DREAM THEATER - Distance Over Time
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2019
Mehr über Dream Theater
- Genre:
- Progressive Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- InsideOut
- Release:
- 22.02.2019
- Untethered Angel
- Paralyzed
- Fall Into The Light
- Barstool Warrior
- Room 137
- S2N
- At Wit's End
- Out Of Reach
- Pale Blue Dot
- Viper King
Auf neuem Label zurück in alter Stärke!
Endlich, das Warten hat ein Ende und mit "Distance Over Time" steht das mittlerweile 14. Studioalbum des Traumtheaters in den Startlöchern. Wer in den letzten Wochen unsere Reihe "Im Rückspiegel" verfolgt hat, dem dürfte nicht entgangen sein, dass mir diese Band sehr am Herzen liegt. Die lange Geschichte der Jungs ist dort in aller Ausführlichkeit aufgearbeitet worden, deshalb werde ich hier nicht näher darauf eingehen. Einen Wechsel gibt es zu vermelden, allerdings nicht beim Personal, sondern beim Label. "Distance Over Time" ist die erste Scheibe von DREAM THEATER, die auf InsideOut erscheint, damit konnte sich die Plattenfirma ein weiteres Schwergewicht der progressiven Musik sichern, eines der schwersten sogar meiner Meinung nach. Auch beim Entstehungsprozess von "Distance Over Time" beschritt die Band diesmal neue Wege und hat sich über mehrere Wochen in einem Studio verschanzt und völlig abgeschottet von der Außenwelt gemeinsam am neuen Songmaterial gearbeitet. Auf das Ergebnis sind wir natürlich alle gespannt und haben seit der Ankündigung der Scheibe hitzige Diskussionen geführt, wie "Distance Over Time" denn nun klingen könnte oder auf keinen Fall klingen sollte.
Eröffnet wird das Album von 'Untethered Angel', dem Song der als erste Singleauskopplung der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Eine typische DREAM THEATER-Nummer, die alles beinhaltet, was man an der Band mag. Härte, einen eingängigen Chorus sowie einen netten Frickelpart. Der Track besitzt zudem durchaus Ohrwurmcharakter, entfaltet diesen jedoch erst nach einigen Durchgängen. Angesichts der zweiten Single 'Falling Into Light' könnte der Eindruck entstehen, dass die Band nach den zuletzt sehr soften Tönen auf "The Astonishing" nun wieder zu alter Härte zurückgefunden hat, was ich auf jeden Fall bestätigen kann. Natürlich schlägt DREAM THEATER auch auf dem aktuellen Longplayer wieder softe Töne an, mit 'Out Of Reach' gibt es jedoch nur eine einzige reine Ballade. Außerdem wurden in den restlichen Songs ebenso zahlreiche gefühlvolle Parts untergebracht, die auch gerne mal unter die Haut gehen.
Wesentlich interessanter finde ich jedoch, dass DREAM THEATER offenbar wieder Gefallen an den alten Trademarks gefunden hat. Die vielen netten Spielereien und Frickeleien, die John Petrucci in die Songs einfließen lässt, machen wieder verdammt viel Spaß. Sowas will ich von DREAM THEATER hören. Und man findet sie tatsächlich in jedem Song. Auch das Zusammenspiel mit Jordan Rudess hat schon lange nicht mehr so viel Freude gemacht wie auf "Distance Over Time". Der Mann ist ebenso immer für eine interessante Einlage gut und macht davon auch regen Gebrauch. Man hat den Eindruck, als ob die beiden sich manchmal gegenseitig inspirieren würden. Diese geballte musikalische Kompetenz, welche in dieser Band zusammen musiziert, beeindruckt mich immer wieder aufs Neue. Die meisten Bands wären wohl froh, wenn sie nur einen Musiker dieses Kalibers in den eigenen Reihen hätten.
Etwas schade finde ich allerdings, dass es keinen Song gibt, der die zehn Minuten-Marke knackt. Zwar kommen 'At Wit’s End' und 'Pale Blue Dot' zumindest in die Nähe davon, für Traumtheater-Verhältnisse würde ich diese allerdings trotzdem nicht als Longtrack bezeichnen. Den Bonustrack 'Viper King', der auf der Standard-Jewelcase-Version nicht enthalten ist, solltet ihr euch auf keinen Fall entgehen lassen, mich erinnert er vor allem wegen seinem Verlauf und der stellenweise für DREAM THEATER ungewohnt fröhlichen Stimmung irgendwie an DEVIN TOWNSEND. Echt starke Nummer, ziemlich abgedreht und einer meiner Lieblingssongs auf "Distance Over Time", obwohl er mit nur vier Minuten zudem recht kurz ist. Auch Anspielungen auf frühere Songs der Band finden sich an diversen Stellen, meistens hübsch in Melodien oder kleine Einsprengsel verpackt. Je mehr Umdrehungen man der Scheibe spendiert, umso mehr davon wird man entdecken.
Mit "Distance Over Time" liefert DREAM THEATER nicht nur eine höchst gelungene Einstandsscheibe auf dem neuen Label InsideOut ab, sondern nebenbei noch das stärkste Werk der Band im aktuellen Jahrzehnt. Ich gehe sogar noch weiter, denn ich sehe "Distance Over Time" sogar mindestens auf Augenhöhe mit "Black Clouds & Silver Linings", meiner Lieblingsplatte von DREAM THEATER in diesem Jahrtausend! Sicher wird es wieder Nörgler geben, denen die Stimme von James LaBrie nicht passt oder die behaupten, dass das Album mit Portnoy um Längen besser geworden wäre. Freut euch doch lieber an dem, was DREAM THEATER hier erschaffen hat, denn es enthält wirklich alles, was man an der Band liebt oder hasst. Viele gefühlvolle Momente, wunderschöne Melodien die unter die Haut gehen, trotz hoher Komplexität der Songs immer noch genügend Eingängigkeit, ausgiebige Frickelorgien und natürlich auch wieder einen gewissen Härtegrad. Dazu wirken die einzelnen Songs in sich stimmig wie schon lange nicht mehr und es ist auch kein Track dabei, dem ich das Prädikat "verzichtbar" anheften würde. Genauso wünscht man sich als Fan ein Album des Traumtheaters. Ein heißer Anwärter auf den Spitzenplatz in meinen Jahrescharts und mit Sicherheit eines der absoluten Highlights im progressiven Metal 2019!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Hermann Wunner