Neuer Heißer Scheiß - Quartalsrückblick 1/25

11.06.2025 | 17:29

Es ist wieder soweit! Wir haben uns erneut ein paar Scheiben aus dem Underground geschnappt und diese näher untersucht. Die Ergebnisse dieser ziemlich dunkel-bunten Mischung könnt ihr im Nachfolgenden lesen. Über Anregungen, Lob und Kritik freuen wir uns natürlich grundsätzlich immer. Aber nun, ab dafür...!

Mit der gewohnten Verspätung möchten wir Euch heute erneut ein paar coole Newcomer aus dem traditionellen Bereich ans Herz legen. Jens Wilkens, Jhonny Walzer, Stephan Lenze, Mahoni Ledl, Marius Lühring und Holger Andrae haben dieses Mal folgende Veröffentlichungen für Euch etwas genauer unter die Lupe genommen:

MAJAK – "Restless Wicked"

MORAX – "The Amulet"

ON FIRE –"Bite The Blade"

SACRED – "Fire To Ice"

THRONE OF IRON – "Adventure Two"

VENATOR – "Psychodrome"

 

MAJAK - "RESTLESS WICKED"

Wir starten mit einer kleinen Mogel-Packung, denn rein zeitlich ist diese Veröffentlichung schon eine Spur zu alt. Wir fanden "Restless Wicked" von MAJAK aber zu gut, um sie hier nicht vorzustellen. Die Band aus Neumünster legt hier ihren zweiten Longplayer nach dem 2019 veröffentlichten "The Herald" hin und bietet eine sehr interessante Mischung, wie auch Jens findet: "Eine Band aus Neumünster? Da lacht das Herz des Schleswig-Holsteiners! Aber auch ohne Lokalpatriotismus ist festzustellen, dass MAJAK eine Menge zu bieten hat. Da ist sehr viel Abwechslungsreichtum in den Stücken vertreten, der Stilmix ist ziemlich ungewöhnlich, und auch der garstige Gesang passt hervorragend zur Musik. Die psychedelischen Elemente bilden einen schönen Kontrast zu den extremen Wurzeln von MAJAK. Doch, das ist definitiv eine Truppe, die man sich merken muss. Aus irgendeinem Grund habe ich den Release des Zweitwerks im letzten Jahr verschlafen. Der Dank gilt dem Teamleiter, dass er das Album "Restless Wicked" auf die Agenda gesetzt hat."

Auch ohne Lokalpatriotismus und sogar mit einer gewissen Voreingenommenheit, ist mein Resümee ähnlich positiv: "Ich weiß noch, wie ich beinahe unwillig auf ein Video der Band geklickt habe, vermutend, hier mal wieder so einen gehypten Mischmasch aus Retro-Geschlabber und Schwarzwurzel-Gehuste präsentiert zu bekommen. Mein Erstaunen hätte kaum größer sein können, da die Band sowohl visuell wie auch akustisch genau auf meiner Wellenlänge agierte. Auch wenn die beiden eben genannten Schubladen irgendwie auch bedient werden, ist die gebotene Melange ein Feuerwerk der dunklen Töne. Während die Saitenfraktion sehr deutlich in den Siebzigern unterwegs ist, krächzt und röchelt sich der Sänger wunderbar kehlig durch die leicht mystischen Songs. Dabei geht man trotz aller Düsternis wunderbar treibend und mitreißend zu Werke, ohne sich dabei jemals im Hyperblast zu verzetteln. Die klug eingesetzten Orgel-Momente addieren herrliche Edgar-Wallace-Momente zum eh schon morbiden Grundtenor von MAJAK. Das instrumentale 'Karatschai' demonstriert mit seinen sechseinhalb Minuten Spielzeit, wie man einen gesangsfixierten Onkel wie mich sogar ohne Stimme komplett faszinieren kann. Aber auch mit flotten Rhythmen der Marke 'Majak Death Curse' punkten die Norddeutschen. Für mich handelt es sich hier um einen ganz heißen Newcomer, der bei genauerer Betrachtung gar nicht mehr so "new" ist. Aber das kümmert uns recht wenig, denn Erbsen zählen können andere."

Tuten wir weiter ins Euphoriehorn, denn tuten kann Kollege Lenze gut und gerne: "Es muss irgendwann im Frühjahr 2024 gewesen sein, als ich Chris und seiner bei mir ganz um die Ecke befindlichen 'Plattenkiste' mal wieder einen Besuch abstattete, um ein wenig Haushaltsgeld loszuwerden. Beim Kasse machen hat er mir dann die MAJAK-CD in die Hand gedrückt. "Ist das was für mich?", fragte ich etwas schüchtern. "Klar, sonst hätte ich sie dir ja nicht gegeben. Wenn du CHAPEL OF DISEASE magst, wirst du mit denen gut klarkommen", beruhigte mich der gute und berufserfahrene Mann. Sollte er Recht behalten. Obwohl es (wie bei COD auch) ein wenig dauern sollte, bis ich hier Zugang fand, hat sich der Silberling mittlerweile zu einem regelmäßigen Gast in meinem Schacht gemausert. Dieser vogelwilde, durchgekauzte und herrlich ungestüme Ritt im Fahrwasser von eben COD, frühen TRIBULATION und ein wenig HEXENBRETT ist genau die richtige Wahl für die Momente, wenn mal wieder etwas "abseitige" und nonkonforme Klänge aus den Boxen ertönen dürfen. Oder anders gesagt: Bock auf einen leicht psychedelischen Hybrid aus Black und Heavy Metal mit einem Gitarrensound, den ihr in der Form so bisher selten bis gar nicht gehört haben dürftet? Na dann: Auf den Geldbeutel und ab dafür!"

