Interview mit Marius Danielsen
08.06.2021 | 23:52Am 7. Mai 2021 hat MARIUS DANIELSEN den dritten Teil der "Legend Of Valley Doom"-Reihe veröffentlicht. Mit dabei sind wieder viele illustre Gastmusikerinnen und -musiker und ich dachte mir, dass es Zeit ist, ihm einmal ein paar Fragen zu stellen, um ihn ein bisschen besser kennenzulernen.
Hallo Marius, ich freue mich, dass ich dieses Interview mit dir machen kann. Als ein Kollege mich gebeten hat, die Rezi von "Legend Of Valley Doom - Part 3" zu übernehmen, kannte ich dich noch gar nicht. Ich habe kurz reingehört und direkt gesagt, dass ich das gerne machen werde. Der kleine Haken ist mir erst etwas später aufgefallen: Wenn das Part 3 ist, dann muss es davor ja wohl Part 1 und 2 gegeben haben...
Also habe ich mir alle drei Teile erst einmal angehört – über drei Stunden Power Metal, das hat schon Spaß gemacht. Es war fast wie ein Besuch in der Oper. Ich würde deine Musik als "Symphonic Opera Power Metal" bezeichnen, liege ich damit richtig?
Das wäre eine sehr gute Beschreibung. Für Leute, die mit meiner Musik nicht vertraut sind, sage ich oft, dass es IRON MAIDEN auf Speed mit einem Schuss "Phantom der Oper" und "Les Misérables" ist, haha.
Ich habe irgendwo gelesen, dass du mit 17 Jahren angefangen hast, an der Geschichte von "Legend Of Valley Doom" zu arbeiten. Erzähl doch mal ein bisschen, wie bist du überhaupt auf diese Idee gekommen? Doch sicher nicht nur bei deinem Waldspaziergang in Bolsøya mit deinem Hund Ghost.
Ja, ich habe das erste Lied 2005 geschrieben, als ich 17 Jahre alt war. Es hieß 'The Legend Of Valley Doom' und landete zehn Jahre später in Teil 1. Ich habe natürlich viele Sachen hinzugefügt, mein Bruder hat den Refrain hinzugefügt und ich habe die meisten Texte neu geschrieben. Aber viele der Melodien waren schon damals da. Meine Haupteinflüsse für "Legend Of Valley Doom" waren die Filme "Braveheart" und "Herr der Ringe". Ich war schon immer an Schwertern und Schlachten interessiert. Wikinger, Samurai, Ninja Turtles, Power Rangers, Street Fighter, Star Wars, was auch immer. Auch an Spielen wie "Tomb Raider". Als ich IRON MAIDEN 2003 mit Eddie als William Wallace ("Braveheart") das Lied 'The Clansman' spielen sah, wusste ich, was ich tun musste. Ich habe mir sofort eine Fender Stratocaster gekauft, sobald ich von dieser Reise nach Hause kam. Ich fing an zu lernen, wie man einige MAIDEN-Songs spielt und zwei Jahre später wollte ich mein eigenes Universum vom Typ "Herr der Ringe" machen, das mit Musik erzählt wurde.
Es gibt doch bestimmt Bands, die dich besonders inspiriert haben?
IRON MAIDEN ist mein Haupteinfluss. Es ist die beste Band, die es je gab. Andere Bands, die meinen Sound mitgeprägt haben, sind RHAPSODY, FREEDOM CALL, MANOWAR, HELLOWEEN und RAMONES. AVANTASIA kam ein paar Jahre später, ist aber auch sehr wichtig für mich.
Du arbeitest ja mit sehr vielen illustren Gastmusikern zusammen. Wie schaffst du es denn, diese für deine Projekte zu gewinnen? Viele sind ja nur für einen Song dabei.
Es kommt immer darauf an, ob ihnen der Song gefällt oder nicht. Und manchmal kann es sehr schwierig sein, den Song dem Künstler, mit dem man zusammenarbeiten möchten, vorzuführen. Man muss an Managern vorbei usw. Sobald man jedoch die Musik vorstellen kann, ist es sehr wichtig, dass die Demo so fertig wie möglich ist und professionell klingt. Wenn nicht, sehen sie möglicherweise nicht das volle Potenzial des Projekts. Jetzt kann ich drei Alben vorzeigen, also ist es ein bisschen einfacher geworden.
