CEMETERY SKYLINE: Interview mit Santeri Kallio
20.12.2024 | 08:06Auch wenn das Album schon vor einiger Zeit veröffentlicht wurde, Keyboarder und Songwriter Santeri Kallio hat sich Zeit genommen, unsere Fragen zu beantworten.
Hallo Santeri, danke dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst! Erste Frage: Wie geht es dir und wie ist denn die Stimmung in der Band, einige Wochen nach dem Release des Albums? Die Reaktionen von der Presse und den Fans ist ja überragend!
Mir geht es gut und es ist gerade eine aufregende Zeit, wenn ich mir die Reaktion der Leute ansehe. Wir sind sehr stolz auf das Album, doch haben wir es vor dem Release nur ganz wenigen Leuten gezeigt, ein paar Journalisten und einigen Leuten von der Crew des Festivals, wo wir gespielt haben – und natürlich den Plattenfirmen. Aber es ist aufregend zu sehen, was die Leute über das Album denken und was ihr Lieblingssong ist. Da gehen die Meinungen weit auseinander, es werden viele unterschiedliche Songs in den Youtube-Kommentaren, auf Facebook etc. genannt. Und für mich ist das normalerweise ein Zeichen für ein gutes Album, wenn man nicht nur ein oder zwei bestimmte Songs nennt. Fast jeder Song ist der Lieblingssong von jemand, daher denke ich, wir haben ein Album mit vielen starken Momenten kreiert.
Das sehe ich genauso! Bei jeder Single dachte ich: "Das ist mein Lieblingssong", doch insgesamt fällt kein Song wirklich ab, auch wenn mein Lieblingssong wohl doch 'When Silence Speaks' ist. Ich liebe da Mikaels klaren Gesang und habe mir immer ein Album gewünscht, wo er nur klar singt.
Oh ja, mir geht es auch so. Dieses Album war vermutlich die größte Herausforderung für Mikael (Stanne, Gesang), da er noch nie über ein ganzes Album hinweg mit Klargesang gesungen hat. Daher hatte er wohl ziemliche Angst vor der Produktion (schmunzelt). Als wir die Show in Finnland beim "John Smith Rock Festival" gespielt haben, hat er ein paar Minuten vor der Show gesagt, dass es die erste Show wäre, wo er normal singen müsste (lacht)! Das war ein weiterer furchtbarer Moment für ihn. Dann hatten wir ein 5-Song Akustikset als Promo bei Orchard Distribution in New York gemacht, da sie unser Album in den USA und Nordamerika verlegen. So war das dann sein zweites Mal und dann auch noch akustisch! Und auch da hatten wir kaum Zeit zu proben, wir sind das mal eine Nacht davor in einem absolut ranzigen Proberaum schnell durchgegangen. Da lag schon eine Menge Gefahr in der Luft, aber wir haben das gut hinbekommen, denke ich (schmunzelt). Aber das war das zweite Mal für ihn als ein anständiger, melodisch singender Sänger; das war eine sehr nervenaufreibende Zeit für ihn.
Dann erzähle doch bitte mal, wie du das Songwriting angegangen bist. Du bist ja auch einer der Hauptsongwriter bei AMORPHIS. Hattest du bereits Songs in der Hinterhand oder hast du ganz von vorn angefangen?
