Rückblick auf das erste Halbjahr 2024: Brutal Death Metal

14.07.2024 | 16:50

Wir geben zu, der Begriff Brutal Death Metal ist zweierlei nicht: trennscharf und exakt. Genau das wird sich auch im Verlaufe dieses Artikels zeigen, aber wir versuchen es doch. Wir beide - Kevin Kleine und Kenneth Thiessen - haben uns, wie man es als Fan dieser Stilrichtung tut, in der ersten Hälfte des Jahres ordentlich durch Neuveröffentlichungen gewühlt, uns einiges angehört und auch genossen. Eben jene Scheiben, bei denen wir letzteres getan haben, wo also vor allem der Genuss beim Hören hervorgerufen wurde, wollen wir euch natürlich nicht vorenthalten, da wir hoffen, dass sich dieses Gefühl auch bei euch einstellt, ob ihr denn jetzt schon tief im Brutal Death Metal drin seid oder nicht. Für Einsteiger ist ebenso etwas dabei wie für alte Hasen auf diesem Terrain, wobei diese den ein oder anderen Namen schon kennen dürften, da bis auf zwei, drei Alben doch größere und bekanntere Bands in unserer Liste gelandet sind. Dabei können wir aber voller Stolz verkünden, dass es innerhalb unserer jeweiligen vorgestellten Listen keine Überschneidungen gibt und wir euch somit ganze zehn Empfehlungen präsentieren, an denen man vielleicht schon etwas ablesen kann, welche Art des Brutal Death Metal dem Autor des jeweiligen Textes zusagt. Ohne weitere Ausschweifungen wollen wir nun aber zum Ranking und der Vorstellung gelangen, bei dessen Kenntnisnahme wir euch vollstes Vergnügen wünschen:

Kevin: 5. STAGES OF DECOMPOSITION - Raptures Of Psychopathy

Habt ihr Lust auf etwas richtig schön Fieses und Brutales? Dann habe ich da einen schönen Leckerbissen für euch. Einen makabren Angriff auf eure Ohren!

STAGES OF DECOMPOSITION lädt den Zuhörer auf einen absolut finsteren Trip durch menschliche Abgründe und eines der dunkelsten und brutalsten Kapitel ihrer Heimatstadt Los Angeles ein. Das Ganze präsentiert sich in einem Gewand aus Brutal Slam Death Metal mit Grind-Einschlägen. Klar und deutlich, unverkennbar und ohne Kompromisse. Die einzigen ruhigen Momente liefern die gesprochenen Aufnahmen zwischen einigen Songs, welche vermutlich aus Serien, Reportagen oder Dokus über Psychopathen und Massenmörder bzw. des True-Crime-Genres entstammen. Doch für Ruhe sorgen diese nicht, ganz im Gegenteil, die unheimliche und bedrohliche, von Kälte und Brutalität getränkte Stimmung wird durch diese Aufnahmen nochmal verstärkt und ergibt in Kombination mit der Musik ein sehr stimmiges und passendes Gesamtkonzept. Die Schlüsselwörter zu diesem Album sind Brutalität, Energie und eine beinahe erdrückende Aggression, womit sich das Album den Genrestempel des brutalen Death Metal redlich verdient. Slams, ein erdrückender Groove, das Tempo und die Grindkante sind deutlich hörbar und absolut gelungen umgesetzt und werden mit Titeln wie 'Carve Out The Eye' oder auch 'Skid Row Slasher' deutlich aufgezeigt. Und mit 'Human Extermination' bekommt der Zuhörer sogar einen Song geliefert, der so auch glatt auf einem CANNIBAL CORPSE-Album hätte landen können, allein das Bassintro erinnert sehr stark an die Musik von Corpsegrinder und Co. Eine ganz starke Nummer, macht mächtig Spaß!

Das Songwriting, die Kreativität, die gute Durchmischung von Slam und Brutal Death Metal und die unheimliche Stimmung ergeben zusammen dieses tödlich fiese und sehr fette Death-Metal-Brett. Wer Künstlern wie DYING FETUS, DEVOURMENT oder CANNIBAL CORPSE nicht abgeneigt ist, sollte hier wirklich mal reinhören, es lohnt sich!

