WIND ROSE: ein Gespräch mit Sänger Francesco

03.10.2024 | 17:31

Zwerge werden in der Fantasy-Literatur oft als mürrisch, starrsinnig und maulfaul beschrieben. Francesco, der Sänger der italienischen Dwarf-Metaller von WIND  ROSE, ist in dieser Hinsicht kein typischer Vertreter der Zunft, die er auf der Bühne darstellt. Er erzählt sehr ausführlich, leidenschaftlich und humorvoll über seine Band und das neue Album und erklärt, warum es für seine Band nur noch Dwarf-Metal geben kann.

Trollslayer CoverHallo Francesco, wie geht es dir mit dem anstehenden Release von "Trollslayer", bist du noch nervös vor einer neuen Veröffentlichung und welche Erwartungen hast du an das neue Album?
Um ehrlich zu sein, glaube ich, dass es für uns mit dem Album ein paar Level rauf geht, die Promotion für das Album könnte nicht besser sein, da wir zur Zeit der Veröffentlichung eine riesige Tour mit POWERWOLF in Arenen von zehn- bis fünfzehntausend Leuten spielen. Viele Leute, die uns mit "Wintersaga" kennen gelernt haben, werden positiv überrascht sein, da wir den alten Dwarf-Metal aus dieser Zeit zurückbringen. Es gibt wieder mehr schnelle Stücke und vermehrt Folk-Elemente als auf "Warfront", das während der Pandemie entstanden ist und daher auch ein anderes Gefühl mit sich bringt. Aber jetzt bringen wir die Party und den Moshpit zurück!

Genauso habe ich das Album auch empfunden. "Warfront" war ernster und hat mich an die ersten zwei oder drei Alben von WINDROSE erinnert, wogegen auf "Wintersaga" deutlich der Spaß und die Party im Vordergrund steht.
Ja. Sagen wir es mal so - "Wintersaga" war ja nicht unser erster Erfolg, den gab es ja schon 2017 mit dem Song 'To Erebor' vom Album "Stonehymn", aber "Wintersaga" war ein internationales Phänomen! Unsere erste Single hat über 60 Million Streams auf Youtube und die anderen Auskopplungen aus diesem Album liegen auch bei 17 oder 18 Millionen Aufrufen. Das sind Zahlen, die wir wohl nie wieder erreichen werden. Und auch andere Bands nicht mehr, oder zumindest nicht mehr so oft, denn die Nutzung von Youtube geht, vor allem bei jüngeren Hörern, deutlich zurück. Bei denen liegt der Schwerpunkt bei Instagram oder TikTok - und dort kannst Du keine Links zu den Videos posten. Es wird immer schwieriger, Videos auf Youtube bekannt zu machen.

To Erebor



https://www.youtube.com/watch?v=-qF1EQXIG1c

Die von Dir genannte erste Single und wohl auch der Grund für den Erfolg von "Wintersaga" war das Cover von 'Diggy Diggy Hole' – und erst meine Kinder haben mir gesagt, dass das Stück was mit dem Spiel Minecraft zu tun hat. Du merkst, ich bin schon etwas älter. Warum habt ihr das Stück aufgenommen und habt ihr das bewusst gemacht, um eine neue Sicht von Hörern zu erreichen?
Das Stück ist von einigen Gamern bzw. Youtubern aus Großbritannien namens THE JOGSCAST im Jahr 2011 aufgenommen worden. In dem Lied geht es um Zwerge, die auch in dem Cartoon-Video zu sehen sind, das sie zu dem Song gemacht haben. Es ist ein wahnsinnig bekanntes Lied und unsere Fans haben es immer wieder während unserer Auftritte gesungen, weil wir wie Zwerge angezogen sind und Zwerge auf der Bühne darstellen. Also haben wir uns gesagt, wir machen ein Metal-Cover davon. Wir wollten das Lied als Bonus-Track auf "Wintersaga" packen, aber als unser Manager das Stück gehört hat, meinte er nur, das wird kein Bonus-Track, sondern die erste Single vom neuen Album und somit auch unsere erste Single bei Napalm Records – und die Startrampe für unseren Erfolg.