Ob Traditions-Liebhaber Mahoni ebenso viele lobende Worte für diese etwas krude Mixtur findet? "Den Namen MAJAK hatte ich tatsächlich noch nie gehört, bevor er hier von Hölg in die Runde geworfen wurde. Selbst in den gängigen Magazinen, die ich regelmäßig konsumiere, ist mir der Bandname zumindest bewusst noch nie untergekommen. Also bestellte ich völlig erwartungslos das schwarze Vinyl, denn auf den Musikgeschmack von Captain Andrae kann ich mich immer blindlings verlassen. Als ich die Scheibe voller Vorfreude aus seinem Versandkarton befreie, springt mir sofort das äußerst geschmackvolle Artwork ins Auge. Eine ganz in schwarz und rot gehaltene Landschaft im Westernstil, dazu der Name des Albums und ein in leichtem Orange gehaltenes Bandlogo, das an eine Death- oder Black-Metal-Band erinnert. Toll! Dazu gibt es ein Inlay, eine weitere geschmackssichere Zeichnung im Western-Style, die einen gesetzlosen Revolverhelden in einem langen Trenchcoat von hinten zeigt. Toll, toll! Im Titel 'Temple Of Death' wird dieses Westernthema übrigens auch musikalisch aufgegriffen, mit entsprechendem Banjo-Einsatz. Ein Schwarzweißfoto, das ihren 2018 leider viel zu früh verstorbenen Drummer Johannes "Joe" Mohr am Schlagzeug zeigt, dem dieses Album auch gewidmet ist, ist ebenfalls enthalten. Als ich mir die Namen und Instrumente der Bandmitglieder anschaue, stelle ich fest, dass die Vocals auf drei Musiker verteilt sind, was man bei ganz genauem Hinhören auch heraushören kann. Auch ich muss zugeben, dass ich mich mit dem Sound der Band beim ersten Hören nicht sofort anfreunden konnte, aber dieses Album ist ein sogenannter Grower, der sich mit jedem Durchlauf steigert, bis er einen irgendwann packt und man das Album gar nicht mehr vom Plattenteller nehmen möchte. 'Ceaseless' entpuppt sich dabei als echter Ohrwurm, der fast neunminütige Titeltrack ist ein grandioses Highlight, bei 'Snakebite Kiss' kommt der CHAPEL OF DISEASE-Einfluss am stärksten zum Tragen und das Instrumental 'Karatschai' holt mich ebenfalls komplett ab. Hach, wie ich diese Rubrik liebe, in der mir meine geschmackssicheren Kollegen immer wieder tolle neue Bands empfehlen, die sonst vielleicht an mir vorbeigegangen wären." Gern geschehen!

Und auch Jonathan zeigt sich angetan: "Der Name MAJAK ist mir noch nie untergekommen. Und dann meint man immer, man hätte etwas Ahnung von der Szene. Der Mix ist ganz eigen und sicher etwas untypisch für unsere Rubrik. Denn hier wird Black Thrash, ein bisschen traditioneller Heavy Metal und eine Spur Gothic gemischt. Ich denke dabei an Bands wie IN SOLITUDE oder KETZER, wenn ich hier von Gothic spreche. Stephan meinte, dass das laut seinem Dealer Leuten gefallen dürfte, die mit CHAPEL OF DISEASE warm geworden sind. Diesen Vergleich kann ich aufgrund der Gitarrenarbeit durchaus nachvollziehen, aber gesanglich ist man hier zum Beispiel ganz anders unterwegs als auf dem Fabelwerk "And As We Have Seen The Storm, We Have Embraced The Eye". Da denke ich eher an die Belgier BÜTCHER, die mit "666 Goats Carry My Chariot" ja ebenfalls ein kleines Meisterwerk erschaffen hatten. Vielleicht ist "Restless Wicked" das radikalste Werk, das wir bisher in dieser Kategorie vorgestellt haben. Aber mir sagt es zu, und ich denke, dass ihr der Scheibe auch eine Chance geben solltet. Gerade der Abwechslungsreichtum ist wirklich spannend."

Bleibt das Abschlusswort unserem Marius, der sogar noch begeisterter ist als einige seiner Vorredner: "Im Gegensatz zum lieben Mahoni war ich direkt beim ersten Belauschen von "Restless Wicked" verliebt in MAJAK. Das liegt vermutlich auch daran, dass ich den von Jhonny eben genannten Black-Thrash - wenn überhaupt - nur beim kürzesten Song des Albums irgendwie wahrnehme. Nein, mein Fokus liegt hier voll auf dem psychedelischen Element, das so gekonnt in den angeschwärzten Traditions-Metal eingewoben wurde, dass es eine wahre Freude ist. Hier wird dabei trotz durchaus länger gestalteter Songs nichts in die Länge gezogen, die musikalisch dargebotene Bewusstseinserweiterung wirkt eher zugespitzt und auf den Punkt gebracht. Es entstehen ganz fantastische Grooves und Plänkeleien, die eine ganz frische Brise aus dem Norden in unsere Runde bringen.Der auf viele Schultern verteilte Gesang, die ohrenschmeichelnden Soli und so manch rasante Abfahrt tun ihr Übriges. "Restless Wicked" bietet einesehr intensive Hörreise, der Titel 'Surrounded By Thunder' passt da schon sehr gut. Und wie einladend tönt bitte dieser 'Temple Of Death'? Wer könnte bei diesen entspannten Tönen und dem herrlichen Banjo-Gezupfe schon eine Reise ausschlagen? Achja, übrigens sehen nicht nur die Tonträger todschick aus, auch für einzukleidende Oberkörper lohnt sich ein Blick auf Bandcamp." Ein Auftakt ganz nach Maß, der einem das Wasser in den Ohren zusammenlaufen lässt und der mich lediglich noch hinzufügen lässt, unbedingt auch die atmosphärischen Videos der Band nicht zu übersehen.

 

MORAX - "THE AMULET"

 

Weiter im Text geht es mit dem Ein-Mann-Gefüge MORAX aus Norwegen. Mehr möchte ich in der Einleitung auch gar nicht schreiben, denn Jens weiß ausreichend viel zu erklärbären: "Ich erkenne ein Muster in unserer Rubrik: Ein Album mit einem giftig grünen Artwork muss in der letzten Zeit immer mit von der Partie sein. Dieses Mal liefert MORAX das Material. Ich bin gespannt, ob es farblich Holgers strengen waldmeisterlichen Wackelpudding-Kriterien entspricht. Doch kommen wir zur Musik: Ich bin normalerweise kein besonders großer Freund von Ein-Mann-Projekten, aber das leicht okkulte Gebräu von Remi A. Nygård aus Bergen mundet ganz vorzüglich. Er versteht etwas davon, mitreißende Songs zu schreiben. Besonders 'Belial Rising' und 'A Thousand Names' überzeugen durch ihre hymnenhaften Refrains. Ganze ohne übertriebenes Shredding sind auch die Gitarrenleads eine Wohltat. Kollege Lenze hat in seinem Hauptreview ja bereits ganz richtig darauf hingewiesen, dass 'Seven Pierced Hearts' eine feine Hommage an BLACK SABBATH darstellt. "Mob Rules" und zwar besonders 'Sign Of The Southern Cross' scheint mir eine naheliegende Referenz zu sein. Die schnelle Passage macht richtig Laune. Füllmaterial gibt es keines auf "The Amulet". Wir dürfen hier eine der stärksten diesjährigen Veröffentlichungen im traditionellen Bereich hören."

