WINTERBORN: Interview mit Gitarrist Pasi Vapola
01.07.2024 | 07:47Nach 15 Jahren kehren die Finnen von WINTERBORN endlich zurück. Gitarrist Pasi gibt Auskunft darüber, wie es zur langen Pause gekommen ist, spricht über die Anfänge der Band und wie die Gegenwart und Zukunft von WINTERBORN aussieht. Außerdem gibt es sehr interessante Informationen zu jedem der elf Tracks des neuen Albums.
Pasi, Danke dass du dir die Zeit für mich nimmst! Wir haben auf Powermetal.de, außer einer kurzen Rezension zum Debüt-Album "Cold Reality", nichts zur Band WINTERBORN. Kannst du dich bitte kurz vorstellen, wer bist du, was machst du?
Ich bin Pasi Vapola und ich spiele Gitarre und bin der Gründer und quasi der Motor von WINTERBORN. Die Band ist mein Baby und alles, was mit der Band passiert, geht über meinen Tisch.
Winterborn hat sich 2004 gegründet, vorher hast du in einer Coverband namens MEAN MACHINE gespielt. Was habt ihr denn gecovert?
So ziemlich jede Art von Metal, Hardrock, Rock'n'Roll, Progressive Rock... aber hauptsächlich die Klassiker aus den 80er, MAIDEN, YNGWIE MALMSTEEN, BON JOVI, aber auch RAINBOW, LED ZEPPELIN, BLACK SABBATH. Aber von SABBATH hauptsächlich die seltener gespielten Lieder aus den 90er Jahren, ich selbst liebe die Sachen, die SABBATH Ende der 80er, Anfang der 90er gemacht haben, 'Headless Cross' zum Beispiel.
Die Tony Martin Ära!
Ja, genau! Tony Martin ist ein fantastischer Sänger. Alle Musiker bei MEAN MACHINE lieben die Alben mit Tony Martin, wie wir zu unserer Überraschung festgestellt haben. So oft kommt das ja gar nicht vor, dass Leute diese Phase von BLACK SABBATH bevorzugen. Bevor wir mit der Coverband angefangen haben, kannten wir uns alle nämlich noch gar nicht.
Aber MEAN MACHINE bestand genau aus demselben Lineup, das auch auf dem ersten Winterborn Album zu hören ist.
Wir haben den Namen geändert, als ich es leid wurde, immer die gleichen alten Lieder nachzuspielen, ich war schon immer der Überzeugung, dass ich eigene Musik schreiben kann und darin auch ziemlich gut bin! (lacht)
Ich war fast noch ein Kind, in einer Kleinstadt in Finnland, mit kaum etwas, was man Musikszene nennen konnte, und habe davon geträumt, meine eigene Band zu haben. Aber ich konnte keinen Sänger finden, den ich gut genug gefunden haben. Und dann habe ich zum ersten Mal Teemu (Koskela, Gesang) in einer anderen Coverband gehört und es hat ich umgehauen, ich konnte meinen Ohren kaum trauen. Von diesem Abend an wusste ich, mit dem Typen möchte ich Musik machen, diese Nacht hat mein Leben verändert.
Über Teemu habe ich mir aufgeschrieben: großartige Stimme, die sich nicht hinter DIO, JORN LANDE oder RONNIE ROMERO verstecken muss!
Ja, Teemu hat eine wirklich fantastische Stimme. Wenn ich so singen könnte, so eine Stimme hätte, wäre ich wahrscheinlich ein totales Arschloch, sowas von eingebildet! (lacht) Und ich würde ständig und überall singen, auch im Supermarkt! (lacht) Mit Sängern ist es ja so eine Sache, auf der Gitarre kannst du üben, üben, üben, aber eine Stimme, die hast du entweder oder du hast sie nicht. Ich habe, verglichen mit Teemu, eine lausige Stimme, ich singe zwar live die Background Vocals, aber so wie er könnte ich das nie! Ich kann den Vergleich mit LANDE und ROMERO absolut nachvollziehen!
Sing er eigentlich nur bei WINTERBORN?
Ja, er singt nur bei uns. Teemu hatte zwischendurch noch eine andere Band, SILENT VOICES, mit der er auch zwei Alben veröffentlicht und eine Europatournee gespielt hat. Er spielt aber häufig Duo-Akustik-Shows, weil er es einfach liebt, zu singen. Teemu performt dabei die verschiedensten Stile, auch eine Menge Popmusik. Nach dem zweiten WINTERBORN-Album haben wir auch ein paar Akustik-Shows gemacht, wir mussten ja eine Lücke von 15 Jahren füllen und in der Zeit auch noch einige Lineup-Änderungen verkraften, also haben wir, zum Teil nur drei oder vier von uns, einfach so zum Spaß derartige Shows gespielt.
Gehen wir erstmal noch zurück zu der Zeit, als ihr 2006 das erste Album rausgebracht habt. Wie hast du diese Zeit in Erinnerung? Was war euer Ziel – abgesehen von der Weltherrschaft?
Ja, ziemlich genau DAS! (lacht) Als wir von MEAN MACHINE zu WINTERBORN wurde, habe ich mir geschworen, nie wieder in meinem Leben eine Coverversion zu spielen. Ich habe mich wie eine lebende Jukebox gefühlt. Wir haben direkt das Album aufgenommen, wir wollten den Plattenfirmen sofort das fertige Produkt präsentieren und nicht erst irgendwelche Demos! Das war der Ansatz für das erste Album, obwohl wir erstmal alles von der Pike auf lernen mussten, wie man das überhaupt macht, ein komplettes Album in einem richtigen Studio. Aufgenommen wurde das Album damals von dem heutigen Bassisten von SONATA ARCTICA, Pasi Kauppinen, und auch er war noch grün hinter den Ohren, was die Studioarbeit betraf. Für ihn war das auch das erste Album!
