Ancient Echoes II - Leipzig

21.07.2024 | 11:35

06.07.2024, Kirchenruine Wachau

Ein lohnenswerter Konzertabend mit sorgfältig ausgewähltem Line-Up in perfekter Kulisse.

Kirchenruine Wachau

Am 06.07.2024 ist es endlich soweit: die Ancient Echoes II rufen mich nach Leipzig in die Kirchenruine Wachau. Leider hatte ich die erste Ausgabe dieses wundervollen, kleinen Festivals im vorangegangenen Jahr trotz gleichfalls anziehender Zusammenstellung an Künstlern verpasst, da ich zum Zeitpunkt der Bekanntgabe bereits ein Ticket für ein außergewöhnliches Konzerterlebnis mit Workshops auf Öland besaß. Doch dieses Jahr wollte ich mir dieses Ereignis in der hübschen Ruine, die perfekt zum angebotenen Programm passt, keinesfalls entgehen lassen. Wochenlang freute ich mich schon darauf und verkürzte sogar meinen Urlaub extra dafür, um gerade noch rechtzeitig vor Ort sein zu können. Bei Ankunft fühle ich mich bei klarem Sonnenschein direkt willkommen, als ich sogleich ein paar Freunde und Bekannte entdecke, wenn auch weniger als zuvor angenommen. Dennoch füllt sich das Gelände langsam, aber sicher. Die meisten der Ankömmlinge scheinen in froher Erwartung von guter Livemusik zu sein, tragen ihre Mienen doch glänzende Augen und lächelnde Münder zur Schau. Es bleibt ausreichend Zeit, hier und da einen Plausch zu halten, bei den bestens gelaunten Bardamen Erfrischungen zu ergattern und die neben der Kirchenruine ausgestellten Werke verschiedener Künstler zu betrachten und nach Wunsch zu erwerben.

Treha SektoriPunkt 3 Uhr am Nachmittag betritt der hinter dem Projekt TREHA SEKTORI stehende Franzose mit dem Künstlernamen Dehn Sora den Bühnenbereich. Ich gebe zu, auf den Opener des Abends hatte ich am allermeisten Vorfreude entwickelt. Sein letztes Album "Rejet" läuft in regelmäßigen Abständen in meinem Player, da es mich hervorragend erdet. Ohne ein Wort zu verlieren, legt er auch schon Hand an, um die erste dunkel-ambienten Töne auf das Publikum loszulassen. Ungewohnt bietet TREHA SEKTORI zum Set dieses Mal keine Videobegleitung zur Musik an, aber bei der schönen Kulisse ist dies auch gar nicht nötig. Zudem hat man so die Möglichkeit, ohne Ablenkung zu beobachten, wie der Künstler seine Tracks durch Stimmartikulation, Percussion, mit Bogen bespielter Gitarre sowie elektronischer Unterstützung aufbaut. Dennoch schließe ich zuweilen die Augen, um mich vollends dem Hörgenuss hinzugeben. Die Akustik in der Ruine transportiert die erzeugten Klänge ausgezeichnet, so dass das interessierte Publikum gut davon eingenommen wird und im Anschluss den verdienten Beifall spendet.

Crime & The City SolutionAls nächstes wagt CRIME & THE CITY SOLUTION eine Kontaktaufnahme zu den Konzertbesuchern, doch schon nach kurzer Zeit müssen sie unglücklicherweise das Konzert unterbrechen, da der Himmel just zu diesem Zeitpunkt beschließt, seine Tore weit zu öffnen. Kaum stehen die Schleusen offen bricht Regen wasserfallartig über alle Anwesenden herein, so dass sich jeder kurzfristig einen naheliegenden Unterstand sucht. Mit Freunden finde ich mich letzten Endes im stark gefüllten Vorraum der Ruine wieder, um den heftigsten Guss zu überstehen. Zum Glück dauert es nicht lange, und der Regen lässt nach. Nach einem kleinen Weilchen geht es auch schon dankenswerterweise weiter im Programm und die Band setzt ihr akustisch gehaltenes Konzert in der Mitte der Ruine, zeitweise umringt von den Zuschauern, fort. Publikumsnah erzeugt sie mit ihren Songs auf charmante Weise eine Stimmung, wie man sie von einer Party in den frühen Morgenstunden kennt, wenn die meisten schon heimgegangen oder eingeschlafen sind und nur noch wenige beisammensitzen und die gegenseitige Gesellschaft genießen.

Maxime MouquetDer französische Musiker von MAXIME MOUQUET spielt heute erstmalig außerhalb seines Landes, als Bassist von SYLVAINE verfügt er aber schon über ausreichend Bühnenerfahrung. Lediglich mit Akustik-Gitarre bewaffnet begibt auch er sich vor den Bühnenbereich und bietet seine ruhigen Lieder dar. Auf MAUD THE MOTH erhasche ich nur gegen Ende ihres Auftrittes einen kurzen Blick. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass sich die seltene Gelegenheit ergibt, ein paar Worte mit Dehn Sora zu wechseln, der mir erstaunlich bereitwillig und offen Fragen beantwortet, die mir bereits seit geraumer Zeit auf der Zunge brennen. Da ich MAUD THE MOTH schon letztes Jahr beim "Culthe Fest" und beim "Roadburn Festival" erleben durfte und mich mit zwei ihrer Alben bestückt hatte, fällt mir die Entscheidung für dieses Gespräch umso leichter. Außerdem kann ich ihren schönen, sich stetig verändernden Klangteppichen auch gut von außerhalb der Ruine lauschen. Freunde, die der Britin zum allerersten Male begegnen, äußern sich ebenfalls beeindruckt von ihrem Können.

