TURBOKILL - Sänger Stephan spricht über das neue Album
26.09.2024 | 21:39Nach dem Ende von ALPHA TIGER trat Stephan Dietrich mit TURBOKILL 2019 wieder ins Rampenlicht. Aber es dauert fünf Jahre, bis zum 27.09.2024, bis TURBOKILLs zweites Album namens "Champion" erscheint. Alles darüber, aber auch über Vergangenes und Zukünftiges, lest ihr hier!
Hallo Maik, erstmal vielen Dank für die Einladung zum Interview!
Sehr, sehr gern, Stephan - und die Freude darüber ich ganz auf meiner Seite. Warum, dazu kommen wir hoffentlich nachher noch.
Ok, da bin ich gespannt!
Der Grund, warum wir heute dieses Interview führen, ist euer zweites Album "Champion", das am 27. September erscheint und das ich ganz hervorragend finde. Ich habe eurem Promoter geschrieben, dass für mich ein Metal-Album genau SO klingen muss!
Danke für die Blumen, da freuen wir uns sehr! Es steckt auch unglaublich viel Arbeit drin, und wenn man bedenkt, dass das Debüt schon fünf Jahre alt ist und wir in den Jahren seitdem mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, wollten wir ein echtes Kracher-Album machen und hoffen natürlich, dass uns das gelungen ist. Und wenn Du das sagst, freue ich mich sehr!
Was waren denn, neben der Pandemie, die Gründe, warum es fünf Jahre bis zum Nachfolger von "Vice World" gedauert hat?
Der Hauptgrund war schon die Pandemie. Das erste Album ist kurz vor der Pandemie herausgekommen und wenn man bedenkt, wieviel Arbeit und Zeit da drinsteckt, hat uns das schon desillusioniert und es gab auch so eine gewisse depressive Phase, in der uns irgendwie das Ziel und die Vision gefehlt hat. Dazu kam, dass wir uns lange nicht treffen konnten. Wir kommen ja auch alle aus unterschiedlichen Städten und müssen zum Teil schon recht lange im Auto sitzen, um alle zusammenzukommen.
Dazu kam, dass ich in den fünf Jahren auch zwei Mal Vater geworden bin, und an den Drums hatten wir auch noch einen Besetzungswechsel. Dazu kam die Frage, in welcher Ausrichtung wir mit dem nächsten Album weiter machen wollen. Wir haben im letzten Jahr einen Management-Vertrag abgeschlossen und dann begonnen, richtig hart an dem Album zu arbeiten.
Deshalb haben wir im Vorfeld auch schon so viele Singles rausgebracht, damit immer mal Lebenszeichen kommen und die Fans immer etwas Futter haben. So war das halt – aber das nächste Album wird nicht wieder fünf Jahre auf sich warten lassen!
Ok, damit hast du in ein paar Sätzen direkt einige meiner vorbereiteten Fragen beantwortet.
Ja, wenn ich einmal im Redefluss bin...
Das ist gar nicht schlimm! Aber drehen wir die Uhr erstmal etwas zurück – magst du uns erzählen, wie TURBOKILL gegründet wurde?
Das war schon 2016. Ich komme aus Sachsen und hier kennen die Bands sich in der Regel untereinander. Es gab damals eine Symphonic-Metal-Band aus dem Erzgebirge, namens EBONY WALL, die gefragt hat, ob ich auf dem Lied 'Nightfall' als Gastsänger dabei sein möchte. Das habe ich dann auch gemacht, dazu gibt es auch ein Video.
