SONIC SYNDICATE: Interview mit Karin Axelsson

03.11.2008 | 12:39

Wir haben uns die vielleicht hübscheste Bassistin im Metal geschnappt und mit Fragen durchlöchert. Raus kam ein interessantes Interview über exzentrische Roboterfliegen, verrückte, russische Menschen, Kartenspiele und über gecastete Bands.

Mit im vergangenen Jahr durch einen Contest eingesackten "Nuclear Blast"-Deal im Rücken, "Only Inhuman" im Rückspiegel und der der neuen Langrille "Love And Other Disasters" im Anschlag präsentiert sich das Sextett recht selbstbewusst auf den mittelgroßen Bühnen. Was passt da besser als eine Einladung der Melodic-Death-Nasen IN FLAMES zur weitläufig angelegten Europa-Tour, die auch in Deutschland Halt (ge)macht (hat)?


Daniel:
Hallo, Daniel hier von POWERMETAL.de. Alles klar?

Karin:
Hi Daniel! Ich bin gerade erst aufgewacht, habe zehn Stunden geschlafen, bin aber immer noch müde (lacht). Mir geht's gut und habe gerade angefangen meinen Morgenkaffee zu trinken.

Daniel:
SONIC SYNDICATE bespielten vergangenen Sommer viele Festivals wie zum Beispiel "Rock am Ring / Rock im Park", "Summer Breeze" oder "With Full Force". Wie waren die Resonanzen und Erfahrungen?

Karin:
Der Festivalsommer endete für uns vor kurzem und die Rückmeldungen waren sehr gut, denke ich. Alle die du nanntest, waren soweit meine Favoriten und die, wo ich am meisten Spaß hatte. Diesen Sommer war wahrscheinlich "Rock im Park" am Besten, wenn ich es mir aussuchen müsste. Die Show war toll für uns und die Fans waren wundervoll. Stell dir vor, du bist auf der Bühne, tust was du liebst, hast viele Leute vor dir mit einem Publikum, das dich liebt und deine Songs mitsingt. Wenn das passiert, bekommst du das überwältigendste Gefühl, welches du haben kannst. Ich konnte heulen vor Freude.

Daniel:
Im Oktober werdet ihr IN FLAMES mit GOJIRA supporten. Wie kam es dazu und habt ihr IN FLAMES im Vorfeld schon mal irgendwo getroffen? Was erwartest du von dieser Tour?

Karin:
Es ist eine IN FLAMES-Tour (!) und sie luden uns ein, etwas worüber wir sehr glücklich sind. Wir haben schon ein paar Festivals mit ihnen gespielt und ich habe sie oftmals vorher getroffen. Sie sind wirklich sehr nette Jungs und ich freue mich sehr darauf. Es sind ja nur noch ein paar Tage - fühlt sich toll an! (Inzwischen ist die Tour mitten im Gang - Anm. d. Red.)

Daniel:
Was ist die Bedeutung von dieser Kreatur vom Albumcover, welche ein Mix aus einer Fliege und einem Roboter ist, im Zusammenhang mit dem Titel "Love And Other Disasters"?

Richard:
Wir wollten etwas Exzentrisches und was ist exzentrischer als eine Motte mit Flugzeugflügeln? (lacht) Es ist eine zukunftsnahe Mischung und wir mögen die Idee organische und mechanische Elemente zusammenzuführen. Als ich die Lyrics zu "Only Inhuman" schrieb, war ich unter großem persönlichen Stress und da ist viel Nährboden, der den Fakt wiedergibt, dass ich mehr und mehr Dinge Roboter-ähnlich mit Routine getan habe anstatt mit Herz bei der Sache zu sein. Ich denke, daher kommt "Only Imhuman" und das ganze mechanische/organische Ding. So wurde der Charakter geboren!
Auf dem neuen Album dachten wir, dass sich die Musik auf ein neues Level entwickelt und so auch der Charakter mitgehen sollte. Das ist der Grund, warum du ihn etwas mehr entwickelt siehst als auf "Only Inhuman" und der Titel "Love And Other Disasters" wird dadurch symbolisiert, dass er (die Figur - d. Red.) sein Herz in ein Zahnrad wirft.

