CHAPEL OF DISEASE - ...As We Have Seen The Storm, We Have Embraced The Eye
Auch im Soundcheck: Soundcheck 11/2018
Mehr über Chapel Of Disease
- Genre:
- Death Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Van Records
- Release:
- 23.11.2018
- Void Of Words
- Oblivious - Obnoxious - Defiant
- Song Of The Gods
- Null
- 1000 Different Paths
- The Sound Of Shallow Grey
Alles andere als repetitive Kunst!
Es ist kurz vor Jahresende, und man denkt eigentlich, man hätte bereits alles gehört. Die Jahresbestenlisten liegen zum Großteil schon in der Schublade, viel wird wohl nicht nachkommen. Nun, in einem Großteil der Fälle trifft das wohl auch zu, allerdings hat man wohl dieses Jahr die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Und es könnte tatsächlich sein, dass die Bestenlisten wieder umgeschrieben werden müssen, aber dazu komme ich später noch...
Die Jungs von CHAPEL OF DISEASE konnten mit ihren beiden letzten Alben direkt aus dem Stand beweisen, dass sie eine der spannendsten einheimischen Death-Metal-Bands am Start haben. Völlig zu Recht wurden beide Alben bei uns jeweils mit 9 Punkten geadelt, was für einen Newcomer eine echt krasse Leistung ist. Wer aber hätte damals gedacht, dass Album Nummer drei nun gerade den Weg antritt, die Band zu einer Legende zu machen? Wer hätte gedacht, dass "...As We Have Seen The Storm, We Have Embraced The Eye" das Death-Metal-Album werden sollte, an dem sich zukünftig die meisten Acts aus diesem Sektor messen lassen müssen? OK, es gibt da eine Band, der ich das ebenfalls mit dem dritten Album zutraue, aber auch dazu später mehr...
Nun habe ich die Klappe natürlich recht weit aufgerissen und muss daher auch liefern. Also was ist so besonders an dieser Platte? ALLES! Das Teil ist (meiner Meinung) nach völlig eigenständig, zieht einen zu jeder Sekunde in seinen Bann, lässt den Hörer nicht mehr los und wirkt selbst nach Ende der Spielzeit noch nach. Während die Band bereits auf dem Vorgänger schon versuchte eigenständig zu wirken, indem mal auch mal BLACK SABBATH-Anleihen in die Songs einzubaute, geht sie hier gleich mal auf einen Schlag zehn Schritte weiter. Statt nur kurze Parts einzubauen, verknüpft man einfach mal Death Metal (der hin und wieder auch leicht angeschwärzt klingt) mit Classic Rock, als sei dies das normalste auf der Welt. Und landet hiermit bereits mit dem Opener 'Void Of Words' den ersten Hit. Direkt fällt diese Mischung auf, die auch anhand verschiedenartig verzerrter Gitarren so furios funktioniert. Man hat dieses Gefühl, als hätte sich die Band im Keller einquartiert, alle Regler auf zehn gedreht und einfach losgelegt. Dazu ein warmer Sound, der direkt aus den Siebzigern transportiert zu sein scheint und jedem Instrument seine individuelle Bühne bereitstellt. Und als man komplett in den Song eingetaucht ist, kommt ein Break, ein Basslauf, der von der Akustikgitarre abgelöst wird, und dann passiert etwas, was mich komplett geplättet zurücklässt: Die Kölner Jungs starten eine Jamsession und bauen sich mit der Sologitarre ihre eigene Version von LYNYRD SKYNYRDs 'Freebird'. Wer aber nun denkt, damit wurde bereits alles gesagt, hat die restlichen fünf Songs noch nicht gehört, denn der absolute Hit folgt mit 'Oblivious - Obnoxious - Defiant', der mit einer fast schon MAIDEN-lastigen Melodie beginnt (die nach einem beschleunigten Break unter Blastbeats wieder aufgegriffen wird) und mich beim Refrain jedes Mal die Faust in die Höhe recken lässt.
Statt nun aber auf jeden Song einzugehen, empfehle ich lieber, diese Wundertüte mit eigenen Ohren zu erleben. Erfahrt diese grandiose Steigerung in der Mitte von 'Null' zuzüglich dieses Wundersolos! Erlebt den 'Song For The Gods', der mit seiner fast schon poppigen, aber dennoch aggressiven Ausrichtung euch auf süße Art den Arsch versohlt. Legt euch mit einem Joint auf eine Wiese und lasst euch von '1000 Different Paths' mit seinem weit entfernten Klargesang und dieser wunderbaren Monotonie hypnotisieren! Und beim Anfangsriff vom Rausschmeißer 'The Sound Of Shallow Grey' (mit diesem pumpenden Basslauf unterlegt) will ich einfach eine Schlaghose anziehen und das Tanzbein schwingen. Stattdessen aber werde ich gleich darauf gezwungen, den Song irre grinsend durchzubangen. Zumindest mal bis zum Mittelpart, der für Mitsingspiele mit dem Publikum prädestiniert erscheint. Dauernd ertappe ich mich dabei "Wheels Of Steel" zu gröhlen, bevor ich mich in einem Soundtrack für einen Western wähne, der sich dann aber schnell mit Death Metal verbindet und in einen Black-Metal-Part mündet. Liest sich wirr, ist es eigentlich auch, funktioniert aber so dermaßen sensationell, dass es mir jedes Mal aufs Neue die Schuhe auszieht.
Wie bereits erwähnt, wird es wohl nur eine einzige Band geben, die gegen dieses Wahnsinswerk wird ankommen können, denn auch SULPHUR AEON (nach ihrem Zweitwerk für mich DIE nationale Death-Metal-Referenz) kommt noch vor Jahresende mit ihrem Drittwerk um die Ecke. Und sollte diese Band das Niveau ihres Zweitwerks halten können, werden wir, bevor das Feuerwerk das neue Jahr einläutet, eine Doppelspitze im Death Metal haben, die in einer gerechten Welt den ganz großen Durchbruch schaffen müsste. Zumindest die Doppel-Release-Show dieser beiden Acts zwei Tage vor Weihnachten dürfte einer DER konzerttechnischen Höhepunkte des Jahres werden.
Aber zurück zu "...As We Have Seen The Storm...", einem Werk, das alles andere als "repetitive Kunst" ist: Welche Note hat ein Album verdient, dessen einziges Manko es ist, nur sechs Songs zu enthalten? Die Ausrede der Überlänge zählt hier nicht, denn gefühlt dauert jeder Song nur knapp vier Minuten. Hmmm...wartet, ich überlege noch...
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Michael Meyer