Wacken Winter Nights - Wacken

02.03.2017 | 10:07

10.02.2017,

"Wie ein Familientreffen!"

Der Samstag geht auf den WACKEN WINTER NIGHTS dort weiter, wo er am Abend zuvor aufgehört hat: Im circensischen Ambiente. Im THEATER OF GRACE lädt HARPYIE zur 'Freakshow'. Wie bereits am Freitag scheint die Bühne dem Quintett vor allem während der ersten Songs beinahe zu klein. Das tut der energiegeladenen Performance der Truppe, die sichtlich viel Spaß hat und gute Laune verbreitet, allerdings keinen Abbruch. Für den Höhepunkt ihres Auftritts sorgen die Jungs und Mechthild in meinen Ohren jedoch mit den wohl ernstesten Tönen ihres Bühnenrepertoires. Das düstere, unbarmherzige 'Elisa' jagt mir live noch mehr den Schauder über den Rücken, als es die Nummer auf CD vermag. Dennnoch: Den Titel "Partykönige des Festivals" sichern sich Aello und Co nicht nur mit dem launischen Schlagabtausch, bei dem kein Auge trocken bleibt. Auch sorgen die Sturmvögel mit ihrer Coverversion des EIFFEL 65-Songs  'I'm Blue' für echte Europop-Vibes in Wacken. Dem Gänsehauteffekt, wenn alle Kehlen in der Halle den Titel 'Sturmvögel' skandieren, kann jedoch kein Cover standhalten. Die Zeichen stehen auf Sturm bei HARPYIE, ihre Marke haben die Musiker in Wacken definitv gesetzt und es bleibt gespannt auf das neue Album "Anima" zu warten!

Auf dunklen Schwingen geht es weiter zum Eispalast, wo sich nach den Sturmvögeln nun VOGELFREY die Ehre gibt. Schon auf dem WACKEN OPEN AIR auf der Wackinger Stage gespielt, sind die Mittelalterrocker dem "Holy Ground" nicht fremd und zeigen sich angesichts der eisigen Winde mit dem Opener 'Sturmgesang' durchaus situationsangepasst. Stets mit einem Augenzwinkern bringen die Vogelfreyen mit Klamauk-Nummern wie der skurrilen Choreographie zu 'Hörner hoch!' ordentlich gute Laune in den Eispalast. Und der ein oder andere mag VOGELFREY beim nachfolgenden 'Schuld ist nur der Met' allzugerne zustimmen. Doch auch mit melancholischeren Liedern wie dem bildgewaltigen 'Waffenbruder' mit seinem symphonischen Einstieg vermag VOGELFREY mit dem Auftritt zu überzeugen. Kein Wunder, dass die Band aus dem hohen Norden vom Publikum erst nach einem dreifachen Encore von der Bühne gelassen wird!

Abseits ausgetretener Pfade finden auch bei der Winterausgabe des Festivals Konzerte in der (beheizten!) Dorfkirche des Ortes Wacken statt, der VILLAGE CHURCH. Zeitgleich zu RUSSKAJA präsentiert sich hier MAGDA ANDERSON. Eine junge Schwedin, die dem einen oder anderen Festivalbesucher gewiss schon über den Weg gelaufen ist, spielt sie doch auch mit der Piraten-Band YE BANISHED PRIVATEERS an allen drei Tagen. Wesentlich sauberer und um einiges emotionaler jedoch ist ihr Solo-Auftritt, bei dem sie von drei Mitstreitern ihrer Seeräuberbande instrumental unterstützt wird. Auch der Rest der Crew ist mit an Bord und schlägt noch vor Konzertbeginn die vorhandenen Gebetsbücher auf, um im Februar Lieder wie 'Stille Nacht, Heilige Nacht' zum besten zu geben. Ähnlich besinnlich, wenn auch nicht ganz so festlich, klingen auch Magdas eigene Songs, die sie ausnahmslos in ihrer Muttersprache Schwedisch schreibt. Ihre leicht angerauhte Stimme transportiert Gefühle von Verzweiflung bis hin zu Hoffnung mit echter Gänsehautstimmung, ohne ins unangenehm Klagende überzugehen. Ein schöner Ruhepol in der Festivalhektik.

Nach dem Marsch von der Kirche zurück auf das Festivalgelände sind auch die letzten eingefrorenen Füße wieder aufgetaut. Doch das wäre gar nicht nötig gewesen, heizt TANZWUT dem Publikum in den ersten Reihen doch charmanterweise ebenso gut ein. Denn die 'Brüder im Geiste' fahren als erste Band auf dem Festival im Eispalast Pyro-Technik auf. Musikalisch liefert der Teufel mit der aktuellen Platte "Schreib es mit Blut" und dem dazugehörigen Titeltrack von Anfang an eine diabolische Bühnenshow mit ordentlich Kunstnebel. Dazwischen gibt es zum Aufwärmen obligatorisches Aufwärmprogramm in punkto Armeschwenken mit dem seemännischen 'An den Klippen' sowie die Hymne aller Unglückstage zum Ende des Slots von TANZWUT. Das wummernde, treibende 'Freitag, der 13.' schallt bis zum letzten Mann auf den WACKEN WINTER NIGHTS. Der Teufel und seine Spielmänner haben das Publikum fest im Griff, was auch die ausgelassene Stimmung bei TANZWUT eindrucksvoll demonstriert.

Redakteur:
Leoni Dowidat

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