Gruppentherapie: PRIMORDIAL - "Redemption At The Puritan's Hand""
06.05.2011 | 08:26Qualität "Made in Ireland" bieten PRIMORDIAL mit ihrem aktuellen Werk "Redemption At The Puritan's Hand". Unserer Redaktion hat das prachtvolle Stück Musik, das mehr als verdient Platz 2 in unserem April-Soundcheck erklomm, für euch beurteilt. Here we go...!
Die Iren von PRIMORDIAL sind ein bisschen die eierlegende Wollmilchsau des Heavy Metal. Egal, ob Schwarzheimer, Traditionalist, Methornjünger, Zeitlupenbevorzuger oder Todesmetaller, sie alle stehen auf PRIMORDIAL. Zu Recht. Und nach einem Meisterwerk wie "To The Nameless Dead" sind natürlich auch die Erwartungen entsprechend hoch. Erwartungen, die Alan & Co. zumindest erfüllen. Konseqent wird der seit Jahren verfogte Weg weiter beschritten, der Gesang ist noch mehr genau das: Gesang, man gibt sich episch, oft eher in gemütlicher Geschwindigkeit, vergisst seine Wurzeln aber nie. Und die sind weiterhin der Black Metal, der Pagan Metal, der typisch irische Sound und BATHORY. Augenscheinliche Hits wie 'Empire Falls', 'Traitor's Gate', 'Gods To The Godless' oder 'Sons Of The Morrigan' gibt es dabei zwar nicht, doch mit jedem Spin gräbt man sich tiefer in Songs wie 'Bloodied Yet Unbowed', 'The Mouth Of Judas' oder 'The Puritan's Hand'. Ein brillantes Album einer einmaligen Band.
Note: 9,0/10
[Peter Kubaschk]
Es ist immer wieder erstaunlich, welche Entwicklungen manche Bands durchmachen. Niemand wird ernsthaft bestreiten wollen, dass die Musik von PRIMORDIAL felsenfest im Celtic-/Pagan-/Black-Metal verwurzelt war und ist und dass BATHORY zu den wichtigsten Inspirationsquellen gehört. Spätestens seit "The Gathering Wilderness" jedoch bilden die tiefsinnigen Iren im Grunde ein Genre für sich. Kaum irgendwo sonst verschmelzen bittere Melancholie, schwere Epik, historischer Zorn und herzergreifende Sehnsucht so nahtlos miteinander wie in den Liedern von PRIMORDIAL. Warme und zugleich mächtige Gitarrenwände, hypnotische, von weit her kommende Melodien, eindringlicher, unter die Haut gehender Gesang und nachdenkliche, lyrisch wertvolle Texte zeichnen "Redemption At The Puritan's Hand" aus. Wenn man einfach die Augen schließt und sich ganz und gar dieser wundervollen Musik hingibt, ziehen nicht nur sturmgepeitschte Landschaften vor dem Inneren Auge vorbei, es kommt auch zu zahlreichen musikalischen Assoziationen unterschiedlichster Art. Manchmal glaubt man eine düstere Version der Frühwerke von SKYCLAD zu hören, dann schießt einem "Icon" von PARADISE LOST durch den Kopf. In den düstersten, gramgebeugtesten Momenten fällt auf, dass atmosphärische Black Metal-Bands von SATYRICON bis BURZUM mit ähnlichen Stimmungen hantieren. Das alles zeigt aber nur, wie reichhaltig und reif der Sound von PRIMORDIAL inzwischen ist. Als kleinere Kritikpunkte anzumerken sind, dass sich in einigen Passagen eine leicht anstrengende Monotonie breit macht und dass 'Gods Old Snake' und 'The Black Hundred' das gigantische kompositorische Niveau der restlichen sechs Songs nicht halten können. Tolle Band, tolles Album!
Note: 8,5/10
[Martin van der Laan]
Zugegeben, mit PRIMORDIAL habe ich mich erstmals im vergangenen Jahr, also verhältnismäßig spät, ausgiebig befasst, was nicht zuletzt ein Verdienst der zahlreichen Re-Releases früherer Werke war. Nun beehren die irischen Pagan-Veteranen meine Lauscher mit gänzlich neuem Material, was, soviel sei schon mal vorweg genommen, nicht derart glänzen kann. Die Gründe hierfür lassen sich erst nach vielen Durchgängen wirklich dingfest machen. Ich habe mir, schlicht und ergreifend, nach den herausragenden Vorgängern ein wenig mehr erhofft. Speziell das außerordentliche Doom-Element, welches ich auf "A Journey's End" und teilweise noch bei Songs der "Spirit The Earth Aflame"-Scheibe so bewundert und geschätzt habe, fehlt anno 2011 an manchen Ecken, wodurch "Redemption At The Puritan's Hand" nicht gänzlich meinen Geschmack trifft. Zwar erzeugen Songs wie 'The Mouth Of Judas' oder die abschließende Gänsehautnummer schlechthin 'Death Of The Gods' nach wie vor eine Atmosphäre, die ihres Gleichen sucht und nur PRIMORDIAL auf diese Art und Weise aus dem irischen Boden hieven. Leider gibt es von solch wohligen Schauermomenten nicht derart viele, wie anfänglich erhofft, sodass ich ernüchternd feststellen muss, dass Averill und seine Mannen meine Erwartungen nur zum Teil erfüllen können. Speziell eine Truppe wie PRIMORDIAL weiß eigentlich, welch enormes Potential in ihnen steckt. Doch glücklicherweise gibt es bezüglich "Redemption At The Puritan´s Hand" auch andere Meinungen in der Redaktion, wodurch ich freudig bemerke, dass die Iren einmal mehr jene Aufmerksamkeit bekommen, die sie schon längst verdient hätten.
