ALTER BRIDGE, HALESTORM - Köln

10.12.2022 | 16:28

30.11.2022, Palladium

Drinnen hui, draußen pfui

Da darf das Kölner Palladium in November und Dezember ein recht bockstarkes Rock-Package willkommen heißen. Kennedy, Tremonti und ALTER BRIDGE laden zu ihrer "Pawns & Kings"-Tour ein, haben mit HALESTORM als derzeitige Gipfelstürmer einen mehr als anheizenden Support-Act mit dabei und dürfen auch mit MAMMOTH WVH einen auf den zweiten Blick sehr großen Namen vor ihrem Auftritt begrüßen. Das lassen wir uns nicht zweimal sagen und fahren schnurstracks nach Feierabend Richtung Domstadt, um diesen Abend ganz im Zeichen des Rocks zu zelebrieren.

Doch bevor die Pommesgabel Richtung Kölner Nachthimmel gestreckt werden kann, nagt zunächst die katastrophale Parkplatzsituation rund um das Palladium an den Nerven. Und von weiter entferntem Meter zu Meter schlagen Stimmung und Geduld allmählich um, doch als am Ende in knappen zwei Kilometern Entfernung ein Parkplatz gefunden, der knapp 25 minütige Fußmarsch geschafft und der erste Schritt in das Innere des Palladiums vollzogen wurde, fällt die Anspannung ab und die Vorfreude ob der kommenden Ereignisse nimmt wieder überhand.

Und so schaffen wir es noch rechtzeitig zu einigen wenigen Songs von MAMMOTH WVH. Der Sohnemann eines gewissen Eddie Van Halen hat im Juni vergangenen Jahres sein erstes Soloalbum veröffentlicht, nachdem er bereits bei TREMONTI – und hier besteht seine Verbindung zu ALTER BRIDGE – sowie VAN HALEN schon wertvolle Studio- und Live-Erfahrungen sammeln konnte. Allzu sehr unterscheidet sich seine Mucke von der seiner einstigen Mitstreiter daher nicht, irgendwo zwischen Hard Rock, Alternative Metal und dezentem Grunge weiß Wolfgang das Palladium schon gut anzuheizen.

Dieses ist schon früh am heutigen Abend gut gefüllt, lauscht interessiert den Klängen MAMMOTH WVHs und zollt dem Herrn mit dem großen Namen anschließend auch gebührend Anerkennung. Die Songs machen Spaß, gehen gut ins Ohr und kommen dank eines glasklaren Sounds auch angenehm wuchtig aus den Boxen. Köln klatscht, wippt mit den Füßen und ist ob Songs wie 'Distance', 'You're To Blame' sowie 'Don't Back Down' schon jetzt auf Betriebstemperatur.

Doch was nun in der kommenden Stunde folgt, haut selbst den hartnäckigsten Kölner aus den Latschen. Aber wer die Live-Qualitäten HALESTORMs kennt und noch das aktuelle Statement "Back From The Dead" im Ohr hat, weiß, worauf er sich freuen darf. Die bezaubernde und vor allem stimmgewaltige Lzzy Hale und ihre Mannen legen los wie die Feuerwehr: 'The Steeple' und der aktuelle Titeltrack hauen vollends in die Kerbe, ich sehe viele Kölner im Publikum, die ob der energiegeladenen Performance und der "Kick In The Ass"-Attitüde dieser Truppe komplett aus dem Häuschen und mächtig beeindruckt sind. Das darf das Palladium auch sein, spielen sowohl eine angeheizte Meute, eine bombensichere Setliste sowie ihre eigene Schokoladenseite am heutigen Abend der Band komplett in die Karten, 'I Get Off' und das 'Rock Show-Statement werden ebenso inhaliert wie das ruhigere 'Familiar Taste Of Poison' oder auch 'Freak Like Me'.

Oftmals packt Miss Hale die Schelle aus und vermöbelt die Anwesenden mit ihrer bemerkenswerten Stimme. Das zwischenzeitliche Drum-Solo ist clever positioniert und dank der kleinen Verschnaufpause zeigt HALESTORM in Form von 'Wicked Ways' und 'I Miss The Misery' dem Publikum abschließend, wo der Frosch die Locken hat. Eine bockstarke Lichtshow sowie ein abermals wuchtiger Sound sorgen für das I-Tüpfelchen dieses absoluten Siegeszuges, der viele Zuschauer danach an die Merchandise-Stände lockt. Das war nahe an einer regelrechten Machtdemonstration, ein Live-Auftritt, wie er druckvoller und energiegeladener kaum hätte ausfallen können.

Setliste: The Steeple; Back From The Dead; Love Bites (So Do I); I Get Off; Rock Show; Familiar Taste Of Poison; Drum Solo; Freak Like Me, Wicked Ways; I Miss The Misery

Voller Adrenalin im Blut suchen wir uns letztendlich noch einen geeigneten Platz für den kommenden Act, habe ich selbst ALTER BRIDGE zuvor auch noch nicht live gesehen. Doch die Minuten vergehen sehr schwermütig, das ausverkaufte Palladium wird unruhig und ich nutze die kleine Pause, um mich an meine damaligen Konzerte in dieser altehrwürdigen Halle zu erinnern: HAMMERFALL und STRATOVARIUS 2005, BULLET FOR MY VALENTINE 2016, SLAYER, AMON AMARH und TRIVIUM 2008 zur "Unholy Alliance Tour, Chapter 3" oder auch STONE SOUR 2017 versüßten mir die Abende und sorgten allesamt für großartige Konzerterlebnisse. Und zumindest HALESTORM darf sich in diese illustre Runde dazuzählen.

Doch nun gehen die Lichter aus und die LED-Wände zeigen die ersten Illustrationen, als Tremonti und Co. unter lauten Jubel und Applaus auf die Bühne kommen. Erwartungsgemäß mit saftigem Klang eröffnet ALTER BRIDGE mit 'Silver Tongue' und 'Addicted To Pain' recht rockig den Reigen und zeigt, dass die neuesten "Pawns & Kings"-Hits gut mit Ohrwürmern älteren Datums harmonieren. So wechseln sich etabliertes und neues Material vergnüglich ab und das Palladium zeigt sich bei beinah jedem einzelnen Song sehr textsicher und stimmungsvoll.

Die Köpfe werden genickt, die Fäuste gereckt und Tremonti beispielsweise rifft sich die Hände wund und ist gleich zu Beginn von der Stimmung im Palladium angesteckt. Dass sein Weggefährte und Bandkollege Myles Kennedy nicht zu den absoluten Rampensäuen zählt, ist allgemein bekannt. Doch speziell im Vergleich zu Tremonti oder gar Lzzy Hale zuvor wirkt der Sänger recht steif und eher Dienst nach Vorschrift agierend. Da vermisst man doch den zuvor oder zu seiner Linken gelegten Heckenbrand.

Doch sei's drum, sorgen die zahlreichen Projektionen im Hintergrund, allerlei Licht- und Lasereffekte sowie die ausgewogene Songauswahl für ausreichend Stimmung. Denn als Mark Tremonti bei 'Burn It Down' die Vocals übernimmt, balladeske Akustiktöne mit 'In Loving Memory' die etwas ruhigere Kugel schieben und neueste Songs wie 'This Is War' oder das Titelstück im Zugabenteil ebenso abgefeiert werden wie das bockstarke 'Blackbird' oder der 'Metalingus'-Hit, werden die Zuschauer von ihren Emotionen und Gefühlen überrannt. Lautstarke Sprechchöre und frenetischer Jubel als auch 'Cry Of Achilles', 'Broken Wings' und das nicht ganz so häufig gespielte 'Wouldn't You Rather' zum Besten gegeben werden.

Auch wenn ich persönlich nicht so recht vom ALTER BRIDGE-Live-Virus angesteckt werde und den Auftritt der Amis wohl auch ob der vorherigen, stürmischen HALESTORM-Performance als durch und durch in Ordnung ansehe, neigt sich auch der "in Ordnung"ste Auftritt irgendwann dem Ende entgegen. Köln würde zwar gerne den einen oder anderen weiteren Gassenhauer noch bekommen, doch nach 'Rise Today' und überall zufriedenen Gesichtern entlässt ALTER BRIDGE abermals unter lautstarkem Applaus das Publikum in die klirrende Ende-November-Kälte.

Setliste: Silver Tongue; Addicted To Pain; Ghost Of Days Gone By; The Other Side; This Is War; Broken Wings; Burn It Down; Cry Of Achilles; In Loving Memory; Blackbird; Wouldn't You Rather; Isolation; Metalingus; Open Your Eyes; Pawns & Kings; Rise Today

Das Package hatte es im Vorfeld in sich und konnte zumindest über sehr weite Strecken die angelegte Messlatte auch erreichen. Speziell HALESTORM wird künftig noch häufiger von mir besucht und mit MAMMOTH WVH hat eine kleine Band namens METALLICA schon einen sehr verheißungsvollen Support-Act für die kommende Welttournee bekanntgegeben. Ich konnte mich vor einigen Stunden noch sehr davon überzeugen. Auch ALTER BRIDGE und hier vor allem die neuesten Songs haben mir gut gefallen, obgleich das letzte Fünkchen nicht gezündet werden konnte. Doch sei's drum, wieder am Auto angekommen, treten wir die Heimfahrt an und freuen uns ob der Live-Dinge, die in den kommenden Wochen und Monaten noch folgen werden.

Redakteur:
Marcel Rapp

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