NOMAD SON: Interview mit Albert Bell, Chris Grech und Edward Magri

07.09.2009 | 14:34

Die Band NOMAD SON gehört für mich zu den größten Überraschungen der letzten Monate. Bestehend aus den Mitgliedern der Prog-Rock-Truppe FRENZY MONO und dem FORSAKEN-Bassisten Albert Bell, hat sie mit "First Light" ein bärenstarkes Doomalbum veröffentlicht, welches bei mir am Jahresende sicherlich hoch in der persönlichen Jahreshitparade stehen wird. Es stand also außer Frage, dass es ein Interview geben musste. Frage und Antwort standen neben Albert, Chris Grech (gt.) und Edward Magri (dr.).



Holger:
Vielleicht ist es schlau, wenn ihr erst einmal erzählt, wie ihr zusammen gefunden habt. Ich habe gelesen, ihr habt euch im Studio getroffen.

Albert:
Hey, Holger. Erst einmal vielen Dank für die Möglichkeit, NOMAD SON euren Lesern vorzustellen. Stimmt, es hat damit angefangen, dass FRENZY MONO ihr Album in den Temple Studios aufgenommen haben. Ich war gerade auf der Suche nach Musikern für eine Doomband, die deutlich beeinflusst von den 70ern und frühen 80ern sein sollte. David Vella, der Besitzer des Studios wusste davon und rief mich an, um mir einen gerade aufgenommen Song von FRENZY MONO vorzuspielen. Das weckte mein Interesse und so traf ich mich mit den Jungs. Wir verstanden uns blendend, so dass eine spontane Session begann. Unsere Ideen ergänzten sich sofort und aus dieser Session entstand bereits Einiges, was später auf unserem ersten Demo zu hören war; nämlich rohe Versionen von 'Empyrean Fade' und 'Shallow Grave'. Nach diesem furiosen Start waren wir alle so enthusiastisch, dass wir uns immer häufiger trafen und bald darauf unseren ersten Auftritt hatten. Schon da war uns klar, dass NOMAD SON keine einmalige Sache bleiben sollte. In der Zwischenzeit hatte ich das 2-Track-Demo bereits an einige Plattenfirmen geschickt und Metal-On-Metal-Records aus Italien machten uns ein Angebot, das wir nicht ablehnen konnten. Seither ist das Debüt "First Light" erschienen und die überwältigenden Resonanzen haben uns darin bestätigt, weiter zu machen. Natürlich wird die Arbeit an FORSAKEN und FRENZY MONO darunter nicht leiden, da wir auch diese Bands sehr lieben.

Holger:
Verstehe. Was mir nicht ganz klar ist, haben FRENZY MONO eigentlich keinen festen Bassisten in ihrer Besetzung?

Chris:
Eigentlich haben wir sogar zwei, hahaha. Im Studio spiele ich alle Bassparts und bei den Auftritten macht das mein Bruder, der ja unser Keyboardspieler ist. Mit der linken Hand bedient er die Bässe, während er mit der rechten Hand die Hammond-Orgel betätigt.

Holger:
Da ihr ja alle mit anderen Bands beschäftigt seid, darf ich fragen, ob es sich bei NOMAD SON um eine richtige Band handelt, die auch in Zukunft Alben aufnehmen wird und vielleicht sogar eine Tour spielen wird?!

Albert:
Wie ich eingangs schon sagte, ist NOMAD SON eine eigenständige Band geworden, die wunderbar funktioniert. Aktuell schreiben wir Material für das zweite Album, welches im nächsten Frühjahr erscheinen soll. Natürlich wollen wir so viel wie möglich in Europa touren, müssen aber sehen, was da terminlich und auch finanziell machbar sein wird. Jetzt im Juli spielen wir ja auf der Warm-Up-Show des Headbanger-Open-Airs und außerdem noch Shows in Uelsen und Tilburg (Holland). Hier in der regionalen Umgebung spielen wir eh schon ziemlich häufig und haben ein recht großes Following.

