TEMPLE OF BLOOD: Interview mit Jim Mullis
28.06.2006 | 10:48Vor einigen Wochen habe ich euch von dieser Band vorgeschwärmt, deren Album "Prepare For The Judgement Of Mankind" mich völlig umgeblasen hat. Total ekstatischer Thrash Metal der alten Schule mit einem tollen Sänger. Und als wäre dies alles nicht schon genug Grund zur Freude, bekommen wir als finalen Schlag auch noch eine erstklassige Cover-Version des DEADLY BLESSING-Überfliegers 'Deliver Us From Evil' mit deren Sänger Ski geboten. Ein Interview mit Bandleader, Gitarrist und Sänger Jim Mullis stand außer Frage, vor allem da TEMPLE OF BLOOD trotz aller Klischeeverarbeitung auf dem Cover und in den Texten obendrein aus dem christlichen Metal-Sektor zu kommen scheinen. Aber wir wissen seit Twin Peaks: einige Dinge sind nicht, was sie scheinen.
Holger:
Die obligatorische Einstiegsfrage: Wie und wann wurde die Band gegründet? Es wäre schön, wenn du unseren Lesern eine möglichst detaillierte Bandbiographie liefern könntest.
Jim:
Lance Wright, Garth Lovvorn und ich gründeten die Band im Jahr 2001. Damals spielten wir in erster Linie Coverversionen von OVERKILL, IRON MAIDEN, ANNIHILATOR, CANDLEMASS, SLAYER und MERCYFUL FATE. Ich begann dann auch eigene Songs zu schreiben, die wir nach und nach in unseren Set integrierten. 2004 zog mein alter Freund Matt Barnes von New Hampshire hierher, um TEMPLE OF BLOOD beizutreten. Die einzigen Demos, die wir jemals aufgenommen haben, waren von Matt und mir, um unsere Ideen fest zu halten. Im Jahr 2005 hatten wir dann endgültig unseren Stil gefunden und unser Album "Prepare For The Judgement Of Mankind" eingespielt, welches im Januar 2006 veröffentlicht wurde. Seitdem gab es noch eine Veränderung bei uns. Jim Lewis von ANTITHESIS ist als neuer Bassist mit an Bord.
Holger:
Als ich mir euer Album angehört habe, kamen mir sofort die ganzen grandiosen Thrashbands aus den 80ern, wie AGENT STEEL, in den Sinn. Was hältst du von diesem Vergleich?
Jim:
Ich mag AGENT STEEL sehr gerne, aber ich denke nicht, dass wir wie sie klingen. Es ist sicherlich kein schlechter Vergleich, aber für mich klingen wir mehr nach einer Mischung aus MEGADETH, JUDAS PRIEST, ANNIHILATOR, FATES WARNING, IRON MAIDEN, DARK ANGEL und DEATH, sowie einiger klassischer Metalbands.
Holger:
Da läuft einem ja das Wasser im Mund zusammen. Würdest du mir zustimmen, wenn ich eure Musik als "hektisch" beschreiben würde?
Jim:
Ja, stimmt, da passiert ganz schön viel in unseren Songs. Aber all das geschieht nur, damit die Musik interessant klingt.
Holger:
Das ist euch auf jeden Fall geglückt. Vor allem die Schlagzeugarbeit klingt an manchen Stellen völlig "over the top" und beinahe etwas unkontrolliert, was mir aber sehr gut gefällt, da es euch eine ganz spezielle, harte Note verleiht. Vor allem Passagen, wie der Anfang von 'Conviction' lassen mich glauben, Lance wolle sich selbst überholen.
Jim:
Ja! Lance ist in seinem Herzen ein Death-Metal-Drummer!
Holger:
Ich bin der festen Überzeugung, dass ihr gerade hier in Europa sehr viele Freunde mit dieser superben Musik haben könntet, wenn ihr nicht unter dem Banner "White Metal" klassifiziert werden würdet. Ist es nicht schade, dass viele Menschen glauben, dass religiöse Bands wie STRYPER klingen müssten?
Jim:
Ja, da gibt es noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten, denn in der christlichen Metalszene gibt es sehr viele völlig unterschiedlich klingende Bands.
Holger:
Wie stehst du eigentlich zu dem Terminus "White Metal"? Würdest du TEMPLE OF BLOOD dort einsortieren? Wenn nicht, welche Musik macht ihr überhaubt?
Jim:
Ich benutze diesen Ausdruck nicht, fühle mich dadurch aber auch nicht angegriffen. Ich sage nur, dass unsere Texte auf biblischen Geschichten und Prophezeiungen basieren.
Holger:
Hast du schon negative Reaktionen auf die Texte geerntet?
Jim:
Ja, aber nicht so viele wie ich erwartet hatte.
Holger:
Kümmert es dich, wenn ihr auch Fans ansprecht, die nicht an Gott glauben?
Jim:
Das ist doch schon geschehen. Ich würde gerne jeden erreichen, aber das ist natürlich nicht möglich. Ich verrichte nur die Arbeit, die Gott mir ans Herz gelegt hat, setze sozusagen die Saat aus und vertraue auf Gott, dass er sich um den Rest kümmert.
Holger:
Ich sehe euch in einer Reihe mit tollen Kapellen wie BELIEVER, TOURNIQUET oder SEVENTH ANGEL. Haben diese White-Metal-Bands irgendeinen Einfluss auf eure Musik?
Jim:
Nicht direkt, aber ich mag sie alle. Ich bin in erster Linie beeinflusst von MEGADETH, FATES WARNING, ANNIHILATOR, DREAM THEATER, DARK ANGEL, JUDAS PRIEST, DEADLY BLESSING etc.
Holger:
Viele Fans merken auch gar nicht, dass auch Bands wie KINGS'X, SPOCK'S BEARD oder EXTOL religiöse Inhalte in ihren Texten verarbeiten. Ich vermute, dass es darauf ankommt, wie man seine Musik vermarktet.
Jim:
Völlig richtig. Unterschiedliche Interpreten gehen verschieden Wege sich auszudrücken. Einige gehen plakativer vor, während andere eher abstrakte Texte schreiben.
Holger:
Kannst du es tolerieren, wenn ein musikalisch großartiger Song textlich okkulten Inhalt hat?
Jim:
Ich kann von Musik, die nicht meinen Standpunkt ausdrückt, viel lernen und sie sogar genießen.
Holger:
Wenn man sich das blutrünstige Cover anschaut, kann man den Eindruck gewinnen, es mit einer Black-Metal-Band zu tun zu haben.
Jim:
Es soll doch nur bedrohlich aussehen und ein ungutes Gefühl hervorrufen.
Holger:
Obendrein klingen Songtitel wie 'Spiritual Warfare' und 'The Ultimate Sacrifice' eher nach SLAYER-Titeln als nach denen einer christlichen Kapelle. Absicht?
Jim:
Die sollen doch alle nur nach "Metal" klingen und den gewichtigen Inhalt unserer Texte untermauern.
Holger:
Es gibt eine sehr eigenständige Underground-Szene für White Metal. Ist euch das bewusst? Fühlt ihr euch als ein Teil dieser Szene? Habt ihr eventuell sogar schon auf reinen White-Metal-Festivals gespielt? Fragen über Fragen, vielleicht beschreibst du diese Szene einfach mal etwas detaillierter.
Jim:
Ich weiß von dieser Szene in erster Linie durch das Internet. TEMPLE OF BLOOD haben eine Menge Unterstützung aus dieser Szene bekommen. Wir haben bisher allerdings erst mit einer christlichen Band zusammen gespielt: das waren MINDSIZE, die ich übrigens sehr gut finde.
Holger:
Das heißt also, ihr würdet auch auf Festivals mit nicht christlichen Bands zusammen auftreten?
Jim:
Natürlich, das haben wir sogar schon gemacht.
Holger:
Wenn ein deutscher Festival-Veranstalter bei euch anfragen würde, unter welchen Vorraussetzungen würdet ihr hier drüben spielen?
Jim:
Wir würden sehr gerne bei euch spielen, können dies aber nur machen, wenn man uns die Flüge bezahlen würde.
Holger:
Was sind denn deine Eindrücke von der deutschen Metalszene?
Jim:
Es scheint unglaublich toll bei euch zu sein! Ich liebe das Keep-It-True-Festival. Das habe ich auf DVD zu Hause.
Holger:
Stimmt. Eine großartige Veranstaltung. Ebenso großartig ist allerdings eure Coverversion des DEADLY BLESSING-Songs 'Deliver Us From Evil'. Wie seid ihr denn an Ski (original DEADLY BLESSING-Sänger) geraten, der die Nummer zu aller Freude auch noch für euch eingesungen hat?
Jim:
Ich bin ein riesiger Fan von Ski und DEADLY BLESSING. Als ich von ihrer Reunion hörte, schrieb ich ihm eine E-Mail. Ich kündigte unseren Plan, diesen Song zu covern an und fragte nach, ob er sich vorstellen könnte, die Nummer einzusingen. Er stimmte sofort zu und es war eine großartige Erfahrung für uns mit ihm zu arbeiten. Der Song klingt klasse und Ski gab uns noch etliche Tipps. Ein toller Typ.
Holger:
Schön zu hören, dass er nicht nur über eine tolle Stimme zu verfügen scheint. Wo wir gerade beim Thema sind: Gibt es irgendwelche Neuigkeiten aus dem DEADLY BLESSING-Lager?
Jim:
Sie haben gerade ein Album mit alten, unveröffentlichten Nummern namens "An Eye To The Past" veröffentlicht und momentan spielen sie einige Shows und arbeiten an neuem Material. Für weitere News solltet ihr die Homepage besuchen.
Holger:
Wird gemacht! Schlussendlich wäre es nett, wenn du unseren Lesern eine kleine Auswahl deiner Lieblings-Scheiben mitteilen könntest.
Jim:
Klar doch.
Non-White:
FATES WARNING "The Spectre Within"; MEGADETH "Peace Sells But Who's Buying"; ANNIHILATOR "Never Neverland"; DREAM THEATER "Images And Words"; MERCYFUL FATE "In The Shadows"; DARK ANGEL "Time Does Not Heal"; TESTAMENT "The Legacy"; DEADLY BLESSING "Ascend From The Cauldron"
White:
SACRED WARRIOR "Master's Command"; DELIVERANCE "Weapons Of Our Warfare"; TOURNIQUET "Stop The Bleeding"
Holger:
Herzlichen Dank. Wie sehen die Zukunftspläne aus?
Jim:
So Gott will, wollen wir in diesem Jahr unser zweites Album fertig stellen. Dieses soll unseren Erstling meilenweit übertreffen. Außerdem wollen wir uns als Band natürlich immer weiter verbessern. Schaut dazu aber bitte regelmäßig auf unserer Seite vorbei.
Thanks a lot for the interview!
- Redakteur:
- Holger Andrae