NORTHERN KINGS: Interview mit Marco Hietala

10.03.2008 | 20:02

Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, dass Marco Hietala, seines Zeichens Bassist und Sänger bei NIGHTWISH und TAROT, mein persönlicher Lieblingsmusiker und -interviewpartner ist. Glücklicherweise hat der gute Herr seine Finger in allen möglichen musikalischen Suppen, so dass Gesprächsthemen nie ausgehen. Die kürzlich gebraute Suppe trägt den Namen NORTHERN KINGS und präsentiert nicht nur Marcos Gesangskünste, sondern auch die prominenter finnischer Metal-Kollegen. So waren auch Tony Kakko (SONATA ARCTICA), J-P Leppäluoto (CHARON) und Jarkko Ahola (TERÄSBETONI - die finnische Eurovision-Hoffnung 2008) mit von der Partie, als es darum ging, altbekannte 80er-Klassiker in neuen Metal-Versionen aufleben zu lassen. Kurz vor den Beginn der NIGHTWISH-Europatour widmete Marco sich meinen Fragen zu eben diesem Thema.


Ricarda:
Okay, fangen wir gleich man an. Erste Frage natürlich: Warum? (lacht)

Marco:
Warum nicht? (lacht) Nein im Ernst, über das "Warum" haben wir uns eigentlich nie Gedanken gemacht. Die Idee kam dem Gitarristen, der nun auch bei NORTHERN KINGS spielt und sonst ein Teil der Liveband von ARI KOIVUNEN ist. Es war natürlich einmal wieder ein sehr alkoholreicher Abend und plötzlich warf er die Idee, Klassiker in Metal-Versionen aufzunehmen, in den Raum. Tja, und ich war wohl schon zu unzurechnungsfähig, um nein zu sagen. (lacht)

Ricarda:
Das Projekt war also kein Coup der Plattenfirma?

Marco:
Nein, nur die Idee betrunkener Finnen. (lacht)

Ricarda:
Stand denn von Vornherein fest, wer Teil des Projektes sein wird?

Marco:
Das kann ich dir leider gar nicht so genau sagen, aber ich glaube nicht, dass es da einen bestimmten Plan gab. Es hat sich einfach alles so ergeben.

Ricarda:
Aber du kanntest deine Mitstreiter schon vorher, oder?

Marco:
Ja, natürlich. Die finnische Musikszene und besonders die Metalszene ist ein Dorf. (lacht) Ich hatte mit den Typen ja auch schon vor einiger Zeit ein paar Auftritte gehabt, bei denen wir Metal-Weihnachtslieder performten. Und wir kennen uns auch sonst sehr gut.

Ricarda:
Wer hat die Lieder ausgesucht?

Marco:
Das haben wir eigentlich alle getan. Wir schrieben uns ständig Vorschläge per Email und entschieden schließlich gemeinsam.

Ricarda:
Bist du persönlich glücklich mit der Trackliste des Albums?

Marco:
Ja, auf alle Fälle. Es war schon imposant, wie viele gute Lieder plötzlich wieder auftauchen, an die man sich sonst nie so erinnert. Mir persönlich ging es bei 'Sledgehammer' so. Ich selbst wäre nie auf das Lied gekommen, aber als jemand anderes den Vorschlag machte, war ich sofort Feuer und Flamme. Oder auch 'Creep'.

Ricarda:
Ich muss zugeben, 'Creep' fand ich am Anfang gar nicht toll, aber jetzt mag ich die Version total gerne. Sie ist irgendwie creepy... (lacht)

Marco:
Ja, das stimmt. Die Version macht dem Titel wirklich alle Ehre. (lacht)

Ricarda:
Gab es Lieder, die du gerne aufgenommen hättest, die es aber nicht in die Auswahl geschafft haben?

Marco:
Nein, eigentlich nicht. Ich muss aber auch gestehen, dass ich mich bei dem Prozess auch eher etwas zurückgehalten habe, weil ich einfach mit NIGHTWISH zu der Zeit soviel um die Ohren hatte, dass ich die Verantwortung gerne auf andere geschoben habe. (grinst)

Ricarda:
Wer hat entschieden, wer welchen Teil singt?