Chris:
Die Idee eines Side-Projektes haben wir sehr früh schon abgelegt, da es musikalisch und persönlich so wunderbar klappte. Dazu kamen die tollen Reaktionen auf unser Demo. Es gab einfach keine andere Möglichkeit für uns als weiterzumachen.

Holger:
Schön zu hören. Was natürlich auffällt, ist die Tatsache, dass Albert - wie schon bei FORSAKEN - alle Texte schreibt. Wieso ist das so?

Albert:
Das ist nichts, was ich erzwungen hätte und es ist auch nicht so, dass ich den anderen verbiete, auch Texte beizusteuern. Es scheint aber so, dass ich sehr gut düstere und mystische Geschichten schreiben kann, die zu unserer Musik wunderbar passen. Wobei sich mein Schreibstil für die beiden Bands schon deutlich unterscheidet. Während sich bei FORSAKEN die Texte für ein Album meist um ein zentrales Thema drehen, ist dies bei NOMAD SON nicht so. Obwohl ich ein Konzeptalbum für die Zukunft nicht ausschließen möchte.

Meinen Mitmusikern und auch unseren Fans scheint es ja auch zu gefallen. Das gibt Ansporn und ist Motivation, immer bessere Texte zu verfassen. Eine Herausforderung, der ich mich gerne stelle. Obendrein kann ich mit beiden Sängern sehr gut zusammen arbeiten. Beide können sich hervorragend in meine Charaktere hinein versetzen und dementsprechend überzeugend klingt es dann im Endeffekt. Ich kann mir gar keine besseren Arbeitspartner vorstellen.

Holger:
Schreibst du eigentlich zuerst die Texte oder hast du schon musikalische Ideen, zu denen du dann etwas schreibst?

Chris:
Das kann man so pauschal nicht beantworten. Manchmal beeinflussen uns die Texte, Musik zu schreiben, die der Stimmung gerecht wird und manchmal gibt es bereits Musik, die Albert zu einem Text inspiriert. Das ist uns auch beides gleich wichtig.

Holger:
Versucht doch bitte mal, eure Musik jemandem zu beschreiben, der euch nicht kennt, der nicht weiß, was Doom ist und der vielleicht noch nicht einmal weiß, wie Heavy Metal klingt.

Edward:
NOMAD SON ist eine Doomband, die, obwohl wir alle einen sehr unterschiedlichen Background haben, massiv vom Sound der 70er und frühen 80er geprägt ist. Auch wenn man diese Einflüsse sehr deutlich in unseren Kompositionen wiederfinden kann, sind es doch immer wieder eigene Interpretationen und keine bloßen Kopien. Wir streben nach "Heaviness". Und auch wenn wir über negative Aspekte des Lebens schreiben, wollen wir doch immer etwas Positives erreichen.

Holger:
Diese massiven Orgeleinsätze bringen bei mir immer wieder den "Perfect Strangers" meets "Heaven & Hell"-Vergleich. Wie steht ihr dazu?

Chris:
Julian hat sine sehr eigene Spielweise und versucht natürlich so originell wie eben möglich zu klingen. So lange es düster und heavy klingt, ist das für uns natürlich okay. Wir alle mögen die beiden von dir genannten Bands, sie beeinflussen uns auch, aber wir kopieren sie nicht. Andere Vorbilder wären TROUBLE, CANDLEMASS, PENTAGRAM oder IRON MAN. Und ich denke, es ist uns der kurzen Zeit, die wir jetzt zusammen sind, gelungen, einen sehr eigenen Sound zu kreieren.

Holger:
Ihr seid beim relativ neuen Label Metal-On-Metal gelandet. Wie seid ihr zusammen gekommen und was sind eure Erwartungen?