Zum Artwork wird der Zusammenstellers dieses Artikels später noch etwas schreiben. Jetzt übergibt er erstmal an Mister Ledl: "Verdammt, was ist das für ein geiler Scheiß? Nach einem kurzen Intro packt einen 'Belial Rising' mit seinem großartigen Refrain genau da, wo es normalerweise weh tut. Old School Metal wie er besser kaum klingen kann. Die Schweden PORTRAIT und MORGANA LEFAY kommen mir beim Hören ebenso in den Sinn wie ANGEL WITCH und auch die von Marius erwähnten BLACK SABBATH. Eine sehr gelungene Mischung also, die ihr Zielpublikum nicht verfehlen dürfte. Ich kann nur den Hut ziehen vor dem, was der Norweger hier im Alleingang auf die Beine gestellt hat, denn nach One Man Show klingt hier wirklich nichts. Remi A. Nygård scheint alle Instrumente gleich gut zu beherrschen und hat dazu noch die passende Stimme für diese Art von Musik. Eine wunderbar natürliche und erdige Produktion unterstützt das Projekt bestens. Füllmaterial fiel dem Kollegen Lenze auf dem mit einem leicht okkulten Touch versehenen Dreher ebenso wenig auf wie mir, weshalb es von mir beide Daumen nach oben gibt. Fast hätte ich es vergessen, das giftgrüne, mystisch angehauchte Artwork kommt auf meinem Vinyl absolut großartig zur Geltung. Ich hoffe, es bereitet Hölg nicht allzu viele schlaflose Nächte."

Ich darf Entwarnung geben, lieber Mahoni, dies ist nicht geschehen, denn Grün ist eigentlich meine Lieblingsfarbe. Die Alpträume von Götterspeise und Pudding sind allerdings nur mit einer großen Tube Himbeeren zu bekämpfen. Aber ich möchte die werte Leserschar nicht mit persönlichen Befindichkeiten langweilen und reiche das Mikrophon an den Verfasser des Hauptreviews, Stephan Lenze: "Ich durfte mich ja im Hauptreview bereits eingehender mit dem Album beschäftigen, weise aber auch hier gerne noch einmal darauf hin: Alle, die ihren Schwermetall ein wenig entrückt und verschachtelt mögen, wohl dosierte Anleihen an die glorreichen 80er aber dabei auch nicht missen möchten, sind mit dem Kauf dieser äußerst abwechslungsreichen Platte allerbestens beraten. Die CD-Version des Albums enthält im Übrigen auch die vorherige EP "Rites And Curses" als Bonustracks. Mit Thrash Metal hat das Schaffen von MORAX auf dem vorliegenden Langdreher "The Amulet" allerdings nur sehr bedingt zu tun, denn meistenteils läuft die ganze Chose doch eher unter dem Label Heavy Metal. Dieser wird uns hier allerdings auf - im positiven Sinne - sehr verschrobene und unkonventionelle Art mit einer kleinen, aber sehr feinen Kauz-Note vorgesetzt."

Da wir bisher ja ausschließlich euphorisierten Wortgulasch konsumieren durften, ist es an der Zeit, ein paar Haare in der Speise zu finden. Jhonny hat die Lupe mitgebracht: "Wie kann man da an MORGANA LEFAY denken? Egal, denn nach einigen Spins habe ich Zugang zu "The Amulet" gefunden, das ich aufgrund der Rezension von Stephan beieinem Online-Kauf einfach mal mitbestellt habe. Anfangs war diese Scheibe, die ja anscheinend wirklich komplett von einem Mann eingespielt und eingesungen wurde, aber zu jeder Sekunde nach einem Bandwerk klingt, für mich ziemlich versiegelt. Mir fehlten die Widerhaken-Melodien, und so richtige Ohrwurm-Hits finde ich auch immer noch nicht. Dafür schätze ich bei MORAX jetzt die Attitüde, das etwas rotzige Geriffe, das dabei aber technisch stehts hochwertig ist. Die Scheibe macht atmosphärisch Spaß, auch wenn ich hier jetzt keinen Song für künftige Metal-Party-Playlists ausfindig machen kann. Manchmal ist mir das Schlagzeugspiel einen Tick zu eindimensional. Aber das ist - gerade vor dem Hintergrund der One-Man-Show - Meckern auf echt hohem Niveau. Stilistisch kann ich es immer noch nicht so hunderprozentig einordnen, ich finde die Scheibe einfach enorm eigenständig. Nicht mein Favorit in dieser Runde, aber in jedem Fall eine spannende Scheibe!"

Warum so diplomatisch, Herr Kollege? Schreib' doch einfach, dass dich das Album nicht kickt. Hier herrscht Meinungsfreiheit. Dazu habe wir ja Herrn Lühring im Team, der immer klar und deutlich artikuliert, was in seinen Fingern kribbelt: "Das Ein-Mann-Kommando MORAX fand ich schon lecker, bevor ich wusste, wer denn dieser eine Mann ist. Beim Lesen des Namens Remi Nygård läuteten dann einige Glöckchen. Der letzte, wundersam zähe Thrash-Abriss von INCULTER dreht hier seit zwei Jahren seine Runden und begeistert nachhaltig. Mit "The Amulet" schlägt Remi andere Saiten an, die nicht minder mitzureißen wissen. Passende Vergleiche haben meine werten Mitscheißer (das geht jetzt zu weit, oder?) schon aufgetan. Deshalb halte ich mich kurz, wenn ich in den allgemeinen Applaus hier einsteige. Auf "The Amulet" gibt's einmal die Vollbedienung in Sachen Heavy Metal bei Kerzenschein: Riff-basierte Songs mit ausnahmslos gelungenen Melodien, ungekünstelter, ehrlicher Gesang und viel Dynamik und Abwechslungsreichtum. Zaubert euch dasmal auf die Lauscher, das Ding bockt so richtig!"

Exakt! Da muss ich dann auch gar nicht mehr viel ergänzen: "Meine lieben Kollegen scheinen mein Waldmeister-Problem nur bedingt verstanden zu haben, ist Grün doch grundsätzlich meine Lieblingsfarbe. Vor allem in Kombination mit Schwarz entstehen so zumeist ziemlich coole Effekte. Ich denke da nur an das unschlagbare Artwork einer meiner Inselplatten namens "Within The Veil". Oder an viele Cover dieser Band namens OVERKILL. Es darf mich bloß nicht anspringen wie ein frisch rasierter Glibber und genau das macht das schlichte, aber effektive Artwork von "The Amulet" auch nicht. Und genauso effektiv ist auch die gebotene Musik. Da meine Vorredner hier schon alles in gewohnt eloquenter Art und Weise niedergeschrieben haben, kann ich nur zustimmend nicken und dies per Anweisung an alle Freunde traditioneller Klänge hier ausrufen: "Anhören! Zack! Zack!".