Irgendwann wollten wir den Song auch zusammen live spielen, aber genau an dem Tag ist die Sängerin krank geworden. Die Band konnte und wollte den Auftritt aber nicht absagen und haben sie mich gefragt, ob ich den ganzen Gig singen könnte. So haben wir ein eingekürztes Notfallset mit diversen MAIDEN-Songs und anderen Cover-Stücken zusammengestellt und auf der Bühne hat die Chemie einfach gestimmt. Nach ALPHA TIGER habe ich es bei verschiedenen Bands probiert, mal hat es musikalisch nicht funktioniert oder es hat untereinander nicht so gepasst, aber hier hat einfach ALLES gestimmt. Nach dem Gig kam dann der Gitarrist, Ronny Schuster, zu mir und hat gesagt: "Du Stephan, lass und doch zusammen 'ne Band machen". Der Drummer von EBONY WALL ist dann noch mitgekommen und so haben wir zu dritt Anfang 2017 begonnen, Songs zu schreiben. Als wir die ersten drei, vier Songs zusammen hatten und klar war, dass wir daraus mehr machen wollten, haben wir passende Musiker über Anzeigen gesucht und auch gefunden. Im Sommer 2017 waren wir dann komplett und seitdem sind wir zusammen unterwegs. Das war die Gründungsgeschichte von TURBOKILL.
Schreibt ihr die Songs gemeinsam oder gibt es bei euch einen Hauptsongwriter?
Es gibt schon einen Hauptsongwriter, und zwar den Ronny (Schuster, Gitarre), er ist sowas wie der musikalische Mastermind. Der will sich da ausleben und das soll er auch gern tun! Bei "Vice World" war das noch stärker, da hat er oft ganze Songs geliefert und beim Songwriting zu "Champion" wollten wir, dass jeder seinen Einfluss einbringt, so dass es noch abwechslungsreicher wird, weil ja doch jeder seine eigene Handschrift mitbringt - das hat sehr gut funktioniert. Ronny hat diesmal mehr die Grundstrukturen der Lieder geliefert, zu denen dann jeder etwas beigetragen hat. Aber man kann schon sagen, dass Ronny unser Hauptsongwriter ist.
Du hast vorhin schon erwähnt, dass ihr in verschiedenen Städten wohnt. Aber ich höre raus, dass ihr schon gern gemeinsam im Proberaum steht?
Es ist aufgrund der Entfernung leider unumgänglich, dass über die eigene Band-Clound Files hin und her geschickt werden, anders ist das auch zeitlich gar nicht möglich. Aber uns ist wichtig, dass wir den Spirit als Band leben können, das liegt uns schon am Herzen. Also auch im Proberaum zusammen zu spielen, Dinge von Angesicht zu Angesicht zu besprechen – man kann das nicht immer alles nur über das Internet machen. Oder wir unternehmen auch mal das eine oder andere zusammen, um als Band enger zusammenzuwachsen und diesen Band-Spirit auch verkörpern. Das versprühst du dann auch auf der Bühne, und die Fans merken das auch, wenn da gewisse Vibes mitschwingen, die das Ganze auch authentisch machen. Das ist uns schon wichtig, ja.
Wenn du dir deine vier Band-Kollegen mal vor dein geistiges Auge rufst – mit welchen drei Wörtern würdest Du die vier jeweils beschreiben?
Was fällt dir zu Ronny (Schuster, Gitarre) ein?
Ronny ist initiativ – sagt man das so? Der ist halt ein Macher. Sehr gewissenhaft. Und... was ist er denn noch? Puh, gar nicht so leicht... ach klar, kreativ!
Und zu Daniel Kanzler (Gitarre)?
Daniel ist sehr kommunikativ! Und zum Ronny fällt mir noch was ein! Der ist total Technik-affin. Daniel ist Gitarren-vernarrt! Der spielt auf einem unglaublichen Level, der kann beispielsweise diese ganzen RICHIE BLACKMORE-Sachen spielen - das ist schon krass. Er macht halt unsere ganzen Social Media Sachen und kommuniziert damit unsere Attitude nach außen.
Kommen wir zu Marco ("Fox" Grünwald – Bass).
Der Marco mag seinen Vornamen nicht und möchte nur Fox genannt werden! Der ist auch schon ein alter Hase und ewig in der Szene dabei und ist sowas wie der Vati der Band und unser Versorger, er kocht halt gerne (lächelt). Fox ist wahnsinnig hilfsbereit, der springt immer ein, wenn irgendwo Not am Mann ist. Und er ist sehr humorvoll.
