Wave-Gotik-Treffen 2009 - Leipzig

08.06.2009 | 18:29

29.05.2009,

Das Highlight aller Schwarzkittel jährt sich zum achtzehnten Mal, und POWERMETAL.de ist hautnah dabei. Vier Tage sieht Leipzig schwarz, und wir sehen zahlreiche Metalbands der Extraklasse. Folgt uns in die Dunkelheit.

Montag – 1. Juni 2009

Jubel – Kindertag! An so einem ganz besonderen Tag für uns Kids macht solch ein Festival besonders viel Spaß. Auch die Sonne hat beste Laune, und so zeigt sie uns ihr schönstes Gesicht. Keine Frage, die erste Station des Tages wird die Parkbühne sein. Bei solch einem tollen Wetter, wäre jede andere Location zu einem Treibhaus geworden. Die erste Band, der wir unser Gehör schenken, sind die Buben von SCHOCK. Mit einem gut aussehenden Sänger im Gepäck lässt sich so manch weiblicher Gast auf die Parkbühne locken. Und wirklich, wir haben es gerade erst 15.00 Uhr, und schon ist die Parkbühne sehr ordentlich gefüllt. Eigentlich auch kein Wunder, immerhin stand die Band Anfang des Jahrtausends schon einmal vor dem Durchbruch. Doch Line-up-Wechsel machten alle Hoffnungen zunichte. 2006 begann man das Projekt Welteroberung aufs Neue. Dabei steht Sänger Michael Schock natürlich noch immer im Mittelpunkt. Der charismatische Sänger hat auch wirklich viel Potential und holt aus den eh schon guten Songs noch immer ein bisschen mehr heraus. Leider wirken die Texte oftmals etwas zu klischeehaft. Mit Textzeilen wie "Küss mich / Leck mich / Schlag mich / Peitsch mich aus / Ich bin die Ware Fleisch / Ich bin das wahre Fleisch" (aus 'Ware Fleisch') kann man zwar unterhalten, aber nicht die Welt verändern. Um das zu tun, holt Michael den Doggystyle aus der Tasche und macht sich schon ein wenig zum Affen. Aber das gehört wohl dazu, wenn man auffallen möchte. Aber dafür sollte ihre eingängige Musik eigentlich ausreichen. Ob sie jemals den Durchbruch schaffen? Zu Wünschen wäre es ihnen.

Ob man das bei den folgenden LAHANNYA auch sagen kann, muss bezweifelt werden. Die Band von UMBRA ET IMAGO-Basser Lutz zieht zumindest viele Besucher an. Doch bis zum Ende halten sicher nicht alle durch. Neben dem ausdruckslosen Gesang von Sängerin Lahannya bleibt wohl am Ende doch nur das nette Outfit der Engländerin im Gedächtnis. Wie schon oft auf diesem WGT ist die Bühnenpräsenz der Leadsängerin recht eingeschränkt. Nur ein hübsches Gesicht reicht eben doch nicht aus.

So wie bei DIE SO FLUID, die ohne ersichtlichen Grund Ende des letzten Jahres in Deutschland extrem gepuscht wurden und sogar ein Titelbild des ORKUS zieren durften. Warum? Das Trio hat sich in England den Arsch abgespielt und schwappt so langsam auch in den Rest Europas über. Zwar lässt sich in punkto Glaubwürdigkeit ein etwas anderes Niveau als bei LAHANNYA feststellen, aber das ganze große Ding sind DIE SO FLUID nun auch nicht.

Sängerin/Bassistin Grog wirkt wie ein weiblicher Lemmy Kilmister – und auch die Musik ist gar nicht so weit weg von MOTÖRHEAD. Musizieren tun andere, hier wird munter drauflosgeschrubbt. Das macht für einige Songs Spaß, auf Dauer wirkt der Sound der Engländer jedoch sehr monoton. Da kann sie noch so schön posen.

Bevor es in das Werk 2 geht, bleiben wir noch ein paar Minuten bei THE ETERNAL AFFLICT. Das hätten wir lieber lassen sollen, denn warum an einem Abend, an dem Gitarrenmusik auf der Parkbühne zelebriert wird, eine Elektro-Band aufspielt, bleibt fraglich. Es knallt dumpf aus den Computern, und man sieht wunderbar den Kontrast zu den vorher aufspielenden echten Live-Bands. Ein Blick auf die Bühne reicht, und man hat alles gesehen.

