IRON SAVIOR: Interview mit Piet Sielck
01.01.1970 | 01:00Endlich hatten wir die Möglichkeit, mit Erfolgsproduzent und Mastermind von den Shooting-Stars IRON SAVIOR, Piet Sielck, ein Interview zu führen.
Georg:
Wo siehst du die Unterschiede zwischen eurem aktuellen Album und dem Vorgänger?
Piet:
Ich würde sagen, es ist definitiv wieder ein bisschen anders geworden. Es ist wesentlich abwechslungsreicher als die letzten beiden. Die sind ja vom Songwriting her ziemlich gleich, also albumintern. Das erste Album hat eben eine bestimmte Art des Songwritings, ebenso wie das zweite, und das dritte hat natürlich in letzter Konsequenz AUCH seine bestimmte Art des Songwritings, wobei es sich hier dadurch unterscheidet, dass es eben eine sehr weite musikalische Spanne anbietet, wenn ich das mal so sagen darf.
Georg:
Ich habe gesehen, dass Jan diesmal stärker eingebunden wurde.
Piet:
Ja, er hat sich ja schon auf der "Interlude" bewährt, und das haben wir halt jetzt fortgesetzt. Jan hat gute Ideen und soll natürlich dann auch zum Zuge kommen.
Georg:
Auf der RUNNING WILD Tour habe ich euch in Stuttgart gesehen. Die Leute da sind ja nicht grade sehr abgegangen. War das überall so, dass ihr praktisch keine Chance bekommen habt, oder war das nur in Stuttgart so?
Piet:
In Stuttgart war das ein bisschen komisch, aber richtig schlimm fand ich das da auch nicht, muss ich sagen. Generell war es aber auf der Tour anders als in Stuttgart, da wir durchaus ziemlich gut angekommen sind.
Georg:
Vielleicht war es ja ein Fehler, mit einer Band wie RUNNING WILD auf Tour zu gehen, da die so eingefleischte Fans haben.
Piet:
RUNNING WILD haben halt so ein bestimmtes Fan-Klientel sag ich mal, und da sind viele dabei, die echt da stehen und denen es egal ist, was vorher auf der Bühne passiert. Denn das kann in deren Augen ja nicht gut sein, weil's nicht RUNNING WILD ist. Die Show in Stuttgart war so die schlechteste, die wir hatten überraschend für mich gab es aber eine weitere Show, die auch ähnlich war, was eben auch an dieser Fanhaltung mit liegt. Das war in unserer Heimatstadt Hamburg, wo ich mich auch sehr gewundert habe, dass die Reaktionen doch äußerst verhalten waren. Zwar nicht superscheisse, ich hab auch schon schlimmere Konzerte als das in Stuttgart erlebt, aber es sprang kein Funke über. Und so war das in Hamburg halt auch.
Georg:
Das wundert mich jetzt eigentlich, da ihr ja neben RUNNING WILD in Hamburg sowas wie die Lokalmatadore seid.
Piet:
Es gab aber auch andere Shows, wo im Prinzip schon, bevor wir auf der Bühne waren, es draussen große "IRON SAVIOR"-Sprechchöre gab. Von daher haben wir alles gesehen auf dieser Tour, mittelmäßige Shows, schlechte Shows, supergeile Shows.
Georg:
Ist nächstes Jahr wieder was geplant?
Piet:
Ja, wir werden jetzt im Februar mit HELLOWEEN auf Tour gehen. Dann haben wir allerdings vor, dass wir uns im April vielleicht auch mal in Eigenregie auf die Bretter wagen werden.
Georg:
Gleich hinterher?!
