ENEMYNSIDE: Interview mit Thrasher
01.01.1970 | 01:00ENEMYNSIDE nennt sich eine sehr hoffnungsvolle Speed-Band aus dem Land der Pizza und des fußballerischen Abwehrriegels. Deren Debüt "Let The Madness Begin" böllert mit allerfeinstem Achtziger-Thrash sämtliche Sinneswahrnehmungen ins komatöse Alltagserleben und fräst sich mit tighten Melodien und griffigen Hooklines ins Langzeitgedächtnis ein. Selten habe ich einen Newcomer mit so viel Selbstbewusstsein gestandene Acts wie METALLICA, MEGADETH und IRON MAIDEN zitieren hören, ohne dass dabei die eigene Note vernachlässigt wird. Das allein rechtfertigt ein kurzes Wortintermezzo mit ENEMYNSIDEs Saitenhexer Thrasher, der seinen Beinamen nicht umsonst trägt.
Alex:
Moin Thrasher! Zunächst mal kannst du mir ein wenig über ENEMYNSIDE erzählen. Mich würden vor allem eure Roots interessieren.
Thrasher:
Hi Alex! Die Band schloss sich 1994 zusammen und wurde in Rom von Francesco Cremisini (guitar, vocals) unter dem Namen SCAPEGOAT ins Leben gerufen. Ich stieß 1997 zur Truppe, als der Urgitarrist wegen zeitlichen Gründen die Segel strich. Unter dem Banner SCAPEGOAT veröffentlichten wir im Jahr 1998 das Demo "Scars" und direkt danach benannten wir uns in ENEMYNSIDE um. Vor unserem Erstling "Let The Madness Begin" haben wir noch zwei weitere Demos unters Volk gebracht: "From The Cradle To The Way" aus dem Jahr 2000 und "Violent Beats" 2001. Von Beginn an waren unsere Roots fest in der Hand des Achtzigerjahre-Metal und IRON MAIDEN, die frühen METALLICA, MEGADETH, ANTHRAX, EXODUS und TESTAMENT gaben und geben uns immer noch unser Gesicht.
Alex:
Meiner Meinung nach vereint "Let The Madness Begin" moderne Death-Metal-Elemente der Marke IN FLAMES mit den ganz frühen METALLICA-Scheiben und setzt der flott melodisch thrashenden Chose eine clean gesungene Krone auf. Würdest du mir in meiner Meinung beipflichten?
Thrasher:
Wir begannen damit, Thrash Metal mit allen möglichen Einflüssen zu paaren. Einige Demos und einige Zeit später verwoben wir diese Einflüsse mit unserer persönlichen Vision von Musik. Wir legten all unsere Konzentration in von uns scherzhaft genannte "Master-Riffs", die dir sofort ins Gesicht springen und die Sache gleich zu Beginn klarstellen sollen. Bei Songs wie zum Beispiel 'Suddenly Mad' und 'Ex-X-Es' ist das wunderbar gelungen. Wir lieben es, powervolle und melodische Riffs zu kreieren. Ich denke aber, dass wir eher in Richtung AT THE GATES oder THE HAUNTED tendieren als zu IN FLAMES, die ich persönlich nicht sonderlich mag. Ich stehe eher auf DARKANE, frühe SOILWORK und THE HAUNTED.
Alex:
Die Musik, die Arrangements und auch die Produktion sind sehr professionell ausgefallen. Wie lange habt ihr mit aller Macht probiert, bei einem Label unterzukommen und dem Underground zu entfliehen?
Thrasher:
Zunächst mal danke für die Komplimente! Seit dem Release von "Scars" im Jahr 1998 bombardieren wir die Labels mit unserem Material und probieren uns so gut es geht selbst zu promoten. 1999 ergatterten wir dann einen Deal mit Modern Music, die das Sonicattack-Projekt aus der Taufe hoben. Dabei bezahlt ein User für ein Onlineportal (Sonicattack) einen bestimmten Betrag und darf sich dann eine bestimmte Anzahl MP3 runterladen. Aber es kam, wie es kommen musste. Das Projekte konnte solchen Sharing-Riesen wie Napster oder Audiogalaxy nicht standhalten. Nach einigen Monaten war die Sache schließlich gelaufen und wir bewarben uns erneut flächendeckend. Wir hatten dann einigen Kontakt mit Indielabels, unterschrieben aber letztendlich einen Kontrakt mit Temple Of Noise Records.
Alex:
Kannst du ein wenig Licht in die lyrische Seite ENEMYNSIDEs bringen?
Thrasher:
Francesco bevorzugt persönliche Themen und Sachen, die ihn im Alltag berühren. Er vermeidet aber politische Texte und religiöse Angelegenheiten. Er möchte keinem seine Meinung aufdrücken und spart Statements jeglicher Art aus.