Diggy Diggy Hole



https://www.youtube.com/watch?v=34CZjsEI1yU

Lass uns auf "Trollslayer" und hier speziell auf die Single 'To Be A Dwarf' zurückkommen.
Wir wollten in diesem Stück alle Elemente unserer Musik genauso wie die Fantasy-Sagas einbringen, die uns beeinflusst haben, wie Lord Of The Rings, Game Of Thrones, Warhammer, und diese wollten wir auch in dem Video zeigen. Wir haben viel Zeit auf die Effekte verwendet, es könnte von der Optik her auch eine NETFLIX-Serie sein.

Zumindest sieht es besser aus als einige Folgen der ersten Season von "Das Rad Der Zeit".
Hahaha, stimmt (lacht)

Du sagst es schon, ihr seid stark von Fantasy beeinflusst. Liest du viel oder kommt der Fantasy-Einfluss bei euch mehr von Games oder Filmen?
Ich bin ein Gamer und daher stark von Spielen beeinflusst, aber ich schaue auch gern Filme. Ehrlich gesagt, lese ich nicht mehr viel, weil beim Lesen immer so viel Zeit vergeht, bis die Handlung mal auf den Punkt kommt und etwas passiert. Nimm die Bücher von Tolkien als Beispiel, da gibt es so viele Beschreibungen, wie jemand gekleidet ist, wie die Landschaft aussieht und so weiter und das gibt mir mittlerweile emotional nicht mehr viel. Aber natürlich ist Tolkien großartig und war eine Revolution für die Fantasy-Literatur! Aber für mich sind Filme, Videos und Spiele der beste Weg, mich inspirieren zu lassen.

To Be a Dwarf



https://www.youtube.com/watch?v=ykqyLX4PUao&t=1s

Wo liegt der Ursprung von WIND ROSE, wie habt ihr zueinander gefunden und wie siehst du die musikalische Entwicklung der Band?
WIND ROSE hat 2009 als eine Cover-Band angefangen, die Stücke von Progressive-Metal-Bands nachgespielt hat. Ich war, als ich damals dazugekommen bin, mit 19 Jahren der Älteste, die anderen waren erst zwischen 16 und 17 Jahre alt, aber spielten Songs von Bands wie DREAM THEATER und SYMPHONY X, die ganzen komplizierten Sachen. Wir kannten uns zum Teil schon aus der Musikschule und eines Tages haben sie mich gefragt, ob ich für sie bei einem Auftritt in Tuttlingen in Deutschland singen könnte. Das liegt in der Nähe von München, wenn ich mich noch richtig erinnere; auf jeden Fall war das meine erste Auslandserfahrung, mit meiner alten Band hatte ich vorher schon Auftritte in Italien, wir haben 80er Hardrock im Stil von GUNS'N'ROSES gespielt.  

GitarreIn dem Sound von WIND ROSE habe ich einiges mehr an Potential gesehen und mit meiner alten Band gab es nicht viel zu holen, die 80er waren schon über 20 Jahre vorbei und Geld konnte man mit dieser Art von Musik damals auch nicht wirklich verdienen. Ich hatte aber die Vision, ein Musiker zu sein und meinen Lebensunterhalt mit der Musik zu bestreiten. Ich wollte alles tun, damit dieser Traum wahr wird. Eines Tages habe ich zu den Jungs von WIND ROSE gesagt: "Ok, Progressive Metal, das ist schön und gut, aber schauen wir uns diese Bands doch mal an, abgesehen von DREAM THEATER, gibt es zwar eine Menge von Bands, die Progressive Metal spielen, aber es verkauft kaum einer in nennenswerten Dimensionen. Um weiterzukommen, müssen wir mehr Powermetal in unsere Musik einfließen lassen, um mehr Leute zu erreichen und die Massen zu begeistern."