 

ON FIRE - "BITE THE BLADE"

 

Album Nummer drei gibt dann auch optisch gleich was auf die Omme: ON FIRE aus Kanada mit "Bite The Blade". Auch hier gibt Jens gleich mal die Marschrichtung vor: "Da setzt man sich ahnungslos an den Rechner – weitgehend im Reinen mit sich und der Welt – und erwartet angesichts des kruden Artworks von "Bite The Blade" eine höchstens mittelmäßige Kopie von "Tales Of Terror" von HALLOWS EVE, um, wenn die Musik endlich erklingt, weggeblasen zu werden von der Energie dieser Truppe! Schneller, traditioneller Heavy Metal mit klarer Speed-Metal-Schlagseite, wohldosierten Gangshouts und einer manchmal total überdrehten Vokalistin, das sind die Zutaten zu einem komplett fantastischen Album! Von der ersten Sekunde an durchströmt einen diese unbändige Energie, die ich so keinesfalls erwartet hätte. 'I'll Destroy You' ist einfach nur der Wahnsinn! Aber es ist nicht nur die Power, die begeistert, sondern auch die teilweise grandiosen Melodien und rasanten Soli. Allein solche Alben entdecken zu dürfen, die ich sonst übersehen hätte, sind Grund genug, die Mitarbeit an unserer Rubrik "Neuer heißer Scheiß" zu genießen. ON FIRE wäre übrigens der ideale Sparringspartner für RIOT CITY." Jawoll! Mit doppeltem "L", weil, is' besser!

Das attestiert auch Marius exakt so: "Als vor einigen Monaten die ersten Infos zu ON FIRE auf meinen digitalen Schreibtisch wehten, stand direkt der Plan, dieses Debüt in unseren NHS zu schmuggeln. Es hat geklappt und mein Plan trägt auch schon direkt Früchte. Allein vom Zettel her ist "Bite The Blade" aber auch irgendwie wie für uns gemacht. Da wäre einmal das deutsche Underground-Label Witches Brew, das vielversprechende Artwork von Eye Dust und das Line-up selbst. Als großer Anhänger von ICE WAR teste ich auch die zahlreichen Nebenschauplätze von Jo Capitalicide grundsätzlich an. Einige Perlen wie APHRODITE oder DEVIL CROSS waren ja schon dabei, es lohnt sich also regelmäßig. Bei ON FIRE haben wir es allerdings mit einer Art Kanada-Rundumschlag zu tun, der neben Jo noch mit Cara McCutchen von MORTILLERY und Jeff Black von GATEKEEPER aufwartet. Dazu gibt's noch Drums von Alex Rossi, den mancher vielleicht von KONQUEST kennt. Da läuft einem doch schon beim Lesen das Wasser im Munde zusammen. Wartet nur mal ab, wie sich das anhört! Es gibt hier eine gute halbe Stunde Speed Metal, bis zur Oberkante gefüllt mit Melodie und Energie. Da darf man dann auch einen Song mal 'Kill 'Em All' nennen, wenn er so spritzig dargeboten wird. Mein Tophit heißt hier übrigens 'Death Stare', was für ein Geschoss!" Wenn schon ein moderner, junger Kollege, der mit einem digitalen Schreibtisch arbeitet, so eine Alte-Schule-Truppe abfeiert, muss das ja toll sein.

Letzten Zweiflern krächzt der olle Kauz jetzt noch ein Loblied auf den Bildschirm: "Trüffelschwein-Angriff! Dieses Mal aus dem Hause Lühring! Was der Kollege da angeschleppt hat, setzt mich vom ersten Ton an unter Strom. Denke ich beim kultigen Artwork noch, gleich würde die rumpelige Müffelkeule geschwungen werden, bin ich nach wenigen Takten des rattenscharfen Openers 'Bite The Blade' mit schwerkraftspürendem Unterkiefer und geballter Faust wild am Headbangen. Meine gern aufgestellte These, irgendwas scheine im kanadischen Bier zu sein, wird hier erneut in musikalische Großtaten umgewandelt. Beim sensationellen 'Death Stare' verliere ich dann alle Hemmungen und posiere wild mit meiner Luftgitarre, ohne dabei zu beachten, dass vor dem Wohnzimmerfenster unsere Nachbarin gerade mit ihrem Wauzi Gassi geht. Erstaunen wäre eine zu sachliche Umschreibung ihres Gesichtsausdruckes. So etwas ist mir bei aller Glückseligkeit aber vollkommen gleichgültig, denn so viel Herzblut ist einfach ansteckend. Ich höre hier den bei vielen modernen Bands fehlenden NWoBHM-Geist, der mich auch den einen oder anderen schiefen Gesangston komplett überhören lässt. Hier werden alle Ärmel hochgekrempelt und einfach das gespielt, was das Herz ausgespuckt hat. Exzellentes Feuerwerk!"

Um dem ganzen Hype jetzt mal ein Ende zu setzen, meldet sich Schöngeist-Traditionalist Mahoni zu Wort: "Ich weiß gar nicht, wie ich mich bei all der Begeisterung meiner geschätzten Kollegen für die Truppe ausdrücken soll. Oh Mann, das fällt mir wirklich nicht leicht, denn ON FIRE hat alle Zutaten für ein spannendes Underground-Abenteuer mit am Start. Angefangen beim kultigen Artwork, der knackigen Spielzeit von knapp über 32 Minuten, dem extravaganten Gesang, Speed, Power, Herzblut, Kauzigkeit und tollen Musikern. Es ist also alles angerichtet, um mit meinen Kollegen auf einer Wellenlänge zu liegen, doch trotz aller Bemühungen will der berühmte Funke einfach nicht überspringen. "Bite The Blade" ist kein Album für jeden Tag und jede Stimmung. Die Produktion klingt für mich etwas zu hölzern und der Gesang zu hektisch und überdreht. Das Album macht mich momentan eher nervös, als dass es mich unterhält. Schade eigentlich, aber so ist es nun leider einmal. Falsche Zeit, richtiges Album. Aber ich könnte wetten, zu einem anderen Zeitpunkt und in einer anderen Stimmungslage könnte ich das Teil bestimmt genauso toll finden wie meine Kollegen. Time will tell."

Kein Bange, Mahoni, das wird schon! Bei Jhonny hat es ja offenbar auch geklappt. "Die Kanadier ON FIRE haben auf dem stilsicheren Label Witches Brew ihr Album "Bite The Blade" veröffentlicht. Es ist trotzdem an mir vorbei gegangen, und das trotz der Sängerin Cara, die ich von MORTILLERY kenne. Ich habe sofort ein fettes Grinsen auf dem Gesicht, wenn das Scheibchen läuft, obwohl es überhaupt keine Gute-Laune-Musik ist, da ist schon etwas Depressivität im Speed-Sound. GATEKEEPER-Gitarrist Jeff Black sorgt für eine Wahnsinns-Abfahrt an der Sechssaiten-Fraktion. Bassist Jo kennt man von ICE WAR und der Quasi-Vorgänger-Band IRON DOGS. Und das Schlagzeug-Gedresche stammt vom Italienier Alex Rossi, den man von KONQUEST kennt. Das ist also quasi eine Underground-Metal-Allstar-Band! Es hilft alles nichts, ich werde auch diese Scheibe brauchen, denn so viel geiler geht Speed Metal nicht. Jens erwähnt sie als potentiellen Sparringspartner für RIOT CITY, aber die Band ist dreckiger, erinnert mich ein wenig an HOLY TERROR, oder die andernorts von mir schon erwähnten BÜTCHER."

