Ausrufzeichen am Ende dieser Show setzt. Wahrhaft ein musikalisches Massaker von markerschütternder Brutalität! CANNIBAL CORPSE legen sicherlich einen der besten Auftritte aller Bands auf dem W:O:A 2007 hin!
[Martin Loga]

Meinem Kollegen kann ich voll und ganz zustimmen. Die Kannibalen schaffen es wirklich meisterhaft, ihre Splatter-Hymnen an den Mann bzw. die Frau zu bringen und einem dabei das Mark aus den Knochen zu knüppeln. Von meiner weit entfernten Position aus kann ich das Geschehen gut überschauen, ohne in Sardinenbüchsen-Verhältnisse zu geraten, was dann doch sehr angenehm ist. Klar bekommt man von hier hinten nicht die komplette Power des Gigs in die Fresse katapultiert, aber man muss eben abwägen, ob man hier wieder lebendig oder halbtot raus möchte. Und ich möchte die zermalmende Stimme vom Corpsegrinder dann doch lieber bei vollem Bewusstsein erleben. Und lohnen tut sich das auf jeden Fall, denn er schafft es einfach, sogar bei den Zwischenansagen eine Gänsehaut zu verursachen, die sich gewaschen hat. Ausnahmen sind in dem Fall Sprüche wie "And if you don't bang your fuckin' head, I will come down and strangle each one of you!". So was ist dann doch eher lustig ;-). Der Knüller des Abends kommt dann endlich mit dem von jedem sehnlich erwarteten 'Hammer Smashed Face'. Wie lang habe ich schon von diesem Augenblick geträumt? Lange genug. Und heute sollte es endlich passieren. Ich könnte schon bei der Ansage des Songs wild onanieren, um dann während des Songs multiple Orgasmen zu bekommen. Vieler Worte bedarf es hier nicht. Unbeschreiblich geil. Punkt.
[Sebastian Schneider]

Setlist:
Unleashing The Bloodthirsty
Murder Whorship
Disposal Of The Body
Covered With Sores
Decency Defined
Devoured By Vermin
Fucked With A Knife
I Cum Blood
Make Them Suffer
Vomit The Soul
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Hammer Smashed Face
Stripped, Raped And Strangled

SUBWAY TO SALLY (True Metal Stage)

Genau wie letztes Jahr in Wacken ist auch dieses Mal die Mittelalter-Rock-Kapelle SUBWAY TO SALLY die letzte Band auf der True Metal Stage. Gut gelaunt und enthusiastisch spielen Eric Fish und Konsorten bekannte Stücke wie 'Kleid aus Rosen' oder 'Sieben' runter. Auch den wohlbekannten 'Schrei' brüllt das Publikum nicht nur einmal aus voller Kehle. Des Weiteren werden auch Songs vom kommenden Album "Bastard" gespielt. Jene hören auf die Namen 'Meine Seele brennt' und 'Auf Kiel' und werden prächtig vom Publikum aufgenommen.

Das Festivalgelände ist wie immer gut gefüllt mit tanzenden und klatschenden Fans, die am Ende noch ihr heiß geliebtes 'Julia und die Räuber' aus voller Brust mitsingen dürfen. Nach Ende des Auftrittes während des Marsches zu den Zelten wird die markante Stelle jenes Songs wie bei jedem Festival-Auftritt von SUBWAY noch lauthals bis zur Ankunft am Campingplatz im Chor nachgesungen, was immer wieder ein witziges Erlebnis ist.
[Sebastian Schneider]

Redakteur:
Carsten Praeg

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