LIQUID GRAVEYARD: Interview mit Raquel und John Walker

12.10.2009 | 15:17

LIQUID GRAVEYARD überzeugt mit einer neuen, eigenständigen Mischung aus Death und traditionellem Metal. Ich korrespondierte mit dem Ehepaar Raquel und John Walker.

Unlängst sprach ich mit dem Ehepaar John and Raquel Walker von LIQUID GRAVEYARD, einem neuen Metalprojekt, das auf unverbrauchte Weise progressiven Death Metal mit klassischem Heavy- und Melodic-Metal-Stoff fusioniert.

Gefunden hat sich die Band laut Raquel recht leicht, da die Walkers um Bassist Adrian de Buitléars Offenheit bereits wussten und ihn als intelligenten Musiker schätzten, und da Schlagzeuger Acaymo D. ihnen als langjähriger professioneller Sessionmusiker in verschiedensten Projekten bekannt war. Da man sehr gut miteinander auskommt, fallen auch die Proben leichter. Und deren Ergebnis kann sich hören lassen!

Nach der obligatorischen Gratulation zur Vielfältigkeit und Einzigartigkeit des aktuellen LIQUID GRAVEYARD-Albums "In Evil Days" möchte ich von den beiden gerne auch noch eine Selbsteinschätzung ihres Sounds hören, der nun wirklich alles andere als gewöhnlich oder einfach zu klassifizieren ist. John und Raquel beschreiben ihren Stil als eine Art Hybridmetal, bei dem es nur um das Songwriting geht: Real, ehrlich, direkt und erinnerlich sollen die Songs sein, Kategorien sind ihnen nicht wichtig. Die Definition bleibt dem Hörer überlassen, falls ihm der Genuss alleine nicht ausreicht. Eine Hörerschaft, die sich vom Sound der Gruppe angesprochen fühlt, entstammt tendentiell dem Metalfanlager, besitzt darüberhinaus aber auch die Fähigkeit, sich auf andere Musik einlassen zu können, wie beide Interviewpartner anmerkten. So kamen bei Gigs in Spanien auch schon Szenegänger zusammen, die unterschiedlichen Lagern entstammten, einen Gothic-, Hard-Rock- oder Power-Metal-Hintergrund hatten.

Das Live-Spiel diente der Band auch im Vorfeld ihrer Studioarbeit, da man mit vielen Songs auf der Bühne noch experimentierte oder sie abänderte. Etwa 80% der Titel gingen durch eine solche Feuerprobe, die übrigen wurden während Bandproben geschrieben. John betont, dass jeder Song unterschiedliche Wurzeln schlug, bevor man ihn zu einem Abschluss brachte. Überhaupt versteht er Kreativität als eine andauernde Erfahrung, wohingegen die CD-Aufnahme ein musikalisches Zeitdokument oder ein Tagebuch darstellt. Nach der Aufnahme zieht er einen Strich unter die Songs, und lässt sie sich live vielleicht noch entwickeln. Dann beginnt auch schon wieder der Prozess des Ideensammelns, und so sollen auch die Songs von "On Evil Days", mit minimalen Änderungen, formgetreu aufgeführt werden. Dabei dürfte helfen, dass die Band im Studio die gleichen Instrumente benutzte, die von LIQUID GRAVEYARD auch live gespielt werden. Als eine große Hilfe während der exzellent ablaufenden Arbeit im Sadman Studio im Süden von Madrid bezeichnet John seinen dortigen Weggefährten Carlos Santos, welcher die Band bei der Verwirklichung von "On Evil Days" unterstützte.

Auf CARCASS und COVEN angesprochen, zu deren Stil ich in den Stücken 'Rumours Are Black Like Machine Guns' bzw. 'From The Tower' Parallelen zu erkennen glaube, merkt John an, dass er mit seiner früheren Band bereits mit CARCASS auf der Bühne stand, und mit der Band auch befreundet ist. Den Sound von COVEN hingegen möchte er noch kennenlernen.

Ihre Inspiration bezieht die Band aus dem Leben selbst (John) sowie aus politischen und sozialen Fragen, die sich auch in Raquels Texten niederschlagen können. Auf die Frage, ob es ungewöhnlich sei, mit dem Lebenspartner gemeinsam in einer Band zu sein, antwortet sie, dass der einzige Unterschied zu einer anderen Band darin bestünde, nach den Proben gemeinsam heimzugehen.