 

Kenneth: 5. SEVERE TORTURE - Torn From The Jaws Of Death

Auf Platz 5 findet sich bei mir das aktuelle Album der Niederländer SEVERE TORTURE ein. Nachdem ich die Singles im Vorfeld der Veröffentlichung nicht wirklich bewusst wahrgenommen habe, stellte sich auch nach den ersten Durchläufen keine wirkliche überbordende Begeisterung ein. Doch mit immer mehr Zeit, die ich "Torn From The Jaws Of Death" gegeben habe, hat sich dieser brutale und hyperschnelle Death Metal dann doch in die Hirnwindungen gefräst und das im wahrsten Wortsinn. Die für Genreverhältnisse ziemlich eingängigen Ohrwürmer gingen einem nicht mehr aus dem Kopf. Auch im Review erwähnte ich, mit was für einem feinen Gespür die Band gesangliche Hooklines aus dem Hut zaubern kann, die einfach hängenbleiben. 'The Death Of Everything', 'Putrid Remains' und der Titeltrack sind allesamt Glanzstücke in dieser Disziplin. Der leicht melodische Touch, der immer mal wieder durchscheint, kommt dann noch den Hörgenuss steigernd hinzu, wobei die Niederländer bei alldem insgesamt immer noch aggressiv und kompromisslos zu Werke gehen. Der Blastbeat regiert hier und das sollte er auch, um dieses Album für diese Liste zu qualifizieren. Wirkliche Verschnaufpausen gibt es dadurch keine, womit dieses Album in meinem Rückblick auf jeden Fall Erwähnung finden musste.

 

Kevin: 4. IRON FRONT - Hooked

Kommen wir hiermit mal zu einer noch recht jungen Band, gegründet im Jahr 2016, die noch nicht so lange im Spiel des brutalen Death Metal mitspielt. Die Rede ist von der aus Oakland, Kalifornien, stammenden Truppe IRON FRONT, die mit "Hooked" Anfang des Jahres Langspieler Nummer zwei veröffentlichte. Stilistisch wird hier eine Mischung aus Old School Death Metal, New York Hardcore und Slam Death Metal serviert. Verfeinert wird das Ganze durch eine ordentliche Portion Brutalität. Ein toll abgemischter und dadurch besonders prägnant wirkender Schlagzeugsound groovt sich mit einem kalten, metallisch klirrenden Basssound durch das Album, während die kratzigen und tiefen Gitarren sich ihren Weg durch das Gehör des Zuhörers sägen. Gegrunzt und gekeift wird natürlich auch auf höchst brutale, todesmetallische Art. Blastbeats, Slams, wuchtige, groovende und treibende Riffs, die Verbindung aus Hardcore und brutalem Death Metal, sorgen durchgehend für ein hohes Maß an Unterhaltung und laden mit jedem einzelnen Song zum Headbangen ein. Mit einer Länge von gerade einmal 22 Minuten groovt und slamt sich das Album in einem Rutsch durch, ohne dabei Langeweile aufkommen zu lassen. IRON FRONT erweist sich auf "Hooked" als absolut gnadenlos und auf dem Weg, den das Album musikalisch einschlägt, befinden sich keine Umwege, es geht hier nur geradeaus und es wird alles auf den Punkt gebracht und auf jegliche Ausschmückungen und Schnörkel verzichtet. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger wirkt "Hooked" eine Spur reifer und erwachsener und stellt für mich die bis dato stärkste Veröffentlichung der Band dar. Freunde und Liebhaber des Brutal Death Metal, aber auch Freunde des Hardcore angehauchten bzw. Slam Death Metals, sollten auf jeden Fall mal ein oder besser noch zwei Ohren auf diese Band werfen. Noch mag sie eher als eine Art Geheimtipp wirken, ich würde aber mutig behaupten, dass ein gewisses Potenzial in diesem kalifornischen Quartett schlummert.

Highlights und Anspieltipps sind 'Dissolved In Resin', 'Burned By A Crack Pipe', 'Pig Splitter' und 'Intestinal Siphon'.