Auf unserem zweiten Album "Wardens Of The Westwind", das musikalisch noch viele Elemente des Progressive Powermetal beinhaltet, hatten wir dann den Song 'The Breed Of Durin', der textlich offensichtlich von den Zwergen aus Tolkiens Welt handelt und musikalisch etwas anders gelagert ist als der Rest des Albums und die Grundlage für die heutige Ausrichtung von WIND ROSE gelegt hat - der Beginn des Dwarf Metal.

The Breed Of Durin



https://www.youtube.com/watch?v=YxrCYlaSvXc

Wir waren uns aber nicht 100%ig sicher, ob wir wirklich alles auf dieses Zwerge-Karte setzen sollen. Beim dritten Album, "Stonehymn", haben wir zwar auch Lieder über Zwerge geschrieben und auf den Fotos die ersten Zwergen-Kostüme getragen – aber die Band wollte sich musikalisch und textlich auch alle andere Möglichkeit offenhalten. Musikalisch ist das dritte Album sehr von ENRICO MORRICONE und den klassischen Spaghetti-Western beeinflusst, es gibt Saloon-Parts und sowas – aber die Lieder über die über die Zwerge waren halt die erfolgreichsten Lieder aus diesem Album. "Wintersaga" war dann das vierte Album, und hier haben wir uns dann ganz auf das Thema Zwerge gestürzt und unsere Bühnenkostüme verbessert. Viele Leute kennen uns erst seit "Wintersaga", das ja 2019 herausgekommen ist, aber wir spielen eben schon seit 2009 zusammen - die Band gab es zu diesem Zeitpunkt bereits seit zehn Jahren! In dieser Zeit haben wir einiges an Erfahrungen gesammelt, wir waren der Opener für viele andere Bands und haben viel über das Geschäft gelernt. Bevor wir dann vor "Wintersaga" zu Napalm Records gewechselt sind, haben wir unseren Manager kennengelernt, der uns wertvolle Tipps gegeben und uns die Richtung gewiesen hat, um unsere Karriere voranzutreiben. Von da an ging es nur noch aufwärts – und darüber sind wir verdammt glücklich. Aber der Erfolg kam für uns nicht über Nacht!

Glaubst du, dass es heutzutage entscheidend für den Erfolg einer Band ist, ein starkes Image und dazu passende Optik zu haben, wie ihr es mit dem Dwarf-Metal und den Zwergenkostümen, SABATON mit der Kriegsthematik und den Camouflage-Klamotten oder auch POWERWOLF hat? Und könntet ihr euch vorstellen, in der Zukunft einfach wieder in Jeans und T-Shirts auf die Bühne zu kommen und über andere Themen zu singen?
Oh nein, nein! Das glaube ich nicht! Früher konntest du mit einem Lied bekannt werden und es hat keinen gejuckt, was für Klamotten du getragen hast. Dein Lied war einfach gut. Aber heute, schau dir Social Media doch an! Zum Beispiel: auf INSTAGRAM kannst Du neben Fotos auch Videos posten, aber die meisten klicken schon nach zwei oder drei Sekunden weiter. Gerade mal zwei oder drei Sekunden, um die Aufmerksamkeit von jemandem zu gewinnen – und das schaffst Du nicht mit ein paar Tönen oder dem Text, sondern nur über die Optik oder wie interessant das Video aufgemacht ist. Dann bleibt derjenige vielleicht 30 Sekunden oder eine Minute dabei. Dadurch wirst du bekannter und erreichst neue Fans. Wenn du nichts hast, was charakteristisch und einzigartig für dich ist, wird es heutzutage hart, aus der Masse herauszustechen.