Feine Vergleiche, die hier gezogen werden. Da muss man ja wohl unwillkürlich ein paar Ohren riskieren. Oder, Herr Lenze? "Die spinnen, die Kanadier, würde es im Asterix-Universum heißen. Und jo, gut gebuddelt, Marius, du altes Trüffelschwein, heißt es in meinem Universum. Cover-Artwork ist hier, im Gegensatz zu THRONE OF IRON, schon wieder so dermaßen drüber, dass es gerade so noch als Kult-Cover durchgeht. Der Release würde in jeder Hinsicht gut zum Rooster von Dying Victims Productions passen. Denn unangepassten, wilden Heavy Metal mit stattlicher Speed- und Punk-Schlagseite können die ja bekanntlich besonders gut. Das etwas schrille Timbre von Sängerin Cara McCutchen nebst gelegentlichem Vorbeilanden am Zielton muss man (wie ich) auch schönmögen, dann hat man mit der Scheibe auch ordentlich Spaß. Deprimiert oder sonst irgendwie verzweifelt klingt hier eigentlich kein Ton für mich. Für einen Platz in den ultimativen Jahres-Top 20 aber wird es wohl nur bei den Allerwenigsten da draußen reichen." Wer wird denn gleich wieder in Listen-Gedanken abdriften? Äh … Schnell abkühlen und nach Skandinavien schauen.

 

SACRED - "FIRE TO ICE"

 

Genauer gesagt nach Schweden, wo SACRED das Debütalbum "Fire To Ice" geschmiedet hat. Hier übernimmt Marius mal den Vorredner: "Dass SACRED aus Schweden kommt, überrascht nicht, wenn man das Debüt "Fire To Ice" belauscht. Perfektionismus trifft auf ein unheimliches Gespür für Melodie und fertig ist eine klassische Metalwalze aus Göteborg. Nein, ein bisschen mehr gehört natürlich schon dazu. Zwar erinnert mich die Musik der Band mit CRYSTAL EYES-Gitarrero Jonatan Hallberg auch des Öfteren an HAMMERFALL, aber es geht auch mal etwas doller zur Sache. Da lässt dann RIOT grüßen, was ich nur be-grüßen kann. Besonders stark finde ich den Gesang von Gustav Blide, der mit seiner so glasklaren wie charismatischen Stimme den gut geschriebenen Songs noch das gewisse Etwas verleiht. Dieses Album hat im Grunde also alles, was melodischer Heavy Metal braucht, um zu begeistern. Und es fehlt all das, was dieses Genre momentan so unerträglich macht. Es gibt kein Synthie-Schlager-Geeiere mit Alibi-Gitarren, kein Überkitsch mit Verkleidungen und Gimmicks. SACRED macht stattdessen richtig Spaß und "Fire To Ice" ist ein wirklich starkes Debüt!"

Das klingt so begeistert, da muss ich mich ja beinahe im Vorfeld schon entschuldigen. "Bei den Schweden SACRED beginnt mein Amusement bereits beim Artwork. Kitsch as kitsch can be. Lege ich dann "Fire To Ice" ein, geht es mit dem schmissigen 'Into The Light' gleich amtlich los. Erster Gedanke: "Die Herrschaften haben schon mal RIOT gehört." Allein Sänger Gustav Blide erinnert an eine Mischung aus Tony Moore und Todd Michael Hall, was schon mal ein riesengroßer Pluspunkt ist. Allerdings merke ich schon beim nachfolgenden 'Gateway To The Gods' mein Problem mit dieser Stilistik: Bei aller Klasse fehlt mir der Schweiß und Dreck. Das ist alles blitzeblanker Heavy Metal, mit sehr feiner Gitarrenarbeit und tollen Hooks, aber nach Ecken und Kanten suche ich vergeblich. Ich vermute, dass ich die Band in einer verschwitzten Livesituation ziemlich toll finden werde, aber als Konserven-Musik ist mir die genannte Nähe zu HAMMERFALL einfach zu poliert."

Jens hört das deutlich anders. "Als klar war, dass das Debütalbum von SACRED Teil der diesmaligen Ausgabe unserer Rubrik sein würde, war mir im Prinzip schon klar, dass es Vorbehalte wegen der polierten Anmutung der Scheibe geben würde. Was mich normalerweise ebenfalls stören würde, funktioniert aber komischerweise auf "Fire To Ice" ganz ausgezeichnet. Ähnlich wie bei AIR RAID hört man, dass die Verbindung zum Underground nicht ganz gekappt wurde. Den Gesang von Gustav Blide mag ich ebenfalls sehr. Die Vergleiche mit RIOT und RIOT V kann ich durchaus nachvollziehen, wobei mir "Fire To Ice" besser gefällt als etwa "Mean Streets". Ja, die Schweden spielen gradlinigen Metal, ohne das Genre Power Metal neu zu definieren, aber manchmal überzeugen eben auch schlicht und ergreifend die schönen Melodien."

Da muss Mahoni natürlich gleich anknüpfen: "Wie Kollege Hölg schon richtig anmerkte, wird das wirklich kitschige Artwork der Musik der Schweden zu keiner Zeit gerecht, assoziiert man doch etwas vorschnell die erwähnte Nähe zu nervigem Bombast Tralala Metal, was der großartigen Musik auf dem Dreher einfach zu keiner Sekunde gerecht wird. Vielmehr wird hier deutlich amerikanischer, genauer gesagt im RIOT V-Stil gerockt, was nicht nur an der superben Stimme von Gustav Blide liegt, sondern auch an den packenden Songs und Gitarrenduellen. Ein Song wie 'On The Verge Of Becoming A Shadow' hätte locker auf "The Privilege Of Power", einemder besten RIOT-Alben aller Zeiten, eine fantastische Figur abgegeben. Der Sound ist klar und druckvoll und passt wie die Faust aufs Auge. Nicht jede Veröffentlichung braucht die viel zitierten Ecken und Kanten, um perfekt zur Geltung zu kommen. Ich sehe dieses grandioseAlbum, welches für mich völlig aus dem Nichts auftauchte, sogar auf einer Stufe mit dem aktuellen RIOT V-Rundling "Mean Streets", der in meinem letztjährigen Jahrespoll immerhin auf Platz 2 landete! Zu meiner vollsten Glückseligkeit müssen die Jungs dieses Juwel jetzt nur noch auf Vinyl veröffentlichen."