 

Kenneth: 4. INTO THE ASHES - Consumed By The Negative Dimension

Als ich "Consumed By The Negative Dimension" von INTO THE ASHES auf Empfehlung eines Freundes zum ersten Mal hörte, konnte ich gar nicht glauben, dass dieses Album im Jahr 2024 veröffentlicht wurde. Die internationale Band mit Mitgliedern aus Spanien, Kanada, Griechenland und Argentinien zelebriert auf dem Debütalbum nämlich Brutal Death Metal, der vom Sound eigentlich nur aus den frühen 2000ern hätte stammen können und stilistisch stark an GORGASM, DISAVOWED und INVERACITY erinnert, was in Sachen Qualität auch absolut keine Übertreibung ist. Qualitativ kommt das Quartett mit seinen neun Kompositionen in die Nähe dessen, was diese drei legendären Bands zu ihren Hochzeiten veröffentlichten. Dabei stechen vor allem die beiden Demo-Tracks 'Impious Virus' und 'Crossing The Portal' hervor, die das typische Riffing, die Songstrukturen, die man aus den besten Zeiten und von den besten Bands des Genres kennt, in atemberaubender Präzision zur Schau stellen. Einzig und allein die uneinheitliche lyrische Ausrichtung, die man an den thematisch völlig verschiedenen Titeln ablesen kann, ist ein klitzekleiner Makel am Gesamtpaket, der aber die musikalische Klasse dieses Albums absolut nicht schmälert. Brutal-Death-Metal-Debüt des Jahres!

 

Kevin: 3. PATHOLOGY - Unholy Descent

PATHOLOGY dürfte jedem Fan und Liebhaber des Genres bekannt sein, womöglich sogar über die Genregrenzen hinaus dürfte sich die 2006 gegründete Truppe mittlerweile einen Namen erspielt haben. Und das zurecht. In ihrer Diskografie befindet sich meiner Meinung nach nämlich kein Album, was ich als schlecht bezeichnen würde. PATHOLOGY liefert stets gut gemachte Alben mit solider Qualität, doch nicht nur das, auch einige echte Leckerbissen wie zum Beispiel das 2012 veröffentlichte Album "The Time Of The Great Purification" befinden sich in unter den Werken der Kalifornier.

Da ich die beiden letzten Alben "Reborn To Kill" (2019) und "The Everlasting Plague" (2021) richtig abgefeiert habe, war ich gespannt darauf, was einen auf "Unholy Descent" wohl erwarten wird. Und ich muss ehrlich sagen, ich bin positiv überrascht. Das Album ist wirklich klasse geworden und hat sich seinen Platz in dieser Top-Liste redlich verdient. Es geht ordentlich zur Sache, aber hier zählt eben nicht "stumpf ist Trumpf". Nein, hier wird brutal, aber auch melodisch abgerifft und abgegroovt. Dazu kommen wahnsinnig gute Soli, welche die melodischen Parts unterstreichen und das Ganze abwechslungsreich und kein bisschen langweilig erscheinen lassen. Ein gutes Beispiel für Abwechslung ist beispielsweise 'Archon', hier werden geschickt Brutalität, Groove und teilweise sogar Slam miteinander verbunden. Oder auch die Dampfwalze 'Diabolical Treachery', welche wirklich keinen Stein auf dem anderen lässt und unaufhaltsam alles aus dem Weg rifft. Einer der für mich besten Songs des gesamten Albums ist definitiv 'Apostles Of Fire', welcher sowohl durch Melodie, Brutalität, technische Raffinesse als auch Atmosphäre punkten kann. Das Zusammenspiel dieser Elemente kommt hier besonders gut zur Geltung. Nach dem gleichen Schema funktioniert auch der letzte Titel des Albums 'A World Turned To Ashes', der für mich somit ebenfalls unter die Top-Titel des Albums fällt. Da PATHOLOGY auf diesem Werk die zuvor genannten musikalische Elemente aufgreift und in ein brutales Death-Metal-Geflecht einwebt, ergibt sich die Mischung, die das Album in meinen Augen abwechslungsreich, interessant und unterhaltsam gestaltet. Somit hat sich "Unholy Descent" einen Platz in meiner Top 5 absolut verdient.

