Gruppentherapie: WARMEN - "Here For None"

27.08.2023 | 15:27

Eine unglaublich authentische CHILDREN OF BODOM-Hommage kredenzt Ex-COB-Keyboarder Janne Wirman auf "Here For None", der sich mit dem ENSIFERUM-Shouter Petri Lindroos tatkräftige Unterstützung ins Boot geholt hat. Gelingt Janne & Co tatsächlich ein ehrwürdiges Tribut an Alexi Laiho oder reicht es nicht an die Glanztaten des Saitenhexers ran? Unsere Gruppentherapie beleuchtet das Album genauer.

CHILDREN OF BODOM (COB) ist eine der Bands, die nach ihrer Auflösung weiterhin existieren. Aus den Herzen ihrer Fans wird sie nie wegzudenken sein, ihre Hits bestehen weiter und ihr Einfluss auf zahlreiche Bands ist nicht von der Hand zu weisen und wird sich in Generationen noch nachweisen lassen. Da wundert es nicht, dass drei langjährige Bandmitglieder mit ihrer eigenen Bar - der Bodom Bar & Sauna - ein Mekka für ihre Anhänger geschaffen haben. Und genauso wenig wundert es, dass eines dieser Mitglieder nicht die Finger von der Musik und in diesem Fall seinem Tasteninstrument lassen kann. Janne Wirman war damals maßgeblich daran beteiligt, dass CHILDREN OF BODOM ihren ureigenen Sound kreieren konnte, mit dem sie in die Geschichte eingehen würden. Das Weiterführen dieses Sounds in seiner Urform war eigentlich BODOM AFTER MIDNIGHT vorbestimmt, der Nachfolgeband mit Alexi Laiho und dem wesentlich später zu COB hinzugekommenen Daniel Freyberg. Nach dem tragischen Tod Alexi Laihos und dem damit einhergehenden Stillstand bei BODOM AFTER MIDNIGHT ist es nun Janne Wirman, der mit seiner Band WARMEN das Erbe eintritt. Und nur aus diesem Grund kann ich "Here For None" und der stilistischen Neuausrichtung von WARMEN etwas abgewinnen. Das Album klingt wie ein Abklatsch von COB - gut gemacht, aber es kommt um Längen nicht an die Legende heran. Hätte eine Band mit Mitgliedern ohne Bezug zu CHILDREN OF BODOM den Versuch gewagt, deren Sound zu okkupieren, sie wäre gescheitert. Mit Petri Lindroos wurde der perfekte Vocal-Clone von Alexi Laiho für die Vocals verpflichtet. Seinerzeit war er Mitglied bei NORTHER, die wie die kleine Schwester von COB klingen. Ein eigener Sound, Einzigartigkeit und Innovationen sind somit Fehlanzeige bei WARMEN. Aber das ist in Ordnung, denn "Here For None" bringt mir als COB-Fan für eine Weile das wohlige Gefühl zurück, das sich beim Hören des Originals eingestellt hat, als noch keine Melancholie mitschwang. Das Erbe dieses Sounds ist bei Janne Wirman und seiner Band WARMEN in guten Händen und wird hoffentlich genau so weitergeführt, wie er es nun angefangen hat. Damit wird sich die Band keinen eigenen Platz im Metal-Olymp erarbeiten können, aber sie wird COB-Fans in Erinnerungen schwelgen lassen und wenn live noch das eine oder andere Cover zum Besten gegeben wird, ist die Party gelungen.