Mit dem neuen Album geht ihr auf Tour mit POWERWOLF und das durch die große Hallen. Was dürfen wir von euch auf der Bühne erwarten? Ich werde euch in Oberhausen sehen, in die Halle dürften ca. 15.000 Leute passen...
Oberhausen! Eine meiner liebsten Locations in Europa, die Fans dort sind, lass es mich mal so sagen, nicht so Deutsch, ohne jemandem zu nahe zu treten, aber es ist bei euch doch oft so, dass die Leute mit ihrem Bier dastehen und so schauen – Francesco legt den Kopf schief und nickt ganz leicht – aber in Oberhausen sind die Fans immer sehr warmherzig, nehmen an der Show teil, singen, schreien und starten Moshpits. Ich mag Oberhausen!
Ich erwarte auf der Tour jede Nacht eine Art Festival-Atmosphäre, denn es werden zwischen 10.000 und 15.000 Leute pro Abend erwartet! Das ist super, aber auch etwas unpersönlich. Wenn wir sonst in Oberhausen spielen, sind wir in dieser anderen Halle, mit etwa 1.500 Leuten, was auch schon eine Menge ist, aber trotzdem kann man die Gesichter der Leute sehen, es ist trotz der beachtlichen Größe noch fast ein intimes Konzert. Und bei 10.000 Leuten siehst du halt nur die ersten zehn Reihen. Das ist natürlich auch großartig, aber ich habe bei den kleineren Konzerten mehr Spaß.

Du spielst also lieber in kleineren Hallen, wo der Kontakt zu den Fans enger ist?
Ja, genau. Die großen Arenen sind selbstverständlich auch etwas ganz Besonders für uns und gehören ab einer gewissen Größe zum Tagesgeschäft, aber ich persönlich genieße die keinen Konzerte, wo du den Leuten direkt ins Gesicht singst und die Fans dich anfassen können. In Paris haben wir zuletzt vor ca. 600 Leuten in einem ziemlich kleinen Laden gespielt und die Franzosen sind einfach durchgedreht, die Crowdsurfer sind bis auf die Bühne getragen worden und von da einfach wieder ins Publikum zurückgesprungen. Das war schon fast wie auf einem Punkrock-Konzert! Für mich ist das sehr inspirierend und es gibt mir eine ungeheure Energie!

KeyboardsWer ist der Hauptsongwriter bei WIND ROSE?
Da gibt es drei, unseren Gitarristen Claudio (Falconcini), Federico (Mandera), der die Keyboards spielt und mich. Claudio ist eher mit der Technik vertraut, wogegen Federico das größte musikalische Wissen hat, da er fast schon sei ganzes Leben lang Klavier spielt. Er kennt sich mit Harmonien und so weiter aus und ich, ich habe die Visionen (schmunzelt), wie zum Beispiel diese Sache mit den Zwergen. Federico bringt seine Stücke mit ins Studio und arbeitet zusammen mit Claudio daran, während ich dabeisitze und Zigaretten rauche (lacht). Wenn mir etwas richtig gut gefällt, rufe ich dazwischen: "Den Part, nochmal! Ja, das ist gut". Oder: "Probiere das doch mal so oder so" ... und dann arbeiten wir gemeinsam daran, dass am Ende Stücke rauskommen, wie man sie von WIND ROSE kennt. Man muss schon sagen, dass der Großteil der Musik von Federico kommt, wobei wir von 100 Stücken, die er einbringt, nur etwa 10 behalten, und welche das sind, das entscheide in der Regel ich. Ich habe von uns dreien das größte Gespür dafür, was funktionieren könnte und was nicht. Vielleicht habe ich auch einfach nur den besten Musikgeschmack von uns dreien, wer weiß (lacht).

Was sind deine Lieblingsbands, welche Musik hörst du heute?
Du meinst nur Metal, oder?

Nein, das ist völlig egal.
Heutzutage höre ich eher wenig Metal, weil ich das meiste, was an neuen Sachen auf den Markt kommt, mich einfach nicht mehr interessiert. Es gibt natürlich Alben wie das neue Album von WINTERSUN, "Time 2", auf das ich seit langem warte, weil WINTERSUN eine meiner größten Inspirationen ist, nicht nur musikalisch, auch textlich.
Ich höre auch viel Rap und Trap Musik, überhaupt Dance und elektronische Musik, nicht nur aktuelle Sachen, sondern auch aus den Achtzigern, DEPECHE MODE oder TEARS FOR FEARS zum Beispiel, eher dunkle Sachen aus dem Darkwave, der ja aktuell ein Revival erlebt.
Und ich höre viel traditionelle mexikanische Musik. Ich habe eine Menge Zeit während der Pandemie in Mexiko verbracht, das war eine ganz besondere Zeit in meine Leben. Ich habe das Land lieben gelernt und besuche es seitdem immer wieder gern. Ich mag Mexiko, das Essen und ich mag die Leute. Natürlich hat das Land auch seine Schattenseiten und man muss etwas vorsichtiger sein, aber passieren kann dir überall was, egal ob in Berlin oder in Rom. Aber man muss schon etwas aufpassen, wie überall in Süd- und Zentralamerika. Aber das macht mir keine Angst, da kann ich mit umgehen. Du bist sicher überrascht wegen der mexikanischen Musik, oder?