Ebenso harmonieselig wie die Arbeit in der Band sieht Raquel Walker die Frage nach dem Zugang zum Publikum: Jede Band müsse ihren eigenen Weg finden, der stets gültig sei, solange die Zuhörer die Show genießen. Mich interessierte hier die Frage, wie LIQUID GRAVEYARD zu Maßnahmen der Musikvermittlung steht, die über das reine Spielen hinausgehen: Vom klassischen Bühnengebaren über Verkleidungen, Tanz- und Jongleurdarbietungen, das Spiel mit weiteren Medien wie Nebelwerfern, Pyrotechnik, Licht-, Dia- und Videoshows bis hin zur Blutfontänen gibt es ja ein weites Spektrum an Ver(schlimm?)besserungen, die Bands nutzen, um die Eindrücklichkeit der Musik auf der Bühne zu steigern, von aufwendigen Albengestaltungen für den Hausgebrauch ganz abgesehen...

Welchen Weg eine Band auch geht - Raquel glaubt fest daran, dass der Hauptfokus stets darauf liegt, gute Musik zu schreiben und eine gute CD abzuliefern, weil es letztlich die Musik sein wird, die eine Band erinnerungswürdig sein lässt oder eben nicht. Offensichtlich sei es ja so, dass jegliche Extraaktivitäten, die Bestandteil von Shows sind, irrelevant werden, wenn es darum geht, die Musik einer Band zu kategorisieren. Bei LIQUID GRAVEYARD drehten sich die Shows exakt darum, widerzuspiegeln, worum es in der Musik geht. Daher werde man auch keine Blutfontänen oder Masken auf die Bühne bringen, weil solche Sachen nichts mit der Gruppe zu tun hätten.

Einen Tourplan gibt es derzeit zwar noch nicht, da die Band erst einmal die CD promoten möchte, aber einige Orte in Europa werden sicherlich in den Genuss einer Livedarbietung kommen. Auf die Frage nach - ruhig auch schon verblichenen - Traumpartnern auf den Brettern, die die Welt bedeuten, greift John meine Assoziationen vom Anfang des Interviews wieder auf: "Ich weiß nicht, CARCASS und COVEN vielleicht..."

Zuviel zu neuen Konzepten weiterer LIQUID GRAVEYARD-Veröffentlichungen möchte John nicht preisgeben, aber möglicherweise steht eine etwas ausgedrechseltere Form ins Haus. Auf jeden Fall aber möchte er wieder ein Werk abliefern, das den gleichen Zusammenhalt bietet wie die Stücke auf "On Evil Days".

Da dringe ich auch gar nicht weiter in ihn, sondern sprenge den Zusammenhang zum Abschluss mit einem kleinen Assoziationsspielchen, bei dem sich vor allem Raquel hervortut. Hier die Transkription:


Eike: Tod.

Raquel
: Die Realisierung unser eigenen Zerbrechlichkeit.


Eike: Todesmetall.

Raquel: CANCER!


Eike: Gothic.

Raquel: Künstlerische Bewegung in Europa vom XII. bis zum XIV. Jahrhundert.


Eike: 1760.

Raquel: Die durchschnittliche Anzahl an Stunden pro Jahr, die eine Person bei der Arbeit zubringt. Das saugt.


Eike: Die Zukunft.

Raquel: Steht auf dem Spiel.


Eike: Gefahr.

Raquel: 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche.


Eike: Hass.

Raquel: Totale Energieverschwendung.


Eike: Gier.

Raquel: Ein zu häufig auftretender genetischer Fehler, fürchte ich.


Eike: Die 1960er.

John: THE BEATLES.


Eike: Die 1970er.

John: BLACK SABBATH.


Eike: Die 1980er.

Raquel: Haarspray, Aids-Kampagnen, Heroin, unglaubliche Bands und "Bladerunner".


Eike: Synthesizer.

Raquel: Ja, warum nicht?


Eike: Meditation.

Raquel
: Etwas, dessen ich unfähig bin. John andererseits übt das gerne aus.


Eike: Elfenbeinturm.

Raquel: Kindheit.


Eike: Ameisen.

Raquel: Z und Prinzessin Bala.


Eike: Liquidität.

Raquel: Hydrophobie.


Eike: Des Teufels Blut.

John: Öl.


Aber genug der Worte. Das letzte haben natürlich - wie immer - die Musiker, Raquel und John: "Danke für das Interview und deine herzlichen Worte zum Album. Wir hoffen, wir sehen dich und eure Leser, wenn LIQUID GRAVEYARD einige Gigs in Deutschland spielt."

Redakteur:
Eike Schmitz

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