AUGUST BURNS RED, BLESSTHEFALL und COUNTERPARTS - Karlsruhe
17.10.2013 | 19:1730.09.2013, Substage
Leicht erschwerte Bedingungen für die aktuellen Metalcore-Vorreiter.
Noch immer wird mir ein wenig wehmütig ums Herz, wenn ich in die "neue" Substage nach Karlsruhe pilgere, in schwelgerischer Erinnerung an schweißtreibende Abende in der klaustrophobisch niedrigen Unterführung, die im Jahre 2010 aus mir unbekannten Gründen leider das Zeitliche segnete. In der heutigen Substage ist es viel schwerer, diese intime Club-Atmosphäre aufkommen zu lassen, erstreckt sich doch das Hallendach meterweit in die Höhe, während zwei hässlich markante Betonsäulen den Barbereich von der Bühne abtrennen. Sei’s drum, auch in dieser nun mehr eher ungeliebten Location wurden schon zünftige Metalparties abgefeiert, und diesen Herbst geben sich AUGUST BURNS RED (glücklicherweise als Headliner), BLESSTHEFALL und COUNTERPARTS die Ehre. Ein erfreulich kompaktes Package (hier stimme ich dem Kollegen Paßgang zu, der die vergleichbare Konstellation der letzten AUGUST BURNS RED-Headlinertour an anderer Stelle bereits lobend erwähnte), wenn man sich die ausufernden Lineups der letztjährigen Vans Warped-, Never Say Die- und wie-sie-alle-heißen-Tourneen anschaut. Knackig, kompakt, und auch in Bezug auf die Vorbands ganz ihm musikalischen Rahmen dessen, was man sich bei den Metalcore-Platzhirschen aus Pennsylvania als Headliner erhoffen kann.
Den Auftakt markiert COUNTERPARTS, eine mir bislang unbekannte Melodic Hardcore-Combo aus Ontario, die sich vom erschreckend leeren Zuschauerraum (kaum ein Drittel der verfügbaren Fläche dürfte zu diesem Zeitpunkt gefüllt sein) nicht irritieren lässt und ohne falsche Zurückhaltung loslegt. Die Band praktiziert eine energetisch-metallische Post-Hardcore-Mixtur (mit der Härte, die ich bei FUNERAL FOR A FRIEND heute vermisse), und weiß trotz des schwachen Sounds zu überzeugen. Da sich Frontmann Brendan Murphy und seine Mannen ziemlich bodenständig und ohne übertriebenes Gepose präsentieren, hinterlässt COUNTERPARTS einen durchweg sympathischen Eindruck. Der kurze Auftritt findet zwar nur ein kleines und zurückhaltendes Publikum, hinterlässt aber nichtsdestotrotz einen positiven Gesamteindruck. Gleich im Anschluss findet sich Murphy hinter dem Merchandise-Stand der Band ein, schüttelt Hände und steht einer Handvoll Neugieriger Rede und Antwort.
Nach einer erfreulich kurzen Umbaupause legt BLESSTHEFALL los, der hierzulande deutlich bekannteren Einheizer Nr. 2. Die aktuelle Single 'You Wear A Crown, But You’re No King' wird sofort angenommen und lässt das Publikum aus seiner Lethargie erwachen. Der Konzertraum ist mittlerweile etwas mehr als zur Hälfte gefüllt, die Stimmung deutlich ausgelassener. Die Emo-/Metalcoreheads biedern sich zwar des öfteren mit weinerlich vorgetragenen Herz-Schmerz-Refrains beim Mainstream-Rock-Publikum an, klingen dazwischen aber immer wieder angenehm brachial, ja streckenweise herrlich metallisch. Die Zuschauer feiern die Amis begeistert ab, auch wenn in dem viel zu weiten Raum der Substage weiterhin nur schwer eine wirklich mitreißende Atmosphäre aufkommen mag. So wie ihre Vorgänger kommen auch die BLESSTHEFALL-Musiker sehr publikumsnah rüber, Sänger Beau Bokan klatscht regelmäßig Hände ab, und mit einer musikalisch astreinen Performance rührt die Truppe die Werbetrommel für ihr im August erschienenes Erfolgsalbum "Hollow Bodies". Nach etwa 40-minütiger Spielzeit beendet BLESSTHEFALL einen kompakt knackigen Auftritt mit 'Promised Ones', kommt den Zugabe-Rufen allerdings nicht mehr nach.