Immerhin bin ich beruhigt, dass mein optisches Empfinden offenbar doch nicht durch Waldmeister-Götterspeise getrübt zu sein scheint. Auch mein elbstrandbewohnender Kollege Stephan sieht und hört das mit ähnlichen Ohren: "Die Musik ist fürwahr besser als das grauenhafte Cover. Aber auch ohne prophetische Fähigkeiten wage ich mal zu behaupten: Ein zukünftiger Klassiker des heavyesken (Euro) Power Metal liegt uns hier wohl nicht vor. Für meinen Geschmack agieren die Schweden zu oft hymnenhaft, neben einigen guten Melodien finden sich hier leider auch viele Tonfolgen, die meine Ohren verzugslos in ein bereits abgelaufenes Honigkäse-Paar verwandeln. Viele Riffs wurden zudem nicht in der Stahlschmiede, sondern augenscheinlich in einer stillgelegten Styropor-Fabrik geklöppelt. Ansonsten bin ich hier doch sehr bei Holg und würde im Zweifel immer zu JEDEM anderen RIOT-Album greifen, wenn ich mal wieder Lust auf LEICHT angecheesten Power Metal verspüre. Wo der Mahoni bei 'On The Verge...' allerdings Parallelen zu "The Privilege Of Power" (auch mein Lieblingsalbum von RIOT!) heraushört, entzieht sich dagegen vollkommen meiner Kenntnis."

Da muss Onkel Jhonny mit ungeputzter Brille abschließend allerdings nochmal deutlich gegenhalten: "Also, erst mal: Was für ein geiles Cover! Aber ich stehe auch auf Artworks von HAMMERFALL, STRATOVARIUS oder BLIND GUARDIAN aus den Neunzigern. Wer diese Namen liest, wird sich fragen, ob eine solche Band dann überhaupt etwas für unsere Themenreihe ist? Nun, sie wurde ja vorgeschlagen, und ich bin sehr happy drüber, denn die Schweden SACRED bringen uns mit "Fire To Ice" ein hochgradig melodisches Power-Metal-Album. Und die Assoziation, von der viele hier berichten, stellt sich bei mir auch sofort ein - ich denke an RIOT V. Ja richtig, an die aktuelle Inkarnation mit dem phänomenalen Todd Michael Hall am Mikro. Das liegt am kraftvollen Leadgesang, an den schönen Gesangsarrangements und den herausragenden Gitarrenharmonien. Ecken und Kanten sucht der Holger vergeblich. Ich finde auch keine, störe mich aber nicht daran. Hier gibt es keinen Heavy Metal mit Schweiß und Schmutz, sondern eben mit Theatralik und Harmonien. Aber da wir hier sicher auch über DOMINE oder DARK FOREST berichten würden, passt auch SACRED hervorragend. Ich bin sehr positiv überrascht und ziemlich angetan." Ich denke, jeder weiß nun, was er zu tun hat.

 

THRONE OF IRON - "ADVENTURE TWO"

 

Auf zu anderen Ufern und den Amis von THRONE OF IRON und ihrem zweiten Studioalbum. Marius eröffnet den Reigen: "Eigentlich wollte ich mich schon länger mit THRONE OF IRON aus Indiana beschäftigen, zumindest steht das erste Abenteuer seit nun fünf Jahren auf meiner Liste. Es sollte nicht sein. Stattdessen überholt mich mal wieder die Realität und es steht schon das zweite Abenteuer in den Startlöchern. Dann zäumen wir das Pferdchen eben von hinten auf. Dass es aufgezäumt werden muss, steht nach der Einfuhr des zweiten Albums nämlich fest. Was wir hier hören, ist nämlich ungehobelter Epic Metal der Marke ETERNAL CHAMPION bis SUMERLANDS. Dabei legt der THRONE OF IRON Wert auf packende Melodien und kantigen Sound. Es geht zumeist schnell und energisch zur Sache, wobei zwischendurch kurze Instrumentals ein paar Ruhepausen bieten. Ich finde auch den rohen, ungestümen Gesang von Tucker Thomasson absolut passend zu dieser Musik. Es geht diesen Amis eben nicht um Schönheit, sondern um Leidenschaft. Und die kann man THRONE OF IRON wahrlich nicht absprechen. "Adventure Two" ist wirklich stark geworden! Kennt hier jemand das Debüt und kann die beiden Alben vergleichen?"

Der hölg antwortet darauf: "Lieber Marius, leider kann ich auch nicht mit Informationen zum Debütalbum dienen, denn auch bei mir ist diese Scheibe hier mein Ersteindruck. Eigentlich erstaunlich, denn das ist genau mein Baustelle. Wieselflink, spielwitzig, frisch und mitreißend ist das Material der Jungs. Sogar in den wenigen Momenten, in denen man sich selbst überholt, bin ich noch voll im Takt, so überzeugend wird das hier dargeboten. Ich verweise nur auf 'The City Of Brass' oder 'Altar Of Ukim's Conflagration', in welchen der Schlagzeuger zeitweise in den sechsten Gang hochschaltet. Wen so etwas abschreckt, der sollte dringend seine Ohren in das hymnenhafte 'The Final Rage' halten. Bockstark!"

Kollege Wilkens ist dieses Mal nicht so ganz mit im Boot. Aber lest selbst: "Nachdem meine Vorredner hier lobende Worte zum zweiten Abenteuer von THRONE OF IRON gefunden haben, muss ich den Spielverderber spielen. Mir sagt "Adventure Two" nämlich nicht sonderlich zu. Auch wenn die Gitarrenarbeit nicht zu beanstanden ist, so störe ich mich ganz gehörig am Gesang von Tucker Thomasson. Meiner Meinung nach ist die Band durch die nicht vorhandene Range des Vokalisten in ihren Ausdrucksmöglichkeiten stark eingeschränkt, auch wenn ich das eine oder andere Mal an die Finnen von ANGEL SWORD denken muss, die mir sehr gut gefallen. Ein weiterer Punkt ist die Tatsache, dass die Musik von THRONE OF IRON irgendwie mechanisch auf mich wirkt. Vielleicht liegt das daran, dass die Drums zumindest teilweise programmiert klingen. Das mag nur an der Aufnahme liegen, aber die Wirkung ist jedenfalls da. Fügen wir noch das schlimme Artwork zum Gesamtpaket hinzu, so komme ich zum Schluss, dass ich ein drittes Abenteuer nicht wirklich brauche."

Man kann nicht alles toll finden. Manchmal reicht das Wechseln des Ohrenarztes, manchmal selbst das nicht. Ob Mahoni seine Lauscher gewaschen hat, lesen wir jetzt: "Als ich eines Abends gemütlich im Wohnzimmer, natürlich in angemessener Lautstärke, das hervorragende zweite Abenteuer der Amerikaner konsumierte, kam völlig überraschend mein Sohn dazu und fragte, was das für ein furchtbarer Krach sei und ob es sich um eine Liveaufnahme handele, da sich das alles ziemlich untight anhöre. In diesem Moment wusste ich, dass ich es mit einem absoluten Underground-Meisterwerk zu tun hatte. Der stoisch wirkende Gesang von Tucker Thomasson beschert mir immer wieder wohlige Glücksgefühle, denn man hört seiner Performance die Leidenschaft und Hingabe in jeder Sekunde an. Die Kompositionen sind spannend, kurzweilig und haben genügend Widerhaken, um sich im Gehörgang festzusetzen. Ein Album, das ohne Längen auskommt und auch nach vielen Durchläufen keine Abnutzungserscheinungen zeigt. Das Artwork, welches Jens als furchtbar bezeichnet, finde ich übrigens absolut genial und perfekt für dieses Album und im Gegensatz zu Kollege Wilkens fiebere ich dem dritten Abenteuer bereits jetzt schon entgegen."

