FIREWIND: Interview mit Gus G.
08.05.2020 | 19:47GUS G. machte in den letzten Jahren speziell durch seine Gitarrenkünste bei einem gewissen OZZY OSBOURNE von sich reden. Doch dabei darf man nicht vergessen, dass seine Hauptkapelle FIREWIND es auf bis dato stolze acht Alben brachte. Und nach dem letzten Langeisen "Immortals" ist speziell in den letzten sechs Monaten einiges bei den Griechen passiert. Und jetzt steht mit "Firewind" auch das selbstbetitelte, neunte Album in den Startlöchern. Darum baten wir den sympathischen Gitarrenvirtuosen zum Gespräch.
"Es fühlt sich gut an, endlich mit der Arbeit am neuen Album am Ende zu sein. Es war eine recht komplizierte Sache zum Ende hin, aber nach all dem positiven Feedback seitens der Presse scheint es so, als hätten wir die richtigen Entscheidungen getroffen." Und eine Entscheidung betraf die Sängerfrage, nachdem mit Henning Basse ein recht bekanntes Gesicht den Posten bei FIREWIND quittiert hat. "Die Situation mit Henning war seltsam. Als wir die Musik zum neuen Album im Kasten hatten, kam danach einfach nicht mehr viel von ihm. Vielleicht war er nicht so in der Materie drin. Hinzu kamen noch leichte gesundheitliche Probleme. Als es dann vor einigen Monaten mit QUEENSRYCHE durch Europa ging, habe ich gemerkt, dass wir nicht mehr genau auf einer Ebene sind, und er selbst war sich aufgrund seines Gesundheitszustands auch nicht mehr sicher wie es weitergehen soll. Als wir dann wieder daheim waren, mussten wir einfach eine Entscheidung treffen. Schließlich stand in den Staaten die Tour mit SYMPHONY X an. Also haben wir uns dazu entschlossen, mit einem anderen Sänger weiterzumachen." Da stellt sich natürlich die Frage, wie der Kontakt zustande kam und wie der gute Gus auf Herbie aufmerksam wurde. "Ja, die SINBREED-Sachen gefallen mir auch noch immer richtig gut. Ich habe sie das erste Mal vor acht, neun Jahren gehört und dachte damals schon, dass er eigentlich richtig gut zu FIREWIND passen würde. Danach ist die Spur aber etwas im Sande verlaufen. Ich fragte dann vor wenigen Monaten bei AFM Records an und als Herbies Name fiel, habe ich mir natürlich meine Gedanken über ihn als möglichen Nachfolger gemacht. AFM Records hat dann den Kontakt hergestellt und ich sagte ihm, dass ich Interesse hätte, ihn bei FIREWIND zu sehen. Und da er auch interessiert war, führte eins zum anderen. Jetzt hatten wir allerdings einen sehr engen Zeitplan. Die Lyrics, Vocallines, die Aufnahmen sowie der Mix, das alles passierte innerhalb von wenigen Wochen. Es war schon eine verrückte Zeit, aber er hat einen tollen Job gemacht."
Nach Henning kommt mit Herbie bereits der zweite FIREWIND-Sänger aus Deutschland. Wir stellten Gus die Frage, ob alle großen Sänger aus Deutschland stammen. "Ich bin mir nicht sicher, ob es das Land der besten Metalsänger ist, aber es gehört auf jeden Fall zu denjenigen. Zweifellos kommen sehr viele tolle Sänger aus Deutschland. Und auch recht einzigartige wie Udo Dirkschneider oder Michael Kiske. Einer meiner Lieblingssänger ist beispielsweise Klaus Meine, haha. Er hat schon eine recht einzigartige Stimme, ich mag ihn. Und man muss auch sagen, dass die SCORPIONS für den Rock und Metal enorm viel geleistet haben." Kommt dieser Draht zu Deutschland denn von ungefähr oder steckt etwas Spezielleres dahinter, Gus? "Natürlich habe ich eine besondere Beziehung zu Deutschland. Herbie ist unser zweiter Sänger aus Deutschland, viele aus der Crew kommen aus Deutschland. Und Backstage wird sogar das eine oder andere Wort auf Deutsch gewechselt, das ist schon recht cool, hehe. Damals waren wir ja auch bei Century Media aus Dortmund unter Vertrag und die deutschen Fans gehören ja eh zu den loyalsten Metalfans. Und wenn man sieht, wie lange sie uns schon die Stange halten, ist das schon sehr schön. Als wären wir gemeinsam mit den Fans groß geworden. Mit der Zeit erinnert man sich natürlich auch an das eine oder andere Gesicht in den Reihen."
