THRESHOLD: Interview mit Mac
18.03.2007 | 17:26THRESHOLD gehören zu dem erlesenen Kreis von Bands, die man zum einen nach zehn Sekunden erkennt und die zum anderen in ihrer gesamten Karriere noch kein schwaches Album abgeliefert haben. Auch das aktuelle Werk "Dead Reckoning" bildet diesbezüglich keine Ausnahme und bietet trotz leichter (!) Soundmodifizierungen einhundert Prozent THRESHOLD – qualitativ und stilistisch. Folgerichtig strahlte Sänger Andrew "Mac" McDermott beim Interview-Termin von einem Ohr zum anderen durch den Telefonhörer.
Oliver:
Ihr habt im Vorfeld der neuen Scheibe angekündigt, dass eure Musik düsterer und härter werden soll.
Mac:
Du wolltest gerade fragen, ob das mit dem neuen Label zu tun hat, ne?
Oliver:
Nö, ich wollte fragen, ob euch "Subsurface" im Nachhinein irgendwie zu soft war.
Mac:
Die beiden Platten davor waren zu ähnlich ("Subsurface" und "Critical Mass" – Anm. d. Verf.). Als wir mit "Subsurface" auf Tour waren, habe ich zu Rich (Richard West; k. – Anm. d. Verf.) gesagt: "Rich, das nächste Mal ein bisschen was Anderes, bitte." Die letzte Platte war sehr erfolgreich. Besonders bei den Live-Gigs waren viele Leute da. Das war echt ein Schritt nach vorne. Aber "progressiv" heißt, sich zu entwickeln und irgendwas Anderes zu machen. Und das haben wir versucht.
Oliver:
Seht ihr euch selbst tatsächlich in der Progressive-Metal-Ecke? Für mich habt ihr da noch nie wirklich hingehört. Ihr seid einfach 'ne melodische Metalband, die ein paar Prog-Rock-Einflüsse verarbeitet.
Mac:
Ich würde THRESHOLD mittlerweile auch mehr als Metalband mit Progressive-Einflüssen bezeichnen.
Oliver:
Wo wir gerade schon kurz bei der neuen Label-Situation waren, warum habt ihr den Vertrag mit InsideOut nicht verlängert?
Mac:
Äh, Miete bezahlen? Es stagnierte einfach. Ich will InsideOut nicht schlecht machen, aber es kamen ein paar Platten nacheinander, wo die Verkäufe nicht mehr gestiegen sind. Und wir müssen auch leben. Dann kam dieses Angebot. Ich habe letztes Jahr noch mit Rich gesprochen und gesagt: "Lass uns gucken, ob wir nicht irgendwas Anderes finden können." InsideOut haben echt 'nen guten Job gemacht. Wirklich. Aber das Problem war, dass wir bei InsideOut eine Prog-Band unter vielen waren. Der Vorteil jetzt bei Nuclear Blast ist, dass wir die erste Prog-Band sind. Die müssen den Arsch bewegen, wenn sie in dieser Richtung weiterhin was machen wollen. Und das ist echt ein riesiger Vorteil; das kann ich dir sagen.
Oliver:
Somit könnte "Dead Reckoning" auch ein wichtiges Album für euch werden.
Mac:
Na klar. Das Gute ist, dass wir einen Fünf-Platten-Vertrag über fünf Jahre haben. D.h. wir müssen uns den Arsch aufreißen und Platten machen. Ich finde, es ist ein Wendepunkt. Ein "threshold" (dt. "Schwelle" – Anm. d. Verf.) sozusagen. Wir sind über den "threshold" gelaufen. Ich würde zwar nicht mein Ei drauf verwetten, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass das der Wendepunkt in der Karriere von THRESHOLD ist.
Oliver:
Eine Neuerung auf "Dead Reckoning", der vielleicht die größte Aufmerksamkeit zuteil werden wird, obwohl man sie nicht überbewerten sollte, sind die Growls von Dan Swanö bei 'Slipstream' und 'Elusive'. Solche Vocals hattet ihr noch nie im Programm. Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Dan?
Mac:
Das weiß ich auch nicht. Zu dem Zeitpunkt, als wir die Platte aufgenommen haben, war es noch unsicher, wer das machen soll. Ich habe das auch erst nachher rausgefunden.
Oliver:
Aber es stand im Vorfeld bereits fest, dass Growls auf die Platte sollen – von wem auch immer?
Mac:
Ja, bei den beiden Songs wollte Rich die unbedingt haben. Und ich kann das nicht. Und wenn man etwas nicht kann, ist es besser, wenn man jemand anderen holt.
Oliver:
Ihr hättet auch durchaus eine schlechtere Wahl treffen können als Dan, und zu 'ner Death-Metal-Band seid ihr durch ihn auch nicht mutiert.
Mac:
Ja, er hat einen verdammt guten Job gemacht, muss ich sagen. Und ich finde, es ist so auch genau die richtige Mischung. Es ist das i-Tüpfelchen.
Oliver:
Was man der Platte definitiv anhört, ist der Spaß, den ihr offenbar bei den Aufnahmen hattet.
Mac:
Ich hatte verdammt viel Spaß an der Platte. Und deshalb habe ich auch so lange mit Rich an den Vocals gearbeitet. Ich bin sogar zweimal nach England geflogen (Mac lebt seit über fünfzehn Jahren in Deutschland – Anm. d. Verf.). Beim ersten Mal habe ich gemerkt, dass meine Stimme ein bisschen abkackt. Und da sagte ich: "Nee, nee, diese Platte ist viel zu gut, um das so zu lassen. Ich fliege zurück nach Deutschland und komme wieder, wenn meine Stimme fit ist." Und es ist voll geil. Ich finde die Platte voll geil (lacht).