Die meisten Songs habe ich von Grund auf neu geschrieben, außer 'In Darkness'. Den Song habe ich bereits ca. 2011 geschrieben, aber ich habe keine Band gefunden, wo dieser Song gepasst hätte. Ich wollte auch erst eine neue Crossover-Band gründen, wo ich Songs in dem Stil schreiben wollte, doch letztlich war ich dann zu faul und Markus (Vanhala, Gitarre) zu beschäftigt, also ist da nichts passiert. 'In Darkness' ist also der einzige Song, den ich aus den Archiven ausgegraben habe. Ansonsten ist da meine Vorgehensweise beim Songwriting sehr ähnlich, wie ich bei AMORPHIS schreibe. Ich versuche einfach, meinem Instinkt zu folgen und wenn ich eine Idee wirklich liebe, höre ich es mir immer wieder an und dann muss ich mir nur selber sagen, dass es gut genug für eine Band ist (schmunzelt). Für CEMETERY SKYLINE hat es mir viel Spaß gebracht, da es keinerlei Grenzen gab und ich noch nie derartige Musik geschrieben habe. Vielleicht habe ich ähnliche Songs in der Vergangenheit bei der Produktion von AMORPHIS-Alben reingeworfen, aber sie wurden dann nie vernünftig produziert, da sie nie genug Metal waren, zu poppig oder vielleicht auch zu rockig. Doch nun hatte ich freie Hand beim Songwriting, da wir nicht wirklich wussten, was wir da eigentlich machen. Wir wollten einfach Musik schreiben, welche die klassischen Bands wie TYPE O NEGATIVE, PARADISE LOST, THE SISTERS OF MERCY oder DEPECHE MODE ehrt. Letztlich hatten wir dann sehr viele Songs, vielleicht über 20 Stück. Wenn sich ein Song nicht wirklich weiterentwickelt hat, haben wir den beiseitegeschoben und er ist im Demo-Stadium geblieben. In den frühen 2000er Jahren hatte ich eine andere Band namens VERENPISARA, mit der wir vier Alben veröffentlicht haben. Da gab es ein paar Ähnlichkeiten, zumindest die Schlichtheit der Kompositionen, da gab es keine technischen Elemente oder Gitarrenriffs oder Extreme-Drumming. Doch es war etwas Neues. Aber eigentlich schnappt man sich nur sein Instrument und versucht, es so gut wie möglich für dich selbst klingen zu lassen und dann zeigst du das Ergebnis den anderen Leuten in der Band. Und so ist das bei uns abgelaufen.
Es ist spannend, wenn ich das Album höre, habe ich mir bei Songs wie 'The Darkest Night' oder 'Never Look Back' gedacht, manche Parts könnten auch von AMORPHIS sein, daher mussten diese Songs von dir sein.
Das freut mich zu hören, dass man es hört, wer welchen Song geschrieben hat. Markus und ich haben da definitiv unseren eigenen Stil. Das ist auch ein guter Startpunkt für ein weiteres Album. Und mal schauen, eventuell steuern die anderen Jungs auch etwas bei. Victor (Brandt, Bassist) hatte ein paar Sachen ausprobiert, aber zu dem Zeitpunkt waren wir bereits sehr weit in der Produktion vorangeschritten und zu viele Songs waren noch in der Warteschlange. Aber vielleicht beim nächsten Album, sag niemals nie.
Ihr beide seid gute Songwriter, es könnte also durchaus schlimmer sein.
Da hast du Recht, es kann Abwechslung reinbringen, wenn man viele unterschiedliche Komponisten hat. Allerdings ist es nicht immer etwas Gutes, wenn man viele Komponisten hat, da kann auch ein chaotisches Produkt dabei herauskommen. Doch jetzt haben wir eine klare Vorstellung davon, was CEMETERY SKYLINE ist oder vielleicht sogar sein könnte in der Zukunft. Letztlich ist Mikaels Stimme der rote Faden, der die ganzen unterschiedlichen Songs zusammenfügt wie z.B. 'When Silence Speaks'. Das ist so eine langsame Ballade, fast schon ein Walzer – und dann 'Violent Storm', die beiden Songs sind schon sehr unterschiedlich. Da bin ich sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Es gab da Bedenken in der Band, gerade weil wir so viele unterschiedliche Songs hatten. Das Album klingt sehr gut produziert, aber dennoch ist da noch etwas Raues zu finden, da wir keinen externen Produzenten hatten, der die ganzen Ecken und Kanten abgeschliffen hat, die man auf dem Album noch findet. Nur mit Alexander Backlund, der das Album abgemischt hat, haben wir uns regelmäßig ausgetauscht. Die weiblichen Backingvocals sind z.B. nicht nur da, um den Sound aufzupeppen, man soll sie auch hören.
Torn Away
https://www.youtube.com/watch?v=1s4LJfnaQdY
Da du Mikael Stanne bereits erwähnt hast: War er eure erste Wahl als Sänger? Gerade weil er ja eher einen Death-Metal-Hintergrund mit DARK TRANQUILLITY und THE HALO EFFECT hat. Woher wusstest du, dass er in der Lage dazu ist?