Die Gemeinschaft damals war unbeschreiblich, wir waren alle so auf die Musik und auf das Album fokussiert, wirklich unglaublich. Wir waren wie Brüder. Das vermisse ich heute am meisten, diese Gruppe von Leuten, die ein gemeinsames Ziel, eine Mission haben und die dafür alles geben. Damals waren wir natürlich auch noch um einiges jünger und man konnte seine ganze Zeit dieser einen Sache opfern.
Und das Ergebnis namens "Cold Realtiy" hat uns umgehauen, so gut war das, was wir da gemacht haben. Unser Umfeld sagte das gleiche. Das hat uns auch die Zuversicht gegeben, die nächsten Schritte zu gehen. Heute kannst du ein Album im Wohnzimmer aufnehmen, damals ging das nicht, wir waren also in einem echten, ziemlich teuren Studio. Das hat wirklich eine Menge Geld gekostet, aber zum Glück hatten wir in unserer Heimatstadt ein paar Sponsoren, so dass wir nicht nur das Geld, sondern auch die Zeit hatten, das Album zu machen. Das Mastering hat Björn Engelmann gemacht, der auch schon an Sachen wie RAMMSTEIN und weiteren große Namen gearbeitet hat und er fand unser Material ebenfalls großartig.
So wurden unsere Ziele immer größer. Das Hauptaugenmerk lag zuerst einmal darin, in Europa auf Tour zu gehen! Und das ist dann auch ziemlich schnell passiert, nachdem wir einen Plattenvertrag mit Massacre Records in Deutschland unterschrieben haben, wurde wir bei der Booking-Agentur Rock The Nation untergekommen, so dass wir als Support von DORO getourt sind, und das grade mal zwei Wochen, nachdem das Album auf den Markt gekommen ist.
Also standen wir beim ersten Konzert, es müsste in Mailand gewesen sein, zum ersten Mal auf der Bühne und die Leute haben unsere Songs mitgesungen, von Anfang bis Ende! Wir konnten es nicht glauben, es war überwältigend!
Und nicht nur die Fans, auch die Kritiker mochten das Album, es ist durchweg gut weggekommen.
Rückblickend ist "Cold Reality" wirklich gut gealtert, es begeistert mich immer noch und ich bin immer noch demütig, dass viele Leute es heute noch gern hören! Das Album hat uns als Band definiert, das waren WIR, das war WINTERBORN. Und in den ganzen 15 Jahren, in denen wir nichts veröffentlicht haben, sind wir immer wieder, jedes Jahr, von Fans kontaktiert worden, die uns damals, mit dem Album kennengelernt haben. Dass wir nach so langer Zeit immer noch Menschen damit so sehr berühren, macht mich Stolz. Ich bin sehr kritisch mit mir und meiner Musik, aber "Cold Reality" kann ich mir heute immer noch anhören und freue mich, was uns damals gelungen ist. Es ist fast, als wäre da eine Art höhere Macht im Spiel gewesen, es hat einfach alles gepasst. Wenn heute zurückblicke - ich bin jetzt fast 50 Jahre alt – dann bin ich einfach nur dankbar für diese Zeit.
Drei Jahre später (2009) kam dann euer zweites Album "Farewell To Saints" heraus. Wie siehst du das Album heute?
Eine gute Frage. Das zweite Album ist etwas heavier, dunkler als das Erste. Es gab unterschiedliche Ideen, wie das Album werden sollte. Wir haben natürlich so gut wie möglich versucht, einen Nachfolger für "Cold Reality" zu schreiben. Und ich habe ziemlichen Druck gespürt, dass wir ein noch besseres Album machen und den nächsten Schritt gehen müssen.
Aber die Situation in der Band zu der Zeit war nicht einfach, die Beziehungen untereinander waren nicht mehr gesund. Irgendwas ist passiert auf dieser ersten großen Europa-Tournee, wir mussten Leute gehen lassen, wir haben den Bassisten und den Schlagzeuger ausgewechselt. Und das hört man dem Album alles an. Aber ich denke, jedes Album spiegelt auch zum Teil die aktuelle Situation in einer Band, und das ist hier halt auch passiert. "Farewell To Saints" habe ich mir vor ein paar Monate nochmal angehört, weil Pasi Kauppinen, der ja seit einigen Jahren Bassist von SONATA ARCTICA ist, sich unsere ersten zwei Alben im Tourbus angehört hat und mir direkt eine Nachricht geschickt hat, wie gut ihm die Alben gefallen haben. Es ist halt ein schwierigeres Album als das erste. Dabei sind die Lieder an sich einfacher gehalten als auf dem ersten Album. Aber es klingt immer noch klasse und mittlerweile habe ich auch keine Probleme mehr damit. Es ist ein gutes Album.
Dunkler, gradliniger, hardrockiger und nicht mehr so verspielt wie das Debüt, das sind meine Stichworte zu "Farewell To Saints".
