Perlen der Redaktion: Jens Wilkens' Highlights 2024
06.01.2025 | 17:07Ein außergewöhnliches Jahr mit tollen Veröffentlichungen in Hard Rock und Metal geht zu Ende! Das macht ein Ranking nicht gerade leicht.
2024 war gespickt mit exzellenten Veröffentlichungen, seien es Neuerscheinungen oder Re-Releases. Wer aber unter meinen Perlen die großen Namen wie JUDAS PRIEST, SAXON oder OPETH erwartet, wird vielleicht enttäuscht sein, dass diese nicht in der Liste auftauchen. Um es gleich vorwegzunehmen: Dieser Rückblick enthält viel Melodisches, was anscheinend in diesem Jahr in jeder Lebenslage der passende Soundtrack war. Das folgende Abschluss-Ranking orientiert sich im Prinzip auch daran, wie oft ein Album in diesem Jahr lief. Bis auf eine Ausnahme haben alle Langspieler in den Top 10 mindestens 20 Spins hinter sich. Da haben sich die melodischen und eher traditionell aufgestellten Scheiben richtig festgesetzt. Melodic (Hard) Rock stand in 2024 extrem hoch im Kurs. Wenn das so weitergeht, mutiere ich irgendwann vollends zum AOR-Nerd. Schweden führt mit fünf platzierten Alben den Ländervergleich klar an. Im letzten Jahr dominierte noch Norwegen, das in diesem Jahr überhaupt nicht vertreten ist. Wir werden übrigens dieses Mal das Pferd von hinten aufzäumen und uns von Platz 20 zu Platz 1 vorarbeiten.
Platz 20 ist so eine Art Spätlese in diesem Jahr. "Always Look Up" von VAN ZANT hat mich von Anfang an durch die großartigen Songs und den Gesang der beiden Van Zant-Brüder überzeugt. Die sehr frommen Texte sind sicherlich nicht jedermanns Geschmack, und ich muss tatsächlich gestehen, dass die ausgeprägte Jesus-Seligkeit mir auch hier und da etwas zu sehr im Vordergrund steht. Musikalisch und klanglich ist das Album aber über jeden Zweifel erhaben. Die wunderbar harmonierenden Stimmen der beiden Brüder Johnny und Donnie Van Zant und ihr Gitarrenspiel sorgen immer wieder für Glücksgefühle. Belohnt wurde die Qualität mit Position #1 der Christian/Gospel Charts in den USA. Da kann man nur gratulieren!
Das erste Mal schweift der Blick bereits bei Platz 19 Richtung Schweden. HYDRA ist mit "Rehydration" ein wirklich bärenstarkes Zweitwerk gelungen. Oder wie es Kollege Björn im Teaser zu seinem Review ganz treffend formuliert: Das ist "AOR im Champions-League-Format". Da ist dem Label Pride & Joy Music ein wahrlich exzellenter Fang gelungen. Instrumental, produktionstechnisch und kompositorisch ist "Rehydration" ganz vorzüglich, ein klitzekleiner Vorbehalt ist in Bezug auf den Gesang anzumelden. Andi Kravljaca ist sehr sicher in seiner Intonation, aber es fehlt ein wenig der Schmelz. Beim mitreißenden 'Eye Of The Storm' wächst der Vokalist über sich hinaus und klingt zu Beginn beinahe wie Klaus Meine zu seinen Glanzzeiten.
Das heimische Gewächs CHAPEL OF DISEASE landet mit "Echoes Of Light" auf Rang 18. Die musikalische Entwicklung, die die Band genommen hat, war ja im Prinzip abzusehen. Das aktuelle Album ist eine konsequente Fortsetzung der Richtung, die die Kölner schon auf dem Vorgänger eingeschlagen hatten. Extrem ist eigentlich nur noch der Gesang. CHAPEL OF DISEASE musiziert gegenwärtig weniger energetisch, dafür aber mit mehr Groove und mit einer zusätzlichen Portion an Atmosphäre. Das Gitarrenspiel ist erneut überirdisch und das zum Titel des Werks großartig passende Artwork ebenfalls wieder eine Augenweide.