Das ist eine sehr gute Frage (lacht)! Ich glaube, er war die erste Wahl. Wir haben auch niemand anderes gefragt oder nur darüber nachgedacht. Aber von dem, was Markus und ich von ihm gehört haben, wenn er bei DARK TRANQUILLITY Melodien gesungen hat, war klar, dass es passen musste. Und dann ist er auch noch ein sehr netter Kerl, wir haben in der Vergangenheit sehr viel miteinander getourt und wir sind Freunde. Glücklicherweise hat er ja gesagt, als wir ihn gefragt haben. Aber wir haben gehört, dass er in der Lage ist, diese Art von Musik zu singen und den Gesang beizusteuern, den wir gesucht haben. Er hat das bislang nicht so oft getan, aber jetzt macht er das sehr oft (lacht).
Aber um ehrlich zu sein: Wir wussten nicht, ob er es kann und er wohl genauso wenig. Es war pures Glück. Aber wir wollen da weiter experimentieren und schauen, wo es uns hinführt. Der erste Song, den er gesungen hat, war 'Violent Storm' oder 'Alone Together', glaube ich. Als er die Songs gesungen hat, habe ich sofort gewusst, dass er das schaffen kann. Natürlich haben wir am Anfang noch viel ausprobiert, aber bereits der erste Versuch war so gut, sodass Markus und ich sehr entspannt waren und uns dachten "Heilige Scheiße, das klingt großartig, das könnte funktionieren!" Aber ich bin allgemein froh darüber, dass wir die Leute überraschen konnten, da viele mit einem Death-Metal-Album gerechnet haben.
Ihr seid vermutlich die einzige Band, die vor dem Album-Release eine Show gespielt und dazu noch ein eigenes Bier präsentiert hat. War das geplant, hattet ihr eine Art Masterplan für alles?
Ich glaube nicht, dass es da draußen eine Band gibt, die eine Festivalshow vor 6000 Leuten zum bestmöglichen Zeitslot spielen möchte, bevor irgendjemand das Album gehört hat, so läuft das einfach normalerweise nicht. Also nein, das war kein Teil eines großen Plans. Wir haben nur das Angebot von dem Festival bekommen, ein gutes Angebot. Man hat uns die Ressourcen gegeben, eine anständige Album-Release-Show aufzuziehen, anstatt in einen kleinen Club zu gehen und zu den Göttern zu beten, dass da irgendwer aufkreuzt. Wir waren da sehr glücklich, aber die ganze Idee war einfach total verrückt. Ich habe nie zuvor etwas Vergleichbares getan. Es gab da auch eine Menge Herausforderungen. Wir haben nie alle zusammengespielt, wir haben das Album jeder für sich aufgenommen. Das erste Mal haben wir uns alle bei dem Videodreh auf dem Friedhof zu 'Violent Storm' getroffen. Und danach waren wir alle mit unseren anderen Bands und dem Touren beschäftigt. Wir konnten also nicht oft proben, z.B. jede Woche. Wir wohnen alle in unterschiedlichen Ländern. Die Woche vor der Show haben wir dann zwei Tage lang geprobt, danach sind wir zu der Brauerei gefahren, um uns das Bier anzusehen, wie du bereits erwähnt hast. Markus hat da noch kleine Verbesserungswünsche an eine kleine Brauerei in Helsinki gemacht, die allgemein so etwas wie eine "Metal-Brauerei" ist, da gibt es Tanks mit einem OMNIUM GATHERUM-Bier, einen mit SENTENCED, an den Rest kann ich mich gerade nicht erinnern. Vielleicht gab es auch einen AMORPHIS-Tank (schmunzelt). Dann hatten wir die Produktion der Show, die Leute von dem Festival haben uns die Möglichkeit gegeben, die Show einmal komplett spielen zu können, um zu schauen, ob das mit dem Licht und dem Backdrop funktioniert. Die Crew vor Ort war deswegen ziemlich gestresst, da wir vorher nie mit ihnen zusammengearbeitet hatten. Das war alles sehr spannend und hat dennoch sehr viel Spaß gemacht. Es ist auch schwer, die ganze Atmosphäre zu beschreiben, da wir alle ein wenig aufgeregt waren und uns ziemlich bange war vor der Show. Keiner hatte die Musik vorher gehört, keiner wusste, wie die Leute darauf reagieren würden. Vielleicht würden sie sogar früher gehen, da wir nach BEHEMOTH die letzte Band an dem Tag gewesen sind. Doch sie sind geblieben und haben auch ein paar Songs wiedererkannt. Das Interesse war doch sehr hoch. Ich finde, die Show war gut und das Feedback hinterher war großartig. Nur war das alles nicht geplant, aber wir hatten es unserem guten Freund Jonne vom "John Smith Rock Festival" versprochen und mussten es dann einfach machen. Ich bin froh, dass wir es gemacht haben, es hätte aber auch komplett nach hinten losgehen können.
