ALICE COOPER - Leipzig

22.11.2010 | 18:37

09.11.2010, Arena

Mixed Pickles oder die vielen Tode des Alice C.

Dass die Farbe schwarz nicht unbedingt eine Erfolgsgarantie für die Anzahl von Konzertbesuchern ist, kann man vortrefflich in der Arena Leipzig bemerken. ALICE COOPER macht mit seiner "Theater Of Death"-Tour in der Messestadt halt und hat neben EISBRECHER noch TARJA TURUNEN mitgebracht. Musikalisch gehen die Bands doch stark auseinander, und der Versuch, mit dem erhofften "Zugpferd" weitere Interessenten anzulocken, schlug fehl. Höchstens 3.000 Besucher wollen sich den Mordsspaß auf der Bühne nicht entgehen lassen.

In der letzten Zeit hatte der Meister des Horrors hierzulande mehr mit seiner Werbung für eine Elektromarkt-Kette für Aufsehen gesorgt als mit seiner Musik. "Geiz ist geil!", so hieß ja auch mal ein Slogan besagter Kette. Das hat sich heute wohl auch das Management gedacht und erst mal den Rotstift bei der Presseliste angesetzt. Lange Gesichter also am Eingang. Noch fix eine Karte gekauft, das sind die ersten negativen Erlebnisse heute. Na, das fängt ja gut an.

In der Arena angekommen, liegen EISBRECHER in den letzten Zügen. Viel ist nicht los, was aber auch keiner erwartet hat. Sänger Alex nimmt es mit seinem typischen Humor und macht das Beste draus. Ein paar Anhänger der Band feiern mit ab, dem Rest ist das alles ziemlich egal. Schade, denn auch wenn man die Musik nicht mag, so ist die Band immer ein Garant für gute Laune. Man muss es aber auch mal an sich heranlassen, was aber die wenigsten heute wollen. Nach gut dreißig Minuten ist der erste Gig zu Ende, und vor der Bühne versammeln sich die ersten TARJA-Fans.

Derweil ein Blick in die Menge: Neben vielen älteren COOPER-Fans haben auf den Tribünen allerhand Menschen Platz genommen, denen man optisch den Besuch nie zugetraut hätte. Allerdings sitzt der Großteil während der Shows genauso regungslos da wie in den Pausen. Deren Grund des Besuches ist nicht nachzuvollziehen. Denn nur um mal den Mann aus der TV-Werbung anzuschauen, sind sechzig Euro ziemlich viel. Aber jeder kann ja mit seinem Geld machen, was er will. Oder hatte man das Leipziger Opern-Abo einfach in die Arena verlegt?
[Swen Reuter]

Dann gehen auch schon die großen Lichter aus, und TARJA betritt zu den Klängen von 'Dark Star' die Bühne. Und wie die vielen mitklatschenden Hände zeigen, haben sich doch einige Fans der schönen Finnin eingefunden. Nach dem ersten Song kommt eine deutsche Ansage, die mit den Worten endet "... let's rock tonight!" Das scheint sie aber eher zu sich selbst zu sagen, denn außer Mitklatschen ist von den Anhängern noch nix zu sehen. Ist auch nicht weiter schlimm, denn Tarja wirbelt zu 'My Little Phoenix' wie befreit über die Bühne.

Danach geht es mit einem Mix aus alten und neuen Songs weiter. Es folgen 'I Feel Immortal' und 'I Walk Alone'. Nun gibt es noch einen kleinen NIGHTWISH-Block: 'Nemo' und 'Wishmaster' lassen endlich auch die Zuhörerschaft auftauen, und einige Haare wirbeln durch die Luft. Auch angestachelt von Tarja selbst, die headbangen kann, dass einem vom Zuschauen schon schwindelig wird. Zudem besticht der Gig durch diverse Outfitwechsel, vom schweren Mantel bis zum kleinen Kleidchen ist alles mal zu sehen, was der Koffer hergibt.

Der Rest der Zeit wird nun zum Triumphzug, der mit Songs vom aktuellen Album "What Lies Beneath" bestritten wird. Zu guter Letzt wird noch die aktuelle Single 'Until My Last Breath' dargeboten, und unter tosendem Applaus wird die Bühne dann für den Meister geräumt. Irgendwie nur schade, dass ihr ALICE COOPER-Cover 'Poison' nicht dabei ist.
[Matthias Köppe]

Setlist:
Dark Star
My Little Phoenix
I Feel Immortal
I Walk Alone
Nemo
Wishmaster
In For A Kill
Falling Awake
Underneath
Until My Last Breath

Die Bühne ist mit einem großen Stofftuch verdeckt, das allen noch einmal den Namen der Tour vor Augen führt. Dahinter wird fleißig gewerkelt und gebaut. Nach einem kurzen Intro erklingen die ersten Töne von 'School's Out'. Endlich fällt der Vorhang! Die beschauliche Menge tobt und feiert den Gruselchef, der sich auch bald blicken lässt. Solch ein Knaller zu Beginn lässt den Ärger vom Anfang schnell vergessen. Die Fans danken es ihm mit viel Beifall, und ohne große Pause geht es gleich in die nächsten beiden Songs, 'No More Mr. Nice Guy' und 'I'm Eighteen'. In punkto Show hält man sich noch zurück - bei dem Status darf man sich zu Recht erst einmal vom Publikum feiern lassen. ALICE COOPER fegt wie ein Zwanzigjähriger über die Bühne. Respekt! Das schafft in seinem Alter auch nicht mehr jeder.