SNAKEBITE hat sich mit "Cobra Crew" auf Platz 17 durchgebissen. In den letzten Monaten mit nahezu konstanter Dunkelflaute hat sich dieser formidable letzte Output der melodischen Hard Rocker aus NRW als musikalische Glückspille und saftiger Energiebatzen bewährt. Die Scheibe deckt das Spektrum zwischen Melodic Hard Rock und Melodic Metal mit vielen partytauglichen Hits zum Mitsingen sehr gekonnt ab. Dunkle Gedanken haben bei SNAKEBITE Hausverbot! Der Wahlspruch des Quartetts könnte lauten: Fürchte nicht das Klischee, denn es ist dein bester Freund!
Ein wenig verschrobener Kauz-Metal mit individueller Note muss in so einem Jahresrückblick doch immer vertreten sein, oder? Genau, denn Platz 16 erkämpft sich ANGEL SWORD mit "World Fighter". Die Scheibe, die wohl nicht unbedingt den Preis für die schönste Covergestaltung erhalten wird, war über die letzten Monate ein ziemlich hartnäckiger Besucher in meinem CD-Player. Wir werden mit unserem Team noch etwas näher auf das dritte Werk der fidelen Finnen eingehen, aber der Artikel ist sozusagen noch in statu scribendi. Mehr soll an dieser Stelle auch nicht verraten werden, außer dass das hymnische 'Weekend Warrior' auch Platz 16 der besten Songs einnimmt.
Das Debüt "Out In The Fields" der russischen Formation VENDEL hatte ich ja für unseren Dezember-Soundcheck vorgeschlagen. Es war eigentlich ziemlich klar, dass es in meiner Jahresbestenliste auftauchen musste. Letzten Endes ist es ein sehr guter 15. Platz geworden. Die musikalische Darbietung ist exzellent, die Produktion passt hervorragend und auch das Artwork ist stimmig. Wenn es VENDEL jetzt noch gelänge, den einen oder anderen Chorus zum Niederknien zu schreiben, dann wären die Epic-Metal-Helden in ihrem Genre kaum zu schlagen. Die Tempowechsel, die mächtigen Riffs, die galoppierenden Drums und die doomlastige Grundstimmung sind schon große Kunst. Es fehlt nur ein klein wenig die Eingängigkeit.
Platz 14 ist das selbstbetitelte Debüt von LORD GOBLIN, das bei uns nicht nur in einer Gruppentherapie, sondern auch in der Rubrik "Neuer heißer Scheiß" ausführlich gewürdigt wurde. Platz zwei im November-Soundcheck, nur geschlagen von OPETH, ist schon eine reife Leistung. Seltsam, denn im Review von Walter Scheurer erhielt die Scheibe nur eher wackere 7,5 Punkte. Die nun im Vereinigten Königreich ansässigen Jünger des Okkulten aus Italien haben da ein interessantes Genre-Gebräu fabriziert, das man nicht alle Tage zu hören bekommt. Diese geniale Hammond-Orgel gepaart mit rasenden Blastbeats und epischen Gesangslinien – einfach unwiderstehlich! Und dann haben wir noch die Arbeit an den Becken, was wie Waffengeklirr tönt.
Platz 13 geht an die schwedischen Prog-Rocker KAIPA. Auf diesem Platz landete "Sommargryningsljus" auch in unserem Juni-Soundcheck, bei dem lediglich Kollege Walter 8 Punkte springen ließ, während alle anderen Soundchecker mit ihren Noten darunter lagen. Unser fleißiger Reviewer Björn hingegen ließ sich nicht lumpen und spendierte einfach mal die Höchstnote. Zwar mäandern einige Stücke recht exzessiv, doch musste ich mich schon nach dem ersten Hördurchgang ziemlich weit in Richtung von Björns Camp begeben, ohne selbst jedoch die Zehn zu zücken. Zwei Gründe sind es vor allem, die für Begeisterung sorgen: die beiden auf Schwedisch gesungenen Zwillingsstücke, die das Album einrahmen, 'Sommarskymningsljus' und 'Sommargryningsljus', sowie die unglaublich gute Aufnahme. Allein der Rhythmusfraktion zu lauschen, ist die reine Wonne. KAIPA ist die einzige Prog-Band, die in diesem Jahr in meiner Jahresbestenliste auftaucht.