Bleibt noch das neueste Mitglied von TURBOKILL, der Kevin (Käferstein, Schlagzeug).
Kevin ist der ruhende Pol in der Band und immer sehr um Ausgleich bemüht, ist immer optimistisch, sehr zuverlässig und genauso verantwortungsbewusst wie hilfsbereit.
Wenn ich deine Bandkollegen fragen würde, was glaubst du, wie würden sie denn Stephan Dietrich beschreiben?
Oh Gott! Ich habe jetzt schon ein wenig damit gerechnet, dass das jetzt kommt!
Das mit der Selbsteinschätzung ist ja immer so eine Sache... puh... ich hoffe mal, dass das jetzt passt und richtig rüberkommt.
Ich würde sagen, ich bin engagiert, führungsorientiert und ja, auch kommunikativ. Ich würde mich jetzt nicht als Bandleader bezeichnen, aber ich bin schon der, der das Ganze managend und administrativ alles im Blick hat und schon sehr, sehr viel macht, damit alles bei TUROBKILL läuft.
Euer neues Album ist textlich anders ausgefallen als "Vice World", das war ja textlich eher sozialkritisch, "Champion" ist ein sehr fröhliches, positives und mutmachendes Album.
Danke erstmal. Richtig erkannt - "Vice World" war ja, wie du schon gesagt hast, sehr gesellschaftskritisch, aber auf eine sarkastische Art und Weise, fast schon eine Satire, wie man auch am Artwork erkennt, das ja eine morbide Gameshow, so eine Art "Spiel des Lebens" darstellt.
Wir haben lange überlegt, in welche Richtung wir mit dem zweiten Album gehen wollten. Uns ist wichtig, zu jedem Album ein Thema zu benennen und eine gewissen Botschaft darin zu transportieren. Gesellschafts- bzw. Sozialkritik und derlei Dinge sind im Metal ja auch schon hunderte Male durchgekaut worden, daher wollten wir diesmal unbedingt etwas anderes machen. Unsere Idee, viel Positivität und Motivation vermitteln zu wollen, entstand auch aus der Corona-Pandemie, wo ich mir dachte, die Schlagzeilen sind nur noch negativ, die Welt wird immer verrückter. Nach der Pandemie wurde es ja auch irgendwie nicht besser mit dem Ukraine-Krieg etc. Und man hat ja das Gefühl, das alles hört gar nicht mehr auf.
Unser Album soll in diesen Zeiten ein gewisser Lichtblick sein und dem Hörer Kraft geben. So ein bisschen wie HELLOWEEN, die ja auch diese Feel-Good-Elemente haben – das wollten wir auch. Wir wollen den Hörern ein Album geben, in dem sie sich wiedererkennen und ein Stückchen weit etwas aus der Botschaft daraus mitnehmen können. Das war mir wichtig, denn ich habe ja alle Texte geschrieben und hoffe, dass das Thema auch gut ankommen wird.
Vielleicht nehme ich Dir jetzt wieder eine Frage vorweg, denn darum heißt das Album auch "Champion". Es ist gar nicht darauf gemünzt, dass wir jetzt Champions sind oder das Album musikalisch der totale Bringer ist, sondern dass man jederzeit, jeden Tag die Möglichkeit hat, der Champion seines eigenen Lebens zu werden. In jedem von uns, in jedem Menschen, stecken einzigartige Potentiale, die es so in der Zusammensetzung nur ein einziges Mal auf der Welt gibt. Oftmals ist man sich dessen gar nicht bewusst. Viele sind im Alltagstrott gefangen, machen Karriere, verdienen zwar gutes Geld, haben sich in ihrer Komfort-Zone gut eingerichtet und es geht ihnen eigentlich gut, aber: irgendwas fehlt. Das ist so ein bisschen die Suche nach sich selbst, und ich denke, dass, obwohl es dem Menschen gut geht, sich viele mit solchen Gedanken beschäftigen. War's das jetzt für mich oder kommt da noch was? Was ist eigentlich mit MIR? Wir wollen vermitteln, dass man angeregt wird, sich damit zu beschäftigen oder dass Leute, die genau diese Gedanken haben, sich damit identifizieren können und es ihnen Kraft gibt. Das ist auch das Ansinnen des ganzen Albums.
