CTULU: Interview mit Mario Dahl und Arne Uekert

29.08.2008 | 11:37

Rüdiger:
Erstmal Glückwunsch zum Deal, den ihr schon nach zwei Demos ergattert habt. Northfire ist ja ein kleines Label, das aber durchaus ein paar coole Bands unter Vertrag hat. Eure ungarischen Labelmates von AETHERIUS OBSCURITAS gefallen mir zum Beispiel sehr gut. Wie kam es zum Deal und wie zufrieden seid ihr bisher mit der Arbeit eures Labels?

Mario:
Danke für die Glückwünsche! Also den Deal haben wir ein wenig über Vitamin B bekommen. Ich kannte den Andi von Northfire schon etwas länger durch meinen Nebenjob bei einem Delmenhorster Mailorder-Versand, der auch auf vielen Festivals einen Verkaufsstand hat. Mit der Zeit habe ich Andi dann besser kennen gelernt und irgendwann habe ich ihm mal unsere Songs zugeschickt. Da ihm unsere Musik wohl gut gefiel, brauchten wir ihn nicht lange bitten. (lacht)
Also zur Arbeit von Northfire muss man zunächst sagen, dass es sich wirklich um ein sehr kleines Label handelt, wo groß angelegte Promo-Aktionen einfach nicht möglich sind. Grundsätzlich sind wir mit der Arbeit von Northfire zufrieden, auch wenn es teilweise hätte besser laufen können bzw. man auch mit wenigen Mitteln etwas mehr hätte machen können. Es sind halt Kleinigkeiten. Das meiste an Promotion ist an uns hängen geblieben, so dass ich für die Festivalsaison z.B. Promo-CDs selbst gebrannt habe und diese an potenzielle Hörer verteilt habe. Dadurch haben wir einige CDs verkauft. Nichtsdestotrotz sind wir Northfire sehr dankbar!

Rüdiger:
Eure noch kurze Karriere läuft jetzt seit knapp vier Jahren. Was waren die bisherigen Höhepunkte und was hat euch in der Zeit am meisten frustriert?

Mario:
Die absoluten Höhepunkte für uns waren unser erstes Konzert in Hamburg im Marx, unser Konzert in Athen mit unseren Freunden KAWIR und ganz klar unser Auftritt beim Paganfest in Bremen mit KORPIKLAANI, ELUVEITIE, TÝR, MOONSORROW und ENSIFERUM! Die Jungs von ELUVEITIE waren echt super freundlich! So soll's im Metal sein. Zudem war es unser erstes Konzert vor so vielen Leuten, so dass es durchaus ein gelungener Abend für uns war. Auch wenn es schade war, dass sehr viele Leute, die uns sehen wollten, von uns nichts gesehen haben, weil wir schon zehn Minuten nach Einlass auf die Bühne mussten und die Securities am Eingang einfach nicht hinterher kamen.

Arne:
Einer unserer Freunde fragte uns, nachdem MOONSORROW die Bühne verlassen hatten: "Wann spielt ihr denn jetzt?"

Mario:
Gleichzeitig haben wir aber auch zum ersten Mal die Erfahrung gemacht, wie es ist, nur eine billige lokale Vorband zu sein. Die Veranstalter von Rock The Nation haben sich nicht an die Absprachen gehalten, die uns vorher per Mail zugesagt wurden, so dass wir weder Getränke noch Essen bekommen haben. Na ja, so ist nun mal das Geschäft. Wird uns vermutlich noch öfters widerfahren. Da muss man wohl durch!
Ein weiteres Highlight war natürlich die Veröffentlichung unserer CD "Freie Geister", welchen wir im Bremer Tower mit einer Release-Party gefeiert haben.

Rüdiger:
Ihr könnt meiner Rezension ja entnehmen, dass mir die immense Veröffentlichungsflut im Metal allgemein und speziell im Black Metal, gewisse Sorgen macht. Nicht weil ich die vielen Bands schlecht finde, sondern weil ich mich einfach frage, wer das alles noch hören und kaufen soll und wie es die vielen talentierten Bands noch schaffen sollen, erhört zu werden. Wie seht ihr das Problem und wie glaubt ihr, dass es euch gelingen wird, unter all den anderen, technisch ebenfalls fast durchwegs kompetenten Bands, bestehen zu können?

