Gruppentherapie: METALLICA - 'Lux Æterna'

06.12.2022 | 11:00

Eine Gruppentherapie zu einem einzelnen Song? Nun, wenn der Thrash-Titan METALLICA praktisch aus dem Nichts einen neuen Song veröffentlicht und das neue Album "72 Seasons" und eine Welt-Tournee ankündigt, dann kann das auch in unseren Redaktionshallen eine rege Diskussion über die Qualität dessen anregen, was uns da im kommenden Jahr erwarten wird. Unsere Meinungen zur ersten Single findet ihr in den folgenden Zeilen:

Aus dem Nichts kam die News zum neuen METALLICA-Album und dem damit verbundenen neuen Song 'Lux Æterna'. Der Song wurde innerhalb der wenigen Tage seit Veröffentlichung zu meinem meistgehörten Song des Jahres. Auch wenn er nicht mit den alten Klassikern mithalten kann, gehört er mit den leichten Anspielungen auf jene Klassiker, dem coolen Solo und Hetfields Gesang zu den TOP 10-Songs, vielleicht sogar TOP 5, die METALLICA nach dem schwarzen Album veröffentlicht hat und das macht mich extrem neugierig auf "72 Seasons".

[Mario Dahl]

Nun, so hab ich mir nach vier Tagen auch mal dieses oft diskutierte Lied angehört. Für meine immer noch in dem Genre recht ungeübten Ohren klingt es jedenfalls schon mal eindeutig erkennbar nach METALLICA, doch Spaß beiseite, denn das war ja nun wirklich zu erwarten. Was mir sofort auffällt: Mir ist der Gesang zu glatt und vorhersehbar. Schon aufgrund dessen holt mich 'Lux Æterna' nicht ab. Da warte ich lieber auf die anderen Albumtitel, womöglich lauert da noch etwas für mich.

[Susanne Schaarschmidt]

Die Nummer braucht durchaus etwas Anlauf, verpasst einem dann aber einen fast schon unverschämten Ohrwurm. Gerade der Retro-Vibe mit den MOTÖRHEAD- und DIAMOND HEAD-Anleihen steht Hetfield und Co. wunderbar zu Gesicht. Aber: Der Sound passt nicht wirklich, ist total überproduziert und zu Tode editiert. Mit etwas mehr Mut zur Realität hätte das hier richtige "Kill 'Em All"-Gefühle auslösen können!

[Tobias Dahs]

Passend nach dem Totensonntag und zum Beginn der Weihnachtszeit haut uns METALLICA ein "ewiges Licht" in Form des Dreieinhalbminüters 'Lux Æterna' und damit eine der größten Überraschungen des Jahres 2022 um die Ohren. Uralte Vibes werden da durch die roh bratenden Gitarren ausgebuddelt, die viele Fankreise sich bereits seit Jahrzehnten oft gewünscht hatten und nur sehr selten bekamen. Gepaart mit einer guten Produktion, einem prächtig singenden James Hetfield und erfrischend nach vorne hobelndem Tempo kommt die Band dann auch im Text zum folgerichtigen Schluss: "Full Speed or nothing!"

[Timo Reiser]

Da ahnt man nichts Böses und plötzlich erscheint ein brandneuer METALLICA-Song. Und siehe da, oh Wunder: Der Song geht vollkommen in Ordnung. Keine Offenbarung, aber auch kein Rohrkrepierer. Ein guter Song, der, wenn wir vom heutigen METALLICA-Sound ausgehen, ob des rockigen Gemüts und einprägsamen Refrains gewisse 'Hit The Lights'-Parallelen hat. Und die Erfahrungen der letzten 20 Jahre zeigen, dass es durchaus schlimmer hätte ausfallen können.

[Marcel Rapp]

Aufputschendes Intro, dann ein METALLICA-Signature Riff, das "Kill 'Em All" mit der Gegenwart verbindet. Auch die Strophe mit glasklaren, gut in Szene gesetzten METALLICA-Trademarks, aber nicht besonders auffällig in Sachen Melodieführung oder Extravaganza. Simple kurze Bridge, minimalistischer aber effektiver Refrain. No bullshit, dreieinhalb Minuten geradeaus, ohne Gedöns, kraftvoll genug, ohne jemandem weh zu tun. Ein bisschen Schema F, aber als Appetizer-Single wohl gut geeignet. Das Klangbild passt. Ist noch nicht die Offenbarung, aber macht Lust auf mehr!

[Martin van der Laan]

Vielleicht ist es meine Müdigkeit, was "große" Ereignisse angeht, aber ähnlich wie das Fußballturnier zur falschen Jahreszeit im falschen Land bringt ein neuer METALLICA-Song mich auch bei einem okayen Riff nicht in Wallung. Alleine der Gedanke, wie viel Mauszeiger-Schubserei in Pro Tools nötig gewesen sein muss, um Lars' Drumming so klingen zu lassen, vermiest mir den Spaß an dem Teil. Ja, klingt nett, aber das war es dann auch schon. Ich gehe wieder "Kill 'Em All" auf Kassette hören.