Note: 7/10
[Pia-Kim Schaper]

 

Was als Solo-Projekt mit zahlreichen Gästen begann und nach "First Of The Five Elements" stillstand, ist nun mit neuer Mannschaft und dieser gewissen Entschlossenheit wieder am Start. Ein superbes Artwork, ein starker Sound und mit dem von Pia schon erwähnten Petri am Mikro sowie Seppo hinter der Schießbude sind auch neue Gesichter am Start - Janne und WARMEN überlassen für ihr neues Album "Here For None" nichts dem Zufall. Und das Album geht gut durch, hat eins ums andere Mal zwar Einbußen im Überraschungsmomentum, aber im Grunde genommen ist es eine grundsolide Scheibe im melodisch-tödlichen Schwermetall. Hier blitzen die neoklassischen Elemente auf, dort drückt WARMEN auf die Tube und diese unverwechselbare Duftnote Jannes ist auch diesmal der Star auf der Bühne. Mit dem eröffnenden quasi-Titelstück, dem dynamischen 'A World Of Pain' und dem nicht minder geglückten 'Hell On Four Wheels' kann man aktuell auch als Fan denkwürdiger COB-Klänge wenig falsch machen und im Zuge illustrer Cover-Versionen darf sich diesmal 'Dancing With Tears In My Eyes' die Ehre geben. Ich habe schon schlechtere Interpretationen sowie generelle Alben im Melo-Death-Sektor in diesem Jahr gehört. Willkommen zurück!

Note: 7,5/10
[Marcel Rapp]

 

Ich will mal einen anderen Ansatz versuchen und für den Moment die Geschichte dieses Projekts und seine familiären Bezüge vergessen. Was bleibt denn da jenseits aller Wehmutsempfindungen noch übrig, wenn man sich einfach nur das Album namens "Here For None" der Band WARMEN anhört? In meiner Wahrnehmung nicht allzu viel, denn serviert bekommt man hier ein professionell in Szene gesetztes und druckvoll produziertes Dark Melodic Symphonic Irgendwas vom Reißbrett, dessen Vorhersehbarkeit schon fast KI-Verdacht erregt. Das ist alles nett gemacht und bedient lieb gewonnene Hörgewohnheiten, aber es bleibt seltsam fragmentarisch. Der hymnische Chorus eines Songs wie 'The Driving Force' hat gefühlt gar keinen Bezug zum Rest des Liedes, wo sich Melodic-Death-Standards und neoklassische Fingerübungen mit Hilfe von Bombast-Breaks zu vertragen versuchen. Am besten schlägt sich WARMEN dort, wo es mal so richtig kompromisslos zur Sache geht, man höre 'A World Of Pain', auf solch kompakte und mitreißende Songs ließe sich doch aufbauen. Aber leider kommt dann immer wieder schlappe und wiedergekäute Kost wie 'Night Terrors', die einem den Spaß versaut. Ich wollte es ja eigentlich nicht machen, aber der alte CHILDREN OF BOREDOM-Joke passt hier wie Arsch auf Eimer. Summa summarum kann ich WARMEN nur empfehlen den Weg zur eigenen Identität, zur klaren Kante und zu Bullshit-bereinigten Kompositionen zu wählen. Dann klappt es beim nächsten Mal vielleicht noch besser!

Note: 6,5/10
[Martin van der Laan]

 

Irgendwie würde ich mich ja freuen, das so distanziert wie Martin betrachten zu können, aber ich bin halt generationenbedingt auch eher beim Rest angesiedelt. Seine Kritik zu 'The Driving Force' würde nämlich in dieser Form auch auf sehr viele COB-Tracks zutreffen. Ich find sowas aber halt geil und Alben wie "Hatebreeder" und "Follow The Reaper" sind ein unbestreitbarer Faktor meiner metallischen Sozialisierung und ungestümer Soundtrack meiner Jugend. Der Nachfolger "Hate Crew Deathroll" ist dann nichts anderes als die Blaupause für diese Art Musik und ein Song wie 'Angels Don’t Kill' lief nicht aus Zufall im offiziellen Programm meiner Hochzeit. Ich denke die Ausgangslage ist somit klar. Müssen wir nur noch klären, ob ich bei aller COB-Sehnsucht und möglicherweise auch Verklärung eher zu Team Tobi oder Team Pia tendiere. Und da bin ich eindeutig bei Tobias, denn was WARMEN hier abfeuert ist nichts anderes als ein inoffizieller "Hexed"-Nachfolger mit einem ungeheuren Gespür für Detailverliebtheit um das Erbe der Melodic-Death-Giganten angemessen fortzuführen und einer Nase für erstklassige Songs, die auch ohne Nostalgiebrille funktionieren. Mit einer solchen Brille wird "Here For None" aber erst wirklich großartig, da es jede Menge textliche und musikalische Querverweise zu entdecken gibt und selbst der leicht grenzdebile Humor von Alexi mitschwingt. In diesem Genre gab es für mich dieses Jahr kaum Gleichwertiges und jeder COBHC-Anhänger muss dieses Album sowieso besitzen. Und jetzt alle: "We’re the Hate Crew, we stand and we won’t fall, we all for none and none for all"!