Auf zum Werk 2, wo sich in wenigen Minuten die Texaner von SHADOW REICHENSTEIN die Ehre geben. In Deutschland sind sie noch ein Geheimtipp, doch ihre bisherigen Auftritte im Rahmen des WGT 2007 und auf dem letztjährigen Summer Breeze konnten durch die Bank überzeugen. Zünftiger Horror-Rock, der mit klassischem Heavy Metal gewürzt ist, knallt durch das Werk 2. Songs wie 'Wakin’ The Dead' oder das endgeile 'It’s Halloween' machen live einfach immer Spaß. Den haben die Fotografen eher weniger, denn Licht ist hier heute Mangelware. Klar, Werwölfe lieben die Dunkelheit. Doch auch Werwölfe sollten die Uhr lesen können. Nach dreißig Minuten kündigt Leadsänger Sir Shadow Reichenstein III. bereits den letzten Song an. Hui, was ist hier los? Zum Glück sagt ihm ein Roadie, dass hier noch ein wenig zu spielen sei. Sonst gibt es kein Blut. Also ab mit der 'Werewolf Order' und dem unterhaltsamen Finish einer wie immer guten Show. Nur die lustigen ACCEPT- und SCORPIONS-Zitate sollten sie sich für Metal-Festivals aufheben. Hier beim WGT haben diese Gags nur 0,5 Prozent der Anwesenden gerafft.

Raus aus dem Werk und schnell zur Agra. Der Montag steht traditionell im Zeichen des Mittelalter-Rocks. Leider versäumen wir FEUERSCHWANZ, die einen exzellenten Eindruck hinterlassen haben sollen. Dafür freuen wir uns auf SCHELMISCH, die schon beim letzten Summer Breeze für gute Stimmung gesorgt haben. Und auch heute sorgen sie für lächelnde Gesichter. Netter Mittelalter-Rock mit vereinzelten Irish-Folk-Einflüssen animiert einfach zum Trinken. Also ab zur Bar.

Fans der Bonner Combo fällt sofort das Fehlen von Sänger Rimsbold von Tiefentann auf. Band-Chef Dextro gibt aber Auskunft. So hat Rimsbold vor einiger Zeit einen Ball an den Kopf bekommen und dadurch riss sein Trommelfell. Daher wird er bis Juli fehlen. Dextro, der von sich sagt, dass er nicht singen kann, muss heute nun alle Songs selber singen. Das macht er auch hervorragend, nur bei 'Moor' traut er sich nicht recht. Daher fragt er, ob jemand aus dem Publikum das Lied singen könne. Nach einigem Zögern meldet sich doch ein junges Mädchen namens Stefanie. Sie wird auf die Bühne geholt und vor Tausenden von Besuchern gibt sie auf dem WGT 2009 ihre Bühnenpremiere. Coole Aktion, welche die Band nur noch sympathischer macht. Nach knapp einer Stunde bester Laune beenden die wackeren Musikanten mit 'Ring' eines der Highlights des diesjährigen WGTs.

Was nun folgt, ist eine groß angekündigte Feuershow, die jedoch wenig begeistern kann und daher von den meisten Gästen als willkommene Raucherpause genutzt wird. Danach ist es aber wieder so weit: Die letzte Band des Wave-Gotik-Treffens steht auf dem Programm: die LETZTE INSTANZ.

Ihr kürzlich erschienenes Werk "Schuldig" wurde vielerorts mit extrem positiven Kritiken überhäuft. Auch die anschließende Tour war natürlich ein großer Erfolg. Getoppt werden soll dies nun alles mit dem prestigeträchtigen Abschluss-Slot des WGTs. Und was soll ich sagen? Die Jungs fahren großes Kino auf, liefern neben neuen Granaten wie 'Engel', 'Flucht ins Glück' oder 'Dein Licht' auch alte Hits wie 'Mein Todestag' oder das obligatorische 'Rapunzel'. Die Agra verwandelt sich in eine hüpfende Masse und vergisst für 90 Minuten, dass danach alles vorbei sein wird. Das Ende rückt immer näher, doch die Stimmung steigt und steigt. 'Maskenball' oder 'Feuertanz'? Völlig egal, denn bei jedem Track werden die Jungs zu Recht abgefeiert. So macht ein Abschied Spaß.

Mit einem gekonnten 'Rapunzel' vs. 'Rebell Yell' verabschieden sich die Bengel von ihren Fans. Diese haben aber noch keine Lust, nach Hause zu gehen und schreien die Band zurück auf die Bühne. Nach 'Kalter Glanz' kündigt Holly dann jedoch den letzten Song des diesjährigen WGTs an: 'Wir sind allein'. So allein aber auch nicht, denn Tausende Fans liegen sich in den Armen und feiern ein letztes Mal sich und die LETZE INSTANZ.

Fazit: Vier Tage Wave-Gotik-Treffen sind überstanden. Was bleibt zurück? Leider war die achtzehnte Version nicht unbedingt die musikalisch wertvollste. Das Mega-Highlight ist einfach ausgeblieben. Dennoch konnte man einige seiner Lieblingsbands bewundern und so manchen Schatz für sich entdecken.

Redakteur:
Enrico Ahlig

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