[Nils Macher]

Sound? Ihr Weicheier, wen interessiert das denn, ich glaube, ihr seid verwöhnt! In den Achtzigern galt nur die Musik auf ausgeleierten Tapes und für mich gilt das immer noch! METALLICA hat den neuen Stil gefestigt und 'Lux Æterna' ist ein Beispiel dafür. Das ist nicht überraschend, aber gut, und die raue, hektische Note und die offensichtlichen Punkeinflüsse im Gesang holen mich ab. Das ist nicht neu, das ist vielleicht nicht mal originell, aber das Riff ist klasse und die Band trifft meinen Nerv. Drumsound? Pfff. Bang that head that doesn't bang!

[Frank Jaeger]

Seit Jahren verfolge ich die Entwicklung von METALLICA ohne große Begeisterung, aber auch ohne Ablehnung zu verspüren. Mir gefallen prinzipiell nur die ersten vier Alben. Umso überraschender ist es, dass mir 'Lux Æterna' absolut zusagt. Die MOTÖRHEAD- und DIAMOND HEAD-Anleihen, die Tobias erwähnt, höre ich auch heraus. Das Riff ist gut, der Chorus ist auch nicht von schlechten Eltern, und das Solo hat Klasse. Und vor allem, James ist immer noch gut bei Stimme. Eine so straighte Rock'n'Roll-Nummer hätte ich von METALLICA nicht erwartet. Der sterile Drumsound ist da nur ein kleines Manko. 'Lux Æterna' ist einer der besten Songs der Band seit einigen Jahren, der live bestimmt sofort zündet.

[Jens Wilkens]

Unverhofft kommt oft! Das ist ein echt cooler Schachzug der METALLICA Inc., ohne große Ankündigung alle relevanten Infos zum neuen Album und den dazugehörigen Auftritten auch gleich von einem neuen Song begleiten zu lassen. Noch cooler wird diese strategische Meisterleistung durch die Qualität der Nummer. Fand ich ja einen Großteil des letzten Albums schon knorke, so brät auch diese Nummer mit mächtig gepfeffertem Düsenantrieb aus den Boxen. Klar, innovativ geht anders, aber bei so einer Energiefreisetzung ist das für mich zweitrangig. Das Riff ist knackig und James singt schön mit Bröckchen am Zäpfchen. Der alte NWoBHM-Spirit zieht sich durch die gesamte Nummer und ich frage mich, wieso die letzten beiden Alben von DIAMOND HEAD nicht auch ein paar Millionen Klicks im Netz bekommen haben. Von diesen Veteranen haben die Jungs hier nämlich die Inspiration zu solchen Krachern. Die nächste Frage, die in mir aufkeimt, ist, weshalb man erneut mit Vorbands auftritt, die einen Oldschool-Fan nicht hinterm Ofen hervor locken. Warum erinnert man sich nicht an die eigene Zeit des Aufstiegs und an den damals sicherlich hilfreichen Tour-Support für OZZY und nimmt daher ein paar ähnlich gelagerte Newcomer oder eben alte NWoBHM-Recken mit auf Tour, um diesen ein wenig Schützenhilfe zu geben? Geht man mit der eigenen Marschrichtung der alten Schule vielleicht am Zielpublikum vorbei? Alles in sich etwas widersprüchlich. Aber: Ich analysiere schon wieder zu viel, was daran liegen mag, dass ich in den letzten Jahren meine Freude an METALLICA wiedergefunden habe und ich mir zu Herzensbands immer ein paar Gedanken (zu viel) mache. Genug des langen Schwadronierens. Bis auf den erneut fürchterlichen Drumsound ist die Nummer wirklich klasse und ich freue mich auf das Album. Ich bin positiv gestimmt, dass die fehlenden elf Songs die 73 Minuten Spielzeit kurzweilig ausfüllen werden.

[Holger Andrae]

Mich hat es auch schon überrascht, dass da jetzt was Neues kommt, aber angedeutet hat es sich ja schon im Vorfeld. Der Song schlägt in eine ähnliche Kerbe wie der Titeltrack des Vorgängers und kann folglich genauso überzeugen. Die von vielen erwähnte überzogene Produktion ist mir bisher auch noch ein Dorn im Auge, aber insgesamt macht der Song Bock. Bin gespannt auf das gesamte Album!

[Kenneth Thiessen]

METALLICA ist zurück mit einem Song, welcher in 3:25 Minuten nicht nur mit wünschenswerter Härte punktet, sondern kongenial Retro-Charme und kommerzielle Eingängigkeit kombiniert. Well done, guys!

[Stefan Rosenthal]

Auch wenn das neue Stück in meinen Ohren nicht so sehr nach "Kill 'Em All" klingt wie augenscheinlich in anderer Leute Lauschern, so schließt sich doch ein Kreis, denn seit der eigenen Frühphase hat METALLICA fraglos nicht mehr so sehr nach DIAMOND HEAD geklungen wie mit diesem Ewigen Lichtlein. Wenn ihr es nicht glauben wollt, dann gönnt euch gerne mal 'Belly Of The Beast' von "Coffin Train", der letzten Scheibe der Briten. Ansonsten, jo, ein nettes Liedchen, das durchaus Lust auf die nächste Langspielplatte macht, aber sicherlich kein Erdbeben in der Szene auslöst. Hetfield singt fein, würde mir aber etwas dunkler und sonorer noch besser gefallen.

[Rüdiger Stehle]

Redakteur:
Tobias Dahs

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