DANTE - Saturnine
Auch im Soundcheck: Soundcheck 07/2010
Mehr über Dante
- Genre:
- Progressive Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Progrock / H'art
- Release:
- 16.07.2010
- All My Life
- Drifting
- Last
- Never Return
- Maybe One Day
- Modal Acousma
- Vanessa
Ein überragendes Prog-Album, mit welchem sich die Augsburger hinter keiner Genre-Größe verstecken müssen.
Etwas mehr als zwei Jahre ist es her, dass mich das in Eigenregie veröffentlichte Debüt der Jungs aus der Hauptstadt bayerisch Schwabens quasi aus dem Stand heraus völlig geplättet hat. Kurz darauf hat mir die Band im Interview erzählt, dass die Eigenvermarktung schon sehr aufwändig und zeitraubend sei und man sich durchaus die Unterstützung eines Labels wünsche. Nun, obwohl die Musik alles andere als kommerziell ist, hat die Sache mit dem Label geklappt und die Augsburger können mit ProgRock/H'art im Rücken endlich das zweite Album vorlegen. Dieses hört auf den Namen "Saturnine" und ist von einem herrlichen Artwork geziert, das bereits auf den ersten Blick die Vorfreude auf das Album immens steigert.
Die Scheibe in den Schacht geschoben, erklingen beim Opener 'All My Life' zunächst mystische, spacige Synths weit im Hintergrund. Es treten zurückhaltend entrücktes Schlagzeug und ein schöner Basslauf hinzu, bevor die Gitarre mit einem zeitgemäßen, aber irgendwie majestätisch klingenden Riff in den Fokus rückt. Aufwändig arrangiert setzen Samples im Zusammenspiel mit vertrackter Rhythmik weitere Stimmungspunkte, bevor zum sanft erklingenden Piano und Streichern der Gesang in einer sehr ruhigen, gefühlvollen Passage einsetzt, die ganz leicht an die besten Momente der späteren SAVATAGE gemahnt. Gekrönt wird das alles von einem wahrhaft königlichen Refrain, den man besser nicht in Szene setzen kann.
Das sitzt erst einmal! Stellt sich die spannende Frage, ob die Band das Niveau dieses eröffnenden Zwölfminüters auch über die volle Spielzeit halten kann. Die zunächst folgende Ballade 'Drifting' lässt keinerlei Schwächen offenbar werden und glänzt vor allem durch den großartigen Pianoeinsatz, den herrlich emotionalen Gesang und ein Gitarrensolo, das so viel Gefühl herüber bringt, wie man es heute nur selten mehr erfährt. Bei 'Last' wird an Härte ordentlich zugelegt. Bereits das erste Riff drückt dich in den Sitz, das Drumming ist messerscharf akzentuiert und mit einem tollen Rhythmus versehen.
Auch das Tempo zieht merklich an und wenn in der zweiten Minute Lead- und Rhythmusgitarre gleichzeitig Gas geben, dann wird klar, warum DANTE eben nicht nur Tee schlürfende Prognasen aus der Reserve locken werden, sondern auch den einen oder anderen gestandenen Kuttenträger. Auch bei 'Never Return' darf der Hammer nochmals deftig kreisen, ohne dass sich die Band von ihrem anspruchsvollen Songwriting und ihren atemberaubenden Arrangements abbringen ließe. Die Breaks sind schlicht genial gesetzt und der Aufbau der Dramatik nach der überbordenden Einleitung einfach einzigartig, gerade, wenn im letzten Drittel die Orgel-Vibes der Siebziger zitiert werden und den ganzen Genre-Prog der Neunziger links liegen lassen.
'Maybe One Day' bedient sodann die emotionalen Bedürfnisse des Hörers und lebt vom sehr anmutigen, etwas melancholischen Zusammenspiel von Piano und Streichern, sowie von der sehr zurückhaltend und doch ergreifend eingesetzten Stimme. Da Abwechslungsreichtum bei DANTE groß geschrieben wird, dürfen beim ausladenden Instrumental 'Modal Acousma' wieder die Gitarren massiv braten, gekleidet in einen sehr atmosphärischen, spacigen Synth-Sound, der sogar HAWKWIND-Gefilde streift und sicher auch Fans von LONG DISTANCE CALLING zusagen wird. Gekrönt wird das Album am Ende mit dem zwanzigminütigen 'Vanessa', das hier und da auf eine gewisse Weise das Flair der progressiven Werke von JETHRO TULL und DEMON einfängt, eine sehr coole Akustik-Gitarren-Passage einfügt und gesanglich eine dezent folkloristische, märchenhafte Phrasierung nutzt. Einfach rundum perfekt!
Um das alles noch einmal kurz zusammenzufassen: Die fünf Jungs von DANTE machen kraftvollen, spannenden Progressive Metal, der all das vermeidet, was das Prog-Genre für mich bisweilen so langatmig und dröge wirken lässt: keine Komplexität als Selbstzweck, kein ewig nölendes und maßloses Ergehen in Selbstgefälligkeiten und gequälten Emotrips, keine Instrumentaleskapaden ohne Biss und Belang, sondern stattdessen die hörbare und fühlbare Freude am Musizieren, der Mut, Sänger Alexander Göhs sogar ein Stück weit episch singen zu lassen und Riffs aus den Handgelenken zu schleudern, die beim Hörer nicht nur die Hirnwindungen zum Glühen bringen, sondern auch einfach mal die Faust in die Höhe zucken und den Kopf zum Bangen animieren lassen. Das alles natürlich nicht, ohne auch das Zarte, das Zerbrechliche und das Anmutige zu seinem Recht kommen zu lassen.
"Saturnine" ist schlicht und ergreifend ein Album, das DANTE gegenüber dem bereits tollen Debüt nochmals wachsen lässt, und das - so es noch Gerechtigkeit geben sollte - seinen Weg in die Stereoanlagen all jener finden sollte, die sich auf Alben wie "Edge Of Thorns", "Space Metal" oder auch "The Plague" zu Hause fühlen. Es mögen große Worte sein, aber für mich ist "Saturnine" das aktuell überzeugendste Prog-Album, und die Augsburger müssen sich damit hinter keiner einzigen etablierten Größe des Genres verstecken. Kompliment!
Anspieltipps: Vanessa, All My Life, Never Return
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle