Arnhem Metal Meeting - Arnheim

12.12.2004 | 10:51

04.12.2004, Music Sacrum

Auch Tage später scheint der Blick auf das erste "Arnhem Metal Meeting" wie das Tasten durch vernebelte Bereiche des eigenen Bewusstseins, ein mühsames Beiseite-Schieben von nebligen Erinnerungen zum Kern der Metal-Wahrheit. Was ist nicht alles passiert an diesem Abend? Mindestens eine Göttergabe darf jeder Fan erleben, ständig umrahmt von dem ständigen und allgegenwärtigen Grasgeruch, der die Auftritte der einzelnen Bands begleitet. Denn ein Indoor-Konzert in den Niederlanden, das ist nicht wie in Gig in hiesigen deutschen Gefilden...

...in Holland, im Staat der löchrigen Käsesorten, da wo ein 10-Meter-Sandhügel schon Berg heißt, in diesem Land herrscht seit jeher eine bekanntermaßen liberale wie faire Politik im Umgang mit Rauchwaren. So ist jener Joint keine Ausnahme-Erscheinung, der vor dem Auftritt der Opener HEIDEVOLK neben einer Klotür im geräumigen "Music Sacrum" gebastelt wird - im Prinzip bekommt der neutrale Beobachter schon zu Beginn des arnheimschen Metal-Treffens mit, dass Holländer kaum Filter-Zigaretten kennen, dafür aber trotzdem alle rauchen. Dieses Phänomen soll später noch weiter vertieft werden. Denn im Moment sind alle Ohren auf die vor etwas mehr als zwei Jahren gegründeten HEIDEVOLK gerichtet, die stilsicher und voll mythologischer Eleganz ihren von FALKENBACH und VINTERSORG angehauchten Folk-Metal erschallen lassen. Dabei wirken die sechs einheimischen Musiker jedoch gottlob nicht wie Aushilfswikinger, sondern kommen gleich zu Beginn ihres Gigs mit Schwertern, Äxten und Schildern auf die Bühne, schlagen sie rhythmisch aufeinander, blicken finster auf die Fans vor ihnen. In ihren Gürteln stecken Methörner, Dolche zudem, die Ausrüstung eines kompletten Mittelalterladens also. Einen Frisör haben die HEIDEVOLK-Leute in den letzten zehn Jahren maximal kriechend im Staub gesehen. Was diese Beobachtungen aussagen sollen? HEIDEVOLK sind zwar das fleischgewordene Klischee, kommen aber dennoch so überzeugend herüber, dass es dem nordmännischen Teil der Herzgegend plötzlich ganz warm wird. Dieses begeisterte Magengefühl teilen die Fans genauso. Stücke wie 'Gelders Volkslied' oder 'Furor Teutonicus' klingen trotz des ständig gleichen cleanen Männergesangs der Barden Splintervuyscht und Bothtdrinker dynamisch und packend, die Augen schließen sich, barbarische Schlachten erscheinen vorm geistigen Auge. Was für ein satter Beginn...

... obwohl Zeit zum Ausspannen freilich wenig bleibt. Ab nun beginnt die Hetze. Zwei Säle werden im "Music Sacrum" bespielt, die Pausen zwischen den Bands reduzieren sich dadurch auf ein Minimum. Dieses kleine Zeitfenster reicht jedoch immer noch für einen lockeren Bierkauf. Das leckere Gesöff gibt es gegen zu erwerbende Marken, das Pfützchen mit 0,25 Litern kostet 1,60 Euro und ist damit nicht gänzlich preiswert. Doch der Durst will gestillt werden, zumal nun GOD DETHRONED im Großen der beiden Säle losplautzen. Und wie sie donnern, als wäre eine Ladung Spielwitz in Arnheim in die Luft geflogen. Das Quartett zockt viele neue Stücke des aktuellen Werks "The Lair Of The White Worm" und bestätigt, was wahnwitzig-begeisterte Rezensionen schon seit gut einem Monat verkünden: Die neue GOD DETHRONED ist die bisher beste Platte der Holländer. Der Groove ist frappierend bösartig, die Härte kennt keine Grenze, die Band holzt konsequent und in wunderschöner Metzel-Manier. Diese brachialen Metal-Vorkämpfer-Qualitäten scheinen GOD DETHRONED jedoch nicht in jedes Fan-Gehör prügeln zu können: Noch viel zu viele Zuschauer verharren bloß. Es wird gewahr: Einen Status wie ihre jüngst reunierten Landsmänner von GOREFEST besitzen GOD DETHRONED noch lange nicht. Trotzdem freut sich Gröhlkopf Henri nach dem Gig auf der Homepage der Band ein Loch in den Bauch: "Es war wirklich unglaublich, wieviele Leute uns schon so zeitig am Nachmittag beim Arnhem Metal Meeting sehen wollten. Wir hatten Spaß und bekamen genug Zeit, ein mehr oder weniger kurzes Greatest Hits-Set zu spielen. Nur ist es eine Schande, dass wir danach gleich zu unserer Show in Osnabrück mussten. Aber wenigstens haben die Metal-Heads dort ordentlich die Halle ruiniert." Die Daumen gehen hoch...