In Teil 1 hatte ich nicht viel anzubieten, daher war es sehr wichtig, dass ich mein Produkt gut verkaufen und die Gastmusikerinnen und Gastmusiker davon überzeugen konnte, dass es fantastisch werden würde. Einige von ihnen erscheinen deshalb nur in einem Song, weil die Geschichte so aufgebaut ist. Die Haupthelden treffen unterwegs auf etliche Schurken, Götter, Torhüter und andere Kreaturen. Sie folgen ihnen aber nicht durch die Geschichte.
Wenn du deine Musik schreibst, weißt du ja noch nicht, wer diesen Song später mal singen wird. Ich denke dabei besonders an Teil 1, als deine Arbeit ja noch relativ unbekannt war. Sagst du dir: He, diesen Song schreibe ich jetzt für Sänger xy und fragst erst dann, ob er auch beim Projekt mitmacht? Oder ist es eher andersherum?
Für Teil 1 wurde die Hälfte des Albums bereits zwischen 2005 und 2010 geschrieben. Also musste ich für diesen Teil nach Sängern suchen, die zu den Songs passen könnten. Songs wie 'Angel Of Light' wurden speziell für die Stimmen von Michael Kiske und Daniel Heiman geschrieben. Es ist also ein bisschen von beidem. 'By The Dragon's Breath' wurde auch speziell für Blaze Bayley geschrieben, ich wollte für ihn einen IRON MAIDEN-trifft-auf-Neoklassik-Song. Naja, es ist irgendwie beides, hihi.
Wenn du dein gewünschtes Line-up gefunden hast, wie schwierig ist es denn, alle unter einen Hut zu bekommen? Moderne Technik hin oder her.
Es ist äußerst wichtig, die Kontrolle über alles zu behalten. Ich habe dieses riesige Blatt mit Farbcodes, auf dem ich ankreuze, was schon erledigt ist, was ich schon bekommen habe und was noch zu tun ist. Es befriedigt ungemein, wenn ich sehe, wie sich auf diesem Blatt immer mehr leere Stellen mit roten Markierungen füllen, haha.
Eine andere Sache, um sie alle unter ein Dach zu bringen, ist, dass bei Songs mit vielen Sängern die einzelnen Teile zu ihnen passen müssen. Wenn nicht, würde sich alles wie ein Copy-Paste-Projekt anfühlen und nicht so zusammengehörig, wie es sein sollte. Daher muss in jedem Schritt der Produktion alles gut geplant werden.
Jetzt ist ja "Legend Of Valley Doom" abgeschlossen, gibt es denn schon neue Ideen für neue fantasievolle Geschichten, die du in Musik umsetzen möchtest?
Ich habe den Traum, eines Tages ein von "Der Herr der Ringe" inspiriertes Album zu machen. Zurück zu meinen Wurzeln zu gehen und dem Anerkennung zu zollen, was mich als Musiker und Geschichtenerzähler geprägt hat. Ich glaube auch nicht, dass ich "Legend Of Valley Doom" jemals für immer beiseite legen kann. Es war ein halbes Leben ein Teil von mir, also sollte sich niemand wundern, wenn es irgendwann einmal eine Fortsetzung, ein Prequel oder was auch immer geben wird. Eine Art Spin-Off-Geschichte. Wir werden sehen.
Möchtest du dich überhaupt nach diesem gigantischen Epos, das ja bis zur endgültigen Verwirklichung doch einige Jahre gedauert hat, noch einmal in so eine Arbeit stürzen?
Es ist fast wie eine Sucht, wenn du hörst, wie deine Lieder von einigen deiner Lieblingskünstler gespielt und gesungen werden. Eines Tages könnte es also schon anderes Material geben. Vielleicht nicht mit 50 Gaststars, aber vielleicht kleinere Geschichten mit einer kleineren Besetzung.
Ich liebe Fantasy-Geschichten, besonders mit Drachen (ja, ja, schon wieder ein Outing... ich kann ganz genau euer Grinsen sehen). Könntest du dir vorstellen, ein reines "Drachenepos" zu schreiben, so à la Eragon?
Das wäre episch. Oder wie wäre es mit einer "Legend-Spin-Off-Geschichte" über das "Kristallschwert"? Das wurde tatsächlich 'By The Dragon's Breath' geschmiedet, hehe... [in "Legend Of Valley Doom Part 2" - Anm. d. Verf.]