Daniel:
Ist 'Red Eyed Friend' das Gegenstück zu 'Blue Eyed Friend'?

Karin:
'Red Eyed Friend' ist lyrisch der Nachfolger zu 'Blue Eyed Friend'. Ja, der Name ist ein Kontrast, aber es ist wirklich ein Nachfolger. Rich (Sjunnesson, Sänger der Band - Anm. d. Red.) hat einen Tick mit dem roten Faden, den er durch alles zieht, was er schreibt. Du siehst, vieles auf dem neuen Album ist auf "Only Inhuman" zurückzuführen, was sich jetzt wieder zusammenführt. Wir wollten die Lyrics frei für Interpretationen lassen und nicht direkt hervorheben, worum es im Original geht, um die Leute kreativer werden zu lassen, sie auf ihre eigene Art und Weise zu entschlüsseln. So ist es das, was die Texte für jeden einzelnen beinhalten, das ist was sie wirklich ausdrücken.

Daniel:
Wo ist deiner Meinung nach der Unterschied zwischen dem neuen Album und älteren Scheibletten wie "Only Inhuman"? Wie viel Zeit benötigtet ihr für das Songwriting und für die Aufnahme der Songs?

Karin:
Die ganze Zeit nachdem wir "Only Inhuman" veröffentlichten, waren wir auf Tour, hatten also keine wirkliche Zeit zu schreiben. Aber wir haben dann wirklich noch auf Tour angefangen und hatten sogar den gesamten Januar Zeit zu schreiben. Also saßen wir alle gemeinsam rum und jammten bis wir ein Album hatten. Dieses Mal haben wir alle zusammen geschrieben, was niemals zuvor passiert war. Und auch wenn wir dachten, dass wir nicht viel Zeit hätten, war es die beste Zeit, die ich je während eines Songwriting-Prozesses hatte. Das Album wurde von Mitte März bis Mitte April aufgenommen.

Daniel:
Ihr habt einen Videoclip für den Song 'Jack Of Diamonds' abgedreht. Wo ist die Verbindung zwischen dem Text und dem Videokonzept? Sind die tanzenden Mädels und die schnellen Wagen nicht ein wenig sinnlos in dem Zusammenhang? Worum geht es? Das Kartenspiel "Jack Of Diamonds" als eine Metapher für das Leben?

Karin:
Das Video ist wirklich mit den Lyrics verbunden. Es bedeutet, dass man vorsichtig und bedacht mit dem verprassenden Leben umgehen soll, denn es wird irgendwann einen Tag geben, wo das alles zum Wanken kommt und auf dich zurückschlägt. Genau wie der Refrain aussagt: "Living in a house of cards, waiting for it all to fall". Der Titel 'Jack Of Diamonds' ist entfernt vom Kartenspiel abzuleiten, denn Leben ist letztlich Glücksspiel mit verschiedenen Wahlmöglichkeiten und Optionen. In der französischen Variante des Kartenspiels repräsentieren alle Karten historische und mythische Charaktere. 'Jack Of Diamonds' ist übertragen auf Hector vom trojanischen Krieg. Er wurde getötet von Achilles' Speer, denn er nutzte einen einzelnen, kleinen Fehler in Hectors Rüstung aus. Das war gedacht als Synonym für diese kleinen, unberechenbaren Dinge, die dein "Kartenhausleben" zusammenbrechen lassen können, wenn du nicht vorsichtig genug bist.

Daniel:
Was waren die Ziele, die du technisch erreichen wolltest und was war neu für dich?