... und auch die Stimmung sinkt nirgends nach unten. Nach diesem beschissenen Wortspiel erst recht nicht, denn inzwischen tun die ersten Biere und das allgegenwärtige Gras seine gerechte Wirkung. Gerecht? Hier im "Music Sacrum" wird jeder einmal bekifft, egal ob der oder die Betroffene an den Joints mitzieht oder den Rauch nur passiv inhaliert - da könnte noch nicht einmal die PDS von einer Gerechtigkeitslücke sprechen. Nur bei den Kaputtnicks von INHUME scheint der Duft der freien weiten Welt ein wenig auf die Stimmung zu schlagen. Denn klar, die beiden Grunzgeiferer Joost und Dorus sind wie immer der Mittelpunkt des Gigs. Doch vermeidet Joost heute die gänzlich kranken Seiten seiner Show und malträtiert noch nicht einmal seinen Kopf solange mit einem Mikro, bis dieser blutet - wie weiland auf der 2003er Ausgabe des tschechischen Obscene Extreme staunend zu beobachten. So bleiben "nur" zwei gänzlich verschiedene Typen auf der Bühne: Joost mit freiem Oberkörper, zwei Brustpiercings, langen Haaren und heiseren Schreie auf Oktave 666 - Dorus dagegen in weißem Shirt, mit Glatze und abgrundtiefen Growls. Die Musik der musikalischen Extrem-Extremisten aus Holland gleicht wie immer einem durchdrehenden Rasenmäher, der sich in wahnsinniger Geschwindigkeit durch eine Gartenkolonie wälzt - totaler Grindcore bis auf ein paar vernichtend crust-rockende Zwischenpassagen, da bleiben Songtitel nur Schall und Rauch. Am Ende werden auch die beiden Frontgrunzer ein bisschen wacher - Joost übt Luftkarate, irgendwann kloppt er sich mit Dorus. Chaoz rulez...

... doch damit das Chaos nicht jetzt schon im Kopf anfängt, braucht der inzwischen von Bier und THC angegriffene Geist konkret feste Nahrung. Der Suche nach dem perfekten niederländischen Döner fallen die jeweils etwa halbstündigen Auftritte von
a) DESASTER und
b) GOREROTTED
fast gänzlich zum Opfer. Die zwei verpassten Bands schmerzen jedoch nicht weiter, spielen die deutschen Thrasher und die englischen Hooligan-Grinder doch sowieso fast immer und überall. Und wer die DESASTER-Livescheibe "Brazilian Blitzkrieg Blasphemies" kennt, der weiß, dass die Band um Vokills-Spezialist Sataniac live immer einer blasphemischen Macht gleicht. Nackenbrechend eben. Und GOREROTTED? Die zwei gehörten Songs klingen wie immer, auch wenn mit Mr. Gore einer der beiden Schreihälse der Grindcore-Heads erst vor kurzer Zeit aus der Band geflogen ist. Bei diesem Lärm ist ein Gespräch mit PRIMORDIAL-Aushilfsgitarrist Gerry Clince deutlich interessanter. Er scheint nervös, schließlich hat er bis gestern noch in seinem regulären Job gearbeitet und außerdem bisher nie vor so vielen Fans auf einmal gespielt. Angesprochen auf seine eigentliche Hauptband, die gälisch-göttliche Doom-Metal-Band MAEL MORDHA, gibt Clince zu Protokoll: "Das neue Album erscheint im Februar." Wir sind gespannt...