Abermals fallen Umbau und Soundcheck angenehm kurz aus – doch gleich zu Beginn enttäuschte Gesichter: AUGUST BURNS RED verzichtet auf das kultige Eurodance-Intro 'Everybody’s Free' und nutzt stattdessen eine etwas düstere, aber belanglose Einleitung von der Stange. Sei’s drum. Mit 'Provision' legt der Fünfer aus Pennsylvania gleich los wie die Feuerwehr. Die nun doch immerhin zu gut zwei Dritteln gefüllte Halle verwandelt sich gleich in einen fröhlichen Moshpit, auch wenn die Soundabmischung zunächst alles andere als optimal erscheint. Jake Luhrs (mit einem Freddy Mercury-Gedächtnis-Schnauzer!), JB Brubaker und Konsorten gehören bekanntlich nicht zur Sorte Unterhaltungskünstler – von Fronter Luhrs abgesehen übt sich die Band eher in Zurückhaltung, vielleicht auch konzentriert auf die technisch höchst anspruchsvolle Darbietung ihrer Songs. Nichtsdestotrotz, oder gerade deswegen, kommen die jungen Christen aber trotz ihres gestiegenen Bekanntheitsgrades sehr sympathisch und natürlich rüber. Das Publikum ist voll dabei, feiert Klassiker wie 'Truth Of A Liar' oder 'Backburner' frenetisch ab, irgendwann stimmt auch die Soundbalance, womit Gänsehaut-Knaller wie 'Mariana's Trench' vollständig ihre Wirkung entfalten können. Die Band absolviert in Karlsruhe das vorletzte Konzert ihrer Europatour; der erforderliche Kraftakt für eine mitreißende Performance ist den fünf Musikern durchaus anzumerken, doch man gibt sich keine Blöße und reißt eine lange, abwechslungsreiche Setlist runter. Zu meiner Freude finden auch dynamische, nachdenkliche Nummern vom aktuellen Album "Rescue & Restore" wie 'Beauty In Tragedy' und 'Spirit Breaker' darin Platz. Das Halb-Instrumental 'Creative Captivity' hingegen lässt die Stimmung etwas absacken und dient bestenfalls als Verschnaufpause für die erschöpfte Band. 'Fault Line' sorgt aber sogleich wieder für eifrige Aktivität auf der Tanzfläche, und das mächtige 'Empire' animiert die Fans zu stimmgewaltigem Mitgröhlen. Als die Truppe sichtbar abgekämpft die Bühne verlässt, fehlen noch genau zwei Klassiker – und lange lässt man sich nicht bitten, knallt der Substage noch die kraftvollen Übersongs 'Composure' und 'White Washed' vor den Latz. Dann ist aber auch wirklich Schluss, und ein sympathischer Auftritt markiert das Ende dieses kurzweiligen Konzertabends.
Alle drei Bands haben auch am Ende ihrer gemeinsamen Tour nochmal alles gegeben und dem leider nur mäßig gefüllten Haus leidenschaftlich eingeheizt. Als Wermutstropfen bleibt festzuhalten, dass in Sachen Metalcore hierzulande womöglich eine gewisse Sättigung eingesetzt hat und die jungen Fans nicht mehr zu jedem halbwegs in der Nähe stattfindenden Konzert pilgern. Dies, und das innenarchitektonisch suboptimale Layout der neuen Substage könnten dafür verantwortlich sein, dass man sich an diesem 30. September in Karlsruhes wichtigstem Metalschuppen teilweise etwas verloren vorkam. Wieso selbst der Headliner bis zur Mitte seines Gigs mit nicht unerheblichen Soundproblemen zu kämpfen hat steht auf einem anderen Blatt. Viel Licht und etwas Schatten also. Dass AUGUST BURNS RED sowohl auf Platte als auch live qualitativ eine absolute Bank darstellt und sich für ihre diesjährige Herbsttour zwei würdige Vorbands ausgesucht hat, stand an diesem Abend dennoch außer Frage.
Setlist: Provision, Truth Of A Liar, Cutting The Ties, Backburner, Internal Cannon, Mariana's Trench, Beauty In Tragedy, Meddler, Creative Captivity, Fault Line, Salt & Light, Spirit Breaker, Empire, Composure, White Washed
- Redakteur:
- Timon Krause