Mario:
Es ist natürlich schwierig. Am wichtigsten wird es sein, möglichst viel live zu spielen und einen gewissen Bekanntheitsgrad zu erlangen. Also Liveauftritte sind so ziemlich das Wichtigste! So haben sich schließlich auch IN FLAMES an die Spitze gebracht! Also suchen wir natürlich immer nach neuen Auftrittsmöglichkeiten! Zudem versuchen wir natürlich weiterhin gute neue Songs zu schreiben mit Melodien, die ins Ohr gehen und hoffen einfach, dass es den Leuten gefällt. Wobei wir die Musik auch immer noch für uns machen, weil wir einfach Spaß daran haben! Vielleicht hilft auch noch ein wenig, dass wir live nicht diesen typischen Black Metaller mimen, der mit Corpsepaint immer grimmig auf der Bühne steht.

Rüdiger:
Könnte sein. Obwohl es sonst als Stilelement ja sehr weit verbreitet ist und fast erwartet wird, gibt es deswegen im Black Metal ja oft nicht die Nähe zwischen Bands und Fanbase, die andere Genres auszeichnet. Wo seht ihr die Szene in fünf Jahren? Explodiert, kollabiert, gesundgeschrumpft oder weiterentwickelt? Ein bisschen von allem, oder nichts von alledem? Erzählt bitte über eure Visionen und Perspektiven, für euch als Band und für die (Black-)Metalszene insgesamt.

Mario:
Ich fürchte, es wird irgendwann in den nächsten Jahren zum Kollaps kommen, so lange die großen Festivals wie Wacken immer größer werden und nicht genug bekommen. Viele andere Leute meinen dann, sie können das auch und veranstalten ebenfalls Festivals. Es ist ja mittlerweile schon so, dass es so unmenschlich viele Festivals gibt, dass die Leute einfach nicht mehr wissen, wo sie noch hingehen sollen. Ich denke mal, diverse Veranstaltungen werden an der Festivalflut zu Grunde gehen. Ob das schon in fünf Jahren der Fall sein wird bleibt abzuwarten. Ich hoffe allerdings, dass sich ein Festival wie das "Rage Against Racism" in Duisburg noch lange halten wird. Wo sonst bekommt man coole Bands für lau?

Rüdiger:
Habt ihr ein lyrische Grundausrichtung oder hängen die einzelnen Texte nicht miteinander zusammen. Mit Donar, dem Lichtbringer und den freien Geistern, begegnen uns Heidentum, Okkultismus und Nietzsche. Ihr legt euch demnach nicht auf ein Image und ein Konzept fest, oder?

Mario:
Unsere Texte orientieren sich an der Thematik Chthulus. Chthulu ist ja ein Wesen, das einen ewigen Schlaf hält. Gleichzeitig beeinflusst es die Träume der Menschen. Unsere Texte beschreiben also beispielsweise Situationen bzw. Sachen, die einem in Träumen begegnen können. In unserem Song 'Schatten' heißt es ja 'Nur ein böser Traum, geträumt von der Ewigikeit'. Damit ist letztendlich Chthulu gemeint. Was es definitiv nie in einem CTULU-Song geben wird, sind in irgendwelcher Art und Weise politische Texte!

Rüdiger:
Der muttersprachliche Gesang ist für mich immer was Positives. Egal, woher die Band stammt. Trotzdem: Warum singt ihr auf Deutsch? Könnt ihr euch in der Muttersprache besser emotional ausdrücken, klingt sie besser oder gibt es sonstige Gründe?

Mario:
Wir finden einfach, dass sich manche Dinge auf Deutsch markanter ausdrücken lassen als auf Englisch, Neologismen sind einfach besser zu kreieren (man fühlt sich sicherer), Stilmittel sind viel einfacher bzw. teilweise durch den Variantenreichtum der deutschen Sprache auch komplexer einzubauen. Der viel größere Wortschatz lässt Texte wie 'Nemesis' oder unserer neuen Songs erst entstehen, da man nicht die ganze Zeit an einem Wörterbuch kleben muss. Es ist einfach besser möglich, komplexe Texte zu erstellen, und es passt letztendlich besser zu unserem Sound. Oft wenn ich Bands aus Ländern wie Lettland, Polen, Russland höre, versteht man zwar kein Wort, aber es hört sich einfach uriger, mit der Musik verwachsener an, als wenn man den üblichen Satan-Darkness-Evil-Death-Text ausgepackt erfahren muss. Sprache, besonders im Black Metal, die man nicht versteht, macht meiner Meinung nach für sprachfremde Hörer extrem viel Mystik und Atmosphäre aus und ist letztendlich für mich auch oft eine Anstachelung, mich mit Kultur und Sprache des Landes auseinander zu setzen.

Arne:
So kam ich z.B. dazu, Kyrillisch zu lernen, jetzt kann ich's zwar lesen, aber nicht verstehen. Wird mir vielleicht noch mal helfen, wenn ich besoffen am Roten Platz verloren gehe, haha.