Nein, nicht wirklich. Viele Metal-Musiker hören in der Freizeit keinen Metal mehr. Wenn sie denn überhaupt noch Musik hören, hören sie oft ganz andere Stile oder nur noch die Sachen, mit denen sie aufgewachsen sind.
Ja, wenn wir heute Metal hören, ist das für uns ein wenig, als wären wir auf der Arbeit (lacht). Wenn Du in einer Keksfabrik arbeitest, isst Du höchstwahrscheinlich auch nicht mehr jeden Tag Kekse.

bandHabt ihr schonmal akustische Versionen von WIND ROSE Songs gespielt? Ich könnte mir euere Lieder gut in einem Irish Pub vorstellen.
Bei einigen würde das sicher gut funktionieren, aber nicht bei allen. Ich war mal verheiratet - jetzt bin ich das nicht mehr, egal - aber während dieser Hochzeit haben die Jungs von der Band uns mit einem Akustikset überrascht. Ich habe gar nichts geahnt und sie haben uns in Restaurant damit überrascht. Dann haben wir zwei Stunden lang akustische Versionen unserer Lieder gesungen, das war schon cool. Vielleicht nehmen wir ja wirklich in Zukunft mal was Akustisches auf, wer weiß?

Das wäre doch eine coole Idee für eine Bonus-CD! Kommen wir vom Handgemachten zu einem anderen Thema. Heute wird viel darüber diskutiert, was bei einem Konzert noch live auf der Bühne gespielt wird oder was, beziehungsweise wieviel eingespielt wird. Klar können POWERWOLF nicht ein ganzes Orchester mit auf die Bühne bringen, und bei SABATON...
(unterbricht mich)...JEDER spielt mit Playback. Jeder! In der Regel ist es nicht der Gesang oder die normalen Instrumente, wobei einige Bands auch Playback beim Gesang benutzen, ich werde aber keine Namen nennen! Aber es kommt drauf an: was ist zum Beispiel, wenn der Sänger Probleme mit seiner Stimme hat? Dann kann man schonmal den Lead-Gesang oder Teile davon zu den Backing Tracks packen. Ich habe das zwar noch nie gemacht, aber wenn du zu unserem Konzert kommst, wird du feststellen, dass es da einige Stimmen gibt, die wie meine klingen. Ich habe sie auch alle aufgenommen, jeden Chor, jede Zeile. Wir haben mit mir aber nur drei Personen auf der Bühne, die singen - um diese großen Chöre zu erreichen, müssen wir aber etwas dazu einspielen. Wenn man heute live spielt, wollen die Leute eine Top-Produktion sehen, fast wie ein Video. Sie wollen dich zwar live sehen, wollen auch sehen, wie du performst, aber sie wollen, dass alles wie auf dem Album klingt. Es ist heutzutage nicht mehr der gleiche Ansatz wie in den 70ern. Wir streben nach Perfektion. Und Perfektion bedeutet, die Musik so auf die Bühne zu bringen, wie sie auf dem Album ist. SABATON ohne die Backing Tracks würden live komplett anders klingen, dann würden sie sich wie jede beliebige Heavy Metal Band anhören. Sie haben offensichtlich keinen Keyboarder mehr dabei, was ich anders machen würde, wäre es meine Band. Ich würde live eine Gitarre gegen ein Keyboard tauschen.

