Gruppentherapie: FALCONER - "From A Dying Ember"
04.07.2020 | 22:26Zum Abschied gibt es nochmal die volle Punktzahl im Review und den Soundchecksieg! Darüber hinaus nehmen wir das Abschiedswerk von FALCONER in unserer Gruppentherapie genauer unter die Lupe.
FALCONER ist Geschichte? Ein schöner Name, nebenbei bemerkt. Ich kenne diese Band schon lange, besitze auch einige Alben, aber so eine richtig tiefe Beziehung konnte ich bisher nie aufbauen. Vielleicht liegt das auch daran, dass ich immer schon mit der Genrebezeichnung gehadert habe. Folk Metal? Hmm, das ist für mich SKYCLAD, DARK FOREST oder meinetwegen auch KORPIKLAANI. Die Schweden hingegen habe ich als progressivere Melodic-Metal-Band wahrgenommen. Einzelne Lieder fand ich genial, aber, wie gesagt, kein Album konnte mich so richtig packen. Warum löst dann die Nachricht von der Bandauflösung trotzdem etwas in mir aus? Weil ich den allergrößten Respekt für Weinerhall und Co. habe. Das lässt sich praktischerweise perfekt am aktuellen und, wie wir nun wissen, letzten Album erläutern: 'Kings And Queens' mit dem verträumt-zurückgenommenen Refrain oder das schnelle 'Desert Dreams', das sich so wunderbar an Mathias Blads Stimme reibt, die aufgrund der mitteltiefen Tonlage so gar nicht zu dem Sound passen will. Die Mittelalter-Spielereien brauche ich persönlich von dieser Band eher nicht, trotzdem ist 'Redeem And Repent' eine klasse Angelegenheit, genau wie das schwedische 'Bland Sump och Dy'. Nun, bevor das jetzt in eine Song-für-Song-Besprechung ausartet... ihr wisst, was ich sagen will. Und genau deshalb empfinde ich auch keine Trauer über das Ende der Band, sondern nur noch mehr Respekt. Zu wissen, wann die Zeit gekommen ist, zu gehen, adelt einen Künstler. Es wertet die Diskographie der Band noch einmal auf. Es hat etwas Spezielles, zu wissen, dass da (wohl) nichts mehr kommen wird. Geht zumindest mir so. "From A Dying Ember" ist jedenfalls ein würdiges Abschiedsgeschenk und ein Erbe, auf das man als Band wahrlich stolz sein kann. Mir bleibt ihr in bester Erinnerung, tack så mycket, Jungs!
Note: 9/10
[Jakob Schnapp]
Ich höre FALCONER bereits seit dem gleichnamigen Debütalbum. Bereits damals konnte mich FALCONER überwältigen und die Scheibe gehört auch heute noch zu meinen absoluten Lieblingsalben. Leider haben es Stefan Weinerhall und seine Mannen seitdem nicht mehr geschafft, mich so in ihren Bann zu ziehen, wie mit Songs wie 'Heresy In Disguise' oder 'Mindtraveller'. Umso überraschter bin ich, wie sehr mich "From A Dying Ember" fesselt und mitreißt. Diese Scheibe ist Melodic (Folk) Metal in Perfektion. Ich mag eigentlich gar keinen einzelnen Song herausheben (abgesehen von 'Rejoice The Adorned', der ist einfach so schön und gefühlvoll... und diese Stimme!), denn jeder Song ist großartig. Wer sich fragt, wie Weinerhall in seinem Statement zur Bandauflösung darauf kommt, einfach zu wissen, wie man ein gutes FALCONER-Album schreibt, der muss sich einfach nur "From A Dying Ember" anhören und er wird feststellen, dass Weinerhall nicht nur weiß, wie man ein gutes Album schreibt, sondern dass er genau weiß, wie man ein perfektes FALCONER-Album schreibt. Es heißt ja immer so schön, man soll auf seinem Höhepunkt aufhören. Das hat FALCONER nicht gemacht, denn dann wäre nach dem Debütalbum schon wieder Schluss gewesen. Aber sich mit "From A Dying Ember" zu verabschieden, kommt dem Abschied auf dem eigenen Höhepunkt sehr, sehr nahe!
Note: 10/10
[Mario Dahl]
Ich möchte dann mal meinen Vorrednern widersprechen und dennoch abschließend ins gleiche Horn meinen 'Clarion Call' stoßen: Lieber Jakob, FALCONER ist genauso Folk Metal wie es DARK FOREST ist, genau wie bei den Briten werden die folkloristischen Melodien zum größten Teil von den herrlichen Leadgitarren transportiert und ja, die Spielereien mit zusätzlichen Instrumenten bräuchte ich auch nicht unbedingt, sie stören aber auch nicht weiter. Lieber Mario, der Höhepunkt der Diskografie war ganz klar "Chapters From A Vale Forlorn", auf dem die Band bereits alle Facetten ihres Sounds ausgebreitet hat, inklusive eines 'Portals Of Light', das 'Rejoice The Adorned' eher als einen zweiten Teil denn einen ganz neuen Song klingen lässt. Grandios ist der natürlich trotzdem und jetzt kommen wir an den Punkt, an dem ich in den lobenden Schwanengesang einstimme. Es gibt schlicht keine Band, die so klingt wie FALCONER. Stefan Weinerhall hat es geschafft, einen ganz eigenen Sound zu erschaffen, in dem sich skandinavische Folklore mit herrlich erdigem Hard Rock und Metal (hört euch die Riffs und Rhythmusarbeit an) zu einem homogenen Gesamtsound mischen, über dem die Ausnahmestimme von Mathias Blad thront, gegossen in eine wunderbar warme Produktion und eingespielt von exzellenten Musikern. Die Formel stand beim Debüt, wurde auf "Chapters..." perfektioniert und nach langen Irrfahrten und der langsamen Rückkehr zu alter Stärke schließt sich nun mit "From A Dying Ember" der Kreis. FALCONER ist da angekommen, wo die Band vor zwanzig Jahren begann, es ist tatsächlich alles gesagt und der Abgang folgerichtig und dennoch traurig.
