ACCEPT, MIKE TRAMP und INDUCTION - Köln
16.12.2023 | 13:3713.12.2023, Carlswerk Victoria
Jahresabschluss mit feinstem Teutonenstahl!
Kaum zu glauben, dass der aktuelle ACCEPT-Langdreher "Too Mean To Die" inzwischen schon wieder zwei Jahre alt ist. Geht man nach den Teasern, die von Wolf Hoffmann und Co. zuletzt in den sozialen Medien veröffentlicht wurden, dann scheint allerdings der Nachfolger bereits in den Startlöchern zu stehen und uns wohl hoffentlich im kommenden Jahr ins Haus zu stehen. Doch bevor der nächste Album-Cycle beginnt, gibt es zum Abschluss der "Too Mean To Die"-Ära noch einmal eine Headlinershow bei den beiden Auflagen des "Knock Out Festivals" in Karlsruhe und Augsburg. Damit sich der Trip aus der Wahlheimat USA aber so richtig lohnt und man die teutonische Heavy-Metal-Maschine ordentlich auf Touren bringen kann, wärmt sich der Sechser erst einmal mit zwei Konzerten auf, von denen meine Kollegin Barbara und ich für euch den Stopp im Kölner Carlswerk Victoria besucht haben.
Bevor uns der Teutonic Terror um die Ohren gehauen wird, dürfen aber erst einmal die zwei Supports das ordentlich gefüllte Carlswerk auf Betriebstemperatur bringen. Den Opener INDUCTION verpassen wir dabei dank beruflicher Verpflichtungen an diesem Mittwochabend leider, kommen aber noch rechtzeitig in Köln an, um uns zumindest in Teilen anzuschauen, wie MIKE TRAMP die Songs seiner ehemaligen Band WHITE LION neu interpretiert. Anfang dieses Jahres veröffentlichte der Däne nämlich unter dem Banner "Songs Of White Lion" eine Kollektion von Neuaufnahmen der alten Hits der kurzlebigen, aber in Insiderkreisen sehr beliebten US-Hard-Rocker, deren Karriere nach nur vier Alben von den Grunge-Welle der Neunziger beendet wurde. Und ich muss gestehen, mir gefällt dieser erneute Versuch einer Rückkehr in die eigene Vergangenheit deutlich besser, als die beiden doch eher missglückten Neustartversuche unter dem WHITE LION-Banner. Klar, die Magie der Originalversionen aus den Achtzigern kommt auch heute Abend im Carlswerk nicht auf, doch insgesamt hat Mike sämtliche Klassiker sehr gefällig in ein moderneres Gewand gehüllt und die Hooklines zünden natürlich auch rund 30 Jahre nach der ursprünglichen Veröffentlichung noch. Gerade das abschließende 'Lady Of The Valley' verpasst mir einen hartnäckigen Ohrwurm und macht mir Lust darauf, mich wieder einmal durch den WHITE LION-Katalog zu hören. Solltet ihr die US-Amerikaner also vermissen, könnte sich ein Besuch der "Songs Of White Lion"-Tour für euch durchaus lohnen.
Dass Mike Tramp nach der Show auch noch eine kleine Signing Session am Merchstand abhält, ist eine nette Offerte, von der ich allerdings keinen Gebrauch mache, denn für mich geht es erst einmal in der Umbaupause nach vorne, um einen guten Platz für die nun folgende Teutonenstahl-Vollbedienung zu bekommen. Wie gewohnt sind die Bühnenaufbauten dabei sehr episch, wobei das früher typische Bild von reichlich Gitarrenboxen, inzwischen einem eher industriellen Design gewichen ist, über dem die Schlange des "Too Mean To Die"-Covers thront. Passend dazu legt ACCEPT auch prompt mit einem Doppelpack des noch immer aktuellen Langdrehers los, wobei ich noch immer nicht davon überzeugt bin, dass 'Zombie Apocalypse" die ideale Eröffnungsnummer ist. Das Album hat in meinen Ohren nämlich deutlich mächtigere Hymnen zu bieten, was 'Symphony Of Pain' im Anschluss eindrucksvoll beweist, wobei mir persönlich vor allem Wolfs erneut eingeschobene Klassik-Zitate am besten gefallen. Wer bis hierhin noch nicht von der Band, die unheimlich energiegeladen performt, auf Betriebstemperatur gebracht wurde, bekommt seine Starthilfe mit den beiden Klassikern 'Midnight Mover' und 'Restless And Wild', die prompt auch begeisterten Applaus und die ersten gereckten Fäuste vom Kölner Publikum ernten.