Oliver:
Deine Stimme steht auch viel mehr im Vordergrund als in der Vergangenheit.
Mac:
Ja! Das war ein Deal, den ich mit Rich und Karl (Groom; g. – Anm. d. Verf.) gemacht habe (lacht). Ich habe Rich gefragt, ob er nicht auch findet, dass die Fanclub-CDs viel besser klingen; da ist der Gesang auch so. Ich sagte: "Hör dir die Fanclub-CDs an!" Das sind für mich die lebendigsten THRESHOLD-CDs. Und ich weiß nicht, ob sie zugehört und es deshalb so gemacht haben oder ob es von jemand anderem kam, aber ich finde den Gesang auf der neuen Platte viel prägnanter.
Oliver:
Diesmal habt ihr es geschafft, deine Stimme so einzufangen, wie sie auch auf der Bühne klingt. Oftmals meint man, du würdest neben einem stehen.
Mac:
Ja, finde ich auch. Es klingt, als würde ich direkt vor dir stehen und singen. Ich habe mir auch extra ein neues Mikrofon gekauft. Und wir haben das alles selbst aufgenommen. Weil Karl in den Thin Ice Studios arbeitete (er betreibt das Studio zusammen mit ARENA-Keyboarder Clive Nolan – Anm. d. Verf.), war ich mit Rich in seinem Studio. Wir haben mit Kopfhörern zusammen in einem Raum gestanden und da aufgenommen. Und so zu arbeiten, ist tausendmal besser. Normalerweise stehst du ja in 'nem anderen Raum.
Oliver:
Arbeitest du deine Gesangsmelodien eigentlich alleine aus oder immer zusammen mit Rich?
Mac:
Rich macht erst alles fertig, und dann gehe ich hin und darf vollenden. Wenn es besser ist, bleibt es so, und wenn nicht, muss ich mir was Besseres ausdenken (lacht). Aber es ist okay. Es ist wie ein Wettkampf. Ich arbeite jetzt seit Jahren mit Rich, und es ist mittlerweile eine lockere und schöne Arbeit, die Spaß macht.
Oliver:
Als Singletrack wurde ausgerechnet das knapp zehnminütige 'Pilot In The Sky Of Dreams' ausgewählt, das ihr für die Radioversion um stattliche sechs Minuten kürzen musstet. So was ist nicht schön.
Mac:
Das Erste, was ich gemacht habe, war, Rich 'ne E-Mail mit "Fuck! Fuck! Fuck! Fuck!" zu schreiben (lacht). Wenn ich ehrlich bin, hätte ich lieber 'Hollow' genommen. Ich persönlich würde zwar nicht sagen, dass es so ein Fehler ist, und ich darf jetzt eigentlich auch nichts Negatives sagen, weil dies ein Interview ist, aber 'Hollow' ist ein fertiger Song, der 3:50 oder vier Minuten lang ist, glaube ich, und den man nicht hätte kürzen müssen. Aber es war so: Ich wollte 'Hollow', Karl wollte irgendwas Anderes, Rich wollte das, und die Plattenfirma hat 'Pilot In The Sky Of Dreams' ausgesucht. Aber eigentlich ist es nicht so schlimm. Und vielleicht ist es für die breite Masse auch nicht so schlimm. Auf der anderen Seite ist es auch ein Bonus-Ding für die Fans, weil es ein neuer Song ist.
Oliver:
Nach längerer Zeit gab es bei euch mal wieder eine Line-up-Veränderung. Gitarrist und Gründungsmitglied Nick Midson steht momentan nicht zur Verfügung. Ist er endgültig ausgestiegen?
Mac:
Das weiß ich nicht, das weiß Nick nicht, und das weiß keiner von uns. Nick ist kein Mensch, der gerne auf Tour geht. Das hat man bestimmt auch auf der Bühne gesehen. Ihm ist das alles zu viel. Er bleibt lieber zu Hause. Ich finde es gut, dass er gesagt hat, er müsse überlegen. Es könnte sein, dass er in einem halben Jahr sagt: "Es fehlt mir, ich komme wieder." Und der Platz ist immer frei. Da war auch auf gar keinen Fall Streit oder irgendwas. Nick wollte einfach eine Pause machen, und das ist okay.
Oliver:
Man merkt schon die ganze Zeit, dass du ein glühender "Dead Reckoning"-Fan bist, deshalb die alles entscheidende Frage: Ist es euer bestes Album?
Mac:
(lacht) Ach komm, was ist das für 'ne Frage, Mann?
Oliver:
Abgesehen davon, dass die neue Scheibe immer die beste ist.
Mac:
Na klar muss ich sagen, dass es die beste Platte ist (lacht). Aber ja, ich finde dass sie unter den besten zwei THRESHOLD-Platten ist, wobei ich wie gesagt die Fanclub-CDs am besten finde, aber nur, weil meine Stimme da im Vordergrund steht. Ich bin ein Egoist (lacht).
Oliver:
"Dead Reckoning" hat auf jeden Fall die beste Produktion aller THRESHOLD-Alben.
Mac:
Alter, klingt das fett? Das klingt voll fett (lacht). Aber das liegt auch an Rich und Karl. Karl macht einfach seinen Job. Und ich weiß auch, wie viel Arbeit Rich da reinsteckt.
Oliver:
Vor allem der Gitarrensound kommt gut.
Mac:
Das ist Karl. Er hat's echt drauf. Ich habe die Boxen bei ihm im Studio gesehen. Da sind wirklich kleine Striche drauf, wie und wo und in welchem Winkel die Mikrofone stehen sollen. Perfekt (lacht).
- Redakteur:
- Oliver Schneider