Platz 12 hat sich AIWAZ mit "Darrkh … It Is!" erobert. Gleichzeitig ist das meiner Meinung nach das beste Doom-Album in diesem Jahr. Die traurigen und gleichzeitig so erhabenen Gesangslinien gefielen mir schon beim Erstkontakt, aber ich schätze Arkadius' andere Band, die Dortmunder Doomster WHEEL, auch sehr. Wären die zwar sporadischen, aber doch störenden Growls nicht, wäre sogar noch ein Platz unter den Top 10 drin gewesen, so wie es auch als Einzeltrack 'The Ghost That Once Was I' geschafft hat. Es hilft nichts, für mich haben die Growls einen ähnlichen Effekt wie ein Kratzer auf dem Vinyl. Neben der noch zu behandelnden Nr. 3 in dieser Liste hat AIWAZ das klar emotionalste Stück Musik in diesem Jahr abgeliefert.
NATIONWIDE kommt mit "Echoes" auf den 11. Rang, und ich muss zugeben, dass ich in meinem Review mit 8,5 Punkten einen halben Zähler zu niedrig lag. Die großartige Produktion war auf der Grundlage des Downloads damals nur zu erahnen, lässt dieses erstklassige Debüt der Schweden aber auf der heimischen Anlage erst in rechtem Glanz erstrahlen. Sänger Daniel Groth ist eine echte Entdeckung. 'The One' hat es auf Platz 5 der besten Songs geschafft. Aber es gibt daneben noch etliche weitere sehr starke Titel. Hoffentlich bleibt NATIONWIDE in der aktuellen Besetzung bestehen. Dann dürfen wir noch einige Göttergaben erwarten.
"Fill My Sails" von WINDING ROAD war schon gleich am Erscheinungstag ein Kandidat für das beste AOR-Album 2024 und findet sich schlussendlich auf Platz 10 wieder. Dass doch noch zwei andere Genre-Nachbarn an den Schweden vorbeigezogen sind, liegt gewiss nicht an der Qualität der Musik von WINDING ROAD. Nein, "Fill My Sails" hat keinesfalls abgebaut über die Monate. Und das bombastisch gute 'I’ll Give My Heart To You' hat es auch auf Platz 9 der besten Songs geschafft. Es gibt keinen einzigen Ausfall auf dieser Melodic-Rock-Perle. Die ebenfalls melodischen Perlen Nr. 1 und 2 haben im Laufe der Zeit eben noch etwas mehr Lüster bekommen.
Auf Platz 9 firmiert MAGNUM mit "Here Comes The Rain". Der tragische Tod von Mastermind Tony Clarkin, der praktisch mit dem Release von "Here Comes The Rain" zusammenfiel, überschattet weiterhin die Wahrnehmung des Albums. Man denkt den Verlust, den die Musikwelt erlitten hat, immer mit, aber Dankbarkeit für die großartige Musik, die der Gitarrist und Songwriter über die Jahre erschaffen hat, schwingt ebenso mit. Das letzte Album mit Tony und wahrscheinlich auch das letzte Studioalbum von MAGNUM ist ein würdiger Abschluss einer langen Karriere und einer beeindruckenden Diskografie. In meine Liste der besten Songs haben es 'Some Kind Of Treachery' und 'After The Silence' geschafft. Bei der Textstelle "so now it’s over, it had to end" habe ich immer einen Kloß im Hals. Nachdem der Vorgänger "The Monster Roars" covertechnisch ein Totalausfall war, ist es geradezu eine Erlösung, dass Rodney Matthews wieder das Artwork gestaltet hat. Seine Illustrationen gehören bei der Band aus Birmingham einfach dazu.
Feinstes kanadisches Ohrenfutter liefern uns die Hard Rocker FREEWAYS aus Brampton, Ontario, auf ihrem Zweitwerk "Dark Sky Sanctuary". Im Quartalsrückblick 2/24 unserer Rubrik "Neuer heißer Scheiß" kam das Album dementsprechend gut an, was mich ganz besonders freut. Mit tollem Sound und viel positiver Energie erobert "Dark Sky Sanctuary" ganz lässig Platz 8 der Jahresbestenliste. Es steht den Kanadiern ganz ausgezeichnet, wenn sie hin und wieder mit dem Gaspedal spielen und zum Überholmanöver ansetzen. Wer unseren Redaktionsliebling TANITH aus dem letzten Jahr schätzt, wird auch von FREEWAYS begeistert sein. Beide Bands stehen für authentischen und mit viel Liebe kredenzten Hard Rock mit einer geringen Dosis Metal. Einen Schönheitspreis bekommt auch dieses Cover-Artwork nicht.