... und in genau derselben gewissen Erwartungshaltung präsentieren sich nun die vielen Fans, die gegen kurz nach 18 Uhr den Hauptsaal bevölkern. Beobachtungen: Viele Deutsche, sehr viele, der Weg aus dem Ruhrgebiet nach Arnheim ist nicht lang. Außerdem stehen vor dem folgenden Auftritt von 1349 auffallend viele superschicke Frauen vor der Bühne: Woher eigentlich könnte diese auf vielen Black Metal-Konzerten zu beobachtende Entwicklung kommen? In der Bibel heißt es ja, dass die Frau als Sünderin den Apfel der Erkenntnis kostete und damit den Grundstein für die Vertreibung des Menschen aus dem Paradies legte. (Womit Herr Kramer wieder eindeutig seine Bibelfestigkeit unter Beweis stellt - bravo. -TF) Lässt sich nun die holde Weiblichkeit genauso einfach von der dunkeln Aura neuzeitlicher Black Metal-Bands einlullen? Ist gerade der damalige Biss vom Erkenntnis-Obst der Grund, dass Frauen die existenzielle Intensität von Gruppen wie 1349 so schätzen? Oder sind in diesem Club immer noch zu viele Kiffschwaden unterwegs, als dass noch ein klarer Gedanken möglich sein könnte? Wie auch immer, die Norweger von 1349 packen von Anfang an ihre Old School-Keule aus und spielen die Art von Musik, die unter der Bezeichnung "True Norwegian Black Metal" berühmt-berüchtigt wurde - DARKTHRONE lassen schön grüßen. Es schallt also altmodischer, aber dennoch packender und vor allem rauer Black Metal durch den Saal, ständig angefeuert durch das imposante Trommelspiel von SATYRICONs Schlagzeugmonster Frost, dessen Drumkit standesgemäß kalt-blau angestrahlt wird. Dazu kreischt und keift das Organ von Ravn so wütend, als würde sich sein Besitzer demnächst in einen hungrigen Vampir-Werwolf verwandeln. Um die Stimmung perfekt zu machen, sind alle vier Musiker mit deftigem schwarz-weißen Corpsepaint bemalt und tragen lange Loten; im Hintergrund flackern rot-grüne und gelbe-blaue Lichter, die durch den ständig aufsteigenden Trockennebeln schummern. (Kein Wunder das dabei die Suche nach klaren Gedanken ergebnislos verläuft - nicht wahr? - TF). Am Ende spucken 1349 noch Feuer, Black Metal-Herz, was willst du mehr? Black Heart: "Ich möchte nur noch wissen, was 1349 bedeutet!" Black Mind: "1349 war das Jahr der Pest in Norwegen, als zwei Drittel der Bevölkerung starben und damit das goldene Zeitalter von Norwegen endete..." Mit Bands wie 1349 ist das skandinavische Land aber zumindest künstlerisch wieder voll auf der Höhe der Zeit...

... wogegen Irland in diesem Punkt noch nicht ganz so weit scheint. Zumindest existieren auf der Kerry-Gold-Insel nicht annähernd so viele Bands wie in der Heimat von 1349 (Vor oder nach der Pest? - TF). Doch dafür kommen von dem grünen Eiland PRIMORDIAL - und die sind einzigartig, bizarr und schlichtweg unglaublich genial. In Arnheim ist das an diesem Tag nicht anders. Zu Beginn der Show erwartet die Zuschauer erst einmal eine Überraschung der optischen Art: Das Sänger Alan schon seit Sommer eine Glatze besitzt, wissen wahrscheinlich schon die meisten Fans. Doch jetzt hat er auch neues Corpespaint: die linke Seite des Kopfes glänzt strahlend weiß, die rechte ist blutrot. Dazu trägt er ein weißes Unterhemd. Der Rest der Show verläuft gewohnt theatralisch: Zwischen Songs wie 'The Heretics Age' oder 'To Enter Pagan' kreischt Alan immer wieder "Are you with us?", das Publikum jubelt, schreit ihn an. Alan ist der Mann, auf den sich die Blicke richten, er, der diese einzigartige Symbiose zwischen Dark Metal, Black Metal und absurdem Theater schafft; Jim Morrison, der mit den DOORS vor mehr als drei Jahrzehnten eine ähnliche Verbindung zwischen Psycho-Rock und Theater versuchte, wäre gerührt gewesen, wenn sich Alan das Mikrofon-Kabel zielstrebig um den Hals wickelt und keift: "I will cut off my head." Die restlichen Musiker des Quintetts bleiben dabei im Hintergrund, lassen ihren fast schon schizophren wirkenden Mikro-Madman gewähren. Eine Show, krank wie die Seele der Welt, begeisternd, exzentrisch, überwältigend. Hoffentlich kommt die neue Scheibe bald in die Läden, dann dürfen PRIMORDIAL nämlich wieder lange, lange Zeit auf Tour gehen...