Ja, das Album ist nicht so verspielt, das ist genau das richtig Wort. Ich habe mich ziemlich unter Druck gefühlt, und das hört man. Und ich habe darauf gehört, was die Leute hören wollen, obwohl man das als Musiker nicht tun sollte, anstatt mir selbst treu zu bleiben.
Auf dem Album ist der Song 'Last Man Standing' – und der ist mit einer anderen Besetzung entstanden, nämlich so ziemlich genau mit den Musikern, die heute, 15 Jahre später, bei WINTERBORN spielen.
Zu dem Zeitpunkt haben wir unseren Plattenvertrag für Asien und Japan verhandelt und die Plattenfirma wollte, wie üblich, einen Bonustrack.Also sind wir mit den neuen Leuten nochmal für einen Tag ins Studio gegangen, um einen neuen Song aufzunehmen. Und dabei ist 'Last Man Standing' herausgekommen, ein Stück, dass sich quasi innerhalb weniger Stunden von selbst geschrieben hat. Das war aber so hart und dunkel, dass wir fanden, dass es viel besser auf das Album passt, als 'Victim of Love', das wiederherum viel fröhlicher und ziemlich 80er-Hardrock-lastig war. So haben wir 'Last Man Standing' auf das Album genommen und 'Victim Of Love' wurde zum Bonustrack.
Oh, das Stück kenne ich gar nicht. Werde ich mir mal anhören.
Der ist gar nicht so leicht zu finden! Selbst ich habe den nicht und ich habe keine Ahnung, was mit den Masterbändern davon passiert ist!
Am Ende von den Aufnahmen von "Farewell To Saints" hattet ihr also euer heutiges Lineup zusammen. Aber was ist dann passiert, dass es 15 Jahre bis zu "Break Another Day" gedauert hat?
Oh ja, eine lange Zeit, eine lange Geschichte. Wir sind zwei Mal auf Europatournee gegangen, haben ein paar Gigs in Finnland gespielt und dann habe ich mit dem Songwriting für Album Nummer drei begonnen. Zwischendurch haben wir dann doch auch noch ein paar Cover-Gigs gespielt; wir mussten etwas Geld hereinbekommen, da die zweite Europatournee nicht gerade ein kommerzieller Erfolg war. So viel dazu, ich spiele nie wieder Coversong (lächelt)
Wir haben das Eisen immer geschmiedet, solange es heiß war, aber hier sind uns einfach die Ressourcen ausgegangen, vor allem das liebe Geld. Wir haben immer alles, was wir mit WINTERBORN verdient haben, direkt wieder in die Band investiert, aber es ging abwärts und irgendwie ist alles zum Stehen gekommen. Wir sind aber ins Studio gegangen und haben angefangen, das Album aufzunehmen. Das Schlagzeug, was du auf "Break Another Day" hörst, ist schon im Jahre 2011 oder 2012 aufgenommen worden. Wir haben mit der Arbeit angefangen, aber dann ist mir so viel dazwischen gekommen... (seufzt)
Zum einen meine Gesundheit, dann meine beiden Kinder, ich bin von der Tour zurückgekommen, da war mein jüngster Sohn noch nicht mal ein Jahr alt. Wir haben zu der Zeit ein Haus gekauft, aber das war komplett voller Schimmel, man hätte es abreißen müssen. Wir haben dann zwei Jahre vor Gericht gestanden und am Ende den Prozess verloren. Ich hatte also auch große finanzielle Verluste, so dass sich eine richtige Arbeit annehmen musste, um das alles bezahlen zu können. Ich habe wie verrückt gearbeitet, um alle Rechnungen begleichen zu können, was in der Zwischenzeit aber gelungen ist. Währenddessen hatten wir auch noch die kleinen Kinder, und ich habe versucht, das Album dann nachts fertigzuschreiben, Arbeit, Kinder und Musik unter einen Hut zu bringen. Im Endeffekt hatte ich dann einen schweren Burnout. Das war eine harte Zeit und es hat fast zwei Jahre gebraucht, um wieder auf die Beine zu kommen.
Wie ich zu Anfang des Interviews gesagt habe: alles, was die Band betrifft, geht über mich. Ich habe mir dann nach den ersten paar Jahren Pause die Musik, die wir bis dahin aufgenommen haben, angehört und für nicht gut genug befunden. Wir haben viele der Aufnahmen neu gemacht und neu gemischt, bis wir im Jahr 2016 der Meinung waren: jetzt sind wir fertig. Wir haben das Material dann in Helsinki mastern lassen. Das haben wir sogar ausnahmsweise als Band gefeiert, dass wir es endlich geschafft haben.
Wir haben dann mit einigen Labels verhandelt, aber die Verträge haben auch immer die Verpflichtung enthalten, auf ausgedehnte Tournee zu gehen und Sommerfestivals zu spielen, wozu ich aber zu der Zeit nicht in der Lage war. Mir ging es zwar schon besser, aber ich hatte lange nicht zu meiner alten Stärke zurückgefunden. Es gab zu der Zeit noch einige dicke Rechnungen zu zahlen und die Kinder waren auch noch relativ klein. So ging es aber nicht nur mir, die anderen Jungs in der Band hatten auch Familien gegründet, Kinder bekommen oder die Geburt wäre den Zeitraum der Tour gefallen. So sind wir wieder in eine Art Winterschlaf gefallen.