 

Kenneth: 3. BRODEQUIN - Harbinger Of Woe

Spätestens nach der ersten Singleauskopplung von "Harbinger Of Woe" und dem Bekanntwerden der Tatsache, dass die beiden Tracks der "Perpetuation Of Suffering"-EP auch auf dem Album vertreten sein werden, war klar, dass sich BRODEQUIN auf dem vierten Album ziemlich treu bleiben wird und den Weg des letzten Albums, das vor schlappen 20 Jahren erschien, fortsetzen wird. Neu ist nur ein verbesserter, zeitgemäßer Sound, der die Gewalt und die Besonderheit einiger Riffs so richtig zum Vorschein bringt. Daneben bekommt man auf dem vorliegenden Werk auch mehr richtige Melodien zu hören, ganz besonders muss da 'Vredens Dag' erwähnt werden. Das Gute an "Harbinger Of Woe" ist, dass nie der Anschein geweckt wird, dass die Band sich mit einem halbgaren Album und nur dank des legendären Namens wieder einen Platz auf dem Brutal-Death-Metal-Markt verschaffen will. Nein, das Trio bringt ein musikalisch durch und durch oldschooliges Album heraus, das qualitativ absolut mit den ersten drei Alben mithalten kann und für mich persönlich sogar mindestens auf einer Stufe mit "Methods Of Execution" steht. Die neun Punkte aus meiner Rezension sind nach wie vor aktuell, wobei ein halber Punkt mehr auch absolut drin ist, da sich das Album nach weiteren Durchläufen auch nicht abnutzt. Gewinner des Albums sind wieder einmal die ziemlich originellen Riffs, die Brutalität mit einer ganz bestimmten Form von Death-Metal-Epik verbinden. Großartig!

 

Kevin: 2. HOUR OF PENANCE - Devotion

Um ehrlich zu sein hatte ich mich bis vor kurzem nie wirklich mit der aus Rom stammenden Death-Metal-Formation HOUR OF PENANCE beschäftigt, ich hatte sie schlicht und ergreifend einfach nicht auf dem Schirm und habe höchstens ab und zu mal den Namen gehört. Doch das sollte sich schlagartig ändern, als ich kurz nach Veröffentlichung des aktuellen Werks "Devotion" auf die Band aufmerksam wurde und mir diesen neuen Langspieler zu Gemüte führte. Ich war schon nach den ersten zwei Durchläufen hin und weg, um ehrlich zu sein. Und das nicht nur aufgrund der genialen Songs, nein, auch das technische Können an den Instrumenten ist einfach beeindruckend in meinen Augen. Die Kombination aus gutem Songwriting, komplexem und zugleich brutalem, auf Geschwindigkeit ausgelegtem Death Metal ergibt eine wahnsinnig gute Mischung, welche gute Unterhaltung mit musikalischem und künstlerischem Anspruch zu verbinden weiß. Ein unermüdliches und schnelles Schlagzeugspiel, wildes Riffing und ein Groove, der einen wie eine Dampfwalze überrollt und förmlich erdrückt, treffen auf herrlich harsche und finstere Vocals. Angereichert wird das Ganze mit dem subtilen, aber dennoch effektiven Einsatz von Keyboards, was für eine sehr düstere und dichte Atmosphäre sorgt, ohne das Ganze dabei weniger brutal wirken zu lassen. Der bereits angesprochene Groove schiebt und drückt gewaltig nach vorne und man hat das Gefühl durchgehend mitgerissen zu werden. Und das ohne Pause. Zum Verschnaufen lassen die Italiener den Zuhörer nämlich nicht kommen, da sowohl das Groove- und gleichzeitig das Gaspedal durchgehend ordentlich durchgedrückt werden. Die Komplexität ist angemessen und passend, man kann das Album am Stück hören, ohne dass es anstrengend wird, doch auch im Einzelnen funktioniert jeder Song für sich genommen sehr gut. Einen Vergleich zu den vorherigen Werken kann ich derzeit noch nicht liefern, dazu muss ich mich zuerst einmal mit der restlichen Diskografie der Band auseinandersetzen. Doch eines ist klar, mit "Devotion" konnte mich die Band in jedem Fall überzeugen. Highlights und Anspieltipps sind unter anderem 'The Mortality Of Warfare', 'The Ravenous Heralds' oder auch 'A Desert Called Peace'.