Note: 8,5/10
[Stefan Rosenthal]

 

Als langer CHILDREN OF BODOM-Fan ist das, was WARMEN auf "Here For None" abliefert, wirklich herzerwärmend. Es ist fast schon berührend, mit welchem Enthusiasmus und welcher Nostalgie die zehn Songs in fast jeder Facette den Charme der Bodom-Kinder versprühen und dem verstorbenen Alexi Laiho Tribut zollen. Mir geht es bei Songs wie 'A World Of Pain', 'Night Terrors' oder meinem Favoriten 'The Cold Unknown' wie Tobias, man muss wirklich mehrmals hinhören und schauen, ob es sich nicht doch um eine verschollene Platte von COB handelt, denn es wäre wirklich eine legitime Fortsetzung von "Hexed". ENSIFERUMs Petri Lindroos reiht sich nahtlos ein und mimt die Phrasierung Laihos perfekt, klingt dabei aber gutturaler, was zur Musik sehr gut passt. Ich muss aber auch Pia recht geben, dass der Versuch, den Originalsound zu klonen, total schief hätte gehen können, hätten sich andere Musiker rangewagt. Es ist auch richtig, dass die Musik auf "Here For None" im direkten Vergleich - und das sind wirklich große Fußstapfen - nicht ganz so zwingend tönt, dennoch bleibt ein Album, das jeder CHILDREN OF BODOM-Kenner gehört haben sollte.

Note: 7,5/10
[Jakob Ehmke]

 

Es ist wohl unvermeidlich bei der Besprechung des aktuellen WARMEN-Albums auch auf die Verbindungen zu früheren CHILDREN OF BODOMs einzugehen und zu zeigen, wie sehr "Here For None" an dieses oder jenes Album anknüpft, wie gut es gelungen ist, den Spirit der Werke Laihos einzufangen oder wie man den Sound der unbestreitlich einflussreichen Finnen nach 2023 transportieren konnte. Dabei gehöre ich zu der Fraktion der Leute, die zu CHILDREN OF BODOM im Gesamten nie so die innige Verbindung hatten. Die Musik mag vielleicht ganz gut sein, mich hat sie aber nie vollends überzeugen können und vielleicht bin ich dann hier in einer Gruppentherapie für WARMEN auch falsch, aber "Here For None" ist für mich absolut kein Überwerk oder etwas übermäßig Besonderes. Zwar ist dieser Mix aus neoklassischen Keyboards, den thrashig-deathigen Riffs und dem aggressiven Gesang, zumindest für mich, recht originell. Doch letztendlich trifft das nicht meinen metallischen Nerv, obwohl mir besonders die SLAYER-Reminiszenzen in 'Death's On Its Way' oder das coole Cover des 80er-Hits 'Dancing With Tears In My Eyes' gefallen haben. Handwerklich ist das alles absolut nicht schlecht und auch die Art, wie das gesamte Album aufgezogen wurde, ist objektiv gesehen, ziemlich gut, aber, wie gesagt, berührt mich das wenig.
Für die gute Ausführung und auch die Tatsache, dass glücklicherweise auf kitschigen Klargesang verzichtet wurde, vergebe ich gut gemeinte sieben Punkte.

Note: 7,0/10
[Kenneth Thiessen]

Fotocredits: Reaper Entertainment

Redakteur:
Jakob Ehmke

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