Piet:
Was heisst gleich hinterher, eigentlich war das der Ursprungsplan, wir wollten nächstes Jahr eigentlich nicht nochmal eine Supportgeschichte machen. Aber da, wie gesagt, HELLOWEEN im Februar stattfindet und der Release unserer neuen Platte im Januar ist, war das vom Timing her so einfach optimal, dass wir zumindest die deutschen Termine mitfahren werden. Im April werden wir uns dann eher auf Europa konzentrieren, wo wir dann aber bestimmt auch nochmal zwei oder drei Shows in Deutschland machen werden. Natürlich nicht genau da, wo wir zwei Monate vorher schon mit HELLOWEEN waren.
Georg:
Was ist bisher dein Lieblingssong von IRON SAVIOR, wo du sagen kannst, dass du ohne den kein Konzert spielen würdest?
Piet:
Das ist für mich immer noch "Atlantis Falling". Wir können nicht auf die Bühne gehen, ohne "Atlantis Falling" zu spielen, das geht nicht.
Georg:
Zu der Geschichte: Die IRON SAVIOR Story war bisher recht interessant, aber jetzt ist da doch eine ziemlich obskure Wendung gekommen. Ist dir da kein anderer Weg mehr eigefallen?
Piet:
Inwiefern meinst du obskure Wendung? Es ist nicht unbedingt eine Fortsetzung der Geschichte, es ist sozusagen eine Episode.
Georg:
Ich fand's halt ein bisschen an den Haaren herbeigezogen.
Piet:
Ja, mein Gott, also, entweder ist die Geschichte zu Ende und man lässt sie sein, oder man führt sie weiter. Ich meine, die Idee finde ich jetzt eigentlich nicht so richtig schlecht, muss ich dir jetzt ehrlich gestehen. Ich find sie ganz OK (lacht).
Georg:
Ich hatte so den Eindruck gehabt, dass die Geschichte weitergehen muss. Wie man es halt aus vielen Fernsehserien auch kennt...
Piet:
NÖÖÖ, das hätte sie überhaupt nicht gemusst. Es war durchaus auch im Gespräch, dass wir einfach mal kein Konzeptalbum machen. Das war eigentlich auch der Ursprungsplan, ich hatte ja auch nach der "Unification" gesagt, dass ich mir beim dritten Album durchaus vorstellen könnte, das einfach mal zu lassen mit dem Konzept. Eben auch mal ein ganz "nomales" Album zu machen, um dann vielleicht zu einer späteren Zeit nochmal auf die Geschichte zurückzukommen oder auch nicht oder wie auch immer. Also, ich fand die Geschichte einfach gut, und deswegen hab ich mir gesagt, ich geb mir den Stress halt nochmal und mach nochmal ein Konzeptalbum. Ich mag meine Geschichte (lacht).
Georg:
Auf dem neuen Album ist jetzt schon der dritte JUDAS PRIEST Song, den ihr covert...
Piet:
Nein, ich muss dich korrigieren, das ist sogar insgesamt der vierte.
Georg:
Hat es einen speziellen Grund, dass es euch grade JUDAS PRIEST so angetan hat?
Piet:
Nee, das hat keinen Grund. Die Leute fragen immer nach dem Grund für diese Coverversionen. Es gibt keinen Grund! Das machen wir einfach aus Spaß.
Georg:
Wobei es jetzt bei JUDAS PRIEST schon etwas auffällig wird.
Piet:
Das ist richtig. JUDAS PRIEST ist wohl die Band, die zumindest Kai und mich und Thomas wohl auch so am meisten inspiriert hat. Wir sind halt alle Kinder der frühen 80er, da waren die ganzen Bands des New Wave Of British Heavy Metal (NWOBHM) angesagt. JUDAS PRIEST waren mit die Besten, die haben wirklich einen sehr hohen Einfluss auf das genommen, was ich jetzt so mache. Von daher könnte ich im Prinzip noch weitere Titel von JUDAS PRIEST covern, da hätte ich überhaupt kein Problem mit.
Georg:
Ich hab mal in irgendeinem Interview gelesen, dass du versuchst, Songs von JUDAS PRIEST zu covern, die vor deren Top-Album "Painkiller" gekommen sind.