Note: 7,0/10
[Marcel Rapp]
Überraschung! Die sind ja doch gut. So muss ich beginnen, denn vor einigen Jahren habe ich mir mal "Storm Before Calm" gekauft, weil die überall so gute Kritiken bekommen hatte. Aber irgendwie wollte da der Funke nicht hüpfen, das war mir zu roh, die Black Metal Einflüsse noch zu stark, vor allem im Gesang. Und wie das so ist, habe ich die Band danach nicht verfolgt, bis sie mir mit dem neuen Album Erlösung zuteil werden ließ, auch wenn ich erst mit gebremster Euphorie an die acht Stücke herangegangen bin. Aber das änderte sich schnell, denn hier sitzen die Melodien, das Tanzbein zuckt, die folkloristischen Melodien sind bezaubernd, und trotzdem ist das Werk nicht seicht geworden, sondern verleugnet die Ursprünge nicht wie mit Blastbeats beispielsweise in 'Bloodied Yet Unbowed' oder gutturalem Gesang in 'Gods Old Snake'. Trotzdem möchte ich das Ganze als positiv episch beschreiben, und muss hinzufügen, dass es schade ist, dass die früheren Werke die Stärke des Sängers Alan Averill noch nicht in den Vordergrund stellen. Die kraftvolle, gewollt ungeschliffen klingende Stimme ist authentisch und grätscht in die Mitte zwischen "ein Profimusiker im Studio" und "ein irischer Ureinwohner rennt durch den finstren Forst und grölt", so dass der Mainstream leider draußen bleiben muss. Die aktuelle Mischung mit klarem Gesang und gelegentlichen anders gearteten Sprengseln trifft meinen Nerv mehr als früher. Wie es scheint, bin ich den Jungs nun auch auf den Leim gegangen. Na ja, könnte schlimmer kommen.
Note: 8,5/10
[Frank Jaeger]
Wie kann es sein, dass die Qualität einer Band erst durch das Hören einer anderen Formation deutlich zum Vorschein tritt? Ich weiß es nicht. Doch PRIMORDIAL hat sich mir erst durch den Live-Auftritt von Alan Averill wirklich entschlüsselt, konnte er mit der Interpretation vieler BATHORY-Klassiker zeigen, was in ihm steckt. Die Neuinterpretation der Quorthon-Songs durch den Iren gibt im Rückschluss auch eine eigene Sicht auf PRIMORDIAL frei. Es ist fast so, als würde der Nebel auf einer verhangenen Waldlichtung durch grelle Lichtstrahlen vertrieben werden, um die Essenz des geheimnisvollen Ortes offenzulegen. Nur ist "Redemption At The Puritan's Hand" alles andere als lichtdurchflutet. Vielmehr ist es eine melancholische und dunkle Variante paganen Metals - ohne die zeitgemäßen Klischees des Pagan Metal bedienen zu wollen. Nein, rhythmisch und instrumental erinnert die Band mit diesem Album noch deutlicher an BATHORY und nimmt sich ähnlich viel Zeit wie der Meister für ausgeklügelte, sich entwickelnde Kompositionen. Das macht das Album auf eine gewisse Art sehr old-school, ohne dabei den Anschluss an die diversen Entwicklungen im Extreme Metal zu verlieren. Ist es dadurch zeitlos? Einerseits ja, andererseits fehlen mir die genialen Momente wie bei vergleichbaren Bands. Nehmen wir zum Vergleich das aktuelle MOONSORROW-Album: Die bösartige Wand, nicht zuletzt durch die Konzept-Musik-Verbindung erzeugt, frisst sich mit geradezu bösartiger Konsequenz in die Gehörgänge des Hörers, was "Redemption..." nicht schafft. Der Gesang Alans ist allerdings ein würdiger Ersatz, weniger durch die Hooks als vielmehr durch die große Variation, die der passionierte Säufer da mit reinbringt. Was bleibt? Ein gutes und interessantes Album.
Note: 7,5/10
[Julian Rohrer]
Hinweis:
Lest auch die Einzelrezension von Kollege Stephan Voigtländer.
- Redakteur:
- Martin Loga