Edward:
Wie Albert schon gesagt hat, haben die unser Demotape gehört und uns ein Angebot gemacht. Sie suchten wohl schon eine Weile nach einer guten Doomband für ihr Label, wurden aber nicht fündig. Obwohl wir von unserem Potential überzeugt waren, ging es dann schon ziemlich schnell. Nach gründlicher Prüfung ihres Angebotes, waren wir uns sicher, den richtigen Schritt zu tun, was sich bis heute mehr als bestätigt hat. Jowita und ihr Mann Simone Peruzzi, die das Label führen, stehen völlig hinter der Band.

Holger:
Das ist schön zu hören. Wenden wir den Blick mal eurer Scheibe zu. Schon wenn man das Cover anschaut, weiß man, dass die Musik auf dem Rundling düster sein wird. Wie wichtig war dieser Aspekt für euch?

Edward:
Das Cover symbolisiert zwei Themen. Zum einen der Triumph über das Böse, zum anderen wird das Dunkle, welches unsere Musik umgibt, sehr gut eingefangen. Diese beiden Dinge passen auch sehr gut zu den Texten von "First Light". Für uns muss ein Album ein Komplettpaket sein. Musik, Texte und Artwork ergeben eine Einheit.

Holger:
Wenn man sich das Cover nun genauer anschaut, bekommt man einen Einblick in die Geschichte des Albums. Man sieht eine Gestalt dort liegen und fragt sich, ob es eine Leiche ist? Gab es einen hinterhältigen Mord? Könnt ihr uns ein paar Hinweise geben?

Edward:
Das Cover erlaubt dem Betrachter sich seine eigenen Gedanken zu machen und seiner Fantasie freien Lauf zu lassen, wie du es wohl schon gemacht hast. Jowita hat sich beim Zeichnen von unseren Texten inspirieren lassen. Ihre Bilder passen ganz hervorragend in das Gesamtkonzept des Albums.

Holger:
Habt ihr schon einmal darüber nachgedacht, eine Filmmusik zu schreiben? Was für ein Film müsste das sein?

Albert:
Das wäre in der Tat eine interessante Aufgabe. Ich selbst bin klassischer Horror-Freak und würde mich daher gern an einer Poe- oder Lovecraft-Adaption versuchen. Ich denke, das würde sehr gut zu NOMAD SON passen.

Holger:
Ich habe kürzlich "Get Thrashed" angesehen, der Film über die Geschichte des Thrash Metal. Wenn es jemals so eine Dokumentation über die Doom-Szene geben würde, welche Bands müssten darin vorkommen und wer sollte diesen Film produzieren?

Albert:
Ich würde natürlich die Urväter vorschlagen: BLACK SABBATH, PENTAGRAM/DEATHROW/BEDEMON (obwohl über sie wohl bereits eine Dokumentation gedreht wird), WITCHFINDER GENERAL, ANGEL WITCH, PAGAN ALTER, CIRITH UNGOL, ST.VITUS, TROUBLE, BLOOD FARMERS, CANDLEMASS, COUNT RAVEN, DARK QUARTERER, SOLITUTE AETURNUS, REVELATION, PENANCE, IRON MAN (und die restliche Maryland-Szene), die 90er und 2000er Revivalfront mit Bands wie CATHEDRAL, WARNING, SOLSTICE, MIRROR OF DECEPTION, DAWN OF WINTER, FORSAKEN, THUNDERSTORM, CHURCH OF MISERY, REVEREND BIZARRE, THE GATES OF SLUMBER und so weiter. Außerdem muss natürlich das Doom-Shall-Rise-Festival mit seinen Organisatoren Jochen Fopp (MIRROR OF DECEPTION) und Frank Helweg (WELL OF SOULS) erwähnt werden, da sie es geschafft haben die Doom-Metal-Society zusammen zu führen. Es müsste jemand produzieren, der aus der tiefsten Tiefe der Szene stammt und ihren Ethos versteht. Jochen und Frank wären zum Beispiel geeignet dafür.

Holger:
Wer dürfte denn nicht darin vorkommen?