Das Album war fertig, ich wollte es veröffentlichen, es wurde zu einer Last und hing wie ein Mühlstein um meinen Hals. Wir haben immer mal wieder darüber gesprochen, was wir nun machen, im Jahr 2019 haben wir dann nochmal Gespräche mit verschiedenen Labels aufgenommen. Von den ersten zwei oder drei Songs, die wir ihnen geschickt haben, waren sie begeistert, aber als sie dann das komplette Album gehört haben, war es ihnen zu komplex, zu vielfältig und sie wollten es so nicht rausbringen. Sie fragten: Seid ihr eine Powermetal-Band, eine Hardrockband, eine Progressive-Rock-Band? Was seid ihr? Das war ein ziemlicher Rückschlag für uns, für mich. Ich hatte echt genug und so traten wir wieder auf die Bremse.
Noch Ende Dezember 2023 wusste ich nicht, dass das Album jetzt auf den Markt kommt. Meine Freundin meinte zu mir: Du MUSST es veröffentlichen. Bring es raus, vergiss die Labels. Veröffentliche es einfach und sie zu, dass es aus Deinem Kopf rauskommt. Und sie hatte recht.
Das Album hat mich zurückgehalten, ich habe es 15 Jahre mit mir rumgeschleppt. Und ich habe es auch für die anderen in der Band veröffentlicht. Sie konnten nichts dafür, dass das Album nicht rausgekommen ist. Das lag nur an mir und meinen Problemen und meinem Zeitplan. Sie haben ihre Parts immer und immer wieder neu aufgenommen, ich bin ein Perfektionist, Pasi Kauppinen hat das Album immer wieder neu gemischt, weil ich immer wieder neue Wendungen und Spitzen eingebaut habe, ich wollte immer wieder Kleinigkeiten ändern. Ich bin ihnen allen so dankbar für ihre Geduld, vor allem Pasi, dass er das alles mitgemacht hat.
Ich habe mir dann also gedacht: Zur Hölle, ich bring es jetzt raus, damit die Jungs glücklich sind! Denn meiner Meinung nach hatten die Fans WINTERBORN längst vergessen. Mal im Ernst: würde ich auf ein neues Album einer Band 15 verdammte Jahre warten wollen? Nicht wirklich.
Ich war daher auch so dankbar über das Feedback, egal ob auf Facebook, Instagram, all die E-Mails, die Nachrichten. Ich bin von ganzem Herzen dankbar über jeden, der dem Album eine Chance gibt, darüber, dass es immer noch Leute gibt, die dem Album ihre wertvolle Zeit widmen. Es gibt so viel Musik da draußen, und in der Situation, in der wir sind, sind Fans, die immer noch unsere Musik hören wollen, das Wertvollste, was es gibt.
Ist WINTERBORN immer noch eine echte Band?
Ja, auch wenn wir im Moment nicht live spielen, aber wir bekommen gerade nach dem Album-Release wieder Anfragen nach Auftritten. Aber da kommt wieder meine Gesundheit ins Spiel, ich habe einen üblen Tinnitus, ich muss da also echt aufpassen. Falls junge Musiker das Lesen: Benutzt Kopfhörer und schützt euere Ohren!
Wir arbeiten an neuen Songs, es gibt schon viel mehr, als auf ein Album passen, wir haben so ca. 30 bis 40 Stücke. Der Plan im Moment ist, das vierte Album im Laufe des Jahres aufzunehmen und es dann im nächsten Jahr (2025) zu veröffentlichen. Ich hoffe, dass wir dann auch wieder auf Tour gehen können oder auf ein paar Festivals spielen. Aber eins nach dem anderen, erstmal halten wir es für wichtig, neue Musik zu veröffentlichen, darauf legen wir das Hauptaugenmerk. Dann ein wenig touren und vielleicht wird es danach wieder erstmal für ein paar Jahre ruhig um WINTERBORN, damit wir die Batterien wieder aufladen können. Mal sehen. Aber so ist der Plan, mit dem wir uns gerade ziemlich wohl fühlen.
WINTERBORN ist eine Band, die mir persönlich viel bedeutet, das hatte ich dir im Vorfeld ja schon geschrieben. Ich war vor 15 Jahren in einer Situation, die deiner nicht unähnlich war, und bin da wieder zum Heavy Metal zurückgekommen, mit dem meine Liebe zur Musik in den 80er Jahren angefangen hatte. Ich hatte lange Zeit viel andere, völlig unterschiedliche Musik gehört, auch immer wieder Metal, ich habe durchaus verfolgt, was da passiert, aber mit der Metal-Szene an sich hatte ich so gut wie nichts zu tun.
Nachdem ich die damals aktuellen Alben der großen Lieblings-Bands wie IRON MAIDEN, HELLOWEEN, GAMMA RAY oder SONATA ARCTICA nachgeholt habe, bin ich wieder auf WINTERBORN gestoßen, und habe mir beide Alben gekauft. Ich hatte noch das erste von früher im Ohr. Und da ich ja noch nicht so viele Metal-Alben hatte, habe ich die beiden WINTERBORN-Scheiben – wie zum Beispiel auch einige SERENITY- oder FIREWIND-Alben– rauf und runter gehört und somit war WINTERBORN auch ein Teil meiner Gesundwerdung. Ebenso habe ich damals, um 2010 herum, durch die Musik neue Freunde gefunden. Und dadurch bin ich heute hier mit dir hier im Gespräch, was ich noch vor einem Jahr nie für möglich gehalten hätte.