Piet:
Ja, "Painkiller"-Titel wird es auch nicht als Coverversion geben, sondern nur von der Zeit davor.
Georg:
Ich weiss, die nächste Frage kommt bestimmt alle 25 Interviews, aber hab ich das jetzt richtig mitgekriegt, dass der Kai bei euch immer dann einspringen wird, wenn er Zeit hat, sowohl live als auch auf Album?
Piet:
Auf Alben ist er grundsätzlich dabei, und live ist es so, wie du es gesagt hast. Wenn wir jetzt allerdings im April auf Tour gehen, wird Kai auf jeden Fall dabei sein. Eigentlich wäre ich schon gerne im März unterwegs gewesen, das geht aber nicht, weil er da noch nicht kann. Deswegen machen wir das im April, damit er mitkommen kann.
Georg:
Aha, dann heisst es also: die nächste richtige Tour mit Kai.
Piet:
Richtig, aber das haben wir ja auch von Anfang an gesagt, dass wir, wenn wir supporten, das auch ohne Kai machen wenn's sein muss. Das war nun eben zweimal so, einmal mit GRAVE DIGGER und einmal mit RUNNING WILD. Aber wir haben damals auch ganz klar gesagt, dass, wenn wir als Headliner auf Tour gehen, das nicht ohne Kai machen werden.
Georg:
Sein Name zieht ja auch wieder gut Leute.
Piet:
Puhhh, das seh ich nicht so, muss ich dir ganz ehrlich sagen. Das seh ich jetzt ganz einfach aus der Tatsache heraus, dass die Tour sich nicht nur wegen dem Namen Kai Hansen wie von selber bucht. Es wird aber mit Sicherheit ein gewisser Anreiz sein.
Georg:
Kai hat eben eine große Fanschar, die ihn gerne sieht, das wollte ich damit sagen. Da du ja mit Kai aufgewachsen bist, seid ihr dann ja so richtige Freunde von Kindesbeinen an.
Piet:
Ja, wir haben uns kennengelernt, als ich 11 war, also kann man das so
stehenlassen.
Georg:
Gibt es da auch eine lustige Anekdote über euch beide, die du preisgeben würdest?
Piet:
Also die lustigste Anekdote fand ich nach wie vor...ich weiss nicht, aber die hab ich, glaub ich, schonmal im Metal Hammer erzählt, das war, wie wir den Bandwettbewerb gewonnen haben.
Georg:
(lacht) Den Hammer liest ja kein Metaler. Dann kannst du es hier nochmals zum Besten geben.
Piet:
Also, das fand ich eine sehr witzige Begebenheit, das war mehr oder weniger die erste Show, die wir gemacht haben. Wir hießen damals GENTRY, haben vier Coverversionen und eine Eigenkomposition gespielt und haben damals an einem Schülerband-Wettbewerb teilgenommen. Wir waren auch gar nicht so übel. Natürlich haben wir 1000 Freunde hingeschleppt, und meine Mutter hatte aus irgendwelchen Gründen, die ich bis heute nicht recht kenne, einen Müllsack voller Chipstüten von Aldi dabei, als Verpflegung für die ganze Schar. Es gab dann Stimmzettel. Wir haben dann gar nicht mitgekriegt, dass unsere Kumpels während die anderen Bands gespielt haben, mit den Chipstüten durch die Gegend gezogen sind und Chipstüten gegen Stimmzettel eingetauscht haben. Und nachher hatten wir so viele Stimmzettel dabei, dass wir gewonnen haben. (lacht)
Georg:
Du hast also nicht erst seit IRON SAVIOR an der Klampfe gestanden und gesungen?