Tatsächlich hast du mir da wieder vorgegriffen, nämlich zum einen, warum das Album den Titel "Champion" trägt, aber ich würde auch mit dir gern die Lieder des Albums nacheinander durchgehen und du darfst zu jedem Stück ein paar Sätze sagen, egal ob zum Text oder zur Musik oder falls es eine lustige Anekdote zu dem Lied gibt – eben das, was dir so einfällt.
Ja, gerne!
Das Intro 'Inner Calling' würde ich mal überspringen und direkt mit dem eigentlichen Opener 'A Million Ways' loslegen.
'A Million Ways' stand gar nicht von Anfang an als Opener fest. Das ist sogar ein Stück, dass relativ spät fertig geworden ist. Es ist ein Rückblick auf den Weg, den du bisher gegangen bist und es gibt ja unglaublich viele Wege, die du jeden Tag einschlagen kannst. Jede Entscheidung ist wie eine neue Weggabelung. Und auch wenn man sich auf diesem Weg mal verirrt oder falsch abbiegt, ist es trotzdem so, dass man im Leben immer weiter gehen soll, weil es immer einen weiteren Weg und somit eine neue eine Möglichkeit, sprich eine weitere Weggabelung gibt, die einen woanders hinführt. Rückblickend kann man sagen: Okay, ich stehe heute hier – und wenn ich das, was ich suche, noch nicht gefunden habe, dann habe ich immer noch die Möglichkeit, es zu finden. Aber ich bin meinen Weg gegangen, so wie ich ihn gegangen bin und das ist auch gut so und dass es zum Leben dazu gehört, dass man auch mal etwas bereut und dass man sich selbst verzeihen muss. Das ist so der Hintergedanke bei 'A Million Ways'.
So habe ich den Text auch verstanden und auch, dass man ohne gewisse Entscheidungen, vielleicht auch Fehlentscheidungen und ohne negative Erfahrungen, heute nicht da wäre, wo man im Leben steht und auch nicht der Mensch ist, man heute ist.
Genau, es gehört halt alles zum Leben dazu. Es ist halt nicht nur alles Friede-Freude-Eierkuchen. Das finde ich auch problematisch, bei Instagram zum Beispiel, wo nur die perfekten Momente eingefangen werden. Die Leute vergleichen sich dann damit und des Glückes Tod ist nun mal der Vergleich.
Dann kommen wir zu 'Time To Wake'.
Da muss ich mal kurz nachdenken, der Song ist ja schon etwas älter, der wurde ja schon 2023 veröffentlicht. Da ist es im Grunde auch so, dass man in diesem Hamsterrad gefangen ist, man macht jeden Tag sein Ding und dann spürt man irgendwann dieser Impuls. Dieses innere Beben, dass man da eigentlich raus will aus diesem langweiligen Leben. Es ist die Zeit aufzuwachen. Der Song stand lange unser Opener fest. Wir haben uns aber für 'A Million Ways' entschieden, weil wir unbedingt mit 'Inner Calling' ein Intro und damit einen musikalischen Rahmen haben wollten. Du hast sicher gemerkt, am Ende des Albums kommt nochmal das gleiche musikalische Thema, deshalb ist es 'A Million Ways' geworden, das passte besser, daher musste 'Time To Wake' halt an die zweite Stelle.
Den Titelsong 'Champion' hast du schon erwähnt, somit folgt nun 'Wings Of The Thunder Hawk'. Wie passt der Text auf das Album?