Ich bin immer wieder beeindruckt, wie sehr Musik das Leben von Menschen beeinflussen kann. Im Laufe der Jahre haben wir immer wieder von Menschen gehört, dass unsere Musik zum Soundtrack ihres Lebens gehört und das ist wunderbar! Dass sie damit verbinden, wie Kinder geboren wurden und solche Sachen. Weißt du, in einer Band, auch in einer kleinen Band wie WINTERBORN, geht es oft hauptsächlich um Zahlen, Einnahmen, Streams... aber wirklich wichtig sind solche Momente! Das ist es, was zählt. Danke, dass du das alles so offen erzählst!
Der Grund für unser Interview ist euer neues Album. Warum heißt das Album "Break Another Day"? Es gibt auf dem Album kein Lied mit diesem Titel und ich konnte die Zeile auch in keinem Songtext entdecken.
Das ist ein Insider-Joke, das Album sollte eigentlich gar keinen Titel tragen, also einfach nur WINTERBORN heißen. Wir haben in der Band immer den Witz gemacht, dass wir wohl nie mehr ganz groß rauskommen werden und immer auf diesem relativ kleinen Level bleiben würden, es keinen großen Durchbruch (Breakthrough) mehr geben würde. Und wir haben dann immer gesagt: Let's break another day, heute hat es wieder mal nicht funktioniert! Und irgendwann wurde das zum Albumtitel.
Als ich das Album zum ersten Mal gehört habe, habe ich meinen ersten Eindruck zur Musik und zu dem Text in kurzen Stichworten aufgeschrieben, ohne den Text im Booklet mitzulesen! Ich möchte anhand dieser ersten Eindrücke das Album gerne mit dir durchgehen und deine Meinung beziehungsweise Ansicht dazu hören. Hast du Lust?
Ja, auf jeden Fall. Spannend!
Der Opener ist 'Another Sleepless Night', ein gefühlvoller Midtempo-Song mit einer dunklen Atmosphäre. Textlich dreht es sich um eine Beziehung oder eine Freundschaft, in der Fehler früher gemacht wurden, die man heute bereut.
Musikalisch ist der Song durch einige Veränderung gegangen, das ist die sechste Version, die ersten waren schneller, heavier, der Song war in der ersten Version deutlich länger. Das Lied haben wir in unterschiedlichen Versionen auch schon in Finland live gespielt, und es hat sich über die Jahre immer weiterentwickelt, am schwierigsten war es, dass die Musik zum Text gepasst hat. Dieser ist nicht von realen Ereignissen inspiriert, das kommt auch vor, aber nicht in diesem Stück. Es sind nicht immer Erfahrungen aus dem echten Leben, die in einem Text stecken. In diesem Fall gab es erst den Text und dann wurde die Musik zu dem Text geschrieben, das ist ungewöhnlich, normalerweise haben wir erst die Musik und ich schreibe dann den Text. Ich versuche zu hören, was mir die Musik sagen möchte. Für mich sind die Texte und Gesangsmelodien wie ein Instrument, das zum Rest des Songs passen muss. Im Fall von 'Another Sleepless Night' wurden die Vocals in Los Angeles aufgenommen und am Ende ist dieser Hardrock-Song daraus geworden.
'Satellite' - Der Song wurde schon vor einigen Jahren online veröffentlicht und sollte der Vorbote des dritten Albums sein. Ist der Song für das Album neu aufgenommen worden?
Nein, das ist so ziemlich die gleiche Version. Er wurde remixed und es gibt hier und da ein paar kleine zusätzliche Gitarrenspuren, aber im Großen und Ganzen ist es zu 95% das gleiche Stück Musik.
Und das Lied hat eine der besten Textzeilen überhaupt: Is there love in space? Wir fragen uns, gibt es Aliens, wenn ja, wie sehen sie aus, wo kommen sie her etc. Aber ob sie wie wir Liebe empfinden... ich finde diesen Gedanken großartig!
Liebe ist das, was uns zu Menschen macht! Ich erinnere mich noch genau, wann ich den Text geschrieben habe. Damals hatte ich zwei Hunde, die spätabends nochmal raus mussten. In Finnland ist es dunkel wie in der Hölle, aber in dieser Nacht war der Himmel absolut klar, eine wundervolle Nacht mit einem Himmel voller Sterne.
Und während ich den Himmel betrachtet und meine Hunde ihr Geschäft verrichtet haben, habe ich die Lyrics in mein Smartphone getippt. Romantisch, oder? (lacht)
'On The Greatest Day' – ein ziemlich harter Song über den Tag des Jüngsten Gerichts oder über den Einschlag einer Atombombe? Ich bin mir nicht sicher...
... ich mir auch nicht! (lacht) Der Song ist sicher schon zwanzig Jahre alt, ein altes Stück Musik von Pasi Kauppinen, zu dem es aber nie Melodien oder einen Text gab. Vor fünfzehn Jahren habe ich mit Pasi darüber gesprochen, dass das Album noch einen härteren, schnelleren Song braucht, aber ich hatte keinen auf Lager und so hat er mir das Lied überlassen. Ich dachte erst, dass er zu sehr nach Power Metal klingt, wir haben ihn dann im Laufe der Zeit neu arrangiert und etwas rockiger gemacht. Für den Text bin ich nicht allein verantwortlich, ich habe dafür im Internet nach Gedichten und Texten über den Weltuntergang gesucht und hier und da ein paar Zeilen ausgeliehen und meine eigenen Worte ergänzt. Als wir dann die Texte für das Booklet zusammengestellt haben, wollte ich den Leuten die Credits für ihre Texte nicht vorenthalten, habe aber diese Gedichte im Internet nicht mehr gefunden. Wenn also jemand seine Worte hier wiedererkennt, kann derjenige gern Kontakt mit mir aufnehmen.