Marco:
Wieder einmal haben wir das quasi alles per Email ausgemacht. Die wunderbare moderne Technik. (lacht) Jeder hat gesagt, was er gerne singen würde oder auch, was er auf keinen Fall singen möchte, und teilweise auch Vorschläge, wer was singen sollte, gemacht. Und damit haben wir uns dann arrangiert. Wir sind alle ziemlich relaxte Typen, da ging das eigentlich alles sehr einfach.

Ricarda:
Und wer hat die Musik umarrangiert?

Marco:
Das hat zum größten Teil der Vater unseres Projektes, also der Gitarrist, übernommen. Wir konnten dabei auch unseren Senf dazugeben, aber auch dort habe ich mich aus den bereits genannten Gründen eher im Hintergrund gehalten.

Ricarda:
Bei den meisten Liedern auf "Reborn" ist es so, dass ihr aus härteren Liedern Balladen und umgekehrt gemacht habt. War das Absicht?

Marco:
Ja, ich denke schon. Zumindest mehr oder weniger. Wir wollten halt nicht einfach nur die Lieder stur nachspielen, sondern neue Facetten zu Tage fördern. Es ist erstaunlich, wie sich die Wirkung eines Liedes ändert, wenn man es anders als gewohnt spielt. Natürlich haben wir das Ganze nicht theorisiert, sondern sind eher unserem Bauchgefühl gefolgt. Spaß stand bei den Aufnahmen definitiv im Vordergrund.

Ricarda:
Kannst du denn den Aufnahmeprozess noch etwas beschreiben? Wart ihr jemals alle zusammen im Studio?

Marco:
Hm, da muss ich kurz nachdenken... Nein, ich glaube nicht. (lacht) Tony wohnt einfach zu weit weg, von daher hat er den Großteil seiner Parts in Kemi aufgenommen. Aber die Wege von Jarkko, J-P und mir haben sich schon einige Male im Studio gekreuzt. Trotzdem haben wir viele Teile auch seperat voneinander aufgenommen. Es hat aber letztendlich besser funktioniert, als alle gedacht hätten. Man hört es dem Album nicht an, dass es teilweise zusammengestückelt wurde. (lacht)

Ricarda:
Ihr habt dann auch eine Single veröffentlicht: 'We Don't Need Another Hero'. Warum dieser Song?

Marco:
Das war glaube ich der Vorschlag der Plattenfirma und ein guter obendrein. Es ist nunmal eines der wenigen Lieder, wo wir vier etwa den gleichen Anteil singen. Es gibt also einen guten Überblick über das Gesamtwerk.

Ricarda:
Ihr habt auch ein Video dazu gedreht...

Marco:
Ja, in einem Gebäude in Helsinki. Ich kam gerade aus Tallinn zurück, wo NIGHTWISH ihr erstes Konzert mit Anette gegeben hatten, war total übernächtigt und angeschlagen, aber das Video musste halt gedreht werden. Ich glaube, das war das erste Mal, dass wir bei dem Projekt zusammen auf der Bühne standen.

Ricarda:
Wart ihr wirklich alle zusammen?

Marco:
Okay, da hast du mich ertappt. (lacht) Ich wollte ja nur testen, ob du aufpasst. (lacht mehr) Nein, natürlich waren wir nicht alle zusammen. Wie du im Video schon richtig gesehen hast, wurde Tonys Teil auch hier wieder woanders aufgenommen.

Ricarda:
Habt ihr eine weitere Single geplant?

Marco:
Ich muss gestehen, darüber habe ich im Moment gar keine konkreten Informationen. Ich glaube, das wird noch diskutiert.

Ricarda:
War es eigentlich Zufall, dass das Album pünktlich zum Weihnachtsgeschäft veröffentlicht wurde?

Marco:
Nein, das denke ich nicht. Ich glaube, das war schon so geplant. Es gibt so viele Bands die irgendwelche Best-of-Alben oder schnulzige Coverlieder zu der Zeit veröffentlichen. Wir wollten den Leuten da eine Alternative bieten.