Alex:
Euer Debüt knallt recht gut und klingt ganz schön scharf. Lediglich im Bassbereich fehlt mir etwas der Arsch. Ist "Let The Madness Begin" noch eine Eigenproduktion oder habt ihr einen externen Soundverantwortlichen gehabt?
Thrasher:
Die Scheibe ist nicht eigenproduziert worden. Wir haben sie unter der Mithilfe von Christian Ice aufgenommen, dem Sound-Engineer der "Temple Of Noise"-Studios. Mit den Bassaufnahmen hatten wir ganz schöne Probleme zu bewältigen, da Alberto mitten in seinen Basstakes gefeuert wurde. So kommt es, dass Alberto einige Spuren auf der Scheibe hat, ich einige und Francesco auch ein paar beigetragen hat.
Alex:
Das Coverartwork von "Let The Madness Begin" ist sehr futuristisch und abgefahren. Wer hat's gezeichnet?
Thrasher:
Das Bild ist von Jerry Sandefur, den wir beim Surfen im Netz entdeckt haben. Nach Sichtung seiner Kollektion haben wir uns dann für dieses Motiv entschieden. Wir lieben die Farben und die technoide Atmosphäre des Covers, die eine perfekte Symbiose mit dem Madness-Konzept und dem Thrash des Albums eingeht.
Alex:
Die italienische Szene schwemmt nur alle Schaltjahre eine wirklich Erfolg versprechende Thrash-Band an die Oberfläche. Wie sieht es derzeit in eurer Metalszene aus, explizit im Underground?
Thrasher:
Es sieht für härter geartete Bands gar nicht so schlecht aus. Wir halten engen Kontakt mit anderen Thrash-Acts wie RAINSPAWN, KISS OF DEATH, NAMELESS CRIME oder GOTHA. Es überwiegt aber klar der Death und Power Metal. Keine Ahnung, warum das so ist.
Alex:
Euer Debüt brezelt unter Volldampf über die Spielzeit. Warum nicht öfter mal langsamer?
Thrasher:
Für die Aufnahmen von "Let The Madness Begin" haben wir uns nur die schnellsten Songs ausgesucht, weil wir für unseren Einstand erst mal unsere Killerseite zeigen wollten. Ich bin der totale Speedfanatiker und liebe es, live solche Granaten wie 'Speed Killing' oder 'Hatestone' in die Menge zu feuern. Wir haben auch einige langsame Sachen und Midtempo-Stampfer am Start. Aber fürs Erste gibt's mal was mit dem Flitzefinger auf den Arsch.
Alex:
Thrash Metal hat generell eine sehr rebellische Ausstrahlung. Was ist deine Lebenseinstellung?
Thrasher:
Ja, ich bin sehr rebellisch und rüde, genau wie die Musik, die mache. Ich hasse es zu arbeiten und ich liebe es, auf der Straße zu leben und so viel zu trinken wie eben reinpasst. Das ist der Weg, mich glücklich zu machen und mich selbst zu verwirklichen. Keine Gesetze und keine Grenzen, einzig Musik und Auftritte!
Alex:
Was willst du mit ENEMYNSIDE erreichen?
Thrasher:
Wir wollen einen unwiderstehlichen Mix aus kraftvoller Rhythmik, Powerriffing und catchy vocals kreieren und etablieren, der nach dem ersten Hörer nicht mehr aus der Birne geht. Wir hassen Klischees, versuchen unsere roots mit Kreativität und Innovation zu mischen und nicht einzig in der Vergangenheit stehen zu bleiben.
Alex:
Wer schreibt bei euch die Songs?
Thrasher:
Francesco und ich! Wir spielen die Grundideen meist mit Hilfe eines Drumcomputers ein und stellen dann die Demos im Proberaum vor. Dann spielen wir die Songs ein und arbeiten sie mit der kompletten Band aus.
Alex:
Wie sieht es 2004 mit Livegigs aus? Ist in Deutschland etwas geplant?
Thrasher:
Wir spielen am 14.08.2004 das Metal Dose Fest in Slowenien, auf dem unter anderem auch TANKARD und SOUL REAPER auftreten werden. Für die Zukunft sind Gigs in Italien und Umgebung in Planung. Wahrscheinlich werden wir Slowenien, Kroatien und Österreich betouren und wir hoffen, dass auch Gastspiele in Griechenland und Deutschland möglich sein werden. Wir arbeiten daran.
Alex:
Danke für das Interview, Thrasher. Seht zu, dass es mit den Deutschland-Dates etwas wird. Letzte Worte?
Thrasher:
Danke dir auch vielmals für die Chance, die Band in Deutschland vorzustellen. Wenn jemand an ENEMYNSIDE interessiert sein sollte, kann er sich in der Soundsektion unserer Homepage http://www.enemynside.com einige freie MP3 unseres Debüts saugen. Ihr dürft uns auch gerne über band@enemynside.com ein paar Takte schreiben. Alle Mails werden beantwortet. Thrash on!
- Redakteur:
- Alex Straka