Man hat sich das Thema Positivität und Motivation gesetzt und nun immer wieder einen Text darüber zu schreiben, das Ganze aus wieder einem anderen Blickwinkel zu betrachten oder ein anderes Problem zu beschreiben, das man dann irgendwie lösen will, ist mitunter ganz schön schwierig. Um das Album etwas aufzulockern, dachte ich mir: Jetzt kommt hier mal einfach eine geile Powermetal-Nummer mit ein bisschen Klischee aus dem Fantasy- Bereich. Ich bin großer Mittelalter-Fan und der Text ist entstanden, als ich in einem Lager war, wo es ja viel darum geht, zu seine eigenen Wurzeln zurückzufinden und was es heißt, Mensch zu sein. Und dieser 'Thunder Hawk' holt einen so ein wenig raus aus dieser Welt, fast so, als hätte man eine Art Vision und hört den Ruf seiner Ahnen – das hat fast so ein wenig Walhalla-Touch. Ich lasse mich beim Texten von der Musik inspirieren, und bei dem Stück habe ich gedacht, hier passt mal was wildes, Fantasy-mäßiges. Ziemlich cool und deshalb haben wir das Stück mit auf das Album genommen.
Dann kommt 'Tear It Down'.
Oftmals erreicht man Dinge ja nicht, weil man sich selbst sagt, dass schaffe ich nicht, ich habe keine Zeit oder ich pack das eh nicht... Aber: Der Kopf ist die Grenze! Diese Mauer gedankliche einzureißen, das ist der Hintergedanke.
Und wenn man etwas nicht wenigstens versucht, dann wird man nie wissen, ob es nicht doch klappt.
Richtig! Die Hookline in dem Song stellt halt den Impuls dar, diese Mauer einzureißen. Immer wieder 'Tear It Down', reiß sie ein, reiß diese Mauern nieder, die dich zurückhalten und mach dein Ding, trau dich.
'Go Your Way' geht in die gleiche Richtung.
Ja, aber da war der Gedanke, dass man oftmals in gewissen Erwartungshaltungen festhängt, ob gesellschaftlich oder familiär oder ob es Freunde sind, die dann meistens irgendein Urteil abgeben, wenn man irgendetwas tun und machen will und die dann erstmal sagen "ach das wird doch echt nichts" und "lass das lieber". Alle anderen wissen gefühlt irgendwie immer viel besser, was gut für einen ist, und dann hört man darauf und geht eben diesen Weg, aber halt ohne Herz, wie ich es im Text beschrieben habe. Es ist eben wichtig, seinen eigenen Weg zu gehen, egal was andere sagen, denn das ist das Richtige für dich. Das steckt hinter dem Titel 'Go Your Way'.
Dann sind wir bei 'Mirage Mirror' – um was geht es da textlich?
Den Text habe ich innerhalb eines Tages geschrieben, da hat mich wohl die Muse geküsst, denn normalerweise brauche ich dafür schon etwas länger. In dem Song geht es um alte Freunde, beispielsweise aus der Kindheit, mit denen man damals gut befreundet war, aber irgendwann kam dann der Moment, wo man sich auseinandergelebt hat, wo das gegenseitige Interesse nicht mehr da war oder man einfach entgegengesetzte Vorstellung vom Leben hatte. Der eine ist sich und dem, was er im Leben möchte, treu geblieben und der andere hat sein Glück in den gesellschaftlichen Normen gefunden. Die Person ist gar nicht mehr sie selbst, sondern lebt ein Leben in einem Trugbild von sich, was die Person aber gar nicht erkennt, weil man sich eine Fassade aufgebaut hat, in der es einem auch gut geht. Aber die Person hat sich irgendwie in einer negativen Weise weiterentwickelt und angepasst.
'Power Punch' ist einfach nur ein livetauglicher Metal-Partysong, oder?
Ja, genau. Einfach nur stumpf, lyrisch irgendwas mit Heavy Metal, ganz bewusst eine Hymne auf den Metal voller Klischees, die das Album etwas auflockert. Mehr ist da tatsächlich nicht dahinter.
Darauf folgt dann 'Sons Of The Storm'.