Ganz ohne Fragezeichen war mein Besuch heute Abend ja nicht, denn seit ich die deutsche Metal-Institution zuletzt gesehen habe, hat sich am Line-up der Band einiges getan. Am einschneidendsten dürfte wohl der Verlust von Basser Peter Baltes gewesen sein, der seit 2019 von Martin Motnik ersetzt wird. Ebenfalls frisch dabei ist Philip Shouse an der dritten Gitarre, der mit seinen Soli und Leads für mich persönlich heute einen hervorragenden Job macht. Natürlich wird auch er von Wolf in den Schatten gestellt, der wie üblich als Meister der Riffs und Leads das Teutonenstahl-Orchester dirigiert. Und auch wenn sich das Besetzungskarussell gedreht hat, feuert ACCEPT weiterhin auf allen Zylindern und ist vielleicht eine der perfektesten Livebands der Szene. Ich jedenfalls höre kaum mal einen Verspieler oder irgendeine Unsicherheit, sodass man die heutige Show locker ohne Nachbearbeitung auch als Livealbum veröffentlichen könnte. Kritiker mögen der Band zwar gerne vorwerfen, dass die Show vielleicht etwas zu einstudiert wirkt, doch dagegen spricht die offensichtliche Freude, die sämtliche Musiker versprühen und die sich problemlos auch aufs gesamte Publikum überträgt.
Klar, einen Anteil an der Begeisterung in der Halle dürfte natürlich auch die Tatsache haben, dass ACCEPT aus einem praktisch unerschöpflichen Fundus von Hits schöpfen kann. Die lautesten Reaktionen ernten dabei natürlich die Klassiker wie 'Fast As A Shark', 'Metal Heart' oder 'Princess Of The Dawn'. Für mich als großen Fan der Mark Tornillo-Jahre ist aber wohl die positive Überraschung, dass trotz des anstehenden Festivals heute keine reine Klassiker-Abreibung geboten wird, sondern sich auch viel frisches Material in der Setliste findet. 'Teutonic Terror', 'Pandemic' und 'Hung, Drawn And Quartered' sind dabei natürlich offensichtliche Treffer, doch für mich sind es eher die unerwarteten Griffe in die Kiste der frischeren Songs, die besonders überzeugen. 'Shadow Soldiers' ist ja schon seit dem "Stalingrad"-Release ein wunderbarer und melodischer Stampfer im Liveset, 'The Best Is Yet To Come' macht als Ballade auch eine wunderbare Figur und 'Overnight Sensation' ist für mich sowieso einer der besten Songs, den Wolf je geschrieben hat. Garniert wird der Track dabei vom herrlich bissigen Text, den Mark mit gewohnter Reibeisenstimme perfekt darbietet. Ich persönlich mag ihn ja weiterhin deutlich lieber als Udo, auch wenn mich die alteingesessenen Fans dafür vielleicht steinigen möchten. Selbige werden aber mit Sicherheit von den beiden Zugaben 'Balls To The Wall' und 'I'm A Rebel' zufriedengestellt, die nicht nur mit gewohnter Macht abgefeuert werden, sondern von Chris Boltendahl sogar noch einen sehr coolen Gastbeitrag bekommen, der sich in beiden Nummern den Gesangspart mit Mark teilt.
Setliste ACCEPT: Zombie Apocalypse; Symphony Of Pain; Restless And Wild; Midnight Mover; The Abyss; Objection Overruled; Overnight Sensation; Demon's Night / Starlight / Losers And Winners / Flash Rockin' Man; Breaker; The Best Is Yet To Come; Shadow Soldiers; Princess Of The Dawn; Fast As A Shark; Metal Heart; Teutonic Terror; Pandemic; Hung, Drawn And Quartered; Balls To The Wall; I'm A Rebel
Nach beinahe zwei Stunden geht damit schlussendlich ein schweißtreibender und unheimlich unterhaltsamer Konzertabend zu Ende, der wieder einmal eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat, dass die deutsche Stahlmaschine ACCEPT einfach unfehlbar ist. Ich jedenfalls habe bei zahlreichen Stichproben noch keine Show erlebt, bei der Wolf und Co. nicht 110 Prozent gegeben hätten und bin froh, dass ACCEPT mein persönliches Konzertjahr mit einem Paukenschlag beendet hat. Manchmal ist es in einer Zeit, in der Liveshows immer komplexer und durchdachter werden, eben auch einfach mal schön, sich von einer klassischen Heavy-Metal-Band lautstark und mit perfekter Performance die Ohren freiblasen zu lassen. Eine schöne Randnotiz sind übrigens auch die moderaten Preise am Merchstand, denn in Zeiten, wo man 40 - 45 € für ein Tourshirt berappen muss, sind 30€ für das Shirt für diesen kurzen Tour-Abschnitt mehr als fanfreundlich. Dass zusätzlich noch Shirts von vergangenen Legs der Tour und zum Album "The Rise Of Chaos" für 15 bzw. 20 € angeboten werden, ist ebenfalls sehr erfreulich und führt schließlich dazu, dass eine Ergänzung meiner Shirtsammlung erstanden wird und den rundum gelungenen Abend komplettiert.
Text: Tobias Dahs
Fotos: Barbara Sopart
- Redakteur:
- Tobias Dahs