Albert:
Ich bin ziemlich engstirnig, wenn es um den wahren Geist des Doom Metals geht. Also sollten alle diese Blender, die in ihren Anfangstagen gar Death Metal gespielt haben, und auch alle die Bands, die irgendwelche hybriden Formen spielen und sich dabei zu weit von der eigentlichen und ursprünglichen Essenz der Musik entfernen, nicht erwähnt werden.

Holger:
Hört ihr denn selbst nur Doom oder darf es auch mal etwas flotter abgehen?

Edward:
Zufälligerweise haben wir in der Band alle den gleichen Geschmack, wenn es um Non-Doom-Bands geht. Da darf es dann auch "flotter abgehen", auch wenn wir keinen brutalen Death-Grind-Odersonstwas hören. Neben Doom hören wir vorwiegend 70ies Heavy-Rock und NWoBHM, aber Albert hat ja in seiner Antwort oben schon Truppen genannt, die nicht unbedingt immer nur langsam spielen. Nimm zum Beispiel die Italiener DARK QUARTERER, mit denen wir das Vergnügen hatten auf dem zweiten Doom-Festival in Malta zusammen zu spielen. Es kommt halt nicht auf das Tempo an, sondern darauf, ob die Musik von Herzen kommt. Außerdem ist es uns wichtig, dass die Band sich nicht in die gängigen Standards der Industrietrends zwängen lässt.

Albert:
Nur weil eine Band langsam spielt, heißt das nicht, dass ich sie deshalb zwingend gut finden muss. Es muss mich berühren. Da muss ich mal das letzte WARNING-Album anführen, welches ich sehr toll finde. Und zwar nicht, weil es so unglaublich langsame Musik ist, sondern weil es sehr intensiv klingt und einen starken Eindruck beim Hörer hinterlässt. Es gibt etliche Bands, die langsamere Musik machen, die mich aber nicht berühren, da sie mich zu Tode langweilen. Ehrlichkeit ist das Zauberwort. Klar, es gibt eigentlich nur gute und schlechte Songs, wie es nur gute und schlechte Bands gibt. Normalerweise sind es die Bands, die emotional mit dem Publikum in Verbindung treten können, die eine musikalische Bewegung oder Stilrichtung anführen.

Holger:
Das heißt, über den Slogan "when in doubt, play faster", der im Internet kursiert, kann man mit euch auch nicht streiten? ;)

Albert:
Ich mag Bands nicht, die langsam spielen, nur um langsam zu sein. Diese Bands klingen doch eindimensional und aufgesetzt. Für mich spiegelt Doom sämtliche Facetten des Lebens wieder und reflektiert viele Gefühle durch heavy (und ich meine die wirkliche Bedeutung dieses Wortes) Riffs. Nach meiner Meinung klingt eine Band uninspiriert und fad, wenn sie Doom spielt, ohne sich vorher mit der Bedeutung und den Wurzeln beschäftigt zu haben. Leider stolpern viele Bands in diese Falle. Einfach gesagt, diese Bands wirken und klingen seelenlos und schaffen es nicht, das Publikum zu erreichen. Die Essenz des Doom ist halt Aufrichtigkeit und man muss der Musik erlauben, jede Emotion zu reflektieren, die man möchte. Wenn eine Doomband nicht auf diesen Grundsätzen aufgebaut ist, sollte sie sich besser auflösen.

Holger:
Welches spezielle Gefühl gibt euch diese Art von Musik?