Hier geht's in eine ähnliche Richtung, der Text ist auch sehr Fantasy-behaftet, da haben wir wohl etwas viel MANOWAR gehört (lächelt). Im Proberaum spielen wir oft 'Black Wind, Fire and Steel'. Auch wenn der Song relativ einfach zu spielen ist, entfaltet er eine gewisse Wirkung, am Ende, wenn die Gitarren ausklingen, strotzt man vor Testosteron, ist zu 100%, oder besser noch 120% male und alpha (lacht). Da haben wir gedacht, so einen Krieger-Song brauchen wir auch und haben das Ding dann einfach so runtergebrettert. Ich denke, der Fan wird es lieben - und wir tun es auch. Textlich geht es um den Kampf Gut gegen Böse, das Königreich wird angegriffen und wir als Band sind die 'Sons Of The Storm' – ähnlich wie MANOWAR die sich ja gern mal so selbst darstellen – und dann kommen wir vom Himmel geritten, als Joker in der Schlacht, und die Bösen werden weggefegt. So ist das gedacht (schmunzelt).
Mit 'Shine On' kommt nun die vielleicht schönste Metal-Ballade seit 'Glory To The Brave'.
Oh, danke! Wir wollten unbedingt eine Ballade haben, aber unser Manager war erst dagegen: "Balladen haben doch nur die Hardrocker"! Aber nein, wir wollen das und wir machen das. Und es musste auch einfach sein, weil das ein sehr ernstes Thema für uns ist, der Text dreht sich ja um Trauer. Ronny hat diese Melodie schon im Kopf, seitdem er 18 ist und wenn man bedenkt, dass er schon über vierzig ist, dann ist das schon eine ziemlich lange Zeit. Er hat in seinen Dreißigern schon beide Eltern verloren, ebenso wie unser anderer Gitarrist, der nach seiner Mutter vor einem halben Jahr auch noch seinen Vater verloren hat.
Auf dem Album steht auch "Rest in Peace, Waldemar Kanzler" bei den Special Thanks, weil er immer mit dabei war und uns allen sein Tod sehr nah ging.
Ich habe versucht, das Thema textlich sehr pietätvoll aufzuarbeiten. Ich glaube fest daran, dass da noch irgendwas ist nach dem Tod, dass der Mensch irgendwie weiterlebt, und möchte mit dem Song auch Trost spenden und helfen, mit diesem schweren Thema umzugehen. Auf diesen Text bin ich ziemlich stolz und ich denke, dass sich viele Leute darin wiederfinden und Kraft und Trost daraus schöpfen können.
Als letztes Stück kommt 'Overcome', eine kraftvolle Hymne, die den Hörer am Schluss mit einem wunderschönen Klavierpart aus dem Album herausgeleitet und musikalisch auch wieder an das Intro anschließt.
Bei 'Overcome' geht es darum, dass man oft in der eigenen Vergangenheit festhängt. Wenn es einem aktuell nicht gut geht, man sich im Leben verfahren hat und sich Gedanken darüber macht, wie schön es früher mal war. Das scheint meiner Beobachtung nach vielen Leuten so zu gehen – inklusive mir selbst – und daher war es mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass es das echte Glück nur im Hier und Jetzt gibt. Der Text soll klarmachen, dass man die Vergangenheit überwinden und sich dafür öffnen muss, was in der Zukunft kommen mag. Den Klavierpart am Schluss habe übrigens ich eingespielt.
Dieser musikalische Rahmen ist vom letzten GHOST-Album "Impera" von 2022 inspiriert, da ist das genauso gemacht worden, dass das letzte Stück wieder in das erste übergeht. Ich wollte das unbedingt auch so haben, auch live würden wir das gern so umsetzen.
Damit kommst du zu meiner nächsten Frage: Im Promo-Material ist die Rede von der "A Fistful Of Teutonic Metal Tour" im Herbst 2024, allerdings ohne weitere Details. Kannst du dazu schon mehr sagen?