Zur Musik hatte ich mir aufgeschrieben: der Song auf dem Album, der am meisten nach Power Metal klingt, ohne ein Powermetal-Song zu sein.
Ah, das ist schön formuliert und trifft den Nagel auf den Kopf! Das war am Anfang ein absolut typischer Power Metal-Song, aber ich wollte, dass er mehr nach DIO klingt.
Bei mir steht MASTERPLAN als Stichwort.
Nicht so weit weg von DIO, haha.
Als nächstes folgt 'For The First Time Ever', ein Lied über das Tourleben, über das Gefühl, nicht zu Hause sein zu können. Nicht nur darüber, dass man jemanden vermisst, sondern dass man es in diesem Moment bereut, nicht bei der Person sein zu können, sondern stattdessen im Tourbus sitzt.
Exakt, und hier schreibe ich zu 100% über mich und meine eigene Erfahrung. Den Text habe ich tatsächlich im Tourbus auf der ersten Tour in Europa mit DORO geschrieben. Ich hatte fürchterliches Heimweh, meine damalige Partnerin war mit unserem ersten Kind schwanger, ich habe sie so wahnsinnig vermisst. Herausgekommen ist dann dieser Text, zu dem wir dann die Musik geschrieben haben. Und damals gab es noch kein Roaming, und ich bin mit einer ziemlich hohen Handyrechnung nach Haus gekommen.
'Winterborn', euer selbstbetiteltes Stück – euer 'Iron Maiden'?
Der Song WINTERBORN hat musikalisch weniger mit IRON MAIDEN zu tun, eher mit QUEENSRYCHE oder JUDAS PRIEST, aber ich wollte schon immer eine Bandhymne schreiben, wie IRON MAIDEN sie eben mit dem Stück 'Iron Maiden' hat. Auf der ersten Europatour mit DORO und BENEDICTUM aus den USA haben wir erst gemerkt, wie anders wir Finnen im Vergleich zum Rest der Welt sind (lacht). Wir sind verschlossener, es dauert länger, bis wir mit jemandem Freundschaft schließen. Die Amerikaner auf der Tour waren immer sofort mit allen best friends, alles war great … wir Finnen sind da anders, wir haben eine Art Eispanzer um uns rum, den man erstmal durchbrechen muss (schmunzelt).
Nach ein paar Wochen auf Tour war die Crew und auch die anderen Bands, sogar Doro selbst der Meinung, dass wir sauer wären oder langsam verrückt würden. Das stimmt aber nicht, wir brauchen einfach mehr Zeit für uns selbst. Und daran musste ich seit damals immer denken. Auch wenn die finnische Mentalität sich in den letzten 20 oder 25 Jahren verändert hat und wir allgemein offener geworden sind, sind wir immer noch anders als Menschen aus anderen Ländern, und das ist es, worum es in dem Text geht – ein Lied über uns Finnen.
'Washed Away By Tide'. Ein Hardrock Song über die Landung am D-Day.
Ja - und das ist der Song, mit dem ich IRON MAIDEN Tribut zollen möchte! IRON MAIDEN ist ein riesengroßer Einfluss, was mein Gitarrenspiel und Songwriting angeht. Vor allem die ersten sieben Alben vom Debüt bis zu "Seventh Son Of A Seventh Son". Ich habe mich immer gefragt, wie kann eine Band, Jahr für Jahr solche perfekten Alben veröffentlichen?
Als wir 2009 in Paris gespielt haben, haben wir zum ersten Mal einen Cover-Song mit WINTERBORN gespielt! Das Publikum war fantastisch, verrückt - es gab sogar einen kleinen Moshpit. Ich hätte nie gedacht, dass es sowas bei einer Band wie WINTERBORN mal gibt. Wir hatten am Ende noch etwas Zeit übrig, aber alle Songs gespielt, also habe ich spontan vorgeschlagen, ob wir nicht 'The Trooper' spielen sollen, den kannten wir ja alle noch aus unserem Tagen als Coverband. Das Publikum ist dann endgültig durchgedreht. Nach dem Konzert wollte ich auch einen MAIDEN-Song mit WINTERBORN machen – und hier ist er, 'Washed Away By Tide'. Ich hatte das Glück, Bruce Dickinson ein paarmal zu treffen und ich habe ihm von dem Konzert in Paris erzählt, und Bruce hat gelächelt und meinte nur: Ja, 'The Trooper' funktioniert einfach immer. Auch textlich sind wir hier bei 'Washed Away By The Tide' mit dem zweiten Weltkrieg ebenfalls von IRON MAIDEN inspiriert.
Auf dem zweiten Album hattet ihr mit 'The Winter War' ja auch schon einen Song, der textlich im zweiten Weltkrieg angesiedelt ist.
Ja, ein Tribut zu unseren Großvätern, die damals gegen die Russen gekämpft haben. Ein Lied, das mich immer noch sehr berührt, ein wichtiger Song für mich und für die Band.
Weiter geht es mit 'Now Or Never'. Ein optimistischer Song darüber, die sich selbst auferlegten Grenzen zu durchbrechen, nicht alles zigmal zu durchdenken und Zweifel zu haben, sondern "einfach mal machen" – etwas, wozu ich erst heute fähig bin und was mir noch vor zwei, drei Jahren sehr schwergefallen ist.