Bei meinem Platz 7 musste ich den eigentlich fertigen Text noch umschreiben. Bis Ende Dezember gab es zu "Divine Battle" von SAVAGE OATH nämlich kein Review auf unserer Seite. Und plötzlich lese ich am 27.12. in der U-Bahn das Review von meinem Kollegen Matthias Ehlert. "Divine Battle" ist das Debüt, welches auf die selbstbetitelte EP folgt. SAVAGE OATH ist ein Epic Metal mit US Metal-Schlagseite zelebrierendes Quartett aus den USA, welches aus Brendan Radigan (Gesang), Phil Ross (Bass), Leeland Campana (Gitarre) und Austin Wheeler (Schlagzeug) besteht. Brendan werden viele von euch von seiner Arbeit für PAGAN ALTAR, MYSTIC CIRCLE, SUMERLANDS, STONE DAGGER und weitere Formationen kennen. Phil hat für MANILLA ROAD, LOW ORIOLE und CRICKET WAND die Viersaitige bearbeitet, während Leeland bei VISIGOTH aktiv ist. Austin scheint bisher noch nicht auf Tonträgern anderer Bands vertreten zu sein. Der Sound von SAVAGE OATH ist eher traditionell angelegt und feiert die 80er Jahre. Ich höre da auch eine Menge JUDAS PRIEST heraus. Die Heimat des Quartetts ist aber ganz klar der Underground. Fans der Frühphase von JAG PANZER und OMEN werden ihren Spaß an "Divine Battle" haben. Das mächtige 'Blood For The King' erinnert nicht nur wegen des Titels an frühe MANOWAR. Auch der tolle Titeltrack mit seiner Folk-Anmutung geht in diese Richtung. Interessant finde ich übrigens, dass Brendan bei allen Bands, bei denen er beteiligt ist, immer ein wenig anders klingt. So auch bei SAVAGE OATH, wo er als großartiger Frontmann brilliert. Leider habe ich das kleine Zeitfenster verpasst, als das Vinyl in Deutschland erhältlich war.
Auch mehrere Monate nach Veröffentlichung hat "Glimpse Of The Dawn" von TAROT nichts von seinem mystischen Zauber verloren, was Platz 6 im Ranking garantiert. Die acht atmosphärisch dichten Kompositionen, die ganz ohne einen Durchhänger auskommen, überzeugen weiterhin wie am ersten Tag. Lena Richters phänomenales Artwork könnte ich immer noch stundenlang betrachten, was den Gedanken aufkommen lässt, ob nicht vielleicht die Vinyl-Ausgabe doch besser als die CD gewesen wäre. Der Langspieler ist der bislang reifste Release von TAROT. Es hat mich gefreut, dass auch Pete Pardo von meinem bevorzugten Youtube-Kanal "Sea Of Tranquility" den Langspieler in seiner breitgefächerten Liste der 50 besten Alben des abgelaufenen Jahres hatte. Besonders liebe ich den Synthesizer im Abschlusstrack 'Heavy Weighs The Crown'. Übrigens ist TAROT neben KAIPA die zweite Band in diesem Ranking, die die Morgendämmerung besingt.
Im letzten Jahr waren die Schweizer AMETHYST meine Newcomer des Jahres. Wenn die Qualität des Debütalbums "Throw Down The Gauntlet" auf einem ähnlichen Niveau wäre, wäre schon klar, dass es in meiner Jahresbestenliste auftauchen würde. So oder ähnlich waren meine Gedanken damals. Nun ist es Platz 5 geworden. Immer wenn die CD läuft, bekomme ich gute Laune. Den Geist der NWoBHM findet man darauf perfekt eingefangen. Es gibt nichts Überflüssiges, alle Songs sind knackig und kommen gleich auf den Punkt. Total entspannt und absolut passend zu den acht prächtigen Stücken ist der Gesang von Fredric G. Die Gestaltung des Covers ist natürlich ganz witzig und passt zum Titel des Albums, aber weltbewegend ist das Motiv auch nicht. Dafür ist die Musik umso großartiger. "Rock knights forever"!