Ja, erstmal - Herbst wird das nicht mehr, die Dates stehen jetzt im Dezember 24 und Januar 25 an. Es werden Wochenend-Konzerte werden, freitags und samstags – da wollen wir mit zwei weiteren Bands eine schöne, runde Sache daraus machen. Wir haben sowas in der Art im letzten Januar bereits gemacht, und da waren wir selbst überrascht, dass die Clubs, das waren meist so Läden mit einer Kapazität so um die 200 Leute, ziemlich gut besucht waren. Das wollen wir, diesmal quasi als unsere Album-Release-Tour, nochmal machen. Aber es stehen heute noch nicht alle Termine fest, auch weil die Promoter zum Teil jetzt erst so langsam aus dem Sommerurlaub kommen, aber in den nächsten Wochen werden wir das festschnüren und dann werdet ihr davon erfahren! Wo kommst du denn her?
Ich komme vom Niederrhein, das ist die Gegend, wo man durchkommt, wenn man durch das Ruhrgebiet nach Holland fährt. Duisburg ist ca. 60km entfernt, Krefeld ist in Nähe, das sagt dem einen oder anderen Metal-Fan ja auch was!
Klar! In deine Nähe werden wir wohl kommen, den Ruhrpott nehmen wir mit ziemlicher Sicherheit mit – aber ich kann halt noch nichts Genaues sagen. Wir haben noch ein paar variable Termine, die wir eventuell zusammenlegen werden, damit es logistisch besser passt. Aber wie gesagt, in naher Zukunft werden wir die Termine bekanntgeben!
Neben den Texten, die halt bei mir einen Nerv treffen, ist das Album aber natürlich auch musikalisch einfach nur geil. Das darfst du deinen Kollegen, vor allem eurem Ronny als Hauptsongwriter, gerne weitergeben!
Das werde ich machen! Da wird Ronny sich freuen. Er hat als Songwriter auch einen hohen Anspruch an das neue Album, er meinte, er will für "Champion" nur Hits schreiben, damit die Leute live feiern und mitsingen. Ich glaube, das hat er geschafft. Auch wenn die Themen weitestgehend sehr tiefgründig sind, ist es unser Anliegen, dass die Fans vor der Bühne Spaß haben und eine fette Party mit uns feiern!
Nun löse ich mal die Spannung vom Anfang, warum es für mich persönlich eine ziemlich großartige Sache ist, mit dir ein Interview zu führen – und vielleicht auch, warum mir die Texte auf dem Album sehr gut gefallen.
Ich musste Mitte der 2000er mein Leben einmal komplett neu starten. Eines der Dinge, die ich nach einiger Zeit getan habe und womit ich wirklich weit über meinen Schatten gesprungen bin, war, zu einem Forentreffen zu fahren, wo ich zum einen lange Auto fahren musste und zum anderen nur Leute getroffen habe, die ich noch nie gesehen hatte und erst seit recht kurzer Zeit online kannte.
Aber ich habe es getan und daraus sind bis heute haltende Freundschaften entstanden. Und die Jungs haben mich dann auch dazu überredet, mal zum ROCK HARD-Festival in Gelsenkirchen zu kommen. So bin ich dann im Jahre 2012 mit fast 40 Jahre, auf meinem ersten Metal-Festival gewesen, auch wenn ich nur am Sonntag da war, um mir das alles erst einmal anzuschauen. Aber weißt Du noch, wer da als Opener gespielt hat...?
(Schmunzelt) Klar! ALPHA TIGER! (lacht)
Das ist der Grund, warum ich zu ALPHA TIGER und jetzt halt zu TURBOKILL und deiner Stimme eine besondere Beziehung habe, weil diese Momente, diese Impulse - ich fahr da jetzt hin, ich gehe jetzt einfach zum Festival, ich mache einfach mal - ja auch auf eurer neuen Platte in irgendeiner Art und Weise beschrieben werden.
Damals habe ich aber ganz schüchtern von ganz oben von den Stufen zugehört und hätte mich gar nicht getraut, runter vor die Bühne zu gehen – was sich im Laufe der Jahre doch geändert hat.