Kommen wir also zu dem, was sich besagte Fans am sehnlichsten gewünscht haben - dem neuen Album. Wie viele Monate Arbeit hat "Firewind" auf dem Buckel? "Nun, die Drums haben wir letztes Jahr im August eingespielt. Der Songwriting-Prozess ging natürlich schon früher los. Da ich eigentlich immer schreibe, ist es schwierig, einen genauen Zeitpunkt festzulegen. Manchmal schreibe ich ein Riff, manchmal gewisse Songfragmente und ab und an auch direkt einen kompletten Song. Und nach einer Weile höre ich mir alles noch einmal an und entscheide dann, ob man es gebrauchen könnte. So bleibt man in jedem Falle kreativ, die Ideen gehen mir eigentlich nie aus. Beendet haben wir unsere Arbeiten dann im Februar, haben also etwas mehr als ein halbes Jahr an "Firewind" gearbeitet." QUEENSRYCHE hat es vor einigen Jahren vorgemacht und noch nach so vielen Jahren ein selbstbetiteltes Album veröffentlicht. Wir fragten Gus nach seinen Hauptgründen hierfür. "Weißt du, wir haben so viele Situationen gemeistert. Und als dann Herbie zu unserer Band stieß, war das eine Art Weckruf, fast schon wie ein Neuanfang. Man könnte zudem sagen, dass das Album viele Elemente und Ideen unserer vorherigen Alben beinhaltet. Das ist nun unsere neunte Scheibe, insofern macht es durchaus Sinn, gerade zum jetzigen Zeitpunkt eine selbstbetitelte Platte herauszubringen. Manchmal muss man einfach von neu auf anfangen. Dieses neue FIREWIND-Kapitel fühlt sich einfach frisch und richtig an in Anbetracht der Tatsache, wie sich alles gefügt hat."
Gehen wir noch etwas tiefer in die "Firewind"-Materie und vergleichen die neuste Platte mit dem Vorgänger von 2017. ""Immortals" mag ich noch immer sehr gerne, aber es ist ein komplett anderes FIREWIND-Album. Es hatte vermehrt epische Parts und war in sich bekanntlich ein Konzeptalbum. Hinter "Firewind" verbirgt sich aber auch ein kleines Konzept, eine Art Trilogie bestehend aus 'Orbitual Sunrise', 'Longing To Know You' und 'Space Cowboy'. Erzählt wird eine kleine Sci-Fi-Geschichte über einen Astronauten, der zu seiner Mission fliegt. Es geht um seine Gedanken über die Reise, die Menschheit, seine Gefühle, auch seine Frau und seinen ungeborenen Sohn zurückzulassen. Speziell 'Orbitual Sunrise' hat einen leicht melancholischen Beigeschmack. Bei dem Anblick der Erde vom Weltraum aus kann man sich schon die Frage stellen, warum die Menschheit diesen schönen Planeten zerstört."
Und wie sieht es musikalisch aus? Was ist der Kerngedanke der neuen Scheibe? "Grundsätzlich ist das Album recht abwechslungsreich geworden und erinnert mich in diesem Punkt ein wenig an das "Forged By Fire"- oder "Allegiance"-Album, wo wir vom Hard Rock bis zum Power Metal fast alles verarbeitet haben. Und da diese Alben unseren Durchbruch markierten, denke ich auch noch häufig an die beiden und damit den ursprünglichen FIREWIND-Sound zurück." Mit 'Rising Fire' wurde auch schon die erste Single ausgekoppelt. Würde Gus denn auch so weit gehen und diesen Track als stellvertretend für die komplette Scheibe sehen? "Nein, soweit würde ich nicht gehen, da - wie du schon sagtest - das Album ungemein abwechslungsreich ist und es eben sehr viel zu entdecken gibt. 'Rising Fire' klingt beispielsweise komplett anders als 'Welcome To The Empire', das wir als nächstes als Single veröffentlichen möchten. Und die beiden klingen wiederum anders als 'Space Cowboy', ein eher klassischer Hardrock-Song, oder 'Break Away', das auch wieder in eine vollkommen andere Richtung geht. All die verschiedenen Dinge, die uns schon in der Vergangenheit ausgemacht haben, kommen auch auf "Firewind" wieder."
GUS G. ist ein Workaholic. Davon können OZZY OSBOURNE, DREAM EVIL, ARCH ENEMY und eben FIREWIND ein Liedchen singen. Doch auch solo hat der Grieche schon drei Alben auf der Habenseite. Ist da etwa schon das Vierte in Planung? "Momentan gibt es noch keine konkreten Pläne in diese Richtung. Dafür bin ich mit FIREWIND noch viel zu beschäftigt, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die nächste Solo-Scheibe ein Instrumentalalbum werden könnte. Es ist interessant, wenn es mal etwas komplett anderes ist, etwas, was man auch deutlicher von FIREWIND abgrenzen könnte. Das ist momentan aber nur eine lose Idee, um ehrlich zu sein."
Selbstverständlich macht die derzeitige Situation vor niemandem Halt. Was steht dennoch bei FIREWIND in den kommenden Monaten an? "Zur Zeit können wir nur daheim bleiben, werden aber noch die eine oder andere Single veröffentlichen und selbstverständlich mit unseren Fans in Kontakt bleiben. Nebenbei versuchen wir, die geplanten Auftritte dann auf 2021 umzubuchen, und versuchen, das Beste aus der Situation zu machen. Natürlich hoffen wir, so schnell, aber so sicher wie nur möglich, mit dem Album aufzutreten, aber es ist eine sehr unsichere Zeit, in der wir momentan leben. Abwarten und Tee trinken."
Und das machen wir am besten mit einer ordentlichen Portion Melodic Power Metal made by FIREWIND.
- Redakteur:
- Marcel Rapp