Ich habe mir Videos der Show auf Youtube angesehen. Gegen Ende spielt ihr ein Cover von 'I Drove All Night' von ROY ORBISON. Das hat so gut funktioniert, dass ich davon jetzt eine Studioversion möchte.
(lacht) Es war von CYNDI LAUPER! Der Song wurde für ROY ORBISON geschrieben, aber CYNDI LAUPER hat ihn als erstes veröffentlicht. Das wurde weltweit ein großer Hit. Das muss 1988 oder so gewesen sein, ich habe die EP bei mir im Plattenschrank stehen. Ich kann mich allerdings nicht mehr erinnern, was die Idee dahinter war. Wir haben einfach ein mehr Minuten für die Show benötigt. Wir hätten auch das ganze Album spielen können, aber wir haben zwei große Balladen auf dem Album und manchmal will man einfach das Tempo hochhalten. Es war schließlich schon spät und vielleicht wäre das Publikum eingeschlafen, wer weiß. Daher haben wir da nur die flotteren Songs gespielt. Wir haben das 'I Drove All Night'-Cover sogar in einem Studio aufgenommen, aber da sind wir uns noch nicht sicher, was wir damit machen werden. Vielleicht veröffentlichen wir es zu einem späteren Zeitpunkt, da es einfach großartig klingt. Wir haben dennoch ein paar Bonussongs im Ärmel, die wir nicht zurückhalten, da sie qualitativ nicht gut sind, sondern wir wollten ein Album mit zehn Liedern veröffentlichen, also mussten wir vier davon beiseitelegen. Mikael hat diese tatsächlich "aussortiert" und aus den übrigen Nummern das lyrische Konzept erstellt. Da haben wir ihm auch nicht reingeredet und ihm vertraut. Da wir natürlich viel Geld in die ganze Produktion investiert haben, würde es einfach keinen Sinn ergeben, sie nicht zu veröffentlichen. Ausrechnet einer der vier übrigen Songs ist mein absoluter Lieblingssong und wir haben den nicht mal veröffentlicht.
Behind The Lies
https://www.youtube.com/watch?v=NasMtOyj__s
Kommen wir mal wieder zurück zum Album. 'When Silence Speaks' ist einer meiner Lieblingssongs und neulich habt ihr auf euren Social Media-Profilen ein kurzes Video veröffentlicht, was ein wenig genauer auf den Song eingeht. Gerade für dich ist das ja ein sehr persönlicher Song. Erzähl da doch bitte mal ein wenig mehr davon.
Nun, noch persönlicher kann ein Song eigentlich nicht sein. Ich habe den Song in einem Stück geschrieben, als ich einen Anruf von meinem Vater bekommen habe. Das Telefonat startete mit den Worten: "Bad news." Sein Arzt hat ihm gesagt, dass er noch einen Monat zu leben hat. Viel könnte man nicht mehr tun, außer ein paar Kleinigkeiten auszuprobieren. Aber sonst: Das war's, in einem Monat ist alles vorbei. Es war mittags, mitten im Sommer und ich hatte mein Keyboard-Setup aufgebaut. Ich war am Boden zerstört, habe mich aber trotzdem ans Klavier gesetzt und die ganze Komposition von 'When Silence Speaks' geschrieben. Nach etwa einer halben Stunde war der Song grundsätzlich fertig. Dann habe ich das den anderen aus der Band geschickt, die es alle sofort geliebt haben. Später hat Mikael da absolut umwerfenden Gesang beigesteuert. Ich habe ihm nicht die Geschichte hinter dem Song erzählt, da sie zu persönlich ist, aber er hat dann einen Text über Einsamkeit geschrieben, der verdammt großartig ist. Ich bin einfach nur total zufrieden, wie der Song letztlich geworden ist. Und wie du bereits gesagt hast, liebe ich einfach seinen Gesang, da er bei der Nummer sich noch weiter außerhalb seiner eigenen Grenzen wagt, genauso wie ich die Atmosphäre des Songs liebe. Während wir in New York für die Album-Release-Party gewesen sind, hat unsere Plattenfirma eine Idee gehabt, ein weiteres Video für das Album zu veröffentlichen, in dem Fall ein Lyric-Video für 'When Silence Speaks'. Die Idee dafür ist eines Nachts entstanden, als unser Soundtechniker Walzer getanzt hat, in Duff's Alkoholmissbrauch-Center. Das hat der Mitarbeiter des Labels gesehen und gesagt: "Darüber möchte ich ein Video auf einem Friedhof drehen!"