 

Kenneth: 2. HOUWITSER - Sentinel Beast

Wirklich bekannt waren mir die Alben von HOUWITSER bisher nicht und so habe ich auch "Sentinel Beast" in den endlosen Listen an Alben, die veröffentlicht werden oder schon wurden, oft übersehen, bis mir das Album eines Tages per Stream vorgeschlagen wurde und ich einfach mal anschaltete. Mir war dabei nicht klar, dass die Band seit Ende der 90er existiert und zu dem Zeitpunkt einige Alben rausgebracht hat, die hochklassigen Brutal Death Metal enthalten. So war ich von der Durchschlagskraft, der Art des Spiels und dem Abwechslungsreichtum überrascht, um nicht zu sagen geplättet. Das eröffnende Trio, bestehend aus 'Burning Dogma', 'Sentinel Beast' und 'Warmonger' präsentiert pfeilschnellen, blastenden Death Metal, bei dem die genialen Riffs nur so aus den Ärmeln zu fliegen scheinen. Dabei geht die Band, wie auch vorhin bei SEVERE TORTURE beschrieben, fast schon typisch für den niederländischen Brutal Death Metal doch noch recht eingängig zu Werke, was sich daran zeigt, dass man von jedem dieser ersten drei Songs einen direkten Ohrwurm bekommt. Dieses Potential setzt sich danach auch auf dem Rest des Albums durch, was die ganze Geschichte noch erstaunlicher macht. Als absolutes Highlight gilt auch 'King Of Madness', das eine Doublebass-Groove-Walze par excellence ist und genau die Abwechslung zeigt, die so ein Album zu einem hervorragenden macht. Auf dem berauschenden Niveau der ersten vier Tracks geht es natürlich auch weiter und später mit den ebenfalls großartigen 'Paradise Falls' und 'Dehumanised' über die Ziellinie. Die Band schafft es genau die richtige Balance zwischen kompromisslosem, schnellem Death Metal und mörderisch-groovenden Passagen zu schaffen und darf sich damit in diesem kleinen Ranking die Silbermedaille umhängen. Auch gerade weil der Sound weit weg von modernen und überproduzierten Plastikproduktionen ist!

 

Kevin: 1. VITRIOL - Suffer And Become

Die US-Amerikaner VITRIOL aus Portland, Oregon, veröffentlichten 2019 mit "To Bathe From The Throat Of Cowardice" ihren ersten Langspieler, der mich direkt abholen und überzeugen konnte. Doch nicht nur bei mir, auch in der Szene schien das Werk gut angekommen zu sein und die Band konnte so ein erstes Ausrufezeichen setzen. Danach folgte noch die wirklich starke und gelungene EP "Antichrist", die erneut für Aufmerksamkeit innerhalb der Szene sorgen konnte und den Namen VITRIOL wieder auf die Karte brachte. Und nun, drei Jahre später, folgt mit "Suffer & Become" Langspieler Nummer zwei und es fühlt sich ähnlich an wie 2019, nur besser! Nicht nur abgeholt und überzeugt, sondern auch aus den Socken gehauen haben mich die Jungs mit dieser Scheibe! Was für ein herrlich fettes, brutales, aber auch interessantes Death-Metal-Büfett!

Eine moderne Produktion, mit einem insgesamt sehr satten und kräftigen Sound, ein hohes technisches Niveau an den Instrumenten, von schnellen bis Midtempo-Songs über groovig bis hin zu finster und bedrohlich, bekommt man hier nicht nur ordentliches Geballer, sondern Geballer mit diversen technischen Raffinessen und somit auch ausreichend Abwechslung serviert. Highlights, die ich auf jeden Fall erwähnen möchte, sind der Opener 'Shame And Its Afterbirth', welcher einen direkt mit seiner unheimlich anmutenden Stimmung in die chaotische, wilde und brachiale Klangwelt dieses Albums entführt und einfach einen äußerst gelungenen Start in dieses Werk bietet: atmosphärisch, brachial, temporeich und gut durchdacht. Oder auch der darauffolgende Titel 'The Flowers Of Sadism', der sich wie ein bedrohliches Groove-Ungeheuer vorwärts bewegt und alles zermalmt, was sich ihm in den Weg stellt.

Um noch einmal das Stichwort Atmosphäre aufzugreifen: Das Instrumental 'Survival's Careening Inertia' ist ein wahnsinnig tolles Stück, das eine finstere Stimmung mit einer super Gitarrenarbeit und brachialen und chaotischen Parts verbindet.