Ricarda:
Könnt ihr euch vorstellen, NORTHERN KINGS einmal live zu präsentieren? Selbst nur für einen Gig?

Marco:
Ja, auf alle Fälle! Das wäre sogar richtig toll und würde mit Sicherheit eine Menge Spaß machen, aber leider ist das Ganze nicht so einfach. Ich bin im Moment mit NIGHTWISH vollends ausgelastet, und die anderen Jungs haben auch ihre Verpflichtungen. Es wäre natürlich toll, wenn alle unsere Hauptbands einmal zusammen auf einem Festival spielen würden, dann könnten wir das sicherlich irgendwie auf die Beine stellen. Im Moment ist allerdings nichts dergleichen geplant. Vielleicht in Zukunft einmal, denn cool wäre es schon.

Ricarda:
Und natürlich die unvermeidliche Frage: Wird es ein "Volume 2"-Album geben?

Marco:
Ich denke, das ist gut möglich, allerdings gibt es auch hier keine konkreten Pläne. Aber es wird definitiv darüber gesprochen.

Ricarda:
Wird auch schon die Musikrichtung diskutiert?

Marco:
Ja, klar. Ideen gibt es immer, man muss dann nur sehen, was letztendlich daraus wird. Auf "Reborn" findet man Lieder aus dem 80ern, vielleicht würden wir mit dem neuen Album noch weiter in der Zeit zurückreisen und uns den 70ern widmen...

Ricarda:
Oder den 90ern, es wäre zu schön, einige dumme Disco-Lieder als Metal zu hören... (lacht)

Marco:
Auch eine gute Idee. (lacht) Wir werden sehen. Es steht ja zur Zeit noch nicht einmal fest, ob es wirklich ein zweites Album geben wird. Wir alle könnten es uns aber vorstellen. Bleibt also nur noch das immer präsente Zeitproblem.

Ricarda:
Dann zum Abschluss zwei Fragen, die eher dich und nicht NORTHERN KINGS betreffen. Du hast ein Lied für ARI KOIVUNEN, den finnischen Idols-Gewinner, geschrieben. Wie kam es dazu?

Marco:
Ich wurde gefragt, ob ich nicht ein Lied für sein Debüt-Album schreiben könnte. Und da ich Aris Musik nicht schlecht finde, habe ich zugesagt. Ich hatte auch sogar noch ein Lied, bei dem ich dachte, das es gut zu ihm passen würde. Es heißt 'Our Beast' und ist nun auf seinem Album zu hören.

Ricarda:
Kanntet ihr euch vorher? Oder hast du Idols geschaut?

Marco:
Ich habe Idols einige Male angesehen, ja. Aber getroffen habe ich Ari nie richtig. Obwohl, warte mal, doch. (lacht) Es war auf der Metal Expo letztes Jahr. Er war dort, und ich war ziemlich betrunken und bin zu ihm hin, um mich für etwas zu bedanken, was er einmal im Interview gesagt hat. Er meinte, er würde NIGHTWISH hören, wenn ich alleine den Gesang übernehmen würde. (lacht noch immer)

Ricarda:
Okay. (lacht) Und dann die letzte Frage. Es war ja ein totaler Schock zu realisieren, dass wir uns eigentlich schon so oft gesehen haben, und ich dir nie meine Lieblingsfrage gestellt habe...

Marco:
Echt nicht? Das holst du dann besser nach. (lacht) Schieß los...

Ricarda:
Wen wolltest du heiraten als du ein Kind warst?

Marco:
Das ist wirklich eine tolle Frage. (lacht) Das wäre Prinzessin Aurora, also das Disney-Dornröschen gewesen. Man schaut als Kind ja nur auf das Aussehen und sie fand ich wirklich ganz toll. Ich habe den Disney-Film unzählige Male gesehen und sie immer angehimmelt. Zufrieden? (lacht)

Ricarda:
Auf alle Fälle. (lacht) Das war's dann auch. Ich danke dir wieder einmal.

Marco:
Kein Problem. Ich danke dir.

Redakteur:
Ricarda Schwoebel

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