...auf eine solche lange Reise durch möglichst viele deutsche Städte werden bald auch IMPALED NAZARENE geschickt, die im großen Saal des "Music Sacrum" auftreten und plump gesagt einfach alles total wegballern. Sie spielen ihren versaut-dauerpenetrierenden Black Metal an einem illustren Ort: Über dem Zuschauerraum befinden sich die Logenplätze des "Music Sacrum". Unterhalb dieser Seitenempore hängen die Namen von bedeutenden Komponisten, von link nach rechts schauen Franck, Bruckner, Schubert, Haydn, Beeothoven, Mozart, Brahms, Wagner und Debussy auf das Treiben der musikalischen Überzeugungstäter. Anführer der finnischen Langstreckensäufer ist Mika "Sathu Satanaaaaaa" Luttinen, oder wie er sich auf der Homepage nennt: Slutifer. (Dass er diesen Namen zu recht trägt, bewies Herr Luttinen auch auf dem diesjährigen Kaltenbach Open Air in Österreich, als er sich spontan der spärlich bekleideten Schönheit am Bühnenrand widmete. Da gabs eben ein kurzes Instrumental der "Karmageddon Warriors". - TF) Mika jedenfalls trägt ein COFFINSHAKERS-Shirt, das die meisten seiner Massen von Tattoos verdeckt. Außerdem bekommt er langsam einen Bierbauch. Das macht aber nichts, schließlich krachen die Finnen in solch einem Tempo los, dass die Fähigkeit des Sehens vergeht, Hören klappt gerade noch so. Der tückische Boden im "Music Sacrum" ist bei dieser Band besonders glatt, im Moshpit ist durch die umherstrauchelnden Fans die Hölle los. Liedtitel sind bei IMPALED NAZARENE Glückssache, hier zählt das Gefühl der Gehirn-Pfählung. Das erfolgt postwendend, rockiger und fein groovender Black Metal, der manchmal an die Rotzigkeit von MOTÖRHEAD erinnert und vielleicht noch am ehesten mit den Geistesbrüdern von CARPATHIAN FOREST vergleichbar ist - zumindest was Anspruch und Image betrifft. Nur erscheinen IMPALED NAZARENE noch extremer, noch roher, noch gewalttätiger. Da freut sich das diabolische Metaller-Herz schon auf das kommende Live-Album der Sickos, zu dem auf der Homepage folgende nette Geschichte zu lesen ist: Eigentlich sollten drei Shows in Italien mitgeschnitten werden. Das klappte nicht, einmal war das Equipment noch nicht vollständig, in den anderen beiden Clubs reichte dagegen die restliche Technik nicht aus. Also wollten Mika und Co. das Album in Stockholm aufnehmen: Doch während des Gigs fiel der Strom aus, der Speicher für die schon gespielten Stücke auch. Also musste es weiter nach Russland gehen: In St. Petersburg war wieder ein Gerät kaputt, doch Moskau sollte die Erlösung bringen, oder?! Mika: "Ich unterhielt mich mit Fans und bekam etwas in meinem Drink gemixt. Danach brach ich zusammen, konnte aber die Show gerade noch spielen - wir zogen 27 Songs durch und jeder dachte, ich wäre total betrunken. Danach war alles vorbei, ich erinnere mich an nichts mehr, war einfach ein Wrack." Das verfluchte Live-Album soll nun am 19. Dezember bei einer Show in Helsinki aufgenommen werden, Wetten, dass...?! Fazit: IMPALED NAZARENE müssen dieses Album irgendwie noch rausbringen, denn in dieser Form gehören sie zu den kränkesten und extremsten Kapellen dieses oft so verweichlichten Metal-Zirkus. Skål! (Das sind immer noch Finnen *g* - Anm. d. Lektors) Und eine Frage...

