POWERMETAL.de - The Essentials: Platz 5
26.08.2018 | 09:22Der ab un an geäußerte "Vorwurf", unsere Redaktion sei zu sehr auf progressive Musik gepolt, scheint sich anhand der internen Lieblingsplatten nicht zu bestätigen. Eher scheint eine große Liebe für Bay-Area-Thrash zu herrschen, wie auch Platz 5 belegt. Zugegeben, etwas ungerade sind die Takte der toten Engel schon auch manchmal.
Wer hätte gedacht, dass für DEATH ANGEL der Vorhang bereits nach dem dritten Akt vorerst fallen sollte? Was wäre wohl geschehen, wenn kein Bus-Unglück die Band heimgesucht hätte? Was wäre passiert, wenn kein Thrash-Festival Anfang des Jahrtausends zahlreiche Bay-Area-Veteranen zusammengetrommelt hätte? Fragen über Fragen, die man sich anno 2017 jedoch nicht stellen braucht. Dass DEATH ANGEL nach wie vor eine der besten Thrash-Metal-Bands dieses Planeten ist, verdanken Mark, Rob und Co. sicherlich auch dem 1990er Meilenstein "Act III", der dank einer famosen Symbiose aus lupenreinem Thrash Metal und feinen Sound-Experimenten damals den künstlerischen Zenit bedeuten sollte. Nach wie vor sind die Songs gerne in der Live-Setliste der Band wiederzufinden, nach wie vor sorgen 'Seemingly Endless Time', 'Stop' und wie sie alle heißen für absolute Ekstase und ein nostalgisches Lächeln auf Jedermanns Lippen, nach wie vor ist "Act III" eine unglaublich geile Platte. Ein zeitgemäßer Sound, zeitlose Klassiker-Songs und eine hungrige, ungemein talentierte und damals noch blutjunge Truppe, die genau wusste, was sie wollte – die Grundpfeiler standen, der DEATH ANGEL-Thrash war geboren!
[Marcel Rapp]
Kann man solche Großartigkeit überhaupt in irgendwelche Worte fassen? Dieses Album ist so fest mit meiner Seele verwachsen - man kann sagen, es kam über mich wie eine epochale Erleuchtung. Und enthält so ganz nebenbei auch noch zwei der allerbesten "Balladen" der Metal-Geschichte. Klang gewordene Göttlichkeit! Gehört in meiner Welt zu den besten Metal-Alben überhaupt (die anderen beiden sind von SANCTUARY und METAL CHURCH). Ich kann mich noch erinnern, wie ich ein paar Wochen nach meinem 16. Geburtstag mit dieser Platte in der Hand freudig erregt aus dem Laden kam und zu Hause fassungslos und mit offenem Mund vor den Boxen stand beim ersten Durchlauf...
[Martin Van Der Laan]
Über 15 Jahre ist meine Rezension zu "Act III" bereits alt und immer noch ist jedes Wort absolut wahr. Häufig verbindet man mit seinen Lieblingsalben irgendein prägendes Erlebnis oder eine prägende Zeit. Für ganz oben reicht es häufig nicht, einfach nur ein atemberaubendes Album aufzunehmen. "Act III" bildet da bei mir durchaus eine Ausnahme. Die Entdeckungsgeschichte gleicht vielen anderen Werken aus der gleichen Zeit wie ein Ei dem anderen: tolle Kritik im "Rock Hard", Trip zum CD-Verleih, überspielen auf ein Tape und dann ewig im Walkman haben. Doch spätestens als der funkige Beginn von 'Discontinued' meinen Körper zum ersten Mal zum Zappeln brachte, war eben doch klar, dass hier ein ganz besonderes Werk meine Lauscher in Verzückung versetzt. Die kurze Zeit später folgende Auflösung war für mich dann wirklich traurig, denn ich wollte die Jungs aus der Bay Area ja unbedingt mal live sehen. Dieser Wunsch ging dann anno 2004 endlich beim "Bang Your Head!!!"-Festival in Erfüllung. Und da gleich zwei Mal. Erst beim Warm-Up-Gig am Donnerstag in Headliner-Länge im kleinen, stickigen Club, danach noch auf dem Festival selbst. Was für eine Power, was für ein Sänger! Völlig grandios. Spätestens da war klar, dass DEATH ANGEL und vor allem "Act III" für immer in meine persönliche "Hall Of Fame" gehöen.