Langsam setzt sich die Bühnenshow in Gang. Bei 'Wicked Young Man' will doch glatt jemand die Show sabotieren und werkelt an der Technik herum. Nicht mit Herrn Cooper! Der nimmt sich den vermummten Mann zur Brust, und kurz darauf liegt er erstochen da. Das bleibt nicht ohne Folgen, und Alice wird kurzerhand in eine Zwangsjacke gesteckt. Nach und nach setzt sich die Gruselwerkstatt in Bewegung, und diverse Gerätschaften werden aufgefahren, um ALICE COOPER ins Jenseits zu befördern. Sei es mit einer Guillotine, einem Galgen oder einer Giftspritze. Er ist aber auch ein böser Junge, der doch eigentlich nur spielen will. Glücklicherweise ist er nicht totzukriegen. Schließlich muss die Show ja weitergehen.

Doch so unterhaltsam wie die Einlagen auch sind, macht sich immer wieder eine gewisse Müdigkeit im Publikum breit. Klar wird in den ersten Reihen immer fleißig mitgemacht und gefeiert, doch weiter hinten sieht man immer mehr Besucher, die sich einfach nur berieseln lassen und denen die Musik relativ egal ist. Schade, denn sowohl ALICE COOPER als auch seine Musiker machen einen tollen Job, der keine Nörgelei nach sich zieht. Erst als der Gassenhauer 'Poison' ertönt, scheinen viele in der Menge wieder aufzuwachen. Nun hält kaum einer still, und viele singen mit. Jetzt kann man auch von einer wirklichen Konzertstimmung sprechen.

Leider hält dieser Enthusiasmus der Masse nicht allzu lange an, die schon bald wieder in eine bequeme Lethargie verfällt. Nicht so der Gruselmann da vorn. Leute von dem könnt ihr euch mal eine Scheibe abschneiden! Der lässt mit seiner persönlichen Krankenschwester Nurse Rozetta sprichwörtlich die Funken fliegen, denn bei dem gleichnamigen Song wird er von ihr zuerst per Rollstuhl auf die Bühne befördert, ehe sie einen kleinen Strip hinlegt und ihre metallische Unterwäsche mit dem Trennschleifer bearbeitet. Ihr späterer Strip hinter einer Schattenwand fehlt heute genauso wenig wie die Szene, als Alice sie hinter dieser Wand kaltmacht. Auch lässt er es sich nicht nehmen, wieder auf seine fahrbare Treppe zu steigen und von oben allen sein Spinnenoutfit zu präsentieren. Ja, wenn es vor der Bühne nur halb so lustig zuginge.

Als 'Dirty Diamonds' erklingt, wachen viele wieder auf, denn jetzt gilt es, eine Halskette zu erhaschen. Im Anschluss folgt 'Billion Dollar Babies', wo es selbstredend Dollarnoten regnet. Endlich haben die Leute was zu tun und kommen in die Gänge.

Zum regulären Ende gibt es 'Under My Wheels' auf die Ohren, das von Anfang an von allen gefeiert wird. Wird Leipzig etwa übermütig? Da sich die Jungs nun verabschieden wollen, legen sich die Besucher doch ins Zeug und bedenken die Band mit viel Beifall und fordern mehr.

Natürlich sollen sie ihre Zugabe bekommen, und im Glitzerfrack mit Zylinder wird 'Elected' zum Besten gegeben. Dabei schwenkt Mr. Cooper eine Deutschlandfahne, und alle sind wieder wach. Und weil es so schön war, wird zum krönenden Abschluss noch einmal 'School's Out' präsentiert. Jetzt singen alle mit, und zum Ende kommen große Luftballons auf die Besucher zu, die von Alice mit einem Schwert angestochen werden und einen Konfettiregen mit sich bringen.

Mit lang anhaltendem Beifall gehen die gut eineinhalb Stunden Entertainment zu Ende. Sicher, die Bühnenshow hat jetzt nicht richtig geschockt oder provoziert, dafür hat ALICE COOPER eindrucksvoll bewiesen, dass er es immer noch draufhat. Auch seine Band war mit viel Herz dabei und hat ordentlich gerockt. In typisch amerikanischer Manier ging es hintereinander weg ohne große Interaktion mit den Fans. Das ist wohl das einzige Manko an der Show, was aber nicht wirklich ins Gewicht fällt. Damit endet die Gruseltour in Leipzig versöhnlich, wenn auch viele Besucher ruhig ein wenig begeisterter hätten sein können.
[Swen Reuter]

Setlist:
School's Out
No More Mr. Nice Guy
I'm Eighteen
Wicked Young Man
Ballad Of Dwight Fry
Go To Hell
Cold Ethyl
Poison
From The Inside
Nurse Rozetta
Be My Lover
Only Women Bleed
I Never Cry
Black Widow Jam
Vengeance Is Mine
Dirty Diamonds
Billion Dollar Babies
Killer
I Love The Dead
Feed My Frankenstein
Under My Wheels
Elected
School's Out

Redakteur:
Swen Reuter

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