Albert:
Durch die Musik können wir uns ausdrücken. Für mich persönlich ist es wie ein Spiegel meiner Seele, mein tiefstes Inneres. Wenn wir auf der Bühne stehen, überkommt es mich einfach. Es ist wie ein Adrenalinkick. Zuerst einmal ist es diese unglaubliche Verbindung zum Publikum und zu meinen Bandkollegen. Dieses Gefühl der Verbundenheit ist zumindest für den einen Moment unzerstörbar und unterstreicht das starke Zusammengehörigkeitsgefühl der Szene. Außerdem ist es für mich auf der Bühne so als wenn ich mein Innerstes nach außen kehren würde. Es ist wie ein Seelenstrip. Es ist der Glaube an das, was wir tun, der mir diese unglaubliche Stärke gibt. Um es mal an einem Beispiel zu verdeutlichen: Letztens bin ich stark erkältet aufgetreten und ich habe mich vorher gefragt, ob ich den kompletten Gig durchstehen würde. Aber als wir anfingen zu spielen und das Publikum uns applaudierte, fühlte ich mich sofort topfit.

Holger:
Was Adrenalin so alles bewirken kann...
Mal was anderes: Gibt es einen Song, den ihr gern komponiert hättet?

Alle:
Black Sabbath!

Holger:

Der ist in der Tat ziemlich gut. Da ihr eben schon sehr strikte Meinungen über die Definition von Doom abgegeben habt, frage ich mal, was ihr vom COTD (Cult Of True Doom) haltet?

Albert:
Der COTD ist eine Gruppe von Bands und deren Anhängern, die sich Ende der 90er zusammen gefunden hat, um das Genre vor Elementen zu beschützen, die die wahre Essenz korrumpieren wollten und begonnen hatten, die Szene in Funeral Doom, Sludge, Gothic Doom, Black Doom etc. zu zerlegen. Außerdem wollte die Gruppe das Genre vor Revisionisten (Journalisten, Forenusern und auch Musikern) schützen, die die Annalen des Doom neu schreiben wollten, nur um sich selbst an die Spitze zu setzen. Das war für alle, die die Entwicklung von Beginn an verfolgt und mitgeprägt hatten, natürlich nicht akzeptabel. Ebenso wenig für die Bands, denen eigentlich die hohen Ränge innerhalb des Genres zugestanden hätten und die von der Musikindustrie ins Abseits gekehrt worden waren. Ich kann diese Gedanken und deren Motivation absolut teilen und nachvollziehen. Wenn man von einer Sache absolut überzeugt ist, hat man jedes Recht diese Sache zu beschützen und zu verhindern, dass andere ihre wirkliche Bedeutung zerstören. Und genau das, war der Grundgedanke hinter COTD. Dieser Ideologie kann ich zustimmen. Du kannst die COTD nicht mit einer extremen Black-Metal-Fraktion gleichsetzen, da ihr einziger Fokus der Schutz der Essenz eines Genres war und ist. Sie benutzen nicht die Musik als Medium, um eine politisch radikale Meinung zu verbreiten. Um genau zu sein, war die COTD niemals eine formale Gruppierung. Es waren einfach unterschiedliche, sehr passionierte Doomfreaks mit einem gemeinsamen Ziel: die Schönheit und die wahren Werte des Doom. Es war niemals die Absicht, gegenüber anderen  Musikrichtungen oder Bands intolerant zu sein. Es gab nur Ärger mit denen, die behaupteten, sie seien die Gründer des Genres.


Holger:
Ich habe den Eindruck, dass es momentan einen ziemlichen Aufwind für Doom gibt. Woran mag das liegen? Suchen die Menschen vielleicht nach neuer Musik und finden sie in alten Formen, wie Metal und Rock? Eventuell ist die nächste Generation ja bereit für einen Schritt rückwärts. Nicht nur musikalisch, auch was den Sound angeht. Ein THE-LAMP-OF-THOTH-Album klingt eben dynamischer als eine Andy-Sneap-Produktion. Zumindest in meinen Ohren.