Richtig erkannt. Bei mir ist das mit dem Alter gekommen, in meinen zwanziger oder dreißiger Jahren war das nicht so, aber mit dem Älterwerden finde ich immer mehr Ausreden, Dinge nicht zu tun. Zu spät, zu teuer, ich muss am nächsten Tag raus... genau das, was Du sagst. Aber den Text habe ich geschrieben, während ich einen Job hatte, der mir absolut nicht gefallen hat und wo ich wusste, hier bleibe ich nicht lange. Diese Lyrics waren dann auch meine Motivation, mehr Zeit in die Band zu stecken und das dritte Album endlich fertig zu kriegen. Musikalisch ist der Song von DEVIN TOWNSEND beeinflusst, wovon man wahrscheinlich nicht mehr viel hört. Aber Du hast recht, 'Now Or Never' ist einer unserer positivsten Songs.
Eine Ballade darf nicht fehlen, sie folgt mit 'Into The Shades Of Grey'. Im Text geht es um die Unvermeidbarkeit des Todes und die Feststellung, dass ewiges Leben nicht unbedingt die bessere Option ist.
Ja, das trifft es ziemlich genau. Das Lied hat aufgrund einiger Todesfälle in meinem Umfeld eine besondere Bedeutung für mich, eine fast schon therapeutische Wirkung. Auch hier kam der Text zuerst. Musikalisch kam die erste Inspiration von OPETH, okay, auch das hört man wohl nicht mehr wirklich, bis auf die Akustikgitarren.
Ich mag in dem Text die Aussage, dass man so lange lebt, wie sich jemand an einen erinnert. Mit mittlerweile über 50 ist Ende des Lebens durchaus greifbarer und mehr ein Thema, als es noch vor 10 oder 20 Jahren war.
Ich bin 48, und es kommt halt irgendwann für jeden der Tag, unvermeidlich. Man sollte sich einfach daran gewöhnen. Meine Eltern sind alt, und ich weiß, sie sind nicht für immer da. Wirklich schlimm finde ich es, wenn Eltern ihr Kind begraben müssen. Grauenhafte Vorstellung.
Mit 'The Moon From The Sky' kommt ein Stück, das mir am ehesten das alte WINTERBORN-Feeling gegeben hat.
Ha, echt? Das ist schön, Henrik Klingenberg (SONATA ARCTICA), der auf dem Album die Keyboards spielt, meinte: "Der Song gehört hier nicht hin! Der ist zu verrückt, und er klingt nicht nach Dir!" Danke, Henrik! (lacht)
Unser eigentlicher Keyboarder, Jukka Hänninen, der aber nicht auf dem Album zu hören ist, meint, es sei der beste Song des Albums und der Track hat auch auf Spotify die meisten Plays. Der Text ist von meinen eigenen Erfahrungen inspiriert, eine wahre Geschichte...
... darüber, jemandem aus seiner Vergangenheit zu sagen, dass man die Person geliebt hat?
Ja, es geht auch über zurückgewiesene Liebe. Du kannst nichts machen, es ist eine Pattsituation. Es geht nicht vorwärts und nicht rückwärts, man kommt einfach nicht zusammen, der Umstände halber, obwohl da diese Chemie ist.
Beim nochmaligen Hören dachte ich auch, es könnte eine Art Stalker-Story sein, wie in 'Every Breath You Take' von POLICE.
(lacht) Ja... ist es aber nicht! Wobei, ja, man könnte den Text so interpretieren. Er ist auch nicht offensichtlich, ich habe ihn bewusst etwas offener gelassen, als ich das sonst tue. Ein wenig geheimnisvoll.
'Silver Dream' ist wieder ein Old-School-Song, der schnellste auf dem Album. Aber ich komme nicht dahinter, worum es in dem Text geht.
Kein Wunder, da habe ich versucht, einen Text zu schreiben, wie Joe Lynn Turner es auf YNGWIE MALMSTEENs Album "Odysee" gemacht. Einfach nur 80er Metal-Lyrics, die keine echte Bedeutung haben, außer dass die cool klingen! (lacht) Ich liebe das "Odysee"-Album und diese mysteriösen Fantasy-Texte wie zum Beispiel in 'Crystal Ball', dieses mystische. Und nicht anders ist der Text von 'Silver Dream'.
Euer Meisterstück 'Through Different Eyes' beschließt das Album. Ein langsamer, melancholischer Beginn, dann geht es vom Hardrock zu Prog, dazu wieder dieser unglaublich emotionale Gesang von Teemu und tolle, abwechslungsreiche Gitarrenarbeit, bevor der Song wieder schön ruhig zu Ende geht. Ich liebe dieses Stück.
Danke! Hier geht darum, wie man den Fokus im Leben verliert – und wieder findet. Auf der einen Seite nimmt man die Dinge einfach als selbstverständlich hin, aber versucht auch, immer nach etwas mehr zu streben. Dabei habe ich festgestellt, dass das hier und jetzt auch wunderschön ist. Man muss nur hinschauen! Den Text habe ich geschrieben, als meine beiden Jungs noch klein waren, ich war mit ihnen auf einem Spielplatz im Park und habe ihnen einfach nur zugeschaut. Sie haben einen Schmetterling gesehen und waren so fasziniert. Das ist etwas, diese kleinen Wunder des Lebens, die viele Menschen einfach nicht mehr sehen können oder wollen. Wir sollten den Fokus wieder auf das echte Leben und den Moment setzten. Das versuche ich und darum geht es in dem Song.
