Norwegischer Hochkaräter: DOLD VORDE ENS NAVN im Interview

16.09.2019 | 11:57

In Norwegen ist dieser Tage mächtig was los. Und gerade als die ersten Jahreslisten aufgestellt werden, nimmt eine EP mit norwegischem Black Metal einen Spitzenplatz ein. Die Rede ist von DOLD VORDE ENS NAVN. Man darf die Band getrost als Supergroup bezeichnen, auch wenn dieses Etikett mit der musikalischen Klasse – anders als hier – nicht immer etwas zu tun hat. "Gjengangere I Hjertets Mørke" heißt der Tonträger, zu dem uns Cerberus und Vicotnic einige Fragen beantworten.

Zunächst einmal Gratulation zu eurem bärenstarken Debüt, wenn man das überhaupt so sagen kann. Ihr seid sicherlich mächtig zufrieden?

Cerberus: Danke, absolut!

Wie kam denn euer Line-up zu Stande?

Cerberus: Es fing wohl mit mir an, als ich Haavard mal wieder besucht hatte. Wir treffen uns oft bei ihm, schauen Filme und essen gemütlich was. Manchmal haben wir eine Gitarre oder einen Bass in die Hand genommen, wobei sich daraus ein Drang entwickelte, einen Metal-Song zu schreiben. Schließlich hatten wir einige Songs, aber lediglich einen Gitarristen und einen etwas eingerosteten Bassisten. Eines Abends trafen wir dann Myrvoll und Vicotnic bei einem Konzert im Revolver Club. Die beiden kennen wir noch aus früheren Tagen. So entstand unsere Band.

Der Bandname lässt sich mit "Sein Name sei verborgen" übersetzen. Was steckt dahinter?

Cerberus: DOLD VORDE ENS NAVN lässt sich direkt als "versteckt sei jemandes Name" übersetzen. Es gibt jedoch eine tiefergehende Bedeutung. Es spiegelt den bösen und dunklen Teil des menschlichen Verstandes wider, all die unaussprechlichen grausamen Gedanken der Menschheit.

Habt ihr die Songs zu viert geschrieben? Manche Leute behaupten ja, im Norsk Black Metal sei bereits alles gesagt worden. Ich stimme da allerdings überhaupt nicht zu, vor allem wenn ich Musik wie die eure höre.

Cerberus: Nein, Haavard hat alle Songs geschrieben und Vicotnic hat sich um Gesangslinien und Texte gekümmert. Und beim zweiten Punkt sehe ich es genau so. Die Ergebnisse, wenn Haavard und Vicotnic ihre Köpfe zusammenstecken zeigen, dass so viel mehr dabei herauskommen kann, als so mancher sagt.

Der Name eurer EP und die Songtitel haben einen gemeinsamen Kontext. Kannst du etwas über das Konzept bzw. die lyrischen Themen sagen?

Vicotnic: Der Titel (deutsch: Geister in der Dunkelheit des Herzens - NM) bezieht sich darauf, dass wir scheinbar alle zum Herz der Finsternis zurückkehren. In diesem Kontext also Black Metal. Es ist ebenso eine Vorahnung, dass Menschen dazu neigen, sich in Zyklen immer wieder der Dunkelheit zu widmen. Lyrisch gesehen ist der gemeinsame Nenner hier der Tod. Der Song 'Den Ensomme Død' (deutsch: der einsame Tod - NM) sieht den Tod wie eine Erfahrung, beziehungsweise den Tod aus Kulminatiosnpunkt des Lebens. Die Erfahrung des Todes hat zwei Seiten. Zum einen das Sterben. Zum anderen aber auch all diejenigen, die die Erfahrung des Sterbens mit dem Sterbenden teilen. Der Tod ist wie ein trojanisches Pferd, in dem du dich vom Tag deiner Geburt an befindest.

Die meisten Lektionen, die einem während des Lebens und auf dem Weg zum Tod erteilt werden, sind hart. Ich stelle es mir so vor, dass die physikalische Hülle die nicht-physikalische Seite des Lebens entweder nähren oder zersetzen kann. Im Song 'Drukkenskapens Kirkegård (deutsch: Friedhof der Trunkenheit - NM) wird der Tod als das Ende menschlichen Potenzials betrachtet. Unsere sterbliche Spezies rast lachend auf das Fermi-Paradoxon (ein Gedankenexperiment des italienischen Physikers zur Existenz und Suche extraterrestrischer Intelligenz - NM) zu und 'Vitnesbyrd' (deutsch: Zeuge - NM) ist eine Ode an den Tod. Den personifizierten Tod, in gewisser Weise ein Begleiter. Oder vielleicht etwas treffender: Das große Leitmotiv des Lebens. Bei 'Blodets Hvisken' (deutsch: Dem Flüstern des Blutes - NM) wird der Tod durch Reflektion repräsentiert. Die Vergangenheit ist zwar tot, hat aber ihre Spuren, also ihr Flüstern in unserem Blut hinterlassen. Das sind die allgemeinen Themen der Songs, beruhen aber allesamt darauf, dass sich jemand mit den Gedanken und Erfahrungen auseinandersetzt.

Mich persönlich hat es etwas überrascht, dass Haavard wieder Black Metal spielt. Wie kam es?

Cerberus: Mich hat es ehrlich gesagt nicht überrascht. Das Leben hat einen nunmal im Griff, aber unter der Oberfläche lauerte es bei ihm stetig.

Zum Schluss: Wie siehst du die derzeitige Szene, vor allem in Oslo? Trifft man sich noch in Plattenläden wie Neseblod Records oder Katakomben?

Inzwischen verteilt sich das alles mehr, vor allem in den sozialen Medien. Was die Läden betrifft, nunja. Viel spielt sich dort nicht mehr ab, aber wir sollten dennoch dankbar sein, dass auch sie mit ihrem Anteil die Szene am Leben halten.



Photo Credit: Carl Eek Torgersen

Redakteur:
Nils Macher

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