Wie sieht es aus, mit "Legend Of Valley Doom" auf Tour zu gehen? Nicht nur die Länge dürfte eine Herausforderung sein, auch die Anzahl der Mitwirkenden. Wahrscheinlich müsstest du dir ja eine ganz neue Truppe zusammenstellen, denn es dürfte extrem unwahrscheinlich sein, dass auch nur ein Teil der Gastmusikerinnen und Gastmusiker gleichzeitig Zeit hat, auf so einer Tour dabei zu sein. Hast du dir darüber schon einmal Gedanken gemacht?
Wir haben bisher drei Shows mit meiner "Legend Of Valley Doom-Liveband" gemacht. Der Schlagzeuger aus Teil 1 und Teil 3 und von DARKEST SINS ist in der Band. Mein Leadgitarrist hat auf allen Alben ein paar Soli gespielt, der Bassist spielte bei allen Songs in Teil 3, ebenso mein Bruder, der natürlich - wie auch meine Frau - auf allen Alben dabei ist. Als Gastsänger hatten wir Bernt Fjellestad von GUARDIANS OF TIME (Gast in Teil 3) und Jan Thore Grefstad von SAINT DEAMON (Gast in Teil 2) dabei. Es wäre sehr cool, in Zukunft eine Tour mit noch mehr Sängerinnen und Sängern zu machen. Wir sind für alles bereit! Es wäre ein Traum, dies auf große Bühnen wie Wacken und andere großartige Metal-Festivals zu bringen.
Meine Vorstellung wäre natürlich, alle drei Teile ungekürzt aufzuführen, also tatsächlich wie eine Opernaufführung. Wäre das auch in deinem Sinne?
Oh ja, haha!
Ich könnte mir sogar einen Ort vorstellen, der dafür geeignet wäre: die Loreley. Da fanden vor Corona immer tolle Festivals statt. Würde dir so ein natürliches Amphitheater gefallen? Das würde doch hervorragend zum Albumkonzept passen und da ließen sich bestimmt auch tolle Effekte verwirklichen. Einziger Knackpunkt ist halt in so einem Fall das Wetter... man könnte natürlich auch gleich die "Arena de Verona" in Betracht ziehen, haha.
Ja, das wäre fantastisch! Hast du zufällig Kontaktinformationen? Haha. Oh ja, ich würde gerne an so tollen Orten spielen.
Gut, "Legend Of Valley Doom" ist ja erst einmal beendet. Wie sieht es denn mit deinem anderen Projekt DARKEST SINS aus? Da hast du 2016 "The Broken" veröffentlicht, können wir da auch etwas Neues erwarten?
Wir haben ein paar unveröffentlichte Songs, die meiner Meinung nach sehr gut sind. Und auch einige Songs aus unserer ersten Demo, die ich gerne neu und professionell aufnehmen würde. Mal sehen, was die Zukunft so bringt. Alle Mitglieder von DARKEST SINS sind ja auch in meiner Liveband für "Legend Of Valley Doom". Und sie sind außerdem mit vielen anderen Projekten beschäftigt. Aber wir werden eines Tages ein weiteres DARKEST SINS-Album veröffentlichen, da bin ich mir sicher.
Ich habe natürlich ein wenig auf deinem Youtube-Kanal herumgestöbert, da ist mir aufgefallen, dass du auch Coversongs machst. Ich mag das, weil es interessant ist, wie andere Musiker die Songs auf ihre Art und Weise interpretieren. Es gibt da auch ganz viele Akustikversionen, die mir ziemlich gut gefallen - witzigerweise kenne ich 'Carry On', deine Hommage an André Matos, tatsächlich von Dan Vascs Youtube-Kanal. Beeindruckend war auch 'We Are The World'. Viele deiner Coverversionen scheinst du aber einfach nur aus Spaß an der Sache zu machen. Wie wichtig ist das für dich?
Das ist ja cool. Ein sehr talentierter Typ! Ich liebe es, Coversongs zu machen. Besonders 'We Are The World' war ziemlich lustig. Aber ich liebe auch 'Shelter From The Rain', 'Highway Star', 'Paranoid', 'In A Gadda Da Vida' und die vielen, die ich mit meiner Frau zusammen mache. Die Power-Metal-Version von 'Joline' zum Beispiel, oder 'Shallow – A Star Is Born'.
