ENTOMBED A.D. - Bowels Of Earth
Auch im Soundcheck: Soundcheck 08/2019
Mehr über Entombed A.D.
- Genre:
- Death Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Century Media / Sony
- Release:
- 30.08.2019
- Torment Remains
- Elimination
- Hell Is My Home
- Bowels Of Earth
- Bourbon Nightmare
- Fit For A King
- Worlds Apart
- Through The Eyes Of The Gods
- I'll Never Get Out Of This World Alive (Hank-Williams-Cover)
- To Eternal Night
- Back At The Funny Farm (MOTÖRHEAD-Cover)
Auf L-G Petrov und seine Mannen ist auch beim dritten Streich in fünf Jahren noch Verlass.
Seit nunmehr ziemlich genau fünf Jahren ist die Trennung in ENTOMBED und ENTOMBED A.D. nun besiegelte Sache, und im Prinzip reicht schon ein Blick in die Statistik, um auch ohne persönliche Einblicke zu erkennen, warum es offenbar keinen gemeinsamen Weg für die Protagonisten gab. Während Alex Hellid & Co. seit 2014 dreimal live gespielt und daraus ein Livealbum gebastelt haben, haben L-G Petrov und seine Mannen im selben Zeitraum knapp 300 Konzerte gespielt und servieren uns nun mit "Bowels Of Earth" ihr drittes Studioalbum seit dem Split. L-G & Co. verpüren offenbar den Drang kreativ zu sein und sich den Allerwertesten abzutouren, und das beißt sich offenbar mit der Herangehensweise der ex-Kollegen ein bisschen. Ob das der einzige Grund ist? Tut mir leid, ich weiß es nicht, und ehrlich gesagt, es ist mir auch herzlich gleich, denn warum sollten wir hier Partei ergreifen?
Heute steht also ENTOMBED A.D. mit dem Drittwerk "Bowels Of Earth" auf dem Prüfstand, und - so viel will ich vorwegnehmen - mir macht die Scheibe jede Menge Spaß. L-G Petrovs Organ ist so grimmig wie charismatisch, in meinen Ohren hat er nichts verlernt, und auch der Gitarrensound ist angemessen von ostschwedischem Klangbild, wie es sich für eine Band mit einem solch illustren Namensteil gehört. Davon abgesehen mag mancher sicher berechtigt fragen, welche musikhistorische Relevanz diese Band und ihr Schaffen heute noch haben soll, mit ihren schnörkellosen, derben und rüpeligen Abrissbirnen im rock'n'rolligen Dreiminutenstandard. Nun, was sollen wir da sagen? Die aktuelle Relevanz von ENTOMBED A.D. ist ganz offensichtlich vor allem, den Musikern und den Fans live und auf Platte eine gute Zeit zu bescheren, und das gelingt aus meiner Sicht auf beiden Ebenen.
Natürlich helfen live die diversen Klassiker aus dem ENTOMBED-Fundus, doch auch die neueren Songs verfehlten ihr Ziel nicht, denn schon der Opener 'Torment Remains' hackt im wilden Uptempo drauf los, die Klampfen klingen modrig, warm und tief, und der gute Lars-Göran gurgelt sich unverkennbar die Seele aus dem Leib. Der Refrain ist prägnant und mitsingbar, fast wie bei den Kollegen von UNLEASHED, wenn auch ein wenig dreckiger und rockiger; fieses Gelächter, Rhythmusbreak ins Doomige, nochmal der Refrain, quietschendes Solo zum Ende hin, 2:51 auf der Uhr und ... Schluss! Genau so funktionieren diverse Songs des Scheibchens; drei Minuten lang deftig und völlig unprogressiv auf die Kauleiste und fertig ist die Laube. Auch im etwas gedrosselteren 'Elimination' steckt ähnlich punkig-rockige Urgewalt, wobei ich immer jene Parts genieße, in denen das Tempo heraus genommen wird und ein typischer Schwedendeath-Powerchord einfach mal ein bisschen ausklingen kann.
Langsam steigern sich die Spielzeiten der Songs über das rifforientiertere, leicht thrashige und im Refrain nicht ganz durchschlagende 'Hell Is My Home', bis das Titelstück mit seinen viereinhalb Minuten quasi das erste Epos der Scheibe liefert, samt Piano und Spieluhr im Intro und einem L-G, der ja fast schon clean singt, im Refrain. Nicht wirklich, keine Angst, aber ja, hört's euch selbst an, wie progressiv ENTOMBED A.D. klingen kann. Na gut, ein bisschen spacig halt, was sich auch bei den 70er-mäßigen Leads und einem dezenten temporären Plus an Gefiedel andeutet. Noch progressiver wird's dann auch nicht, versprochen, oder hat das jemand erwartet, wenn der folgende Dreiminüter sich 'Bourbon Nightmare' nennt als wäre er ein Tribut an TANKARD? Nein? Eben. Das mexikanische Intro werten wir als Gag, nicht als Experiment. 'Fit For A King' hat eine ordentlich holzende Spät-VENOM-Attitüde, bis ein gruftig-schräger Part aus dem Horrorkabinett ums Eck gebogen kommt. Auch bei 'Worlds Apart' meine ich, einige Cronos-Vibes zu verspüren, während das schnelle 'Through The Eyes Of The Gods' wieder mehr nach klassischem Schweden-Death klingt und der punkige Zwei-Minuten-Brecher 'I'll Never Get Out Of This World Alive' komplett ohne Punkt und Komma aus den Boxen rattert, bevor "Bowels Of Earth" mit dem letzten und längsten Song 'To Eternal Night' verklingt, der die Band so weit in Richtung Sludge-Doom rücken lässt wie nie zuvor.
So bleibt am Ende eine weitere A.D.-Scheibe, die natürlich nicht gegen den Klassikerstatus des ENTOMBED-Frühwerks ankämpfen kann, und die sicher auch nicht die stilistischen und kreativen Ausrufezeichen der mittleren Phase setzen kann, obwohl sie durchaus ein paar Elemente aufbieten kann, die man in der Form nicht erwarten konnte. So kann "Bowels Of Earth" mit der Spätphase der Vorgängerband ohne Weiteres mithalten, ja, für mich wirkt das neue Schaffen des Quartetts an sich sogar ein Stück weit unbekümmerter, spontaner und dreckiger; und das macht auf ganzer Linie derben Spaß, ganz ohne den Anspruch, viel mehr zu sein oder zu wollen.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle