Gruppentherapie: SATAN - "Atom By Atom"

23.10.2015 | 17:33

Ein teuflischer Soundchecksieger. Schon zum zweiten Mal!

Zu Zeiten, in denen Luzifer-Bands zu Dutzenden aufmucken, ist es nötig, dass sich der Teufel höchstpersönlich zu Wort meldet. Das letzte Mal geschah dies anno 2013 und wie schon in den 80ern nahm SATAN ein paar Heavy-Metal-Seelen in lebenslange Haft ("Life Sentence"), die Einnahme des damaligen Soundcheck-Throns inklusive. Und auch jetzt, 2015, muss der Gehörnte nur einmal kurz grummeln und alle knien nieder. Wirklich alle?



SATANs Comeback "Life Sentence" war ein absoluter Knaller und die Songs haben sich seither auch live mindestens so gut präsentiert wie die vom Klassiker "Court In The Act". Da sind die Erwartungen an den Nachfolger "Atom By Atom" natürlich gewaltig, ja quasi kaum zu erfüllen, zumal der Überraschungseffekt des Comebacks nun weg ist, und wir alle wissen, dass es SATAN immer noch kann. Da ist die Versuchung natürlich groß, mit der Note etwas kritischer zu sein, etwas genauer hinzuhören und sich nicht mehr direkt von der Spielfreude der Briten so anstecken zu lassen, wie vor drei Jahren. Das ist aber ein Fehler, denn "Atom By Atom" ist, wenn überhaupt, nur um minimale Nuancen schwächer als der Vorgänger, und SATAN tritt weiterhin auf allerhöchstem spieltechnischen Niveau Arsch. Das Gitarrenduo Tippins/Ramsey ist momentan wohl das beste der Welt, Brian Ross ein Göttersänger, und die Songs, ja die Songs sind auch wieder so richtig toll. Vielleicht hat sich etwas mehr Abwechslung eingeschlichen und vielleicht gibt es dieses Mal keinen Überhit wie 'Tears Of Blood', aber vielleicht habe ich den auch nur einfach noch nicht erkannt. Fakt ist, dass SATAN auch im Jahr 2015 die beste aktive NWoBHM-Band ist und die Konkurrenz meilenweit hinter sich lässt.

Note: 9,5/10
[Raphael Päbst]

Kurzum: "Atom By Atom" ist ein tolles Album und steht zurecht auf der Pole-Position im Oktober-Soundcheck. Automatisch wird der Hörer in die NWoBHM-Hochphase zurück transferiert, der ungeschliffene Sound sorgt für die gewisse Magie in der Luft, und SATAN präsentiert sich auf diesem Album so derart gut eingespielt und homogen, als hätte es die knapp fünfundzwanzigjährige Pause gar nicht gegeben. Ross liefert auf "Atom By Atom" eine erstklassige Performance, und Ramsey/Tippins werfen sich derart spielfreudig einander die Bälle zu, als wären sie kleine Kinder im IKEA-Bälleparadies. Die meisten Songs sind für sich genommen einfach nur wunderbar anzuhören. Auch wenn auf "Atom By Atom" leichte Qualitätsschwankungen nicht für den absoluten Non-Plus-Ultra-Ohrenschmaus sorgen, hat das erst vierte reguläre SATAN-Album all das, was die NWoBHM-Fraktion von damals heutzutage vermisst: Gitarrenduelle und stichhaltige Melodien in Hülle und Fülle, kleine Ohrwürmer gefolgt von großen Ohrwürmern und ein Sänger, der sein Handwerk versteht. Bei solch einer Gesamtleistung verzeihe ich auch nicht ganz so starke Tracks, speziell in der zweiten Plattenhälfte.

Note: 8,0/10

[Marcel Rapp]



SATAN also wieder auf dem Podest. Ich erinnere mich dunkel an den letzen Soundcheck-Sieg von "Life Sentence" und lege mir schon einmal Worte für "Atom By Atom" zurecht. Doch beim Stöbern im Archiv (Gruppentherapie 04/2013) merke ich, dass ich alles schon mal geschrieben hatte, was mir beim Hören dieses neuen Albums so einfällt. Da der neue Rundling im Großen und Ganzen sehr ähnlich klingt wie der Vorgänger, kann ich mich also kurz fassen. Die Gitarren-Arbeit macht Spaß, auch wenn ich da jetzt nicht so die große Sensation wittere wie meine Vorredner. Das beste Gitarren-Duo der Welt? Eieiei... Und was den Gesang angeht, nun, in meinen Ohren ist die Stimme immer noch Mittelmaß und ich meine nicht, dass mit diesem "Götter"-Sänger (laut Kollege Päbst) noch der späte Durchbruch raus aus dem Underground gelingen kann. Aber das wird ja wohl eh nicht angepeilt. Und was ist mit den Ohrwürmern? Ja, 'Ahriman' macht Hoffnung, beim Rest wirkt die Kompositions-Weise aber teilweise ein wenig einfallslos. Die Grund-Stimmung bleibt stets gleich, oft verliert man sich jedoch im Highspeed-Geriffe, und der Gesang schafft es dann nur selten, das hektische Gewusel zusammen zu halten. "Life Sentence" habe ich acht Punkte gegeben und zumindest der coole 'Twenty-Twentyfive'-Song ist mir davon noch im Ohr. Hier bleibt vielleicht tatsächlich 'Ahriman' für länger hängen. Mehr als "knapp gut" bekommen meine Ohren aber diesmal nicht hin.

Note: 7,0/10
[Thomas Becker]

Hanneman ist tot, Downing in Rente, Weikath von Hansen geschieden - mein lieber Thomas, wer bleibt denn da außer den Herren Tippins und Ramsey sonst noch übrig als bestes Gitarrenduo der Welt? Eben niemand, wie der werte Raphael schon sagte. Diese stets etwas hektische, dabei aber immer melodisch fein ausbalancierte, schwebende und flirrende Duo-Lead-Ekstase der beiden Briten, ist einfach unverkennbar und war für mich - als durchaus wenig instrumental fixierten Hörer - immer das Markenzeichen der Band schlechthin, egal unter welchem Bandnamen und mit welchem Sänger sie an den Start ging. Die Truppe hat in mehr als 35 Jahren keinen schwachen Song vom Stapel gelassen und auch seit der Rückkehr des BLITZKRIEG-Ross' als Zugpferd, hat sich das natürlich nicht geändert, denn auch Brian ist nach wie vor bestens in Form und brilliert wie eh und je mit seiner einzigartigen Stimme, die das weiche, umschmeichelnde und warme Timbre ebenso bedient wie die schrille, metallische Sirene. "Atom By Atom" holt den Fan genau dort ab, wo ihn "Life Sentence" zurück ließ, welches ihn seinerzeit schon genau dort abgeholt hat, wo ihn "Court In The Act" 30 Jahre vorher zurück gelassen hatte. Das ist dann auch der einzige Kritikpunkt, den man als bösartiges Wesen gegen die neue SATAN vorbringen könnte: Das Geordie-Quintett spielt einen recht archaischen Stil, den es auch nicht mehr sonderlich weiter zu entwickeln gedenkt, und wozu auch der relativ leise, transparente, höhen-lastige Sound passt. Für Reaktionäre wie mich macht das die Sache noch besser, für manch anderen mag es vorhersehbar sein. Letztlich zählt für mich hier aber die Qualität der Songs, und hier muss ich halt einmal mehr feststellen, dass die Herren unter ihre zehn neuen Stücke aber mal locker fünf veritable Volltreffer gepackt haben, deren Hooks sofort zünden und beim zweiten Durchlauf mitgesungen werden; und auch der einen Tick sperrigere Rest des Materials entwickelt sich sehr schnell zum Ohrenschmeichler erster Güte. Also bleibt letztlich alles beim Alten; der britische Deibel fährt einmal mehr den Soundcheck-Sieg ein und kriegt auch von mir wieder die Höchstnote, denn besser kann ich mir die Band einfach nicht vorstellen. Ganz unabhängig von der Sänger- und Phasen-Präferenz.

Note: 10,0/10
[Rüdiger Stehle]


SATAN war mir vom Namen her schon ewig und drei Tage ein Begriff. Allerdings war der Klassiker "Court In The Act", der mir alle Nase lang empfohlen wurde, immer nur zu Mondpreisen zu haben, sodass ich von vornherein davon absah, mich mit der Band zu beschäftigen, um mich selbst nicht durch einen spontanen Begeisterungsanfall dazu zu nötigen, eine Unsumme für ein einzelnes Album auszugeben. Der Comeback-Knaller "Life Sentence" erwischte mich 2013 dann wie die meisten Leute aus dem Nichts, und begeistert mich seither bei jedem Durchlauf aufs Neue. Meine Erwartungen an "Atom By Atom" waren also extrem hoch und wurden glücklicherweise nicht enttäuscht, was neben dem fantastischen Songwriting, dem begnadeten Gitarrenduo Tippins/Ramsey und Brian Ross' mitreißendem Gesang besonders daran liegt, dass die Scheibe stilistisch im Fahrwasser seines Vorgängers schwimmt. Genau wie "Life Sentence" hört sich "Atom By Atom" ganz locker an einem Stück weg. Das macht auch das Nennen von Anspiel-Tipps schwierig, da man sich konstant über wahnwitzige Gitarrenduelle und Ross' spitze Schreie freuen kann, egal welchen Track man sich herauspickt. Ob "Atom By Atom" nun in Sachen Langzeitwirkung mit "Life Sentence" wird konkurrieren können, wird die Zeit zeigen. Allerdings erscheint es mir so wie es heute ist perfekt zu sein, und reißt mich genauso mit wie "Life Sentence" bei seinem Erscheinen, sodass die Höchstnote hier ebenso wie damals außer Frage steht.

Note: 10,0/10
[Arne Boewig]


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Redakteur:
Thomas Becker

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