Note: 9,0/10
[Raphael Päbst]
Erst mal hat Mario Recht, Raphael dagegen nicht so ganz: Die Sternstunde war bei FALCONER tatsächlich das Debüt. Das ändert aber nichts daran, dass jede FALCONER-Scheibe ihren Reiz hat und mich irgendwo überzeugen kann. Aber die absolute Faszination des Debüts ist für mich einmalig. Das ändert auch "From A Dying Ember" nicht. Ich höre darauf nicht das hier teils beschworene Comeback zu alter Form, denn aus meiner Sicht war der Verfall nie so drastisch. Das Niveau der Vorgänger mag leicht überschritten werden, aber ich wäre auch mit "Armod 2.0" oder "Black Moon Rising Again" zufrieden gewesen. Die Trademarks, die das Debüt so völlig überragend gemacht haben, sind aber schon sehr prägnant hörbar. Die knallenden Doublebass-Drums gefallen, vor allem aber überzeugt das schon arg folkige Riffing, das, ja tatsächlich, an DARK FOREST erinnert. Blad ist tatsächlich ein Ausnahmesänger, er wertet jedes der Alben auf, auf dem er zu hören ist; und die dezent eingesetzten mehrstimmigen Parts vor allem in den Refrains sorgen sofort für Gänsehaut. Atmosphärisch sitzt die Band dabei zwischen den Briten DARK FOREST, BLIND GUARDIAN und klassischem Euro Metal der Hamburger Schule. Und dieser Platz ist verdammt noch mal ein guter! Wir haben es nicht mit einem Ausnahmealbum zu tun, aber mit einer absoluten Ausnahmeband, für die ich hier gerne eine uneingeschränkte Kaufempfehlung ausspreche.
Note: 8,0/10
[Jonathan Walzer]
Während FALCONER bei vielen meiner Kollegen hoch im Kurs zu stehen scheint, bin ich hier eher der neutrale Zuhörer. Bislang hat die Band bei mir nicht viel mehr als anerkennendes Nicken ausgelöst und folglich kann ich mich auch nicht an der Diskussion beteiligen, welches Album denn nun die Sternstunde der Band sei. Was ich auf "From A Dying Ember" höre, ist so ziemlich das was mir von der Band auch sonst immer hängen geblieben ist: gutmütiger Metal mit Fantasy-Charme, aufgemischt durch nordischen Folk. Und obwohl ich hier derjenige bin, der oft die Fahne für die als kitschig empfundenen Sachen hochhält, ist mir FALCONER immer eine Spur zu brav gewesen und die Lobeshymnen auf Sänger Mathias Blad konnte ich auch noch nie so ganz teilen. Und dennoch kann ich am Ende nicht anders als mich meinen Kollegen im Grundton anzuschließen: Das ist gute Musik mit Charakter, Charisma und einem weitestgehend eigenen Sound; und einer Band, die sich so lange in diesem Geschäft hält wie FALCONER, gebührt Respekt. Untöne gibt es also auch von meiner Seite nicht.
Note: 7,0/10
[Thomas Becker]
Der Falkner geht heim, so gab es die Band kurz vor Veröffentlichung des neuen Albums bekannt, und wer die Zeichen zu deuten vermochte, welche die Band uns im Titel und im Artwork hinterließ, der hätte es bereits im Vorfeld ahnen können. Doch selbst für die langjährigen Fans der Band sollte dieser Abschied kein Grund zur Trauer sein, denn man möchte den Schweden durchaus glauben, dass "From A Dying Ember" nicht geworden wäre, was es ward, hätten die Musiker nicht gewusst, dass es ein würdiger Abschluss werden soll. So bringt das Album noch einmal treffend die Essenz der Band auf den Punkt, die stets durch ihre Einzigartigkeit begeisterte. Wie in seinen besten Zeiten besticht das Quintett auch auf dem neunten Album mit höchst melodischem Metal, gefühlvollen folkigen Melodien, ergreifenden akustischen Parts und natürlich Mathias Blads nach wie vor einzigartiger Stimme, die dieses Mal mehr noch als zuvor auch die Melancholie des Abschieds transportiert, ohne das Album der positiven Vibes zu berauben, die FALCONER stets auszeichneten. Sollte es wirklich dabei bleiben, dass die Asche des Falkners verglimmt und eine Wiedergeburt nicht zur Debatte steht, dann war "From A Dying Ember" ein denkwürdiges letztes Aufbäumen, das dafür sorgen wird, dass FALCONER den Fans in allerbester Erinnerung bleibt. Farväl, FALCONER!
Note: 8,5/10
[Rüdiger Stehle]
- Redakteur:
- Thomas Becker