Jukka Hänninen unser Keyboarder, der, wie gesagt, auf dem Album nicht zu hören ist, hat die Orchestrierung des Songs gemacht. Wir hatten schon alles fertig, aber ich wollte noch etwas Orchester am Anfang und Ende haben. Jukka ist unglaublich talentiert, was diese Scores und Soundtracks angeht, und es hat mich weggeblasen, als ich das erste Mal gehört habe, was er erschaffen hat. In dem Stück findet man musikalisch einige Einflüsse von IRON MAIDEN genauso wie von SONATA ARCTICA.
Ja, so verrückt die Welt im Moment ist, man kann immer noch Schönheit in den kleinen, alltäglichen Dingen finden. MARILLION hat einen Song über das Thema geschrieben, der heißt 'Beautiful', ein wunderschönes Lied.
Ah, das kenne ich nicht, werde ich mir aber mal anhören. Heute fühlt es sich für mich viel wertvoller an, wenn ich mit Jukka und Teemu an meiner Musik arbeiten kann. Du bist erstmal komplett nackt, wenn du deine Songideen den anderen vorstellst, du bist so verletzlich. Wenn man dann aber merkt, die anderen verstehen das, können eine Verbindung zu dem aufbauen, was du geschaffen hast und wenn dann Musik, Text und Noten allen Beteiligten das gleiche Gefühl geben, das ist wunderbar, wie neues Leben zu erschaffen.
Während dieser 15 Jahre Pause habe ich so oft gedacht, ich könnte das alles nicht mehr. Neben Dingen, die ich vorhin schon erwähnt habe, hatte ich Panikattacken und konnte zeitweise meine Finger nicht mehr richtig bewegen. Aber trotzdem haben wir irgendwann weitergemacht und jetzt kann ich über mein Werk mit Leuten wie dir sprechen, die echtes Interesse an unserer Musik haben. Ich habe jetzt zwischen 30 und 40 Interviews gegeben und es sieht so aus, als würden wir ein viertes Album machen. Das alles gibt mir wahnsinnig viel. Ich bin dafür von ganzem Herzen dankbar, wie ich ja schon gesagt habe. Dankbarkeit. Vielleicht sollte das der Titel vom nächsten Album werden. (lächelt)
Ich habe Jukka erst neulich ein paar Files geschickt. Leider ist Musik machen heute nicht mehr das gleiche wie früher. Heute arbeitet überwiegend jeder für sich selbst und man schickt Daten hin und her und man telefoniert, anstatt zusammen im gleichen Raum zu stehen. Diese Magie ist unschlagbar, wenn man gemeinsam beginnt, etwas zu entwickeln. Auf der anderen Seite macht es die Technik mit kleinen Kindern, Day Jobs und so weiter überhaupt erst möglich, dass wir das weiterhin machen können. Wie gesagt, ich habe Jukka Musik geschickt und wir sprachen darüber, wie heilsam das für uns ist und haben über die Texte gesprochen und festgestellt, dass wir uns in den Ideen zu den Texten beide wiederfinden können. Es gibt mir so viel, wenn andere Menschen damit etwas anfangen können, was ich geschaffen habe.
In einem Interview vor ein paar Wochen sagte mir jemand, dass die fünfzehn Jahre Pause vielleicht so kommen mussten, dass es einen Grund hat, dass es so lange gedauert hat. So habe ich das noch nie gesehen. Aber ja, wenn wir das Album vor zehn Jahren veröffentlicht hätten, hätte es anders gewirkt. Ich habe öfter gehört, dass heutzutage nicht mehr oft solche Alben veröffentlicht werden. Wer weiß, vielleicht ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt. Beim nächsten Album, bei den Stücken, an denen wir jetzt seit gut einem Jahr arbeiten, werde ich mich nicht mehr stressen lassen. Ich kann nicht beeinflussen, ob dir oder irgendwem das nächste Album gefällt. Es wäre schade, wenn du es nicht magst, aber ich mache mir darüber keine Gedanken mehr. Ich begreife meine Musik als Kunst und nicht als Entertainment oder einen Teil der Musikindustrie. Es befriedigt mich, diese Musik zu erschaffen, wie ein Maler sein Bild erschafft. Mal sehen, wie es wird!
Ich freue ich jetzt schon darauf und bedanke mich für das offene und ehrliche Gespräch.
Anmerkung: es gab in unserem Gespräch zwischendurch Passagen von uns beiden, von denen ich meine, dass die eher Teil einer privaten Plauderei sind und nicht in das Interview gehören. Insgesamt war dies bisher das längste und ausführlichste Gespräch, das ich mit einem Musiker führen durfte, und ich würde mich freuen, zum kommenden Album wieder ein paar Worte mit Pasi wechseln zu dürfen.
Fotocredit: Joni Autio
Another Sleepless Night
https://www.youtube.com/watch?v=tlIZdK5h-AU
Winterborn
https://www.youtube.com/watch?v=0lXmjxqto3o
Through Different Eyes
https://www.youtube.com/watch?v=oComJ1xkcxA
Now Or Never
https://www.youtube.com/watch?v=Qscx1WQoFDA
Satellite
https://www.youtube.com/watch?v=9IKxqgMYNq8
For The First Time Ever
https://www.youtube.com/watch?v=mapvCeiMPL4
- Redakteur:
- Maik Englich