Piet:
IRON SAVIOR war meine erste professionelle Band. Als ich so 18, 19 war, habe ich mit Kai in diversen Bands gespielt, das waren aber alles keine Profibands, da haben wir halt in Jugendzentren gespielt, was man eben so macht als Schüler-, Teenie- oder Jugendband, wie du es auch immer nennen willst. Irgendwann hatte ich keinen Bock mehr und bin ausgestiegen, weil mir das zu frustrierend war. Wir waren unserer Zeit damals einfach schon ein bisschen voraus, wir hatten im Prinzip schon die ganzen Titel, die man von der "Walls Of Jericho" her kennt, "Murderer", "Gorgar", "Victim Of Fate", "Phantoms Of Death", das hatten wir alles schon und haben auch alles schon live gespielt, aber es wollte eben keiner hören. Irgendwie wollten alle entweder UFO oder AC/DC und so einen Kram hören. Mit Double Bass konnte zu dieser Zeit keiner etwas anfangen. Von daher kam es dann für mich irgendwann zu dem Punkt, wo es für mich echt frustrierend war, weil wir echt immer geprobt und das ganze Zeug selber aufgebaut haben, um dann vor drei halbbetrunken Typen zu spielen. Das hab ich eineinhalb Jahre gemacht, und dann hatte ich keinen Bock mehr und bin ausgestiegen.
Georg:
Und dann bist du Produzent geworden?
Piet:
Dann habe ich etwa drei Jahre lang nichts mit Musik gemacht und hab dann angefangen, im Studio zu arbeiten und bin dann über die Schiene mehr oder weniger Produzent geworden.
Georg:
Vorher warst du also Tontechniker?
Piet:
Genau.
Georg:
Bei HEAVENLY ist mir beispielsweise aufgefallen, dass das bei vielen Songs sehr stark nach IRON SAVIOR klingt. Ist der Einfluss eines Produzenten so groß oder hatten die von vorneherein die Songs schon in diese Richtung gestrickt?
Piet:
Die hatten die Songs schon in diese Richtung gestrickt. Mein Gott, die Jungs sind halt auch GAMMA RAY und IRON SAVIOR Fans gewesen. An dem Material habe ich von daher nicht viel verändert. Ich habs halt einfach gut aufgenommen und hie und da helfend eingegriffen, aber ich habe nicht die ganzen Titel neu geschrieben. Eine Produktion die ich mache hat natürlich ein gewisses Klangbild und das ist auch gut so.
Georg:
Aber wie stark ist der Einfluss eines Produzenten nun wirklich?
Piet:
Also bei großen Bands kannst du keinen Einfluss mehr nehmen. Es gibt da eine ganz simple Regel. Wenn sich die Musiker absolut sicher sind, daß sie etwas so machen wollen, dann wird das auch so gemacht. Es ist ja schließlich ihr Material, das da aufgenommen wird. Ein Produzent ist meiner Meinung nach da, um dafür zu sorgen, daß es gut gemacht wird. Und hie und da soll er Tips geben. Aber er ist nicht dazu da um zu Entscheiden, was gemacht wird. Die Musiker sollen da schon das letzte Wort haben. So Bands wie BLIND GUARDIAN wissen wenn sie ins Studio gehen zu 99% was sie machen wollen. Das sind auch Bands die meiner Meinung nach keinen Produzenten mehr brauchen. Wer einen Produzenten braucht, das sind junge Bands, die sich nicht ganz sicher sind, die nicht sicher sind ob das auch gut ist was sie machen wollen. Oder auch Bands die ihren Stil verändern wollen. Da kann es auch Sinn machen, die eigene Birne etwas zurückzustecken und den Produzenten einfach mal machen zu lassen. Wenn man immer in seiner eigenen Welt gefangen ist, dann entwickelt man sich halt nicht so gut weiter.
Im Großen und Ganzen sind es die Kleinigkeiten, die die Produzententätigkeit ausmachen. Manchmal gibt es Gesangslinien, die etwas ungeschickt gewählt waren, wo das gesungene Wort nicht mit dem Melodiebogen zusammenpasst.
Georg:
Vielen Dank.
- Redakteur:
- Georg Weihrauch