Geht doch! Auch für Herrn Walzer? "Das erste Abenteuer der Amis lief laut unserer Seite im Jahr 2020 mal bei mir für eine Gruppentherapie, aber ich habe wirklich keine Erinnerungen daran - dass ich damals an MANILLA ROAD und IRONSWORD dachte, kann ich heute beim Hören nur bedingt verstehen. Das thrashige Artwork ist natürlich sofort mein Ding. Geil - da bin ich voll bei Mahoni! Der sehr warme Gitarrensound holt mich ab, und erinnert mich an ETERNAL CHAMPION, auch wenn diese Klasse wenig überraschend nicht erreicht wird. Jens erwähnt tatsächlich den Gesang als Schwachpunkt, und bringt dann sogar ANGEL SWORD als Gegenbeispiel (für mich deutlich eine Band, die am Gesang krankt). Seltsam, wie man das so anders empfinden kann. Für mich vielleicht eine der am wenigsten spektakulären Bands in der aktuellen Runde - aber trotzdem ist das richtig stark gemacht. Ich glaube, das Abenteuer wandert auf den nach dieser Runde mal wieder prall gefüllten Einkaufszettel."

First world problems, dieser Einkaufszettel. Dieses Problem hat Lenze nicht: "Soso, einst gegründet als Reaktion auf das viel zu frühe Ableben des großen, mächtigen und einzigartigen Mark Shelton von MANILLA ROAD liegt hier nun also das zweite musikalische Abenteuer der Mannen aus Indiana/US vor. Das Wort "Abenteuer" trifft es schon ganz gut, klingt vieles hier doch noch ziemlich ungeschliffen und unausgereift. Allem voran muss man hier wirklich den leider äußerst missratenen Gesang erwähnen, der vermutlich auch Grund für all die unzähligen Backing Vocals und cheesigen Mitgröhlchoräle ist. Leider weiß man auch auf Songwriter-Ebene bis auf wenige Ausnahmen nicht zu überzeugen und bewegt sich somit im äußerst spannungsarmen Umfeld von Avatar-Bands wie VISIGOTH, RIOT CITY und TRAVELER. Allesamt instrumental talentierte Kombos mit dem stählernen Herz am rechten Fleck, allein: Die Mucke ist auf Strecke gesehen einfach stinklangweilig und vom Qualitätsstandard meilenwert entfernt von Bands wie ETERNAL CHAMPION oder SUMERLANDS. Den Namen MANILLA ROAD traue ich mich in diesem Zusammenhang aus Respekt vor dem musikalischen Erbe der Epic Kings gar nicht erst in den Mund zu nehmen. Als leise Hintergrundbeschallung für eine Rollenspielrunde "Dungeons & Dragons" reicht es hier immerhin. Möge uns das dritte Abenteuer hoffentlich vielleicht fistraisende Erleuchtung bringen. Achja, das Cover-Artwork ist der Musik in der Tat vollkommen ebenbürtig." Herrlich, poperrlich, wie hier die Meinungen offenbar auch in unseren erlauchten Reihen deutlich auseinandergehen können.

 

VENATOR - "PSYCHODROME"

 

Und schon sind wir beim letzten Album dieser Ausgabe angekommen: VENATOR mit "Psychodrome". Jhonny hat das Wort: "Nach "Echoes From The Gutter" war die Erwartungshaltung hoch. Die Österreicher sind sicher einer der heißesten Anwärter für die aktuelle Hype-Band im traditionalistischen Underground, und das hat einfach mit der Qualität des ersten Albums zu tun. Dementsprechend liegt die Latte für "Psychodrome" hoch. Und ich habe bei steigender Zahl an Durchläufen weiter große Freude an dieser neuen Scheibe. Bisher würde ich aber behaupten: Das Niveau des Vorgängers wird nicht ganz erreicht. Man fährt letztlich in der ENFORCER-/AMBUSH-Schule weiter, das Ganze ist auch ein Stück weit überraschungsarm. Aber es ist eben Heavy Metal, wie er im Buche steht: schnörkellos, energetisch, instrumental klasse gemacht und fein gesungen. Kein Meisterwerk, aber sicher ein starkes traditionelles Metal-Album. Wie ein so geschmackssicherer Redakteur wie Jens in der Einzelrezension auf 6,5 Punkte kommt? Keine Ahnung. Ich muss seine Meinung ja nicht teilen. Hört VENATOR! Aber glaubt auch nicht denen, die meinen, es wäre ein Meilenstein. Es ist einfach guter Heavy Metal. Genau das, was ich hier erwartet habe."

Darauf darf Jens natürlich sofort reagieren: "Ja, lieber Jhonny, da ich auch an anderer Stelle mit meiner Note im Hauptreview für Stirnrunzeln und Kopfschütteln gesorgt und vielleicht sogar virtuelle Prügel bezogen habe, hier ein paar Sätze zur Erläuterung. Ich finde "Psychodrome" wirklich nicht verkehrt, aber unsere Definition für die Noten 6,0 und 6,5 besagt: "Ein in vielen Bereichen ordentliches Album, das nicht mitreißt". Genau das sind meine Gedanken zum Zweitwerk der Österreicher. Ich habe "Psychodrome" tatsächlich für die Rezension häufiger gehört als andere Alben, um mir auch ganz sicher zu sein in der Bewertung. Dabei ist dann rausgekommen, dass es eher eine 6,5 als eine 7,0 ist. Ob der Hype um die Band da eine Rolle gespielt hat, weiß ich nicht. Ganz ausschließen will ich das nicht, denn normalerweise kann ich einen gewissen Hype um hochgelobte neuere Bands im traditionellen Metal meist nachvollziehen. Dass es bei VENATOR anders ist, könnte für enttäuschte Erwartungen gesorgt haben. Jetzt mit ein klein wenig Abstand ändert sich eigentlich nichts an der Einschätzung von "Psychodrome". Ich finde aber, eine 6,5 ist jetzt auch nicht wirklich schlecht."

