LONG DISTANCE CALLING - Long Distance Calling
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2011
Mehr über Long Distance Calling
- Genre:
- Post Rock
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Superball (EMI)
- Release:
- 18.02.2011
- Into The Black Wide Open
- The Figrin D'an Boogie
- Invisible Giants
- Timebends
- Arecibo (Long Distance Calling)
- Middleville
- Beyond The Void
Eine Lehrstunde in Sachen instrumentaler Rockmusik.<br />
Erst kürzlich, beim ausführlichen Rückblick auf das Jahr 2009 habe ich die Münsteraner von LONG DISTANCE CALLING als konkurrenzlose Speerspitze des Post Rock geadelt und bin dafür von einigen Szenegurus gerügt worden. Vielleicht sogar mit Recht, denn meine Kenntnisse bei den instrumentalen Truppen sind immer noch begrenzt und ein derartiges Urteil steht mir objektiv betrachtet gar nicht zu. Aber sieht man die subjektiven Umstände, wird schnell klar, dass LONG DISTANCE CALLING bei mir gar keinen anderen Status haben können. Immerhin sind "Avoid The Light" und "Satellite Bay" echte Dosenöffner für meine Begeisterung an instrumentaler Rockmusik gewesen, daneben hat die Band nun auch schon mehrfach auf der Bühne nicht nur überzeugt, sondern absolut mitgerissen und sind dabei sogar immer besser geworden. Da ist ein Sonderstatus ja gerechtfertigt.
Daher ist die Spannung auf das neue, schlicht "Long Distance Calling" betitelte Werk auch enorm groß. Die von Drummer Janosch im letzten Interview angekündigte Ausrichtung lässt sich dabei schon nach einem Dutzend Spins bestätigen. Der Sound der Band ist weiter gefasst, ja, offener geworden. Man bedient sich Soundspielereien der 70er, baut schon mal kurz jazzige Dissonanzen ein ('Timebends') und ist innerhalb des Albums noch dynamischer. Dadurch wirkt das Album in sich ungemein schlüssig, sorgt aber auch dafür, dass man - oder zumindest ich - an einigen Stellen auch den Fokus auf einzelne Akteure legen kann. Daves Solo im Mittelteil von 'Middleville' ist ebenso fantastisch wie Janoschs leicht verqueres Spiel im selben Stück oder Reimuts Synthieflächen in 'Timebend'. Da spürt man vor allem das Selbstbewusstsein, das sich die Band in den letzten Jahren erarbeitet hat. Alle Protagonisten wissen, was sie können und bringen ihre Stärken im Sinne des Songs ein.
Und genau diese Kunst ist es, die das dritte Werk der Herren zu ihrer Visitenkarte werden lässt. Alle Rädchen greifen hier einander, es herrscht perfekte Harmonie, die durch die angesprochenen Dissonanzen nur noch schöner wird. So wie das kleine Mal über Cindy Crawfords Mund. Dieser stete Fluss reißt dann auch den Hörer entsprechend mit, der eins wird mit der Musik, die über geht in Fleisch und Blut und dafür sorgt, dass man nicht wirklich still sitzen oder stehen kann.
Dieses Gefühl wird noch mal getoppt, wenn in 'Middleville' die stählernen Stimmbänder von John Bush vibrieren. Wer auch nur den leisesten Zweifel hat, dass der völlig subjektiv beste Sänger der Welt nicht zu einer recht ausufernden LONG DISTANCE CALLING-Nummer passen würde, dürfte schon nach dem ersten Durchlauf das Gegenteil behaupten. Und das wahrscheinlich auch ohne tiefrosa gefärbte Fanboy-Brille auf den Ohren. Ganz grandios.
So, noch mal Klartext für alle, die meine Worte vielleicht noch nicht richtig interpretieren konnten: LONG DISTANCE CALLING ist mit dem dritten Album der erhoffte Geniestreich gelungen. Besser kann man diese Musik nicht spielen und einen besseren Gastsänger werden sie auch nie wieder auftreiben können. Die Note ist da nur konsequent.
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Peter Kubaschk