Ich glaube nicht, dass sich irgendjemand in unserer Redaktion für meine Nr. 4 erwärmen kann. So ist es wohl ein Glück, dass "Jätt" von SABÏRE nicht im Soundcheck gelandet ist. Die Kombination unterschiedlicher Genres und die gewöhnungsbedürftige, sehr höhenlastige Produktion schrecken vermutlich die meisten Hörerinnen und Hörer ab. Musikalisch und konzeptionell ist "Jätt" für mich aber ein echtes Highlight, welches die Medaillenränge nur ganz knapp verpasst hat. "Jätt" ist übrigens das Wort für "Hölle" in der von Mastermind Scarlett Monastyrski erfundenen Kunstsprache "Streckish". Da ich Gustave Dorés Gemälde, welches das Cover ziert, schon immer geliebt habe, wäre das eigentlich mein Artwork des Jahres. Aber klassische Gemälde laufen bei mir immer außer Konkurrenz.
Ich habe eine ausgeprägte Schwäche für dunkle und tiefgründige Klänge. Klar, dass die niederländischen Dark Rocker DOOL mit "The Shape Of Fluidity" da ganz weit oben rangieren müssen und sich sogar die Bronzemedaille sichern. "The Shape Of Fluidity" ist eine Art Gesamtkunstwerk: Musik, Texte, Artwork und Videos greifen perfekt ineinander und loten die Tiefen der menschlichen Seele aus. Ravens besondere Stimme macht das Album zu einem intensiven Erlebnis. Wahnsinn, wie ausdrucksstark aber auch die Gitarrenarbeit ist! Bestes Beispiel ist das nicht unbedingt eingängige, aber zutiefst emotionale 'Self-Dissect'. Keine andere Band klingt wie DOOL. Mein persönlicher Favorit auf "The Shape Of Fluidity" ist und bleibt 'Evil In You'.
Platz 2 geht an "Heart Of The Young" von FIGHTER V aus der Schweiz. Das ist ganz klar eines meiner beiden meistgehörten Alben in diesem Jahr und die größte Überraschung noch dazu. In unserem Dezember-Soundcheck landete "Heart Of The Young" abgeschlagen im Mittelfeld, ohne dass es große Kritik gab. Für mich ist es völlig unverständlich, warum dieses Melodic-Rock-Juwel niemanden aus dem Team in Begeisterung versetzen konnte. Ich habe schon in meinem Review die außerordentliche Qualität der ersten drei Stücke angepriesen. Sie haben sich auch auf längere Sicht bewährt. 'Eye To Eye' ist für mich der Song des Jahres – und das mit großem Abstand. Toll ist auch, wie das romantischere 'Bringing It Back' ganz natürlich auf den Kracher 'Speed Demon' folgt. Die Stimme von Emmo Acar hat Charakter, Gefühl, Power und jede Menge Klasse. Aber auch die Instrumentalisten und die für den Hintergrundgesang Verantwortlichen sind überragend. "Heart Of The Young" ist ganz knapp an der Pole Position vorbeigeschrammt.
Tja, und dann thront da NESTOR mit "Teenage Rebel" ganz oben auf Platz 1. Zugegeben, der Überraschungseffekt ist nicht derselbe wie bei "Kids In A Ghost Town". Und so war meine Einschätzung von "Teenage Rebel" zunächst deckungsgleich mit der von Holger in seinem Review: schon gut, aber nicht unbedingt herausragend. Und dann wanderte das Album doch in die Sammlung und avancierte nach und nach zum Liebling, bis es den Olymp erklommen hatte. Vielleicht nicht ganz so offensichtlich wie beim gefeierten Vorgänger, aber ebenso nachhaltig reiht sich Hit and Hit, und wenn "Teenage Rebel" über die Anlage läuft, fegt Tobbe mit seiner Stimme alle Bedenken hinweg. Da bin ich sofort wieder Fan. Jonny Wemmenstedts Riffs und Soli sind ebenfalls herausragend. Seit ich weiß, dass wir beide am selben Tag Geburtstag haben, fühle ich da außerdem eine besondere Verbindung. Mit 'Caroline' kann "Teenage Rebel" mit einem der beiden besten Songs in diesem Jahr aufwarten. Das ist 80er-Nostalgie pur! Dass NESTOR bei der Ballade 'The One That Got Away' mal wie CHICAGO klingt, ist auch prima. Und wenn '21' nicht ein künftiger Band-Klassiker ist, dann weiß ich auch nicht! In einem Jahr, das unglaublich viele starke Melodic-Rock-Scheiben hervorgebracht hat, kann es nur einen Sieger geben.