Maud The MothNatürlich möchte ich euch die gewonnenen Erkenntnisse aus dem Gespräch nicht vorenthalten. Ein neues Album oder Video-Output steht vorerst nicht in den Startlöchern, aber womöglich beginnt der Künstler nächstes Jahr, an einem neuen Album zu arbeiten. Hinsichtlich seiner ausverkauften früheren Werke entspricht es auch seinem Wunsch, diese in einer weiteren Auflage zu veröffentlichen - hieran arbeite er bereits. Ich drücke die Daumen, dass seine Bemühungen von Erfolg gekrönt sein werden. Live kann man TREHA SEKTORI Ende Dezember zusammen mit MÜTTERLEIN beim "Fall of Man" in München sowie am 15.02.2025 bei einem kleinen Gig privaten Charakters für 85 Personen mit Jonathan Bergen als Support in "Zur Schwarzen Kapelle" in Bamberg erleben. Mit seiner Band THROANE ist er zudem im Line-Up des "Servants of Chaos Festival" Mitte Oktober vertreten.

MansurDer nachfolgende Act mit dem Namen MANSUR, dem mittlerweile auch die Sängerin Martina Horváth angehört, die auch schon an Alben von THY CATAFALQUE mitgewirkt hat, ist für mich DIE Überraschung des Abends. Die wohlklingenden Melodien und der klare Gesang sind aufgrund der hohen Qualität bei diesem Livedebüt definitiv weiterer Erkundung wert, weshalb ich mir im Anschluss sogleich die zur Verfügung stehenden Alben des Projektes einheimse und dabei ein paar Worte mit der netten Sängerin wechsele. Sollte sich erneut die Chance zu einem Konzertbesuch von MANSUR herauskristallisieren, ich wäre gerne dabei und kann jedem weltoffenen Geistes nur dasselbe empfehlen. In den kreierten Soundlandschaften kann man herrlich mitreisen oder einfach nur so vor sich hinträumen. Stellenweise fühle ich mich an RAJNA erinnert, wobei mir MANSUR sogar noch etwas weiter im Klang erscheint, was zumindest zu einem Teil auch daran liegen mag, dass dieses Projekt nun auch im Liveformat genossen werden kann.

ForndomAnschließend wird für das schwedische Ein-Mann-Projekt FORNDOM das gesamte Innere der Ruine in blaues Licht getaucht, das wunderschön mit dem Blau des Himmels der beginnenden Nacht harmoniert. Einmalig in diesem Jahr präsentiert Ludvig Swärd in seiner ruhigen Art atmosphärische, darkfolkige Songs aus der gesamten Diskografie und entführt das Publikum damit klangbildlich in die nordische Natur. Inhaltlich sind die Stücke eher nachdenklichen Naturells, was sich auch auf die Melodien auswirkt und das Erscheinungsbild des Multiinstrumentalisten auf der Bühne erklären mag. Mitunter ist er in den dunklen Schatten kaum auszumachen, doch hin und wieder kann man kurz einen Blick auf sein von dunkler Farbe gezeichnete Antlitz erhaschen. Der Kranz auf dem Haupte erzeugt den Eindruck von Leiden. Das Publikum läßt sich davon jedoch nicht verstören und lauscht andächtig dem musikalischen Vortrag. Ordentlich Applaus ist im dafür gewiss.

SylvaineEin gutes Weilchen harre ich noch am Gelände aus und kämpfe gegen die mittlerweile starken Müdigkeitserscheinungen an, die mich von der übermäßig langen Heimreise aus dem Urlaub plagen, doch als erneut erste Tropfen vom Himmel zu fallen beginnen und sich zur Befürchtung des Sekundenschlafes auf der Rückfahrt nach Hause gesellen, streiche ich dann doch noch aus Vernunftsgründen die Segel, auch wenn mir diese Wahl deutlich schwerer fällt, bin ich doch auch neugierig auf das Akustikkonzert von SYLVAINE. Im üblichen Format hatte ich die Norwegerin schon zweimal gesehen, doch die akustische Version nun zu verpassen, ist recht bedauerlich. Nach späteren Aussagen von Freunden und Bekannten ist das Headliner-Konzert ebenfalls sehr lohnenswert gewesen. Auch wenn ich nicht ganz bis zum Schluss durchgehalten habe, danke ich dem Verein der Kirchenruine Wachau und Swansea Conerts für diese tolle Auslese im Line-Up und den trotz widriger Umstände angenehm gestalteten Verlauf des Abends. Ich komme gerne wieder und rate schon jetzt, wen ihr uns im kommenden Jahr auf dem Sibertablett servieren mögt.


Fotos: Reiner Jugelt (1 und 8), Susanne Schaarschmidt (2), Ben Zodiazepin (3 bis 7)

Redakteur:
Susanne Schaarschmidt

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