Ich würde jetzt gerne ein bisschen auf die Texte eingehen. Mikael hat gesagt, die Texte handeln von selbst gewählter Einsamkeit. Gerade Finnland, was regelmäßig als "Glücklichstes Land der Welt" ausgezeichnet wird, hat gleichzeitig die höchste Rate an Selbstmorden in ganz Europa. Hast du da eigene Erfahrungen mit Einsamkeit gemacht?
Nun, ich denke, was Mikael damit sagen möchte: Er hat da viele Zeitungsartikel gelesen, vor allem über Schweden. Das gleiche gilt vermutlich auch für Finnland, wie du bereits erwähnt hast. Da gibt es Statistiken, dass wir das glücklichste Land der Welt wären, dennoch haben wir die höchste Suizidrate. Irgendwas stimmt da nicht, keiner weiß, warum. Eventuell hat das was mit der Mentalität zu tun oder der ewigen Finsternis, wenn man den Mitsommer ausklammert. Aber das hat Mikael interessiert. Schweden gilt ja ebenfalls als sehr glückliches Land und dennoch sterben so viele Menschen da alleine und verbringen ihre letzten Lebensjahre allein. Da gibt es etwas, was man, naja, nicht recherchieren kann, das aber – sagen wir mal – besungen werden muss. Für Finnland gilt das Gleiche, denke ich. Aber wir haben auf diese Fragen nicht wirklich Antworten. Warum ist das so? Wir wissen es nicht, er singt darüber und wird dadurch inspiriert. Am Ende kann dann jeder für sich selbst entscheiden, warum es so sein könnte. Ich habe mir die Texte einmal komplett durchgelesen, als wir noch in einem ganz frühen Stadium der Produktion waren und da gibt es eine Menge Geschichten über Einsamkeit, auch über selbstgewählte, Probleme in Beziehungen, Leben mit Widersprüchen, etc. Da gibt es viele Geschichten, mit denen sich die Hörer identifizieren können, zumindest geht es mir so. Viele Texte hätten auch direkt aus meinem Leben stammen können. Dennoch sind die Texte sehr universell und jeder hat ähnliche Erfahrungen gemacht und vielleicht sogar gleiche Gedanken in solchen Situationen gehabt.
Nächstes Jahr werdet ihr im März ein paar Club-Shows in Finnland spielen. Was können die Leute von diesen Shows erwarten?
Aktuell haben wir zwölf Shows bestätigt. Nicht alle davon finden in Finnland statt, aber ich kann da aktuell noch nicht verraten, wo wir überall spielen werden, da einige davon noch nicht angekündigt sind. Aber wir haben eine kleine Club-Tour mit vier Shows in Finnland geplant. Dann sind noch sechs Festivalshows in Finnland bestätigt. Auch haben wir noch ein Festival in den USA ("ProgPower") und wollen schauen, ob wir im Anschluss noch einen Abstecher nach Südamerika machen, da es überhaupt keinen Sinn ergeben würde, wenn zehn Leute aus Skandinavien nur wegen einer Show so weit reisen müssen. Außer wenn man hinterher Urlaub dort machen möchte, aber ich war mittlerweile so oft dort, da brauche ich keinen Urlaub. Aber was können die Besucher erwarten? Nun, wir werden mit großer Wahrscheinlichkeit die "Nordic Gothic"-Songs spielen plus vielleicht noch ein paar andere Sachen. Ich kann mich gerade nicht erinnern, wie lang die Platte eigentlich ist, aber wir spielen ein einstündiges Set, daher müssen wir sehen, wie wir die restlichen Minuten vollkriegen werden (schmunzelt). Für die Club-Shows wollen wir eine sehr stimmungsvolle Atmosphäre erschaffen und nicht nur eine Black- oder Death-Metal-Band fragen, ob sie Support sein möchten. Sondern wir suchen nach einer Band, die ähnliche Vibes wie wir versprühen. Das muss nicht unbedingt ebenfalls Gothic sein, alles, was in einer Form melancholisch und Easy Listening ist, ginge, damit die Konzertbesucher ein großes Gesamtpaket bekommen und nicht nur unser Set, da dieses nicht allzu lang werden wird. Wir haben ja nur ein Album (lacht). Wir werden da viel in die Produktion stecken, mit viel Licht und atmosphärischen Elementen. Wir wollen da einfach gute Promo-Shows spielen, da wir allgemein nicht sehr viel touren werden, da alle aus der Band sehr beschäftigt sind, vor allem Mikael mit THE HALO EFFECT und DARK TRANQUILLITY. Es soll da für die Leute ein entsprechender Gegenwert geboten werden, sich unsere Band anzusehen und sich Gedanken darüber zu machen, ob das was für sie ist – oder eben auch nicht (schmunzelt). Hoffen wir auch mal auf gute Slots bei den Festivals, vor allem um Mitternacht. Hoffentlich müssen wir da nicht um 12 Uhr mittags spielen. Diese Art von Musik muss einfach nachts gespielt werden.