Ist es ja auch nicht, aber wer liest sich schon die Deskriptionen der Ziffernskala durch? Lieber einfach mal online ins "unfähige Schreiber"-Horn blasen. Vielen Dank für einen anderen Geschmack. Zurück zum Album, denn auch Marius hat sich mit dem Album beschäftigt: "Ich gebe meine Frevelhaftigkeit ganz unumwunden zu. Ich kannte bisher keinen einzigen Ton von VENATOR. Der Weg von Linz bis Niedersachsen ist eben doch recht weit. Wobei Frevel jetzt vielleicht doch etwas hochgegriffen ist, immerhin entstand meine fehlende Beachtung nicht aus bösem Willen, sondern hat eher mit dem Überangebot neuer Bands mit ähnlichen Sounds zu tun. Aber dafür ist dieser Austausch hier ja da, damit mir künftig nichts mehr entgeht. Die Schnurrbartbande VENATOR jedenfalls orientiert sich ziemlich an JUDAS PRIEST, leider eher an "Ram It Down" denn an "Sad Wings Of Destiny". Das würde jedenfalls den eher sterilen Klang und das nie glattgebügelte Spiel erklären. Das geht schon alles beinahe scheuklappig geradeaus. Ich mag es ja lieber, wenn ich ein paar Reibekanten finde oder Schnörkel zum Entdecken und Erarbeiten. Die Herangehensweise von VENATOR ist eine andere, und das ist okay. Vom Hocker werde ich hier trotzdem keineswegs gerissen, dafür bietet mir "Psychodrome" einfach zu sehr Standardkost."

Dieser Meinung kann ich mich auch nur anschließen: "Zugegeben, mein Erstkontakt mit VENATOR, denn auch wenn ich innerhalb der Redaktion den Ruf genieße, gern mal Rumpel'n'Roll zu hören und auf schmuddelige Artworks zu stehen, haben mich die optischen Angriffe der Band bisher eher abgeschreckt. So auch dieses Mal. Klar, es sollen die be-spandex-ten jungen Wilden angesprochen werden, die den Silberrücken heute erklären, welche Perlen sie in den 80ern nicht als solche erkannt haben. Nicht falsch verstehen, ich freue mich für euch, wenn ihr diesen Schulhof-Heavy-Metal abfeiert, denn auch ich bevorzuge diese ungeschliffenen Sachen gegenüber aalglattem Saubermann-Schlager-Metal. Allerdings sollten dann die Songs auch schön Arsch treten. Dies ist bei VENATOR nur bedingt der Fall. Zuviel Teutonen-Gestampfe für meinen Geschmack und auch Hooks, die nachhaltig haften bleiben, suche ich leider vergeblich. Nett, nur nett."

Das ist übrigens nicht gleichbedeutend mit "Schwester von Scheiße", aber wer das so lesen will, darf dies gern so machen. Mahoni hört sogar den "Bruder von Himbeereis". Lest selbst: "Noch nie war ich mit einem schreibenden Kollegen so einer Meinung wie mit Jhonny über VENATOR. Ich könnte seinen Beitrag über "Psychodrome" einfach komplett kopieren und ganz einfach bei mir einfügen und würde tatsächlich hinter jedem einzelnen seiner geschriebenen Worte stehen. Aber da das nicht im Sinne des Erfinders ist, gebe ich wenigstens noch etwas von meinen Senf dazu. Wie schon das Vorgängeralbum "Echoes From The Gutter" punktet auch das Zweitwerk der Österreicher mit einem herrlich kitschigen Artwork ganz im Stil der 80er Jahre und macht direkt Bock auf mehr. Der kraftvolle Gesang von Hans Huemer hat rein gar nichts von seiner Durchschlagskraft verloren und auch das Gitarrenduo Holzner und Ehrengruber fiedelt wieder fulminant drauflos, dass es für mein Ohrenpaar eine wahre Freude ist, den beiden bei der Arbeit zuzuhören. Die Songs sind allesamt toll, wenn auch vielleicht die ganz großen Höhepunkte ein wenig fehlen. Die Zielgruppe von ACCEPT über AMBUSH bis hin zu ROADWOLF dürfte mit "Psychodrome" aber voll auf ihre Kosten kommen. Die Unsitte vom Ausblenden einzelner Songs nervt mich nicht nur hier, sondern sollte generell abgeschafft werden."

Amen zum letzten Teil. Fade-Outs sind und waren für mich immer der Inbegriff von "Ende vergessen". Apropos Ende: Hier nun die finalen Gedanken von Stephan zum Thema VENATOR: "Was gibt es den Worten von Holg und Marius noch groß hinzuzufügen? Konnte ich schon dem Debüt nicht besonders viel abgewinnen, plätschert auch Album Nummer zwei überwiegend an mir vorbei. Das Beste an dem Album ist noch das Albumintro 'Into The Drome', weil mich dieses vom Klangcharakter irgendwie an mein MANILLA ROAD-Lieblingsalbum "The Courts Of Chaos" erinnert. Ansonsten regiert hier doch überwiegend uninspirierter Heavy Metal. Irgendwie alles schon mal irgendwo in irgendeiner Art und Weise anderswo gehört. Nice to listen, but no need to have it in the collection." Zwiespältig, dieses Album.

So viel nun zu den Alben. Wie immer gibt es schlussendlich noch unsere Rankings.


FINAL RESULT:

Rang

Band Album
1. MAJAK Restless Wicked
2. ON FIRE Bite The Blade
3. MORAX The Amulet
4. SACRED Fire To Ice
6. VENATOR Psychodrome
6. THRONE OF IRON Adventure Two


Die Einzel-Wertungen:

Holger Andrae:

01. MAJAK – Restless Wicked
02. MORAX – The Amulet
03. ON FIRE – Bite The Blade
04. THRONE OF IRON – Adventure Two
05. VENATOR - Psychodrome
06. SACRED – Fire To Ice

Jens Wilkens:

01. ON FIRE – Bite The Blade
02. SACRED – Fire To Ice
03. MORAX – The Amulet
04. MAJAK – Restless Wicked
05. VENATOR - Psychodrome 
06. THRONE OF IRON – Adventure Two

Jonathan Walzer:

01. SACRED – Fire To Ice
02. VENATOR - Psychodrome
03. ON FIRE – Bite The Blade
04. MAJAK – Restless Wicked
05. THRONE OF IRON – Adventure Two
06. MORAX – The Amulet

Mahoni Ledl:

01. SACRED – Fire To Ice
02. THRONE OF IRON – Adventure Two
03. MORAX – The Amulet
04. MAJAK – Restless Wicked
05. VENATOR – Psychodrome
06. ON FIRE – Bite The Blade

Marius Lühring:

01. MAJAK – Restless Wicked
02. ON FIRE – Bite The Blade
03. MORAX – The Amulet
04. THRONE OF IRON – Adventure Two  
05. SACRED – Fire To Ice
06. VENATOR - Psychodrome

Stephan Lenze:

01. MAJAK – Restless Wicked
02. MORAX – The Amulet
03. ON FIRE – Bite The Blade
04. VENATOR – Psychodrome
05. SACRED – Fire To Ice
06. THRONE OF IRON – Adventure Two

 

Redakteur:
Holger Andrae

Login

Neu registrieren