Oder auch 'Flood Of Predation', was in meinen Augen sehr gut aufzeigt, wie gut es klingen kann, wenn man Technik und Brutalität ineinander webt. Und nicht zu vergessen das letzte Stück des Albums 'He Will Fight Savagely', was sich für mich persönlich als, ich will sagen, doch recht eingängig herauskristallisiert hat und mir schon nach den ersten Durchgängen gut im Gedächtnis hängen geblieben ist. Insgesamt kommt dieses Album mit einer gewissen Portion Selbstbewusstsein, musikalischem Anspruch und einer gehörigen Portion Power daher. Für mich insgesamt das beste Werk der Band, mit dem sie nochmal einen guten Schritt nach vorne gegangen ist. Freunde der brachialen, temporeichen und technischen Chaotik, hört rein, es lohnt sich!

 

Kenneth: 1. MALIGNANCY - ...Discontinued

Vier Bands habe ich bisher erwähnt, die in diesem Artikel auftauchen, da sie ihre Brutalität durch fast durchgehend hohe Geschwindigkeiten, tiefe Growls und eine ganz bestimmte Art von Riffs erreichen. Auf Platz 1 landet dagegen eine Band, auf die eine dieser Vorannahmen nicht passt. MALIGNANCY setzt bei ihrer Art des Brutal Death Metal, wie im Review schon geschrieben, nicht etwa auf überwiegend Blastbeats, sondern ist eher wegen der hohen Breaklastigkeit und dem hektischen Gefühl der Songs, das dadurch entsteht, brutal. Doch nur diese eine Zuschreibung würde der Band und dem Album auf keinen Fall gerecht werden. Man darf dabei auf keinen Fall die Begriffe "brutal" und "stumpf" in einen Topf werfen. Denn von stumpf könnte "...Discontinued" nicht weiter entfernt sein. Durchdachte Songs, die sich langzeitlich im Gehörgang einnisten, sind hier das Programm, das einen intensive 33 Minuten lang begleitet. Nichts wird dem Zufall überlassen, songwriterische Finessen sind an allen Ecken und Enden zu finden und es stimmt einfach jede einzelne Zutat, da man glücklicherweise auch die feinsten Nuancen im Spiel jedes Protagonisten wahrnehmen kann. Der Sound ist zwar modern, dafür aber derartig sinnvoll in Szene gesetzt, dass hier nichts aufgeplustert oder künstlich vergrößert klingt. Besser wurde es im ersten Halbjahr in Sachen Brutal Death Metal für mich jedenfalls nicht, da hier neben den einzelnen, großartigen Songs auch die Gesamtatmosphäre stimmt, die auch vom großartigen Cover und dem Sample vor 'Ancillary Biorhythms' bedingt sind. Auf dem vierten Album der Amerikaner passt einfach alles. Und wenn nicht noch PUTRIDITY oder GORGASM oder gar DEEDS OF FLESH mit einem Album um die Ecke kommen, dann dürfte der Platz für das beste Brutal-Death-Metal-Album für mich schon jetzt an MALIGNANCY gehen. In sechs Monaten dann mehr zu diesem Thema!

 

Das war es auch schon mit unserem kurzen Halbjahresrückblick. Die vorgestellten Scheiben zeigen dabei, wie vielfältig es auch innerhalb der Genregrenzen des Brutal Death Metal zugehen kann und auf jeden Fall nicht alles gleich klingt. Mit VITRIOL, PATHOLOGY oder IRON FRONT haben wir Bands präsentiert, die den Stil eher moderner präsentieren, während BRODEQUIN, INTO THE ASHES und HOUWITSER voll auf die Old-School-Karte setzen. Dabei dürfte ein gelungener Einstieg ins Genre mit diesen zehn hier vorgestellten Alben gut gelingen. Wenn ihr also Interesse an einer Auseinandersetzung mit dieser Spielart des Death Metal habt, dann hört euch durch dieses Programm, habt dabei vor allem Spaß, aber teilt euch auch bei uns im Forum mit, wenn euch danach ist!

Wenn euch dieser Artikel gefallen habt, dann dürft ihr euch schon freuen, denn für das Ende dieses Jahres ist ein weiterer Artikel in dieser Reihe geplant, in dem wir auf das dann vergangene Jahr zurückblicken und mit euch unsere Favoriten innerhalb der Neuveröffentlichungen im Brutal Death Metal teilen.

Redakteur:
Kenneth Thiessen

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