Leider habe ich in diesem Jahr nur zwei Konzerte besuchen können. Herausragend war der Auftritt von MESSA am 19.10. im Kufa-Haus in Braunschweig, das mir auch als Konzert-Location extrem gut gefallen hat. Aber auch die anderen beiden Bands des Abends, GRENDEL'S SŸSTER und FLAME, DEAR FLAME, haben überzeugt. Hierzu gibt es bei uns auch einen ausführlichen Konzertbericht. Richtig klasse fand ich auch den Auftritt von LUCIFER am 8.11. in der Kulturfabrik Löseke in Hildesheim. Auch hier war das Gesamtpaket mit TANITH und THE NIGHT ETERNAL eine feine Sache.
Beim schönsten Artwork habe ich mich nach reiflicher Überlegung für "Absolute Elsewhere" von BLOOD INCANTATION entschieden. Diese gestalterische Meisterleistung wurde in unserem Team ja schon bei verschiedenen Gelegenheiten gewürdigt. BLOOD INCANTATION hat das Rennen ganz knapp vor "Glimpse Of The Dawn" von TAROT entschieden, auch wenn das Motiv mit den Pyramiden entfernt an "Astronomica" von CRIMSON GLORY erinnert. Die Musik der Extrem-Progger gefällt mir auch ganz gut, aber für eine abschließende Bewertung fehlte schlicht und ergreifend die Zeit. Man kann sich sicher sein, dass etliche Kollegen die Scheibe unter ihren Perlen haben werden.
Als bester Newcomer führt kein Weg an WRITHEN HILT vorbei, eine Neuentdeckung im Epic Metal, die in unserer Redaktion nicht nur mich begeistert hat. "Ancient Sword Cult" ist gleichzeitig auch die EP des Jahres, die mit 'Death Undone' und 'Mountain' gleich zwei 10-Punkte-Songs zu bieten hat. Auch die dann folgende Veröffentlichung der Braunschweiger "The Iron Sparrow", die nur in streng limitierter Auflage auf Tape zu haben und leider sehr schnell ausverkauft war, ist fantastisch. Somit hatte das Jahr 2024 eine Menge interessanter Musik zu bieten, nur auf ein Album, das ohne Wenn und Aber mit der Höchstnote ausgezeichnet werden kann, warte ich bereits seit mehr als zwei Jahren. Schauen wir mal, was 2025 bereithält.
Und hier noch das Ranking in Tabellenform:
Rang |
Band | Album |
01. | NESTOR |
Teenage Rebel |
02. | FIGHTER V |
Heart Of The Young |
03. | DOOL |
The Shape Of Fluidity |
04. | SABÏRE | Jätt |
05. | AMETHYST |
Throw Down The Gauntlet |
06 |
TAROT |
Glimpse Of The Dawn |
07. | SAVAGE OATH |
Divine Battle |
08. | FREEWAYS |
Dark Sky Sanctuary |
09. | MAGNUM |
Here Comes The Rain |
10. | WINDING ROAD |
Fill My Sails |
11. | NATIONWIDE |
Echoes |
12. | AIWAZ |
Darrkh ... It Is! |
13. | KAIPA |
Sommargryningsljus |
14. | LORD GOBLIN |
Lord Goblin |
15. | VENDEL |
Out In The Fields |
16. | ANGEL SWORD |
World Fighter |
17. | SNAKEBITE |
Cobra Crew |
18. | CHAPEL OF DISEASE |
Echoes Of Light |
19. | HYDRA |
Rehydration |
20. | VAN ZANT |
Always Look Up |
- Redakteur:
- Jens Wilkens