Albert:
Ich stimme dir absolut zu. THE LAMP OF THOTH ist ein perfektes Beispiel für eine Band mit der richtigen Einstellung zum Doom Metal. Sie bringen so eine Vielfalt an Emotionen in ihrer Musik zum Ausdruck und es klingt immer so ehrlich, es ist eine wahre Freude. Das sind vielleicht nicht die versiertesten Musiker, aber sie entblößen ihre Seele in ihrer Musik. Und genau das hebt sie von den ganzen Heuchlern ab. Wahrscheinlich ist dies auch der Grund, warum es momentan so viele Fans dieser Musik gibt. Wir sind alle müde und gelangweilt von diesen gesichtslosen Gruppen, die zwar alle toll spielen können, aber nicht einen Funken Ahnung davon haben, worum es beim Heavy Metal eigentlich geht. Und gerade beim Doom spielt der Spirit eine große Rolle, da es eine Form des Heavy Metal ist, die nicht von der Industrie beeinflusst wurde. Ich denke, man kann da Parallelen zu den Anfängen des Thrash ziehen. Damals konnte man auch sehr leicht den Unterschied zwischen einer miesen und einer tollen Band ausmachen, obwohl sie alle einen sehr ähnlichen Stil spielten. Mit der Zeit begannen sich diese Truppen  aber alle gegenseitig zu kopieren und komponierten alle ihre Songs nach den gleichen Strickmustern. Und genau diese Tendenzen gibt es jetzt auch in den Doom-Subgenres, die ich oben aufgezählt habe. Allerdings gibt es diese Ehrlichkeit und diesen Spirit noch immer unter den Puristen des Doom. Ehrlichkeit zu sich selbst. Ich hoffe, dass dieser Umstand noch lange anhalten wird.

Holger:
Was sind denn deine aktuelle Favoriten?

Albert:
Well, neben THE LAMP OF THOTH, kommen mir spontan WANDERING MIDGET, ATLANTEAN CODEX, PROCESSION, APOSTLE OF SOLITUDE und SINISTER REALM in den Sinn. Momentan höre ich andauernd 'The Peaceful Dead' von DAWN OF WINTER, ein monumentales Werk, aber auch das Comeback-Album von IRON MAN namens "I Have Returned" ist ganz großartig. Ohne Zweifel, einer der Anwärter auf das Album des Jahres.

Holger:
Albert, du bist schon ziemlich lange in der Metal-Szene unterwegs. Magst du uns ein bisschen was über die Anfangszeiten in deiner Heimat Malta erzählen? War es schwer, an Scheiben heran zu kommen? Gab es Konzerte?

Albert:

Ich höre Heavy Metal seit ich ein Teen bin und habe 1984 meine erste Band gegründet. Viele Dinge haben sich seither geändert, einige zum Guten, andere zum Schlechten. Damals gab es nicht so viele kleine Gruppierungen, alle fühlten sich irgendwie zusammengehörig. Wenn wir in den 80ern und 90ern einen Auftritt hatten, kamen zwischen 350 und 500 Leute. Das ist vor allem für Newcomer heute viel schwieriger, da Death-Metal-Fans nur zu Death-Metal-Shows gehen und so weiter. Ich verstehe natürlich, dass jeder seinen individuellen Geschmack hat, aber es gab halt ein Zusammengehörigkeitsgefühl für lokale Bands. Und selbst das ist heute verschwunden. Zum Glück habe ich weder mit NOMAD SON, noch mit FORSAKEN dieses Problem, da beide Bands ein starkes Following haben, aber neue Bands haben es echt schwer. Und wenn man nicht auftritt, kann man sich auch schlechter weiter entwickeln. Auf der anderen Seite bietet das Internet ungeahnte Möglichkeiten eine Band heute voran zu treiben und zu promoten. Nicht wenige Bands aus Malta sind bei ausländischen Labels unter Vertrag. Mein Tipp an alle einheimische Bands: Glaubt an euch selbst und verfolgt eure Ziele. Über die Grenzen von Malta hinaus bekannt zu werden, ist nicht mehr so schwer, wie es einstmals war.

Holger:
Ein schönes Schlusswort. Vielen Dank für das Interview.

Redakteur:
Holger Andrae

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