Und jetzt immer erste Reihe? (kichert)
Tatsächlich versuche ich, auch um mit meinem knapp 1,65 Meter überhaupt was sehen zu können, mittlerweile so weit wie möglich nach vorn zu kommen, und wenn es geht, ja gern erste Reihe.
Das macht Sinn! Das war damals auch ein geiler Auftritt, an dem Wochenende hat einfach alles gestimmt – das war eines der schönsten Wochenenden in meinem Leben. Das war eine wilde Zeit damals, als es mit ALPHA TIGER so richtig los ging. Und das ROCK HARD, das war schon ziemlich fett.
Ich habe ALPHA TIGER auch ein zweites Mal live gesehen, in einem Club in Rheine (Hallo John!), leider schon ohne Dich. Aber: Das war das erste Konzert, wo ich meinen Sohn dabei hatte (Hallo, Frederic!). Es war leider nicht so gut besucht, aber der Auftritt war schon gut!
Ja, immer schön den Nachwuchs ranführen, damit der weiß, was Phase ist! (lacht)
Hast du eigentlich zu den alten Kollegen von ALPHA TIGER noch Kontakt?
Ja, mit dem Peter, dem Mastermind von ALPHA TIGER habe ich noch regelmäßig Kontakt, wir schreiben uns und manchmal sehen wir uns auch, was mich sehr freut. Zu den anderen besteht aber eher weniger bis gar kein Kontakt mehr. Zwei sind auch aus der Gegend weggezogen, das hat sich alles so ein wenig zerstreut und jeder lebt sein eigenes Leben.
Warum bist du eigentlich bei ALPHA TIGER ausgestiegen? Magst du darüber reden?
Natürlich hatte das Ganze damals seine Gründe... Und obwohl ich mich immer wieder gefragt habe, ob es die richtige Entscheidung war, konnte ich damals nicht anders handeln, da ich sonst mit mir selbst nicht im Reinen gewesen wäre.
In gewisser Weise habe ich es trotzdem bedauert, weil die Band ja schon einen ziemlichen Drive hatte, es ging ja gut los und man hatte sich schon einen gewissen Status in der Szene erarbeitet.
Am Ende von ALPHA TIGER sind wir aber alle wieder zusammengekommen und haben all diese negativen Dinge begraben. ALPHA TIGER hat mich gefragt, ob ich beim Abschiedskonzert dabei sein möchte, genauso wie alle anderen Ehemaligen. Wir haben dann vier verschiedene Sets zu allen Alben gespielt und so einen ganzen Abend gefüllt. Und dazwischen spielten dann andere Bands, sogar TURBOKILL war damals mit dabei. Der Konzertabend ging damals über fünf Stunden und die Leute sind bis zum Schluss geblieben und haben mitgemacht. Es war schön, dass wir zu diesem Anlass wieder zueinander gefunden haben, und zum Peter halte ich, wie schon, gesagt heute noch Kontakt.
Die letzten Worte gehören nun dir...
Wir würden uns freuen, wenn ihr in "Champion" mal reinhört und dem Album eine Chance gebt. Folgt uns auch gern auf Instagram und Co., da sind wir recht aktiv und ihr bekommt dort alle Infos aus erster Hand. Und ich hoffe natürlich, euch zahlreich vor der Bühne zu sehen!
Wir sehen das Album auch als Sprungbrett, damit es mit TURBOKILL nach der langen Pause jetzt endlich voran geht und wünschen und natürlich, dass "Champion" möglichst viele Menschen erreicht. Es ist ein ziemlich persönliches Werk geworden und wir freuen uns, wenn es die Leute bewegt aber sie auch Spaß dabei haben, wenn sie das Album hören.
Photocredit: Eulenherz Artwork
Tear It Down
https://www.youtube.com/watch?v=08TU5GkBKDA
Wings Of The Thunder Hawk
https://www.youtube.com/watch?v=IQrMt6FRZXc
Go Your Way
https://www.youtube.com/watch?v=MbEWJVceRd4
Champion
https://www.youtube.com/watch?v=kx7FJyf4bxo
- Redakteur:
- Maik Englich