[Peter Kubaschk]
Offene Münder bei den Hörern und gewiss verknotete Finger bei den Protagonisten, so würde ich "Act III" beschreiben. Einen Reifeprozess wie ihn DEATH ANGEL hier an den Tag gelegt hat, muss man sogar in der Metalwelt lange suchen. Zumal die Burschen immer noch sehr jung waren! Aber woher sie das Selbstvertrauen nahmen, die akustische Gitarre auszupacken und sogar Funkelemente in den Thrashsound zu integrieren, vermag ich nicht zu sagen. Natürlich ist das Drittwerk mit einigem Abstand das Highlight in der Diskographie der US Amerikaner.
[Frank Jäger]
Nochmal Bay-Area-Thrash in unseren Top Ten. Scheint ganz gut zu sein. Dieses Nischen-Genre! Wobei die dritte Scheibe der Todesengel auch etliche Schlenker in andere Sphären unternimmt und wohl genau deshalb auch hier gelandet ist. Man merkt halt, dass viele Musiker dieser Szene auch bei nichtmetallischen Einflüssen ähnlich ticken: Ich sage nur Punk, Mowtown und alter Funk. Gerade letzterer Stil wird auf "Act III" ganz massiv mit Thrash verknüpft. Eine Progression, die man bereits auf dem Vorgänger in einer Nummer wie 'Bored' nachhören kann, wird im Jahr 1990 auf die Spitze getrieben. Dazu addieren sich herzzerreißende Streicher in den beiden Balladen 'Veil Of Deception' und 'A Room With A View' und fertig ist die stilübergreifende Crossover-Platte, die keiner in diesem Genre einordnen möchte. Für mich persönlich ist aber 'Discontinued' der überfliegende Raketen-Song auf diesem Album. Allein die ersten zwei Minuten, in denen die Instrumentalfraktion alle zehn Sekunden anderen Variationen eines Themas oder Tempos spielt so fantastisch, dass ich jedes Mal komplett am Rad drehe, wenn die Nummer erklingt.
[Holger Andrae]
Ich beziehe mich hier mal auf die Einleitung zu diesem Artikel und behaupte ganz frech aber ernsthaft, dass Thrash-Metal Anfang der 90er mein bevorzugtes Metal-Genre war, bevor mit PSYCHOTIC WALTZ und DREAM THEATER das ganze Prog-Gedöns kam. Ihr lacht mich aus? Okay, mit dem Underground hatte ich schon damals nichts zu tun - ich hatte da überhaupt keinen Zugang - doch die großen Alben der großen Thrash-Bands (METALLICA, SLAYER, OVERKILL, MEGADETH) haben mich alle geprägt und ich habe sie (fast) alle in meine Top100-Liste aufgenommen. Zu MEGADETHs "Rust In Peace" schrieb ich schon, dass es danach für eine Thrash-Metal-Scheibe enorm schwer werden sollte, mich noch zu beeindrucken. In Sachen kompositorischer Klasse (METALLICA), Aggressivität (SLAYER) und technischer Filigranität (MEGADETH) war im Genre für mich alles gesagt, also blieb nur noch die Möglichkeit, frische Impulse zu setzen, indem man es mit etwas anderem mischte. Und hier kam DEATH ANGELs "Act III" ins Spiel. Genau das war es, was ich brauchte! Viele Bands der 90er mischten funky Grooves mit Metal, aber viele taten dies zu plakativ. DEATH ANGEL - damals völlig neu für mich - machte es aber so natürlich und selbstverständlich, als wäre es das Logischste der Welt, Funk und Thrash zu mixen. Dazu kamen noch zwei wunderherrliche Balladen und fertig war eines der buntesten und integersten Metal-Crossover-Alben. Ein Album, an dessen Klasse DEATH ANGEL - aber auch keine andere Band - danach nie wieder anknüpfen konnte.
- Redakteur:
- Holger Andrae