PINK FLOYD: 50 Jahre auf der dunklen Seite

25.03.2023 | 21:05

Während ich mit dem Schreiben des Artikels anfange und besagtes Album im Hintergrund seine Runden dreht, wird mir wieder einmal klar, wie fantastisch und monumental "The Dark Side Of The Moon" doch geworden ist. Zwar bin ich mit meinen fast 35 Lenzen noch meilenweit davon entfernt, die Tragweite dieser Scheibe in ihrer Umfänglichkeit zu verstehen, doch erkenne ich, dass die 50th-Anniversary-Version, die in diesen Tagen veröffentlicht wurde, der Klasse des Outputs durchaus würdig wird. Wie unschwer zu erkennen, feiern wir also einen runden Geburtstag und schauen auf die üppige 2023er Version von PINK FLOYDs "The Dark Side Of The Moon".

Über den hiesigen Einfluss dieses Albums, das im März 1973 erschien und das achte Studioalbum PINK FLOYDs markierte, brauchen wir an dieser Stelle nur wenige Worte zu verlieren. Als erster Teil der klassischen Phase, die mit "Wish You Were Here" und "Animals" komplettiert wurde, verkaufte "The Dark Side Of The Moon" weltweit über 50 Millionen Exemplare, wurde mit Edelmetall überschüttet und gilt nicht nur im Rock-, sondern in der Musik generell als bahnbrechend.

Allein ein Blick auf das atemberaubende Artwork des lichtbrechenden Prismas (entworfen von Storm Thorgerson von Hipgnosis und von George Hardie gezeichnet) zieht den Hörer bereits in eine komplett andere Welt, in bunte, progressive Sphären, die zwar nicht so avantgardistisch und experimentell, dafür jedoch zugänglicher für die breite Masse sind und speziell ob der zentralen Themen dieses Konzeptalbums – Tod, Wahnsinn und Gewalt – auch über stolze fünf Dekaden nichts an ihrer Ausdrucksstärke verloren haben. Und allein die synchron klingenden Wecker, der Sound einer Explosion, diese sehr eindringliche Klangcollage, all das verpasst mir nach so vielen Durchgängen, die "The Dark Side Of The Moon" schon in meinem Wohnzimmer hat drehen müssen, einen wohlig warmen Schauer, der von tollen Synthesizern, dem stark vom Blues Rock beeinflussten Gitarrenspiel und die beinah unheimlich wirkenden Spoken-Word-Passagen umgarnt wird. Ein von vorne bis hinten fantastisches Album eben, dessen 50th-Anniversary-Version wir etwas genauer auf den Grund gehen.

Zunächst liegt unser Hauptaugenmerk auf der ersten CD und LP, die von James Guthrie remasterten Versionen des Originalalbums, das in der Vinylausgabe um zwei Poster und in der CD-Version um ein zwölfseitiges, nettes Booklet aufgehübscht wird. Auch wenn "The Dark Side Of The Moon" als Gesamtkunstwerk verstanden werden muss, sind es doch vor allem Songs wie 'On The Run', 'The Great Gig In The Sky' und 'Us And Them' sowie 'Brain Damage', die mir auch so viele Jahre später noch Freude bereiten. Die gibt es – blicken wir weiter in die vorliegende Veröffentlichung – auch als Live-Versionen zu hören: Aus dem Jahre 1974 – also aus dem Folgejahr – stammt "The Dark Side Of The Moon – Live At Wembley Empire Pool, London", das wie schon das Album per se als CD sowie 180g-Heavyweight-LP vorliegt und einst im Rahmen der Wintertour PINK FLOYDs mitgeschnitten wurde. Schon das von George Hardie erstellte Artwork ist absolut ikonisch, der Klang der CD eine Wucht, wohlig und warm, melodisch und bizarr. Natürlich dürfen auch hier ein kleines Büchlein und neuer Wandschmuck in Form von Postern nicht fehlen.

Hinzu kommen zwei Blu-rays sowie eine Audio-DVD in den verschiedensten Audio-Ausführungen (Neu gemasterte Original-Album-Atmos- und hochauflösende Stereo-Mixe) und zwei ansprechende 7"-Singles mit "Money/Any Colour You Like" und "Us And Them/Time" in Harvest-Taschen. Während 'Us And Them' mit fast acht Minuten das längste Stück auf dem Album ist, wurde es für die Single-Version um mehr als die Hälfte der Spielzeit gekürzt. Trotzdem wird der Charme dieses eher ruhigeren Stücks auch in der Single-Version deutlich und steht zum Ticken verschiedener Uhren in 'Time' in tollem Kontrast. Bei der zweiten Single "Money" hat mich die Thematik von Geld stets fasziniert, könne Reichtum doch Menschen verändern, verderben, schädigen, Beziehungen spalten, wohingegen vor allem der melodische Moment bei 'Any Colour You Like' mich immer wieder fesselt. Eine tolle Zusammensetzung.

Eine visuelle Freude macht das 160-seitige Hardcover-Buch im LP-Format, dass mit bisher unveröffentlichten Fotos der Tourneen der ersten Hälfte der 1970er-Jahre in den Staaten und Großbritannien verblüffen kann. Die Aufnahmen wurden von Jill Furmanovsky kuratiert, von Aubrey Powell betreut und gemeinsam mit den Bandmitgliedern zusammengestellt. Von absoluten Raritäten bis hin zu den verschiedensten Anekdoten, Tourdaten und nostalgischem Flair ist dieses Buch eine Wohltat für Fans, die während des Blätterns und mit eben jenem Album im Ohr in wohligen Erinnerungen schwelgen möchten. Des Weiteren kann man auch im 76-seitigen Notenbuch, einem vollständigen Songbook des Originalalbums, blättern – ein nettes Gimmick, doch das Herz pocht beim Bildband einfach höher.

Um der Authentizität dieser Veröffentlichung einen höheren Wert zu verleihen, liegen der Box zwei weitere Replika bei: Zum einen grinst uns die Einladung zur Vorpremiere von "The Dark Side Of The Mook" im Londoner Planetarium am 27. Februar 1973 an. Ihr erinnert euch: An diesem Tag veranstaltete EMI Records eine Pressekonferenz, auf der das neue PINK FLOYD-Album damals vorgestellt wurde. Besondere Beachtung fand dieses Ereignis, da die Kuppel des Planetariums zu den Klängen der Musik nur eine Auswahl an Sternen und kosmischen Bildern zeigen konnte. Zum anderen setzt ein weiteres EMI-Prospekt diesem Ereignis letztendlich die Krone auf.

Alles in allem beschenkt sich dieses Album zum runden Geburtstag selbst, indem es sich in eine ultimative Vollbedienung hüllt. Natürlich braucht man nicht jede einzelne Audioauswahl und eine etwas schlankere Box für den kleineren Geldbeutel hätte es auch getan. Trotzdem ist diese Veröffentlichung ein tagesfüllendes Highlight, das in Anbetracht der Tragweite dieses Albums, dieses Meilensteins namens "The Dark Side Of The Moon" auch jene Würdigung bekommt, die es verdient. Zugegeben, das hat es mit all den Preisen und Lorbeeren auch schon vorher, doch vor allem der Bildband und die Live-CD verleiht, gemeinsam mit all den kleineren Gimmicks und der wirklich schönen, edlen Aufbereitung, dem Album den letzten Schliff. Es ist mir immer wieder eine Freude, mit euch in Erinnerungen zu schwelgen.

 

Redakteur:
Marcel Rapp

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