Mario:
Und da auch fast jede Band Englisch singt, hilft es vielleicht ein wenig aus der Masse herauszukommen. Und hey, wir sind nun mal Deutsche und diese Sprache beherrschen wir und können uns damit am besten ausdrücken. Man könnte fast sagen: "Warum kompliziert, wenn's auch einfach geht?" (lacht)

Rüdiger:
Warum fehlen die Hs im Bandnamen? Eine apokryphe Schreibweise des Herrn
Cthulhu, namensrechtliche Gründe oder ein tieferer Sinn?

Mario:
Es gibt viele verschiedene Schreibweisen. Mit Hs, mit einem H, mit K, mit KA usw... Da wir aber nirgends eine Schreibeweise CTULU im Netz gefunden haben und wir jeglichen Rechtsstreitereien aus dem Weg gehen wollten, haben wir diese Variante gewählt. Also kein tieferer Sinn oder so, einfach nur Absicherung.

Rüdiger:
Die bei "Newcomern" obligatorische Frage nach den Haupteinflüssen bleibt euch nicht erspart. Wer hat euch also hauptsächlich inspiriert?

Mario:
Naja, DISSECTION-Einflüsse lassen sich wohl nicht von der Hand weisen! (lacht) Aber das muss ja auch gar nicht! DISSECTION haben sehr geniale Musik gemacht, von der wir eigentlich alle in der Band großer Fan sind. Aber auch andere Bands haben uns beeinflusst bzw. inspiriert, Black Metal zu spielen. NAGLFAR, MAYHEM, DARK FUNERAL, MARDUK usw. Wir alle mögen diese Bands und spielen deshalb Black Metal. Allerdings spielen wir ihn so, wie wir ihn am liebsten hören! Wir versuchen nicht irgendeiner Band irgendwie nachzueifern, oder so zu klingen wie diese. Wenn uns ein Riff, eine Melodie gefällt, wird's verarbeitet.

Rüdiger:
Von wem stammt euer Bandlogo? Sieht klasse aus.

Mario:
Danke, danke! Das hat unser Gitarrist Mathias gestaltet, der auch das Cover und Booklet für unser Album gestaltet hat.

Rüdiger:
Die Assoziationen-Kiste. Was fällt euch zu den folgenden Stichworten ein? Einfach kurz ein paar Worte!

Mario:
"Black Metal":
Gibt viel richtig Gutes, aber auch sehr viel Müll, der es nicht verdient hat, auf Tonträger verewigt zu werden. Ach ja, und ganz viele Pandas fallen mir da ein. (lacht)

"DARKTHRONE":
Haben noch nie was von Sound gehört, aber die Jungs sind mit Sicherheit sehr cool drauf!

"Quorthon":
Rest in Peace! Genialer Musiker gewesen! Sein Vater ist auch sehr cool, durfte mal in Wacken für ihn arbeiten!

"King Diamond":
GOTT! Er sollte mal wieder MERCYFUL FATE reaktivieren! Das wäre mal ein Traum, mit ihm spielen zu dürfen!

"MANOWAR":
Other Bands play, MANOWAR talk! GEHT GAR NICHT!

"Georgien & Russland":
Die spinnen die Russen...

"Interviews":
Bislang sehr wenige, werden hoffentlich mehr!

Rüdiger:
Was steht als nächstes an? Liveauftritte, Songwriting, Aufnahmen...

Mario:
Wir stecken mitten im Songwriting für unsere neue Scheibe. Drei Songs haben wir auch schon komplett fertig, welche wir in den nächsten Tagen/Wochen wieder für 'ne Demo aufnehmen werden, um uns langsam auf die Suche nach einem neuen Label zu machen.
Zudem stehen im September endlich wieder Konzerte ins Haus mit Auftritten in Köln, Aachen und auf dem Pest-Fest. Im November dann noch Konzerte in Bremen, sowie in Hamburg zusammen mit AEBA. Für nächstes Jahr sind auch schon einige Konzerte sowie eine Tour in Planung, aber bis auf ein weiteres Konzert im Marx in Hamburg und ein Festival in Bremen, steht noch nichts wirklich fest. Wir hoffen natürlich, nächstes Jahr auf einigen Festivals spielen zu dürfen! Was wir unbedingt nächstes Jahr verwirklichen wollen, ist ein Konzert im Saarland, da wir dort einige Freunde haben und im Saarland einiges an Metal abgeht. Ach ja, ein kurzer Abstecher nach Italien ist ebenfalls fürs nächste Jahr geplant. Es gibt also genug zu tun!

Rüdiger:
Sonst noch was, das ihr loswerden möchtet?

Mario:
Wir danken allen Bands (insbesondere SYCRONOMICA und COMMANDER), die bisher die Bühne mit uns geteilt haben und hoffen, dass deren Zahl noch weiterhin gut ansteigt!

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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