Gruppentherapie: DEAD LORD - "Heads Held High"
30.09.2015 | 15:06Ist der unbestreitbare Hype um DEAD LORD (noch) gerechtfertigt? Auch POWERMETAL.de hypt ja kräftig mit. Das Debütalbum "Goodbye Repentence" aus dem Jahre 2013 schlug kräftig ein und wurde u.a. hier bei uns Soundchecksieger. Dieses Mal reichte es nur zum dritten Platz und dass der "Heads Held High" betitelte Zweitling nicht ganz so stark ausgefallen ist, darüber besteht auch weitgehend Einigkeit. Was die Scheibe dennoch zu einem Schmeckerchen für Retro- und Hard-Rock-Fans macht, das könnt ihr hier nachlesen.
Klassischer Hard Rock ist ein Genre, das vor 35, 40 Jahren schon bestens funktioniert hat und heutzutage dank Bands wie BLACK STAR RIDERS, THE ANSWER, AUDREY HORNE oder eben DEAD LORD immer noch hoch im Kurs ist. Obwohl "Goodbye Repentance" weiterhin unübertroffen ist - die damalige Magie war fast schon umwerfend - schaffen es die Schweden, die Energie und Intensität auch zwei Jahre später noch einmal aufzurufen und mit "Heads Held High" ein tolles Rockalbum an den Mann zu bringen. Kalt wie eine Hundeschnauze, harmonisch und melodisch, ohne dabei jedoch die nötige Härte außer Acht zu lassen: Dieses Rockalbum hat einiges zu bieten. Die Melodien haften sich nach gewisser Zeit fest, die Riffs, speziell von 'Cold Hearted Madness' und 'Don't Give A Damn', treten ordentlich in die vier Buchstaben und mit 'No Regrets' und 'Ruins' hat DEAD LORD im weiteren Verlauf sogar astreine Hits im Gepäck. Zugegeben, der Band geht ab der Plattenhälfte allmählich die Luft aus, das Level kann der Schwedenhappen also nicht vollends durchhalten, doch das, was er macht, macht er mit Leidenschaft und Herzblut. Vielleicht würde ich "Heads Held High" in der Nachbetrachtung noch einen halben Punkt mehr zuschreiben. Doch vielleicht ist dies an Anreiz für die Band, auch ab der Plattenmitte hin noch einige Asse aus dem Ärmel zu schütteln.
Note: 7,5/10
[Marcel Rapp]
Was die Kollegen bereits mehrfach erwähnten, kann ich nur bestätigen: DEAD LORD rockt auch auf dem Zweitling in einer ganz eigenen mlodisch-warmen Liga. Dass THIN LIZZY hier mehr als nur Pate stand, verleugnet die Band auch gar nicht erst, sondern spielt beherzt den Iren nach. Was "Heads Held High" aus der Masse der Retrorock-Alben hervorhebt, sind jedoch die Songs. Denn was der tote Lord anfasst, wird zu einem Hit. Das coole 'Don't Give A Damn' sticht dabei auch mit seinem Text heraus, 'Cold-Hearted Madness' ist ebenfalls super und eigentlich auch alle anderen Lieder. Bei mir sind die Refrains dieses Mal sogar etwas schneller hängengeblieben, als noch beim famosen Debüt. Ob das auf lange Sicht ein Vor- oder Nachteil ist, wird sich zeigen. Dennoch bleibt es auch im Jahr 2015 ein Fakt, dass THIN-LIZZY-Fans im Besonderen und Hard-Rock-Fans im Allgemeinen nicht an DEAD LORD vorbeikommen und die Truppe am Besten auf der aktuellen Tour mit AUDREY HORNE und DEAD CITY RUINS live besuchen sollten, denn da rockt die Band noch mehr als auf Platte.