Wie ist deine Verbindung zu Gothic Rock und Goth im Allgemeinen? Du hast gerade erwähnt, vor CEMETERY SKYLINE nie solche Musik gemacht zu haben.
Hm, ich war eigentlich schon immer offen für alle mögliche Musik. Ich war da nie der Typ, der nur in Genres gedacht hat. In den 80ern habe ich viel DEPECHE MODE gehört, THE CURE war da auch sehr präsent, ebenso THE CULT in den 90ern. In meinen Zwanzigern ist dann eine große Gothic-Szene entstanden mit Bands wie PARADISE LOST und natürlich TYPE O NEGATIVE, aber auch aus der Crossover-Szene wie THE KILLING JOKE. Mit meiner alten Band KYYRIA, bevor ich AMORPHIS beigetreten bin, war ich oft in Deutschland. Wir haben da ein Album gemacht und der Manager hat in Berlin gewohnt, also hing ich da manchmal Monate lang dort herum und wir haben all die ganzen Gothic-Schuppen besucht. Ende der 90er kamen dann aus Finnland plötzlich HIM dazu. Wir haben mit HIM sehr oft getourt. HIM hat da sogar meine Band als Support begleitet, in den frühen 90ern (lacht). Das war damals nach der ersten EP von HIM ("666 Ways To Love: Prologue").Wir haben uns gewundert: Wo zur Hölle kommen alle diese Mädels in den Leder-Klamotten her? Was passiert hier? Da waren so viele Frauen bei den Shows. Doch dann wurde uns klar: Das lag an HIM. Ein paar Jahre später, waren HIM nie wieder unsere Support-Band. Im Gegenteil: Wir waren die Support-Band für HIM (lacht). Kurz darauf kamen auch SENTENCED dazu. Mit meiner ehemaligen Band waren wir 7 Wochen in Deutschland für die Albumproduktion und SENTENCED war zu dem Zeitpunkt ebenfalls im gleichen Studio, um das "Down"-Album zu produzieren, das erste mit Ville Laihiala am Gesang. So habe ich SENTENCED sehr früh kennengelernt. Dann gab es noch TO/DIE/FOR aus Finnland und viele andere. Ich habe also schon eine sehr tiefgehende Verbindung zum Gothic Rock – nicht unbedingt zu der Szene, aber auf jeden Fall zu dieser Musik. Die Berührung mit der Szene hat sich dann einfach ergeben, da ich viel Zeit in den einschlägigen Kneipen verbracht habe. Als ich dann 1998 bei AMORPHIS eingestiegen bin, sind wir mit vielen derartigen Bands getourt, auch mit PARADISE LOST. Wir haben da auch viele Gothic-Festivals gespielt, frag mich nicht, warum. Die Musik von AMORPHIS hatte damals nichts damit zu tun. Daher war es letztlich sehr einfach und auch lustig, zu dieser Zeit zurückzukehren und diese atmosphärische Musik zu schreiben, was "Nordic Gothic" tatsächlich auch repräsentieren soll.
Das war doch ein sehr gutes Schlusswort. Kiitos Santeri für deine Zeit!
Danke dir, wir sehen uns!
In Darkness
https://www.youtube.com/watch?v=sC-spq7mE-8
- Redakteur:
- Kevin Hunger