... können SUFFOCATION nach so viel kompromisslos-zubeißendem Geprügel überhaupt noch mithalten? Zum Teil, denn die Amerikaner sind einfach zu souverän, zu eingespielt, zu technisch versiert. Nach der langen Tour fehlt den Kult-Death-Metallern um Stimmen-Demolierer Frank Mullen zwar ein wenig der Überraschungseffekt, den etwa IMPALED NAZARENE hatten, doch spielen SUFFOCATION immer noch in der ersten Ballet-Liga des Todesmetals. Ballett schon deshalb, weil auch da die musikalischen Strukturen so spielerisch ineinander zugreifen scheinen wie bei den Amis. So moshen die Fans hier ebenfalls, gehen ab zu den wohl tödlichsten Stücken von Alben wie "Pierced From Within" oder dem neuen Knaller "Souls To Deny". Liedtitel fallen langsam schwer zu merken, die Schrift verschwimmt beim Moshen, das Konzert wird zum Zustand des bewusstseinserweiternden Schleudertraumas. In den folgenden wirren Gedanken taucht noch einmal der frühe Nachmittag auf, als die deutsche Abordnung von POWERMETAL.de kurzer Hand die aus dem gleichnamigen Film bekannte "Brücke von Arnheim" symbolisch besetzte. Nicht soviel Kiffen...

... doch keine Gnade. ENTOMBED sind nämlich keine Band, die den Genuss von grünen Pflänzchen gänzlich verabscheuen würde, im Gegenteil. Die Jungs spielen ihren Schweine-Rock sehr straight, sehr smooth, leichte Stoner-Anleihen und Psychedelic-Parts erinnern kaum noch an das, was die Schweden einmal zu "Left Hand Path"-Zeiten darstellten - die geilste Death-Metal-Band der nördlichen Hemisphäre. Wenigstens besitzt Stimmenmeister Mr. Petrov ein versoffenen-alkoholisiertes Organ, dass hammerfett und richtig schön schmutzig in das Mikro kotzt (Seine Bewegungen erinnern mich aber doch irgendwie an Mr. Ozzy Osbourne - liegts an der bewusstseinserweiternden Luft im Raum? -TF). Und immerhin, ENTOMBED haben ihren musikalischen Stilwechsel wenigstens nachvollziehbar über die Bühne gebracht, kein Fan konnte sie wegen kommerziellen Erwägungen verdammen. So spielen die in ihrer Heimat dreimal für den Grammy nominierten Musiker ihren dreckigen Rock'n'Roll äußerst motiviert herunter. Der klingt zwar cool, kann aber das Publikum nach den vorigen Auftritten von IMPALED NAZARENE und SUFFOCATION nur noch bedingt wegreißen. Da ändert auch das rockbare SLAYER-Cover von 'Angel Of Death' nichts dran, der Zuschauer-Pulk scheint nach neun durchtobten Bands langsam eine Ruhepause zu benötigen. Klingt komisch? Ist aber so! Eine Auszeit nehmen sich auch PRIMORDIAL, die sich vor die Türen des Backstage-Bereichs stellen und dort mit einigen Fans reden, quatschen und Bier inhalieren. SUFFOCATION tun es ihnen gleich und trinken im Vorraum gemütlich ihre Hopfenkaltschalen. Schon Ruhe und aufkommende Müdigkeit? Nein! Denn am Ende des Gigs kommt 'Left Hand Path', hier schwirrt jede Teilnahmslosigkeit entsetzt davon - dieser Song ist Gott, nur andersrum. Nichts gegen neue ENTOMBED-Sachen, aber in diesem Fall sind die alten Linsen wirklich einige Klassen intensiver, durchdachter, fühlbarer... (Genau. -TF)

... wobei im Fall von UNLEASHED die Sachlage schon ein wenig anders aussieht, die Jungs um den basspielenden Hochton-Grunzer Johnny Hedlund feiern von Beginn an ihre lange Karriere und reißen die Fans im Saal in ihrer todesmetallischen Begeisterung mit. Wie steht es so schön klischeehaft-cool auf der Homepage: "15 years have passed since Unleashed started its journey. We ride upon the faith You all have given us, and for such a long time!!! Rest assured that this is only the beginning.......To Death Metal, the most noble form of art........" Die reiche Bühnenerfahrung und die immer noch brodelnde Energie ist UNLEASHED an diesem Abend wie schon auf der gesamten Tour anzumerken, die Jungs wollen es nach zwei-drei durchschnittlichen Scheiben mit ihrer neuen Platte "Sworn Allegiance" noch einmal wissen. So finden sich in der Setlist aktuelle Killer der Marke 'Destruction (Of The Race Of Men)' genau wie Klassiker á la 'Never Ending Hate', alle perfekt von Johnny ins Mikro gebellt. Auch Stücke wie 'Legal Rapes' werden von den Fans stürmisch begrüßt, die Fäuste gehen auf Wikinger-Art nach oben, die gespreizten Finger zeigen in Richtung UNLEASHED-Logo, dass in seiner filigranen Spinnenwebenform hinter der Band hängt. Ein Höhepunkt und Ober-Faustrecker des rund einstündigen Gigs ist zweifellos 'To Asgard We Fly' - und kurz darauf 'Death Metal Victory'. Besonderes dieser Song funktioniert live gar wunderprächtig. Schreit Johnny: "Do you wanna scream for me?!" Brüllen die Fans zurück: "Death Metal Victory". Joint aus, Bier weg, Faust hoch...