Karin:
Du willst dich als Musiker und in jedem anderen Job, den du hast, weiterentwickeln, das ist eine natürliche Angelegenheit. Und neue Sachen zu lernen kommt mit dem Beruf eines Musikers. Auf "Love And Other Disasters" sind ein paar Dinge neu für mich, du lernst aber auch Technisches und so was auf Tour, wenn du andere Bassisten beobachtest. Eine Sache, die ich besser machen möchte, einfach nur so aus Spaß, ist schnell mit meinen Fingern zu spielen, denn jetzt benutze ich ein Plektron, aber als ich anfing nicht.

Daniel:
Wie war die Zusammenarbeit mit dem Produzenten Roberto Laghi?

Karin:
Roberto ist ein sehr netter Typ und es ist leicht mit ihm zu arbeiten. Wir waren auf Tour mit NIGHTWISH während des Mix-Prozesses, also konnten wir nicht da sein und unsere Ideen mit ihm teilen. Wir gingen ins Studio bevor wir über unsere Ideen sprechen konnten, wie wir den Sound wollen und was in seinem Kopf so abgeht. Also blieben wir in Mailkontakt mit ihm, er sandte uns während des Mixens die Songs und wir vertrauten ihm zu 100%. Wir sind sehr glücklich mit dem Resultat.

Daniel:
Ist es schwierig mit drei Brüdern in einer Band zu spielen? ;)

Karin:
Ich denke, es ist einfacher. Sie sind sehr ehrlich und sich sehr nahe, es ist etwas, das uns alle näher zusammenrücken lässt. Sie kämpfen nicht mehr als jeder andere von uns oder stellen den Part eines anderen in Frage, nur weil sie verwandt sind. Wir sind wie eine Familie, die Jungs sind meine besten Freunde und Brüder.

Daniel:
Manche Menschen in Deutschland denken, dass ihr eine gecastete Band seid und nur ein kommerzielles Produkt. Wie denkst du über diese Anschuldigungen?

Karin:
Ich finde es sehr lustig! Ich meine, wie zur Hölle können wir eine gecastete Band sein mit drei Brüdern? Das heißt also, dass ihre Mutter die Band hätte zusammenwürfeln müssen (lacht). Ich denke, die Leute die solche Gerüchte ans Laufen bringen, sind neidisch auf uns, weil wir Erfolg haben und alles so schnell passiert ist. Aber die Sache ist, dass sie all die harte Arbeit dahinter nicht sehen. Die Jahre des Arbeitens in einem Proberaum, das Gefühl nirgendwo hinzugelangen - bis du es letztendlich tust.

Daniel:
Ihr habt eine Menge an Konzerten gespielt. Was waren die verrücktesten, lustigsten oder seltsamsten Dinge, die je passiert sind?

Karin:
Ich schätze, dass die Show in Moskau, Russland, eine der verrücktesten war, die wir je gemacht haben. Es war eine der ersten Shows, die wir in Russland spielten und wir waren Headliner, haben also nichts wirklich erwartet. Aber als wir auf die Bühne kamen, war die Halle vollgepackt mit Fans, die versuchten uns von der Bühne zu zerren sowie uns und unsere Instrumente zu betatschen. Ein Mädchen hat es letztendlich geschafft auf die Bühne zu gelangen und meine Wange zu küssen. Das war lustig.

Daniel:
Die Zeit vor SONIC SYNDICATE - welche Berufe habt ihr ausgeübt?

Karin:
Richard und Roger sind beide Elektriker, Robin war auf der Schule bis zum letzten Jahr, John war Tischler, Roland war ein Büromensch für eine große Firma und ich war persönliche Assistentin. Ich dachte nie, dass es möglich wäre meinen Job so früh zu kündigen und nur meine Band als Hauptberuf zu haben. Es ist grandios. Ich mochte meinen Job wirklich, aber das ist was ich mit meinem Leben machen möchte und ich kann arbeiten, wenn ich alt bin (lacht).

Daniel:
Ich möchte dir für dieses Interview danken! Irgendwelche letzten Worte?

Karin:
Danke dir für das Interview und ich hoffe, dass alle unsere Fans da draußen unser neues Album mögen und zu unseren Livekonzerten kommen.

Redakteur:
Daniel Schmidt

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