Oh, auch euer Weihnachtsspecial war eine tolle Idee. Wirst du solche Livestreams beibehalten?
Wir lieben es, Livestreams zu machen, deshalb werde ich das auf meinem YouTube-Kanal fortsetzen.
Gibt es andere Projekte, die du gerne verwirklichen möchtest?Ich möchte in Zukunft gerne immer mehr Studioarbeit für andere machen. Ich habe in letzter Zeit viel als Gastsänger mitgewirkt und hatte auch einige Mixing- und Mastering-Jobs. Das sind Dinge die ich anstrebe, um eines Tages mein Haupteinkommen damit zu erzielen.
Und woran arbeitest du gerade?
Ich helfe meiner Frau Anniken Rasmussen Danielsen bei der Produktion ihres Soloalbums. Es wird von derselben Person gemischt, die "Legend" Part 2 und 3 gemischt hat und wird fantastisch klingen. Es ist jetzt fast fertig, eigentlich warten wir nur noch auf ein Gitarrensolo. Auf dem Album wirken auch ein paar großartige Gäste mit, deshalb freut sie sich darauf, bald ein paar Sachen zu enthüllen.
Außerdem helfe ich meinem Bruder bei seinem neuen EUNOMIA-Album, das irgendwann in diesem Sommer erscheinen wird. Und ich mache jede Menge Studioarbeit für andere Bands und Künstler.
Ich habe neulich schon einen anderen Künstler gefragt, wie wichtig inzwischen Medien wie insbesondere Youtube, aber auch Facebook und Twitter sind. Ich gehe mal von mir aus. Wenn ich beispielsweise etwas über Künstler erfahren möchte, führt mich mein erster Weg inzwischen natürlich zu Youtube. Von da zu deren Website oder zu Facebook. Hast du festgestellt, dass man übers Internet mehr Menschen erreichen kann?
Ja, für mich ist es sehr wichtig, mit den Menschen in Kontakt zu bleiben, die meine Musik mögen. Daher bin ich ziemlich aktiv in sozialen Medien wie Facebook, Instagram und YouTube. Ich habe auch TikTok, aber ich glaube nicht, dass ich ein riesiger TikTok-Star mit Tanzvideos usw. werde, haha.
Allerdings gibt es dort auch viele Möglichkeiten, sich das gewünschte Material "zu besorgen", oft leider auch an den Künstlern vorbei. Was ja sicher nicht so ganz in deren Sinne sein dürfte. Bringt die Online-Präsenz trotzdem mehr Vorteile?
Es ist nicht besonders lustig zu sehen, wie deine Songs am Tag VOR der Veröffentlichung auf YouTube und Torrent-Sites veröffentlicht werden. Das ist bei Teil 2 und Teil 3 passiert. Und ich kann nichts dagegen tun. Teil 3 hatte in ein paar Stunden auf einer Torrent-Site am Tag vor der Veröffentlichung 700 Album-Downloads. Hätten die Leute, die es heruntergeladen haben, es stattdessen gekauft, könnte ich schneller Musik produzieren. Es kostet eine Menge Geld, ein solches Album zu machen, daher ist es natürlich ein bisschen traurig, dass viele meinen, es sollte kostenlos gehört werden. Als positive Seite des Ganzen denke ich, dass es in gewisser Weise auch eine großartige Publicity ist. Vielleicht mögen diejenigen, die es kostenlos herunterladen, die Musik und gehen später vielleicht zu einem Konzert oder kaufen ein T-Shirt oder was auch immer.
Mal abgesehen davon, dass es schön wäre, wenn nicht mehr alles von Corona lahmgelegt würde, was wünschst du dir für die Zukunft?
Einige epische Shows auf Festivals auf der ganzen Welt zu machen. Die Leute kennenlernen, die meine Musik mögen und mich schon seit vielen Jahren unterstützen.
Vielen Dank für das Interview. Ich wünsche dir, deinen Bandkollegen und deiner Familie alles Gute und weiterhin viel Erfolg.
Ich danke dir auch sehr.
Fotocredits:
Schwarz-Weiß-Foto: Jon Artamendi
Artworks:
Part 1 - Rob Joseph
Part 2 & 3 - Dusan Markovic
Foto am Meer: Anniken Rasmussen Danielsen
- Redakteur:
- Hannelore Hämmer