...Tanzbein an. Jetzt bleibt es SAMAEL überlassen, auch die letzten Reste der Vernunft aus dem "Arnhem Metal Meeting"-Besuchern zu saugen. Sie schaffen es, zumindest bei dem durch immer mehr Wolken und Farben gleitenden POWERMETAL.de-Schreiberling. Viele andere im Publikum agieren reservierter, nur wenige Fans bangen und tanzen. Unverständlich. Denn wie auf ihrer jüngsten Tour präsentieren sich SAMAEL majestätisch tanzbar, unsagbar dunkel und inspirierend elektronisch - eigentlich der perfekte Rausschmeißer nach einer schon Stunden dauernden "Prügel-Metal-in-allen-Variationen"-Party. Denn zum Beispiel der Titelsong vom aktuellen Duster-Disko-Smash-Hit "Reign Of Light" bläst live zum Sturmangriff auf die Überbleibsel der Nackenmuskulatur, der Kopf schwingt wie an einem Gummiseil nach vorn und wieder zurück. Dabei explodieren Lichter auf der Bühne, Nebel steigt auf, die Videoleinwände am Bühnenende grieseln und flackern, (das bewusstseinserweiterte AUS des POWERMETAL.de-Schreiberlings. -TF) Masmiseim rennt mit seinem Bass durch die farbigen Schlieren, den Dunst auf dem Boden der Bühne, springt, gleicht einem unzähmbaren Punchingball in schwarz. Gitarrist und Sänger Vorphalack dagegen steht wie ein Fels, eingehüllt in Tonnen von dunstigem Licht. Er ist die Stimme der SAMAEL'schen Tonkunst, der Zeremonienmeister. Vorph krächzt mit seinem eisigen Kratz-Organ, nimmt die Fans mit in den 'Rain', führt sie zu 'Baphomets Throne' und betätigt sich als 'Telepath'. Dazu krachen die programmierten Industrial-Schlagzeuge in kalten Rhythmen, Xytras webt dazu episch-breite Keyboardteppiche und trommelt immer wieder auch selbst - ein Percussion-Inferno jenseits der Welt, dargeboten von einer der kreativsten und inspirierensten Bands eines oftmals entsetzlich konservativen Planeten.

Punkt. Ende. Es ist ein Uhr geworden. Die inzwischen leere Halle torkelt vorm eigenen Gesichtsfeld. Durch die Augenschlitze ist auch Veranstalter Roman Hödl vom holländischen Aardshock-Magazin wahrnehmbar, er hat all seine Lieblingsbands geholt und ist voll zufrieden: "1500 Besucher waren beim Arnhem Metal Meeting, und die haben zusammen an die 3000 Liter Bier konsumiert... alle Achtung für diese Leistung! Von dem, was ich gesehen habe, waren PRIMORDIAL, SUFFOCATION und UNLEASHED am Besten." Außerdem hofft der langhaarige Bombenleger, der zum Beispiel schon Touren mit PUNGENT STENCH organisierte, auf eine Wiederholung des Treffens: "Die Chancen stehen nicht schlecht für nächstes Jahr, persönlich hätte ich schon Lust, dem noch einen drauf zu setzen!" Aber was soll da bitte noch mehr passieren, bei einem Festival, dass schon in seiner ersten Auflage stundenlang den Nacken massakrierte, die Gehirnzellen schleifte und die Leber überdehnte? In dieser Nacht jedenfalls geht noch einiges: Die Stortebeker-Metal-Bar, Bier aus immer noch kleinen Gläsern, nur bei den Bräuten sieht es mager aus. Ab vier Uhr geht dann einiges nicht mehr, um sechs Uhr endet die bewusste Wirklichkeits-Wahrnehmung: Pennender Metaller-Penner auf Pappe vor piefigem Bahnhof. Evil and out.

PS: TF ist Fotograf Thomas Fritzsch...

Redakteur:
Henri Kramer

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