Band LiveSABATON hatte ja einen Keyboarder, bevor sie den großen Umbruch im Lineup hatten. Jetzt kommt nur gelegentlich ein Keyboard zum Einsatz.
Ja, aber man hört halt die Keyboards auf der Bühne, und sie gehören zum Band Live-Sound. Und dann keine Keyboarder auf der der Bühne zu haben – das ist, als wäre kein Bassist auf der Bühne, aber man hört den Bass. Aber das muss ja jede Band für sich selbst entscheiden, manchmal gibt es einfach Gründe für sowas. Wenn ich die Texte und die Vocal-Lines für unser Songs schreibe, könnte ich den Gesang auch extremer anlegen, ich könnte viel höher singen oder komplizierte Melodien einbauen. Im Studio würde ich das hinbekommen, aber ich schreibe die Gesangsmelodien grundsätzlich so, dass ich sie auch live singen kann! Und das auch, wenn ich etwas Probleme mit der Stimme habe, weil ich zum Beispiel kaum geschlafen habe, was mit bei dem ganzen Reisen schon mal passieren kann. Dann möchte ich keine Note singen müssen, die ich nur unter optimalen Bedingungen treffen kann! Ich muss mich auf der Bühne wohlfühlen und das möglichst jede Nacht!
Aber ich kann verstehen, warum Bands oder Sänger Playback benutzen. Wir hatten eine Show in den USA und an dem Morgen bin ich aufgewacht und meine Stimme war weg. Wir hatten zwar eine andere Show mitgeschnitten, so dass wir meine Stimme für den Fall der Fälle gehabt hätten, aber wir haben sie nicht genutzt. Mit einigen Medikamenten habe ich die Show durchgestanden und Gott sei Dank ging es ab da auch wieder aufwärts mit der Gesundheit. Aber wenn ich mich nicht erholt hätte, wer weiß, dann hätten wir vielleicht auf die Pre-Recordings zurückgegriffen.

Du meinst, dass es besser ist, dann Playback zu nutzen als die Fans zu enttäuschen, wenn ihr ein paar Konzerte absagen müsst?
Die Fans zu enttäuschen... puh, zwei oder drei Shows auf einer laufenden Tour abzusagen, ist ein finanzieller Schaden von weit über 10.000€. Und ich bin finanziell ja nicht nur für mich, sondern auch noch für vier andere Musiker verantwortlich. Aber trotzdem würde ich lieber schlechter singen und wenn es noch irgendwie geht und auf der Bühne stehen und den Leuten eine gute Show bieten! Gesangsplayback wäre wirklich nur das allerallerletzte Mittel.

FranscecoFrancesco, ich danke Dir für Deine offenen Worte und wünsche euch alles Gute und vor allem viel Erfolg für das Album – und wir sehen uns in Oberhausen! Und mal sehen, ob ihr mit "Trollslayer" Rang 20, den ihr mit "Warfront" in den deutschen Charts hattet, übertreffen könnt!
Natürlich wäre ich mit WIND ROSE gern auf der Eins! Aber diese Platzierung sagt im Grunde genommen gar nichts aus. Wenn wir das Album rausbringen, kommen auch eine Menge anderer Alben raus und auch viele Deutsche und Internationale Pop-Künstler veröffentlichen neue Scheiben, wir haben also eine Menge Konkurrenz. Wir können mit Pop-Stars nicht mithalten, die haben einfach eine größere Fanbase! Eine Metal-Band, die irgendwann ein Nummer 1-Album in Deutschland hat, verkauft nicht automatisch mehr als wir, wenn wir auf der 20 sind. Sie haben eventuell zur Zeit der Veröffentlichung einfach nur weniger Wettbewerb gehabt. Aber klar freuen wir uns trotzdem über eine möglichst hohe Platzierung in den Charts.
Ich danke dir für das Interview und die guten Wünsche, wir sehen uns alle auf der Tour!

Fotocredit Band Promo: Tommaso Barletta

Fotocredit Live: Andre Schnittker

Redakteur:
Maik Englich

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