Note: 8/10
[Raphael Päbst]
Das Thema ist nicht neu. Wenn eine Band ein Hammer-Debüt abliefert, hat sie es verdammt schwer. Denn wie wir alle wissen, ist es nicht erst einmal vorgekommen, dass mit späteren Werken nie wieder die Klasse des Erstlings erreicht werden konnte. Auch die Schweden DEAD LORD haben sich mit ihrem Erstversuch "Goodbye Repentance" die Messlatte unglaublich hoch gelegt und liefern nun, knapp mehr als zwei Jahre später, den heißersehnten Nachfolger. Doch das von Hakim Krim angeführte Quartett erweist sich als offenbar bereits erfahren genug, um sich nicht blind auf die Erfolgsformel zu verlassen und versucht sich aber auch erst gar nicht an etwaigen Experimenten, geschweige denn an kommerziell "verwertbaren" Trend-Anbiederungen. Zwar ist sehr wohl festzustellen, dass die Truppe bestrebt war exakt dort fort- bzw. anzusetzen, wo sie mit dem Debüt aufgehört hat - und das war eben in jenem traditionellen Hard-Rock-Bereich, der von feinen Harmonie-Gitarren geprägt ist und des Weiteren jede Menge anderer, früherer NWOBHM-Inspirationen offenlegt - dennoch wird nicht blind daran festgehalten. THIN LIZZY-infiltrierte Harmonien und Leads dominieren immer noch das Geschehen, weil sich die Band genau dort einfach pudelwohl zu fühlen scheint und auch erst gar kein Hehl aus ihren Einflüssen macht, dennoch kann man der Formation eine ureigene Note nicht absprechen. Und das, obwohl sich Hakim in Bezug auf seinen Gesang und die nunmehr deutlich tiefgründigeren Texten offenbar sogar noch ein wenig intensiver mit dem Schaffen des unvergessenen Phil Lynott beschäftigt haben dürfte.
Der trotz allem hohe Wiederkennungswert sowie die auf Anhieb vernehmbare eigene Duftnote lässt sich in erster Linie auf die immense Dichte an zwingenden Hooks und einprägsamen - um nicht zu sagen regelrecht "penetranten" - Refrains zurückführen. Eben jene machen deutlich, welche talentierte Formation DEAD LORD eigentlich ist, denn in diesen Punkten hat sich die Band im Vergleich zum Debüt sogar noch gesteigert, der Überraschungseffekt ist dagegen nicht mehr vorhanden. Keine Ahnung, wie groß diese Band tatsächlich werden kann, mit Songs wie dem fulminanten Opener 'Farewell', dem vom Grundriff her dezent an LIZZYs 'Sarah' erinnernden 'No Regrets', sowie dem mit einer zum Hinknien schönen, gefühlvollen Einleitung gesegneten 'The Bold Move' haben die Schweden jedenfalls mehrere potentielle Ohrwürmer am Start, die sowohl auf Konserve, noch viel intensiver aber in schweißtriefenden Clubs und mit Sicherheit auch auf diversen großen Open-Air-Bühnen ihre Wirkung nicht verfehlen werden. Bravissimo!
Note: 8,5/10
[Walter Scheurer]
Ich muss ja gestehen, dass mir ähnlich gelagerte Retrocombos wie KADAVAR, CRYSTAL CARAVAN oder auch RIVAL SONS irgendwie deutlich mehr geben. Klar, zunächst einmal gehen sie alle etwas härter zu Werke, aber sie besitzen auch mehr Widerhaken, Charisma und Wiedererkennungswert. Bei DEAD LORD plätschert mir trotz des wunderbaren Retroklanges (eigentlich mein Beuteschema) alles zu sehr. Auf der Habenseite: Der schön warme und weiche Gesamtsound und die ansprechende Gitarrenarbeit (Thin Maiden oder Iron Lizzy stehen Pate). Doch spätestens ab dem dritten Song denkt man: "Das hab ich doch nun alles schon gehört" (und damit ist nicht das Schielen gen THIN LIZZY gemeint). Die Schweden nehmen irgendwie permanent den selben Song auf, da sollte viel mehr Variation rein. War mir das bei "Goodbye Repentence" noch wohlwollende acht Punkte wert, so hat sich das Ganze inzwischen so abgenutzt, dass hier am Ende nicht mehr als sieben Zähler zu Buche schlagen können. Und das auch nur deshalb, weil mir 'Strained Fools' und mit Abstrichen 'Ruins' und 'No Regrets' dann doch, vor allem der catchy Refrains wegen, ganz gut gefallen und mich sogar die Ballade 'The Bold Move' (inklusive der wunderbaren Steigerung zum Ende des Songs hin) überzeugen kann. Von den restlichen Songs bleibt aber in der Rückschau leider nicht wirklich etwas hängen.
Note: 7,0/10
[Stephan Voigtländer]
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- Redakteur:
- Stephan Voigtländer